Bei einer zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldeten Verschmelzung side-stream ist das Stammkapital der übertragenden Gesellschaft höher (ATS 2,000.000) als das der übernehmenden Gesellschaft (ATS 770.000). Ohne flankierende Begleitmaßnahmen ist die Eintragung einer solchen Verschmelzung unzulässig, weil sie im Ergebnis zu einem kapitalherabsetzenden Effekt führt (6 Ob 4/99b und die Folgejudikatur und -literatur).
Auf den entsprechenden Vorhalt reagierten die Geschäftsführer der beiden Gesellschaften durch Vorlage eines Nachtrags zum Verschmelzungsvertrag, der um folgenden Absatz ergänzt wurde:
Die übernehmende Gesellschaft verpflichtet sich, den Gläubigern der übertragenden Gesellschaft, deren Forderungen begründet worden sind, bevor die Eintragung der Verschmelzung bekannt gemacht worden ist, wenn sie sich binnen 6 Monaten nach der Bekanntmachung zu diesem Zweck melden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können.
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Die übernehmende Gesellschaft verpflichtet sich zu Gunsten der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft weiters, in dem Ausmaß, als das Stammkapital der übertragenden Gesellschaft höher als das der übernehmenden Gesellschaft ist, Zahlungen an die Gesellschafter frühestens 6 Monate nach der Bekanntmachung der Eintragung und nachdem den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Befriedigung oder Sicherstellung gewährt worden ist, zu leisten.
Die übernehmende Gesellschaft verpflichtet sich weiters, zu Gunsten der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft gebundene Rücklagen in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft mindestens in der Höhe der gebundenen Rücklagen der übertragenden Gesellschaft einzustellen.
Die übertragende Gesellschaft schließt sich den vorstehenden Erklärungen vollinhaltlich an.
Diese Ergänzung wurde zudem vom vertretungsbefugten Organ der Alleingesellschafterin der beiden am Verschmelzungsvorgang beteiligten Gesellschaften mit dem Erklären mitunterfertigt, "dieselben Verpflichtungen rechtswirksam und zur ungeteilten Hand mit der übernehmenden Gesellschaft zur Erfüllung zu übernehmen“.
Der OGH hat in 6 Ob 4/99b mehrere Möglichkeiten zur Vermeidung dieses kapitalherabsetzenden Effekts angesprochen, u.a. eine Bilanzierung der übernommenen Aktiva als gebundene Rücklagen zur Gläubigerbefriedigung samt entsprechendem Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht, etwa durch Vorlage einer Eröffnungsbilanz.
Reich-Rohrwig hält dazu fest, dass dem kapitalherabsetzenden oder Rücklagen auflösenden Effekt einer Verschmelzung durch Einstellung der bisher gebundenen, durch die Verschmelzung freiwerdenden Eigenkapitalbeträge in eine Kapitalrücklage analog § 229 Abs 2 Z 4 UGB zu begegnen sei. Diese so zu bildende Kapitalrücklage sei nicht nur bei Aktiengesellschaften, sondern auch bei allen GmbHs - auch bei kleinen und mittelgroßen - kraft Analogie gesetzlich gebunden, und zwar in jenem Umfang, als bisher bei der übertragenden Kapitalgesellschaft gebundene Rücklagen und Nennkapital freigesetzt werden.
Reich-Rohrwig meint weiter, dass die analoge Anwendung dieser Vorschriften über die Bildung einer gebundenen Kapitalrücklage von selbst die Rechtsfolge der Pflicht zur Bindung der gebundenen Rücklage herbeiführt, sodass die Vorlage einer Eröffnungsbilanz oder eines sonstigen Nachweises an das Firmenbuchgericht nicht erforderlich sei. Die Rechtsfolge der Bildung einer gebundenen Rückfrage bei Bilanzierung der Verschmelzung sei wie alle anderen Bilanzierungsvorschriften von den Organen und auch von den Aktionären/Gesellschaftern selbständig zu beachten (Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung, 261 f).
Geht man von diesem Ansatz aus, würde sich die entsprechende Bildung einer Kapitalrücklage ohnehin bereits aus den Rechnungslegungsvorschriften ergeben, sodass eine Benennung dieser Verpflichtung im Verschmelzungsvertrag nicht erforderlich wäre, womit - zu Ende gedacht - auch kein diesbezüglicher Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht im Zuge der Eintragung der Verschmelzung zu erbringen wäre.
Ich verlange bei derartigen Konstellationen jedoch die Aufnahme der entsprechenden Verpflichtung im Verschmelzungsvertrag und die Zustimmung der Generalversammlung der übernehmenden Gesellschaft zu diesem Verschmelzungsvertrag. In Verbindung mit der sich aus den Bilanzierungsvorschriften ergebenden Verpflichtung halte ich nämlich dann den vom OGH intendierten Gläubigerschutz bei derartigen Fällen als ausreichend gewährleistet.
Für den konkreten Fall bedeutet dies:
Die hier vorgenommene Ergänzung des Verschmelzungsvertrages ist unvollständig, weil sich darin die Verpflichtung der übernehmenden Gesellschaft zur Bildung von gebundenen Rücklagen auf die Höhe der gebundenen Rücklagen der übertragenden Gesellschaft beschränkt. Erforderlich ist aber auch, dass hinsichtlich des freiwerdenden Stammkapitals der übertragenden Gesellschaft eine entsprechende Rücklagenbildung vorgenommen wird.
Zudem werden die Generalversammlungen der beiden beteiligten Gesellschaften diesen Nachtrag zum Verschmelzungsvertrag zu genehmigen haben, zumal sie bislang nur über die erste Fassung des Verschmelzungsvertrages Beschluss gefasst haben.
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