9. Dezember 2010

Beschränkung der Abberufbarkeit eines Geschäftsführers auf wichtige Gründe (§ 16 Abs 1 und 3 GmbHG)

Folgende Ergänzung in Punkt 5 des Gesellschaftsvertrages einer GmbH wird zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet:

Dem Gesellschafter M** S** steht für die Dauer seiner Gesellschafterstellung das Sonderrecht zu, einen Geschäftsführer zu bestellen (Entsendungsrecht), seine Vertretungsbefugnis festzulegen und zu ändern sowie die von ihm bestellten Geschäftsführer jederzeit abzuberufen.
M** S** kann sich auch selbst zum Geschäftsführer bestellen. Der von M** S** im Rahmen seines Entsendungsrechts bestellte Geschäftsführer darf lediglich aus wichtigen Gründen abberufen werden.

Die Regelung im letzten Satz dieser neu gefassten Bestimmung ist unzulässig:

Gemäß § 15 Abs 1 GmbHG kann eine Bestellung von Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag nur dann vorgenommen werden, wenn Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt werden. Gemäß § 16 Abs 1 GmbHG kann die Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafter jederzeit widerrufen werden, allerdings kann die Zulässigkeit des Widerrufs gemäß § 16 Abs 3 GmbHG auf wichtige Gründe beschränkt werden, wenn die Bestellung der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag erfolgt ist.

Eine solche Bestellung von Gesellschaftern zu Geschäftsführern kann auch im Wege der Satzungsänderung geschehen, allerdings gilt generell, dass die Bestellung von Nichtgesellschaftern zu Geschäftsführern im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen ist (Umfahrer, GmbHG § 4 Rz 176; Straube/Ratka/Völkl in Straube GmbHG § 15 Rz 35).

In rechtstechnischer Hinsicht ist die Bestellung im Gesellschaftsvertrag Voraussetzung dafür, die Zulässigkeit der Abberufung eines solchen Geschäftsführers auf das Vorhandensein eines wichtigen Grundes zu beschränken oder dem begünstigten Gesellschafter ein Sonderrecht auf die Geschäftsführung einzuräumen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG § 15 Rz 10). Das Prinzip der freien Abberufbarkeit von Geschäftsführern gemäß § 16 Abs 1 gilt demnach einerseits nicht gegenüber Gesellschafter-Geschäftsführern, deren Abberufbarkeit gesellschaftsvertraglich auf wichtige Gründe eingeschränkt und andererseits nicht gegenüber Gesellschafter-Geschäftsführern, denen ein Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt wurde (Koppensteiner/Rüffler aaO § 16 Rz 4).

§ 16 Abs 3 statuiert demnach eine Ausnahme vom Grundsatz der freien Abberufbarkeit von Geschäftsführern. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich bei der konkreten Person um einen Gesellschafter-Geschäftsführer handelt, eine Satzungsregelung, die die Abberufung von Fremdgeschäftsführern vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig macht, ist ausgeschlossen (Duursma/Duursma-Kepplinger/Roth, Handbuch GesR Rz 2837). So kann auch der arbeitsrechtliche Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer die Regel des § 16 Abs 1 nicht modifizieren. Demnach besteht für den Fremdgeschäftsführer keine Möglichkeit, seine Position auf diesem Weg zu stabilisieren (Koppensteiner/Rüffler aaO § 16 Rz 6, Duursma/Duursma-Kepplinger/Roth, aaO Rz 2844).

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass ein vom Gesellschafter M** S** aufgrund des gesellschaftsvertraglich eingeräumten Entsendungsrechts bestellter Geschäftsführer unter keinen Umständen ein gemäß § 16 Abs 1 bestellter Geschäftsführer sein kann, und zwar selbst dann nicht, wenn M** S** im Rahmen seines Entsendungsrechts einen Mitgesellschafter zum Geschäftsführer bestellen sollte. Auch in diesem Fall würde es nämlich an der Voraussetzung der Bestellung der konkreten Person „im Gesellschaftsvertrag“ fehlen. Daraus folgt, dass eine satzungsmäßige Regelung der Beschränkung des Abberufungsrechtes auf wichtige Gründe für solche Geschäftsführer ausgeschlossen ist, weil dies zu einem unzulässigen Eingriff in das Grundprinzip des § 16 Abs 1 GmbHG führt.