14. März 2012

OGH 6 Ob 242/11y – Bloße Vereinbarung der Nichtübernahme von Rechtsverhältnissen soll iSd § 38 Abs 4 UGB ausreichend sein?

Ich habe mich schon in zahlreichen Beiträgen in diesem Blog mit Fragen im Zusammenhang mit der Eintragung eines Haftungsausschlusses gemäß § 38 UGB beschäftigt (Beiträge vom 8. September 2011, vom 3. Oktober 2008, vom 22. Juli 2008, und vom 9. Juli 2008). Dabei habe ich u.a. auf folgende Essentialia für die Eintragung des Haftungsausschlusses hingewiesen:

§ 38 UGB geht davon aus, dass der Erwerber auch dann, wenn es zu keiner Vertragsübernahme oder zu keiner Übernahme einzelner Verbindlichkeiten iSd § 38 Abs 4 2. Satz UGB kommt, für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers haftet, sofern diese Haftung nicht gesondert ausgeschlossen wird. Die Ablehnung einer Vertragsübernahme bzw. einer Übernahme einzelner Verbindlichkeiten als solche bedeutet also nicht auch schon die Ablehnung der Erwerberhaftung (Krejci, § 38 UGB: Zurück ins Trockendock? in ÖJZ 2007/73, B letzter Absatz).

Wenn demnach beispielsweise Vertragsteile im Kaufvertrag die Übernahme aller Altverbindlichkeiten der Verkäuferin ausschließen und für den Fall der Inanspruchnahme der Käuferin eine Schad- und Klagloshaltung durch die Verkäuferin vereinbaren, einen gesonderten Ausschluss der gemäß § 38 Abs 4 UGB normierten „Trotzdem-Haftung“ der Erwerberin aber nicht vereinbaren, fehlt mangels entsprechender Vereinbarung die Rechtsgrundlage für eine Eintragung dieses Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB in das Firmenbuch.

Die Entscheidung des OGH vom 21.12.2011, 6 Ob 242/11y (JusGuide 2012/10/9759; RWZ 2012/13 [Wenger]), nimmt in dieser Frage eine völlig andere Position ein, die aber nicht richtig sein kann.

Zuzustimmen ist der Entscheidung darin, dass die Eintragung des Haftungsausschlusses - wenn dies der Publizitätsakt nach § 38 Abs 4 UGB ist - "beim Unternehmensübergang" in das Firmenbuch eingetragen und dabei ein enger zeitlicher Zusammenhang eingehalten werden muss. Der OGH konkretisiert diese Komponente dahingehend, dass der zeitliche Zusammenhang bereits bei Ablauf eines Monats seit dem Unternehmensübergang nicht mehr gegeben ist.

Der OGH schreibt weiter, dass bei Erwerb eines Unternehmens der Erwerber den Unternehmensgläubigern gegenüber für Verbindlichkeiten aus unternehmensbezogenen Rechtsverhältnissen auch dann hafte, wenn er diese Rechtsverhältnisse vom Veräußerer nicht übernommen habe (§ 38 UGB). Um diese Haftung auszuschließen oder einzuschränken, bedürfe es einer besonderen abweichenden Vereinbarung (Haftungsausschluss), die Dritten gegenüber allerdings nur dann wirksam werde, wenn sie etwa in das Firmenbuch eingetragen werde (§ 38 Abs 4 UGB). Diese Vereinbarung müsse zwischen Veräußerer und Erwerber tatsächlich vereinbart worden sein, und zwar spätestens beim Unternehmensübergang, wie sich zwingend aus § 38 Abs 4 letzter Satz UGB ergebe.

Und dann folgt der für mich unverständliche Zusatz:

Eine aus dem Titelgeschäft hervorgehende Nichtübernahme des betreffenden Rechtsverhältnisses genügt dabei, weil auch daraus der eindeutige Parteiwille hervorgeht, dass der Erwerber mit den diesbezüglichen Verbindlichkeiten nichts zu tun haben will.

Der OGH beruft sich diesbezüglich auf Karollus in Jabornegg/Artmann, UGB² [2010] § 38 Rz 71, der dazu ausführt:

Voraussetzung für einen wirksamen Haftungsausschluss ist überdies so wie schon nach § 25 Abs 2 HGB, dass ein solcher zwischen Veräußerer und Erwerber tatsächlich vereinbart wurde. Eine aus dem Titelgeschäft hervorgehende Nichtübernahme des betreffenden Rechtsverhältnisses sollte dafür freilich genügen, weil auch daraus der eindeutige Parteiwille hervorgeht, dass der Erwerber mit den diesbezüglichen Verbindlichkeiten nichts zu tun haben will. Vorsichtshalber sollte aber auch eine ausdrückliche Bezugnahme auf einen „Haftungsausschluss“ erfolgen.

Ich halte dem entgegen:

Wenn nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut § 38 Abs 4 UGB eine „Trotzdem-Haftung“ normiert, diese Bestimmung also davon ausgeht, dass die Erwerberhaftung für jene Verbindlichkeiten aus Rechtsverhältnissen eintritt, die beim Veräußerer verbleiben, kann doch nicht argumentiert werden, dass die vereinbarte Nichtübernahme eines Rechtsverhältnisses genügen soll.

Gerade diese Nichtübernahme führt ja zur Haftung des Erwerbers gemäß § 38 Abs 4 UGB!

Mir ist das völlig unverständlich, weil es ja in § 38 Abs 4 UGB ausdrücklich heißt, dass der Erwerber den Unternehmensgläubigern gegenüber für Verbindlichkeiten aus unternehmensbezogenen Rechtsverhältnissen auch dann haftet, wenn er diese Rechtsverhältnisse vom Veräußerer nicht übernommen hat. § 38 UGB spricht also von einer „Nichtübernahme des betreffenden Rechtsverhältnisses“ und bringt damit wohl zum Ausdruck, dass eine Haftung eben auch dann eintritt, wenn man einen „eindeutigen Parteiwillen unterstellt, dass der Erwerber mit den diesbezüglichen Verbindlichkeiten nichts zu tun haben will“.

Ich bleibe also für meine firmenbuchgerichtliche Praxis trotz dieser Entscheidung dabei:

Die bloße Vereinbarung der Nichtübernahme von Rechtsverhältnissen stellt keine wirksame Vereinbarung eines Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB dar (so ja auch Krejci aaO und Leb, Zur Bekanntmachung des Haftungsausschlusses im Firmenbuch [§ 38 UGB], GeS 2008, 312, die von der Notwendigkeit eines „expressis-verbis-Ausschlusses“ dieser Haftung spricht). Ein „vorsichtshalber“ hergestellter Bezug (so Karollus aaO) reicht also nicht aus, es bedarf einer ausdrücklich getroffenen zusätzlichen Vereinbarung.

Im Übrigen bestätigt sich damit auch die von mir verfolgte Praxis, dass die entsprechenden Vertragsauszüge über Vereinbarungen im Zusammenhang mit § 38 UGB zur inhaltlichen Prüfung dem Firmenbuchgericht vorgelegt werden müssen. Wenn Leb aaO diesbezüglich meint, dass auch die übereinstimmende Anmeldung von Veräußerer und Erwerber ausreichen müsse, wird mE außer Acht gelassen, dass die übereinstimmende subjektive Sicht von beteiligten Vertragsteilen über die Wirksamkeit getroffener Vereinbarungen nicht immer den objektiven Gegebenheiten entsprechen muss.
Die materiell-rechtliche Prüfungsbefugnis des Firmenbuchgerichtes soll die Richtigkeit des Firmenbuchstandes gewährleisten. Die Eintragung eines Haftungsausschlusses gemäß § 38 UGB im Firmenbuch, der gar nicht wirksam vereinbart wurde, soll daher verhindert werden. Für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit einer solchen Ausschluss-Vereinbarung muss dem Firmenbuchgericht aber die inhaltliche Prüfung ermöglicht werden.

13. März 2012

Mindesterfordernisse für eine errichtende Umwandlung gemäß § 5 UmwG – OLG Innsbruck 3 R 234/11b, 3 R 235/11z


Die Rekursentscheidung zu der im Beitrag vom 6.2.2012 geschilderten gescheiterten errichtenden Umwandlung liegt vor (OLG Innsbruck 3 R 234/11b, 3 R 235/11z). Dem Rekurs der Geschäftsführer und Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften wurde keine Folge gegeben.

Dabei folgte das Rekursgericht allerdings nicht in allen Punkten den von mir herangezogenen Abweisungsgründen. Den wesentlichen Inhalt der Rekursentscheidung stelle ich im Folgenden dar.

1) Zur Antrags- und Rechtsmittellegitimation

[Vorbemerkung: Im konkreten Fall wurden die Anträge auf Eintragung der Löschung der umgewandelten Kapitalgesellschaft und auf Eintragung der errichtenden Personengesellschaft von der Gesellschaft, vertreten durch ihre Geschäftsführer, gestellt. Ich habe diesen Umstand bei meiner Entscheidung nicht thematisiert.]

Nach § 5 Abs 4 UmwG haben die Geschäftsführung der GmbH und die Gesellschafter der zu errichtenden Personengesellschaft die Umwandlung sowie die Errichtung der Personengesellschaft zur Eintragung bei dem Gericht, in dessen Sprengel die umzuwandelnde Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat, anzumelden, wobei die Vorschriften über die Anmeldung und Eintragung von Personengesellschaften (§§ 107, 106 UGB) zu beachten sind.

Da das Gesetz ausdrücklich von der Geschäftsführung (und nicht von der Kapitalgesellschaft oder den Geschäftsführern für die Kapitalgesellschaft) spricht und auch das Schrifttum (Kalss, Verschmelzung/Spaltung/Umwandlung² Rz 97 zu § 5 UmwG) nur die Geschäftsführung (und wiederum nicht die Gesellschaft oder die Geschäftsführung in Vertretung derselben) in diesem Zusammenhang benennt, könnte die Auffassung vertreten werden, ein von der Gesellschaft auf die Eintragung einer errichtenden Umwandlung gerichteter Antrag wäre von einer hiezu nicht berechtigten Rechtsperson gestellt worden. Diese (am Wortlaut haftende) Auslegung verbietet sich jedoch angesichts der Bedeutung eines Umwandlungsvorganges für die Kapitalgesellschaft und ist auch nicht mit der Rechtsprechung (6 Ob 267/08w, 6 Ob 236/07k, 6 Ob 111/02w) in Einklang zu bringen, die jedenfalls implizit Antrags- und Rechtsmittellegitimation mehrfach in vergleichbaren Fällen angenommen hat. Damit ist nicht zu beanstanden, dass die Gesellschaft selbst, vertreten durch deren Geschäftsführer, den Antrag auf Eintragung der Umwandlung sowie das Rechtsmittel erhoben hat.

Wie aufgezeigt (§ 5 Abs 4 UmwG) erfordert der beabsichtigte Umwandlungsvorgang das Zusammenwirken der Geschäftsführer der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft einerseits und der Gesellschafter der zu errichtenden Personengesellschaft andererseits. Hier haben diese Personen (in Personalunion) zwei gesonderte auf den Umwandlungsvorgang gerichtete Eintragungsanträge gestellt, die beide mit einem Beschluss des Erstgerichtes abgewiesen wurden; das hiegegen gerichtete Rechtsmittel wurde aber ausschließlich von der Gesellschaft, vertreten durch deren Geschäftsführer, erhoben und auch nicht erkennbar von den beiden Geschäftsführern auch in deren Funktion als Gesellschafter der zu errichtenden Personengesellschaft.

Unter Nutzbarmachung der vom OGH in 6 Ob 111/02w gebrauchten Argumente gilt auch für den beabsichtigten Vorgang einer errichtenden Umwandlung, dass die Entscheidung über ein solcherart gestelltes Begehren zwangsläufig auf die übertragende und die zu errichtende Gesellschaft wirkt. Ob ein Rechtsmittel als verspätet zurückgewiesen oder überhaupt nicht ergriffen wird, läuft ebenso auf das gleiche Ergebnis hinaus, sodass auch insoweit eine unterschiedliche Behandlung nicht angezeigt ist.

2) Zur Rechtsnatur des Umwandlungsvertrags/Umwandlungsplans

Der Umwandlungsplan (im Zusammenhang mit einer Umwandlung unter gleichzeitiger Errichtung einer eingetragenen Personengesellschaft im Sinne des § 5 UmwG) ist - anders als der Umwandlungsvertrag bei der verschmelzenden Umwandlung - kein Vertrag, sondern eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung der übertragenden Gesellschaft. Die im Rahmen der Umwandlung neu zu errichtende Gesellschaft kann nicht Vertragspartner sein, da sie zum Zeitpunkt der Aufstellung des Umwandlungsplans noch nicht besteht. Daher ist bei der errichtenden Umwandlung von einem Umwandlungsplan auszugehen. Die Funktion des Umwandlungsplans entspricht jener des Umwandlungsvertrages bei der verschmelzenden Umwandlung. Die Aufstellung des Umwandlungsplanes ist ein Vertretungsakt im Außenverhältnis, die Vertretungsorgane der übertragenden Kapitalgesellschaft haben daher in vertretungsbefugter Anzahl zu handeln (Kalss aaO Rz 21 und 26).

Den Mindestinhalt des Umwandlungsplans legen § 5 Abs 5 UmwG iVm § 2 Abs 3 UmwG iVm § 220 Abs 2 AktG fest. Der Umwandlungsplan muss - soweit hier in Betracht zu ziehen - zumindest die folgenden Punkte enthalten:

Die Firma und den Sitz der übertragenden Gesellschaft; die Firma und den Sitz der neuen Personengesellschaft; die Erklärung über die Übertragung des Vermögens im Weg der Gesamtrechtsnachfolge; die Namen der Gesellschafter der Personengesellschaft sowie das Ausmaß ihrer Beteiligung und den Umwandlungsstichtag (Kalss aaO Rz 30).

Auf die als Vertragsbezeichnung gewählte rechtliche Qualifikation eines Vertrages durch die Parteien kommt es nach der auch hier geltenden „falsa-demonstratio-Regel“ bei der Beurteilung, welchen Vertrag die Parteien tatsächlich schließen wollten, nicht an (6 Ob 111/02w). In diesem Sinn hat das Erstgericht zutreffend erkannt, dass die Ausgestaltung des Umwandlungsplans sowie dessen Bezeichnung als Umwandlungsvertrag der Eintragung der angestrebten Umwandlung nicht entgegenstehen, zumal der „Umwandlungsvertrag“ zumindest auch von den nach dem Gesetz erforderlichen Personen, den Geschäftsführern der Gesellschaft, aufgestellt wurde, die Camping S** B** OG mangels Eintragung in das Firmenbuch zum Zeitpunkt der Aufstellung dieser Urkunde rechtlich gar nicht existent war und deren Gesellschafter mit den Geschäftsführern der Gesellschaft ident sind.

3) Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft als Bestandteil des Umwandlungsplans

Notwendiger Bestandteil des Umwandlungsplanes ist auch der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft, da dieser die Basis für den Gehalt der Mitgliedschaftsrechte der Personengesellschafter ist (Kalss aaO Rz 39).

Anmerkung:
Dieser Hinweis widerspricht der gängigen Praxis. Es wird zwar in einigen Fällen bei Anmeldung einer errichtenden Umwandlung auch der Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft vorgelegt, aber beileibe nicht immer. Ich habe die Vorlage des Gesellschaftsvertrages auch nie moniert, zumal dies im Ergebnis bedeuten würde, dass damit bei einer errichtenden Umwandlung zwingend ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag abzuschließen wäre. Es ist aber unbestritten, dass der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft auch mündlich geschlossen werden kann, was wohl auch für eine gemäß § 5 UmwG entstehende Personengesellschaft gelten muss. Dafür spricht mE insbesondere die Regelung in § 5 Abs 3 UmwG, nach der im Umwandlungsbeschluss die Namen der Gesellschafter, das Ausmaß ihrer Beteiligung, die Firma, die Rechtsform und der Sitz der Personengesellschaft festzusetzen sind. Ein Mehr an gesellschaftsvertraglicher Festsetzung kann wohl nicht verlangt werden, weshalb ich diesen Aspekt der Entscheidung mit diesen Konsequenzen für unrichtig halte.

Für meine Ansicht spricht auch folgende Lehrmeinung:
U. Torggler befasst sich ausdrücklich mit den in diesem Zusammenhang auftretenden terminologischen Widersprüchen des UmwG bezüglich "Errichtung" und "Entstehung" (U. Torggler, Die Verbandsgründung [24]). Er löst die hier interessierende Frage dahingehend, dass der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages unter den Gesellschaftern der Nachfolgegesellschaft unbedingt erforderlich ist, weil die Gesellschaft nur so die nach allgemeinen Grundsätzen erforderliche Vertragsgrundlage erhält. Er führt weiter aus, dass aus allgemeinen Regeln folgt, dass dieser Gesellschaftsvertrag nicht unbedingt schriftlich oder auch nur ausdrücklich abgeschlossen werden muss, was erkläre, warum es nach § 5 Abs 3 UmwG anders als nach § 233 Abs 2 Satz 1 AktG, § 2 Abs 1 Z 1 SpaltG nicht erforderlich ist, einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag in den Umwandlungsplan aufzunehmen, sondern die Festsetzung bestimmter Eckdaten der neuen Gesellschaft im Umwandlungsbeschluss genügt und warum bei der Anmeldung der Umwandlung abweichend von der Rechtslage im Verschmelzungs- und Spaltungsrecht (§ 233 Abs 1, 2 Satz 1 iVm § 225 Abs 1 Z 1 AktG, § 13 Z 1 iVm § 2 Abs 1 Z 1 SpaltG) der Gesellschaftsvertrag der Nachfolgegesellschaft nicht vorgelegt (§ 5 Abs 4 Halbsatz 2 UmwG iVm § 106 UGB) werden muss (U. Torggler aaO [25 f]).

Die Rekursentscheidung ist insoweit auch ein wenig inkonsistent, als sie in weiterer Folge zum Gesellschaftsvertrag Folgendes ausführt:
Das Gesetz regelt den Mindestinhalt des Gesellschaftsvertrages einer OG nicht. Essentialium negotii ist bei der OG die Vereinbarung eines gemeinsamen Zwecks. Der Gesellschaftsvertrag der OG ist formfrei. Dies gilt sowohl für den ursprünglichen Abschluss als auch für spätere Änderungen. Mündliche Vereinbarungen sind demnach hinreichend. Dasselbe gilt für den konkludenten Abschluss. Auszulegen ist der Gesellschaftsvertrag einer OG nach §§ 914 f ABGB (Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 2/179, 2/183, 2/182).

4) Muss im Gesellschaftsvertrag auf den Umwandlungsvorgang Bezug genommen werden?

[Vorbemerkung: Ich habe in meiner Entscheidung u.a. folgenden Abweisungsgrund herangezogen:
Hält man sich den Inhalt des vorgelegten Gesellschaftsvertrages der Personengesellschaft vor Augen, wird evident, dass auf dieser Basis eine errichtende Umwandlung der Kapitalgesellschaft nicht eingetragen werden kann, weil im Gesellschaftsvertrag zwingend eine Bezugnahme auf die der Errichtung zu Grunde liegende Umwandlung hergestellt werden muss. Dies haben aber die Gesellschafter offenkundig nicht gewollt, was sich schon daran zeigt, dass die Einlagen der Gesellschafter aus Bareinlagen in Höhe von jeweils € 1.000 bestehen und eben nicht durch Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge aufgrund einer errichtenden Umwandlung aufgebracht werden. Letzteres ist aber das Wesen der errichtenden Umwandlung, weshalb auch das Argument nicht greift, dass sich die Personengesellschaft in einem Prozedere befinde, dessen Anfangs- und Endpunkt in der Regel durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages und die Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch markiert werde].

Diese Argumentation verwirft das OLG Innsbruck mit folgender Begründung:

Die Ausstattung der Gesellschaft mit Eigenkapital erfolgt grundsätzlich durch die Einlagen der Gesellschafter. Unter Einlage ist jede Leistung zu verstehen, die das Gesellschaftsvermögen und somit den Haftungsfonds vergrößert. Eine gesetzliche Pflicht zur Leistung einer Einlage besteht nicht. Ob und in welchem Umfang eine
Einlage zu leisten ist, wird ausschließlich durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt (Schauer aaO Rz 2/362).

Zwischen Errichtung und Entstehung der OG ist zu unterscheiden; errichtet ist sie mit dem gültigen Abschluss des Gesellschaftsvertrags; entstanden ist sie mit der Eintragung in das Firmenbuch. Die Entstehung betrifft die Rechtspersönlichkeit der OG. Mit ihrer Entstehung tritt sie als eigenständiges Rechtssubjekt im Rechtsverkehr auf. Vor Eintragung der OG in das Firmenbuch entsteht sie als solche nicht (§ 123 Abs 1 UGB; Krejci in RK UGB § 123 Rz 1 und 2).

Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes kann dem Gesetz das Erfordernis nicht entnommen werden, dass im Gesellschaftsvertrag der zu errichtenden OG eine Bezugnahme auf die Umwandlung erforderlich ist. Soweit das Erstgericht auf den zeitlichen Abstand zur mündlichen Gründung der OG reflektiert, genügt der Verweis auf die Möglichkeit einer formfreien Abänderung des ursprünglich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages und letztlich auch der (allenfalls auch konkludenten) Auflösung und Neugründung der OG im Stadium vor deren Entstehung. Dieses vom Erstgericht herangezogene Argument stand der begehrten Eintragung ebenso wenig entgegen wie die Bezugnahme auf Einlagen der Gesellschafter im OG-Vertrag, zumal diese - wie erwähnt - keinen zwingenden Bestandteil einer OG darstellen. Insbesondere stehen Einlagen der Gesellschafter auch nicht der sich schon aus dem Gesetz ergebenden Gesamtrechtsnachfolge einer errichtenden Umwandlung entgegen, so wirksam ein derartiger Umgründungsvorgang beschlossen und nachfolgend in das Firmenbuch eingetragen wird.

5) Mängel des Umwandlungsbeschlusses, die zur Abweisung führen

Im Umwandlungsbeschluss sind die Namen der Gesellschafter, das Ausmaß ihrer Beteiligung, die Firma, die Rechtsform und der Sitz der Personengesellschaft festzusetzen (§ 5 Abs 3 UmwG) und der Umwandlungsplan in die Niederschrift über den Beschluss aufzunehmen oder dieser als Anlage beizufügen (§§ 5 Abs 5, 2 Abs 3 UmwG, 221 Abs 4 AktG).

Schon die gesonderte Regelung in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen zeigt eindeutig auf, dass beide Vorschriften einzuhalten sind, nämlich einerseits die Festsetzung einzelner Aspekte der zu errichtenden Personengesellschaft im Umwandlungsbeschluss und andererseits die Aufnahme oder der Beischluss des
Umwandlungsplanes in die (der) Niederschrift über den Umwandlungsbeschluss. Nur auf diese Weise kann der mit der gesetzlichen Regelung verbundene Zweck erfüllt werden, zu prüfen, ob der Inhalt des Umwandlungsbeschlusses mit jenem des Umwandlungsplanes übereinstimmt.

Dem kann im konkreten Fall auch nicht die Personalunion der beiden Gesellschafter und Geschäftsführer der Gesellschaft sowie Gesellschafter der zu errichtenden Personengesellschaft entgegengehalten werden; zum einen sieht das Gesetz für eine derartige Konstellation keine Ausnahme vor; zum anderen ist diese  Konstellation in der Praxis nicht selten (die Identität der Gesellschafter ist im Wesentlichen sogar gesetzliche Voraussetzung für den angestrebten Umwandlungsvorgang), sodass mangels anderweitiger gesetzlicher Regelung davon ausgegangen werden muss, dass die vom Gesetz geforderten Formvorschriften auch in Konstellationen wie der vorliegenden einzuhalten sind.

Hinzu tritt, dass - im Unterschied zum Umwandlungsplan - der Umwandlungsbeschluss notariell zu beurkunden ist (§§ 5 Abs 5, 2 Abs 4 UmwG; Kalss aaO Rz 87). Damit kommt dem Umwandlungsbeschluss voller Beweis für die Richtigkeit dessen Inhalts zu (§ 292 ZPO), während dies beim Umwandlungsplan nicht der Fall ist; gerade auch diese Formvorschrift zeigt nachdrücklich die Bedeutung des Inhalts des Umwandlungsbeschlusses auf.

Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin kann sohin der vom Gesetz vorgeschriebene Mindestinhalt des Umwandlungsbeschlusses nicht durch den Anschluss des Umwandlungsplanes (oder einer anderen Urkunde) substituiert werden, sodass der angestrebten Umwandlung ein Eintragungshindernis entgegensteht.

Dass der Umwandlungsbeschluss selbst den gesetzlich geforderten Mindestinhalt aufweisen würde, behauptet die Rekurswerberin in ihrem Rechtsmittel - zu Recht - selbst nicht, sodass sich eine weitere Erörterung dieses Aspekts erübrigen würde. Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzufügen, dass § 5 Abs 3 UmwG auf die Festsetzung verschiedener Charakteristika der zu errichtenden Personengesellschaft abstellt, sohin eine klare Beschlussfassung über diese Aspekte erforderlich ist. So reicht etwa die lediglich begründende Erwähnung der Tatsache, dass alle Gesellschafter der zu errichtenden Gesellschaft verhältnismäßig gleich wie an der übertragenden Gesellschaft beteiligt sind (Punkt 6. des Umwandlungsbeschlusses), nicht, um eine derartige eindeutige Festsetzung als vom Beschlusswillen der Gesellschafter umfasst anzunehmen, sodass es am Erfordernis der Festsetzung der Namen der Gesellschafter und des Ausmaßes ihrer Beteiligung an der Personengesellschaft mangelt. Dahinstehen kann, ob die Erwähnung der Camping S** B** OG in Punkt 4. des Umwandlungsbeschlusses als derartige Festsetzung qualifiziert werden könnte; der Sitz der zu errichtenden Personengesellschaft kann dem Umwandlungsbeschluss jedenfalls nicht entnommen werden.

7. März 2012

Fortsetzung einer aufgelösten Privatstiftung – OLG Innsbruck 3 R 227/11y


Im Firmenbuch ist zu FN ** die BV C** Privatstiftung mit dem Sitz in K**eingetragen.
Der Stifter Johann E** hat mit Erklärung vom 9.2.2009 diese Privatstiftung aufgrund eines in der Stiftungsurkunde aufgenommenen Vorbehalts widerrufen, worauf der Stiftungsvorstand einstimmig mit Beschluss vom 9.2.2009 die Auflösung der Privatstiftung beschlossen hat. Dieser Auflösungsbeschluss wurde seinerzeit zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet und am 17.3.2009 im Firmenbuch eingetragen. Bei der Privatstiftung ist somit folgende Tatsache im Firmenbuch eingetragen:

Auflösungsbeschluss des Stiftungsvorstandes vom 09.02.2009
Die Privatstiftung ist aufgelöst.

Nun begehren die Vorstandsmitglieder dieser Privatstiftung die Eintragung der Löschung der Auflösung der Privatstiftung und der Fortsetzung der Privatstiftung.

Folgender Sachverhalt steht fest:

Bis heute wurden in Abstimmung mit dem Stifter Johann E** keine Verfügungen über das Stiftungsvermögen und keine Rückübertragungen von Teilen des Stiftungsvermögens an den Stifter und Letztbegünstigten Johann E** durchgeführt.

Mit Notariatsakt vom 29.9.2011 hat der Stifter Johann E** seinen notariellen Widerruf der Privatstiftung vom 9.2.2009 vollinhaltlich zurückgenommen. In Entsprechung dieser Rücknahmeerklärung hat der Vorstand der Privatstiftung die Aufhebung des Auflösungsbeschlusses vom 9.2.2009 beschlossen.

Auf Grundlage dieses Aufhebungsbeschlusses meldet der Vorstand jetzt (u.a.) die Fortsetzung der Privatstiftung zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Der OGH hat sich in 6 Ob 261/09i mit der Frage der Fortsetzung einer aufgelösten Privatstiftung auseinandergesetzt, im dortigen Anlassfall aber die sich beim vorliegenden Sachverhalt stellende Frage offen gelassen (offen lassen können).

Das Schrifttum argumentierte in seinen Reaktionen auf 6 Ob 261/09i übereinstimmend in Richtung der Zulässigkeit der Fortsetzung einer Privatstiftung unter den im Anlassfall gegebenen und eingangs dargestellten Voraussetzungen.
Allerdings ließ sich aus dieser Entscheidung eine gewisse Skepsis des Höchstgerichtes zur Zulässigkeit der Fortsetzung einer durch Beschluss des Stiftungsvorstands aufgelösten Privatstiftung nach Eintragung dieser Auflösung im Firmenbuch herauslesen, weshalb ich in erster Instanz die Anträge abwies, um zu einer Rechtsmittelentscheidung in dieser Frage zu gelangen.

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat sich in der Rekursentscheidung der hM angeschlossen und mit Beschluss vom 10.01.2012, 3 R 227/11y, dem Rekurs des Stiftungsvorstands Folge gegeben.

Die Begründung dieser – so weit überblickbar – ersten Rechtsmittelentscheidung zu diesem Themenkreis mit umfangreichen Belegstellen darf ich hier zugänglich machen (eine Veröffentlichung der Entscheidung in der nächsten Ausgabe der PSR ist ins Auge gefasst):

Die bereits vom Erstgericht und im Rekurs zitierte vielfach veröffentlichte Entscheidung des OGH 6 Ob 261/09i (EvBl 2010/74, 510 [Schimka 512] = ecolex 2010, 465 = GesRZ 2010, 230 [Csoklich 233] = PSR 2010/17, 83 [N. Arnold 85] = AnwBl 2011, 60 = NZ 2011/15 = wbl 2010/158 = RdW 2010/299 = ZIK 2010/119 = ZfS 2010, 62) … unterscheidet sich im Sachverhalt ganz wesentlich von den vorliegenden Tatsachen.

Trotz der Versagung der Fortsetzungsmöglichkeit in der speziellen Entscheidung 6 Ob 261/09i wird in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Fortsetzung einer aufgelösten Privatstiftung nicht generell unzulässig ist (N. Arnold PSR 2010, 85; Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.1.; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008] Rz 7/82; Kalss/Zollner Judikaturübersicht Privatstiftungsrecht 2010, PSR 2011/38, 136 [137]; Schimka ÖJZ 2010, 513L; Schimka/Zollner Aktuelles zum Widerruf einer Privatstiftung PSR 2010/45, 168 [170]).
Von einigen Autoren wird die analoge Anwendung des § 215 AktG - der zB auch auf die GmbH ausgedehnt wird - ausgeschlossen (N. Arnold PSR 2010, 85 nach FN 4); von anderen Autoren wieder befürwortet (Csoklich GesRZ 2010, 233L Pkt 2.2.).

Dass die Fortsetzung einer Privatstiftung grundsätzlich zulässig sein muss, wird insbesondere aus
  • der stiftungsspezifischen Sonderregelung des § 35 Abs 2 Z 3 zweiter Halbsatz PSG (Csoklich GesRZ 2010, 233L Pkt 2.1.; Schimka/Zollner PSR 2010, 170);
  • der konsequenten Weiterverfolgung des Gedankens, dass sich der Stifter ein umfassendes Änderungsrecht vorbehalten kann und in diesem Umfang nicht gehindert ist, einmal vorgenommene Änderungen wieder rückgängig zu machen, sodass er konsequenterweise auch die Ausübung des Widerrufsrechts wieder rückgängig machen können müsste (Csoklich GesRZ 2010, 233L Pkt 2.2.; Kalss Rz 7/82 nach FN 358; Schimka ÖJZ 2010, 513L); und
  • dem Fall des Widerrufs einer Privatstiftung durch den Gläubiger des Stifters, der das Widerrufsrecht gepfändet hat (3 Ob 177/10s, PSR 2011/47, 183 [Rassi 188 und Zollner 189]; RIS-Justiz RS0120752), nach erklärtem Widerruf aberdie Exekution einstellt (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 2.4.; Schimka ÖJZ 2010, 512; Schimka/Zollner PSR 2010, 170 letzter Absatz), abgeleitet.
Als materielle Voraussetzung für die Reaktivierung einer aufgelösten Stiftung fordert die zitierte Literatur einhellig, dass der ursprüngliche Auflösungsgrund weggefallen ist (N. Arnold PSR 2010, 85 vor FN 1; Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.1.; Kalss/Zollner PSR 137 FN 3; Schimka ÖJZ 2010, 512R; Schimka/Zollner PSR 2010, 170 FN 25). Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Fortsetzung der bereits aufgelösten Privatstiftung wird ferner noch nach dem Auflösungsgrund differenziert (Kalss/Zollner PSR 2011, 137 nach FN 3).

Erfolgt zB die Auflösung, weil der Stiftungszweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann, weil es etwa am ausreichenden Vermögen mangelt, setzt die Fortsetzung entweder die Änderung des Stiftungszwecks oder die Zufuhr entsprechenden Vermögens zB im Wege einer Nachstiftung voraus. Nur in diesem Fall wäre daher der Auflösungsgrund nachträglich weggefallen und die Fortsetzung der Privatstiftung zulässig (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.1. erster Absatz; Jud/Zierler NZ 2007, 51; Kalss Rz 7/82 FN 352).

Erfolgt die Auflösung durch Widerruf des Gläubigers (nach Pfändung des Widerrufsrechts des Stifters im Exekutionsverfahren nach den §§ 331 f EO), setzt die Fortsetzung die Einstellung der Exekution voraus (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.1.). Vor einem Auflösungsbeschluss ist die Fortsetzung durch den Stiftungsvorstand formlos durch Rücknahme des Widerrufs (des Gläubigers) möglich (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. erster Absatz). Wurde schon ein Aufhebungsbeschluss gefasst oder die Privatstiftung gemäß § 35 Abs 3 PSG durch Gerichtsbeschluss aufgelöst, ist die Fortsetzung nur möglich, wenn Dritte zB Letztbegünstigte, noch keine (klagbaren) Ansprüche erworben haben (Schimka/Zollner PSR 2010, 171 FN 43); dies wird aber vor Beendigung der Liquidation und Ablauf des Sperrjahrs nach § 26 Abs 2 PSG (Anmerkung: richtig wohl § 36 Abs 2 PSG) noch nicht der Fall sein (Schimka/Zollner PSR 2010, 171 FN 40 f; N. Arnold PSG² [2007] § 6 Rz 14; Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. zweiter Absatz). In diesem Fall muss der Stiftungsvorstand einen contrarius actus zum Auflösungsbeschluss, also einen Fortsetzungsbeschluss fassen (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. letzter Absatz; Kalss Rz 7/82 S 1342; Schimka/Zollner PSR 2010/172 erster Absatz).

Erfolgt die Auflösung infolge (sonstigen) Widerrufs, setzt die Fortsetzung die Rücknahme des Widerrufs durch den Stifter voraus (N. Arnold PSR 2010, 85 nach FN 2; Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.1. erster Absatz; Csoklich Zugriff auf Vermögen der Privatstiftung durch Gläubiger der Stifter und Begünstigten, ÖBA 2008, 416 [428 FN 128]; Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008] Rz 7/82). Manche Autoren lassen diesen Widerruf durch den Stifter nur bis zum Beginn der Verteilung des Stiftungsvermögens zu (Csoklich ÖBA 2008, 428 FN 128; Kalss Rz 7/82 S 1342). Andere halten die Fortsetzung selbst nach Beginn der Verteilung des Gesellschaftsvermögens für zulässig, weil im Privatstiftungsrecht anders als im allgemeinen Verbandsrecht der Kapitalgesellschaften auch eine Auskehr des Vermögens an den Begünstigten möglich ist (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 4.; Schimka ÖJZ 2010, 513R zweiter Absatz; Schimka/Zollner PSR 2010, 171 insb FN 37). 

Eine gewisse Differenzierung ist auch danach erkennbar, ob bereits ein Auflösungsbeschluss gefasst wurde oder die Privatstiftung gemäß § 35 Abs 3 PSG durch Gerichtsbeschluss aufgelöst wurde oder nicht:
Im ersten Fall wird der Widerruf durch den Stifter jedenfalls zurückgenommen werden können (Csoklich GesRZ 2010 233R Pkt 3.1. erster Absatz und 3.2. erster Absatz), weil der Stifter im Rahmen seines Änderungsvorbehalts Änderungen später wieder rückgängig machen könnte (Csoklich GesRZ 2010, 233L Pkt 2.2.). Nach Fassung des Auflösungsbeschlusses (Auflösung durch Gerichtsbeschluss) wird aber in der Regel geprüft, ob die Zustimmung der Letztbegünstigten vorliegt, sofern diese - nach Beendigung der Liquidation, Ablauf des Sperrjahres (§ 26 Abs 2 PSG; richtig wohl § 36 Abs 2 PSG) - klagbare Ansprüche erworben haben (N. Arnold PSG² [2007] § 6 Rz 14; Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. zweiter Absatz). Wenn solche Rechte nicht beeinträchtigt werden können oder die Zustimmung aller Letztbegünstigten vorliegt, wird dem Stiftungsvorstand die Möglichkeit zugebilligt, einen Widerruf und einen Auflösungsbeschluss durch contrarius actus, also einen Fortsetzungsbeschluss des Stiftungsvorstands zurückzunehmen (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. letzter Absatz). Zur Fortsetzung ist der Stiftungsvorstand immer dann verpflichtet, wenn der Auflösungsgrund weggefallen ist, weil er dazu im Rahmen seiner Pflicht zur Umsetzung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens wohl verpflichtet ist (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. letzter Absatz; Schimka ÖJZ 2010, 513R; sinngemäß Kalss/Zollner PSR 2011, 137 FN 4; Schimka/Zollner PSR 2010, 172).

Als weitere materielle Auflösungsgründe, die wegfallen könnten, werden in der Literatur befürwortet:
Eine gerichtliche Entscheidung, die die Auflösungserklärung des Stifters wegen Irrtums beseitigt (N. Arnold PSR 2010, 85); oder wenn sich der Widerruf wegen Geschäftsunfähigkeit des Stifters nachträglich als unwirksam herausstellt (N. Arnold PSR 2010, 85; Schimka/Zollner PSR 2010, 170 FN 29).

Als formelle Voraussetzung werden - sofern überhaupt die Fortsetzung durch Rücknahme eines erklärten Widerrufs für zulässig empfunden wird - vor Fassung eines Aufhebungsbeschlusses die formlose Rücknahme des Widerrufs (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.1. erster Absatz und 3.2. erster Absatz) nach Fassung des Auflösungsbeschlusses oder Auflösung durch Gerichtsbeschluss, das Fehlen von Letztbegünstigten oder die Zustimmung dieser Letztbegünstigten und die Fassung eines Fortsetzungsbeschlusses verlangt (Csoklich, GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. letzter Absatz; Kalss Rz 7/82 S 1342). Manche Autoren lassen diesen Widerruf durch den Stifter nur bis zum Beginn der Verteilung des Stiftungsvermögens zu; andere halten die Fortsetzung selbst nach Beginn der Verteilung des Gesellschaftsvermögens für zulässig.

Im vorliegenden Fall liegen alle in der Literatur verlangten materiellen und formellen Voraussetzungen für den Widerruf der Auflösung und damit für die Fortsetzung der Privatstiftung vor:

Wie das Erstgericht bereits zutreffend erwähnt hat, hat der Stifter Johann E** mit Notariatsakt vom 29.9.2011 seinen notariellen Widerruf der Privatstiftung vom 9.2.2009 vollinhaltlich zurückgenommen. Der materielle Reaktivierungsgrund für die aufgelöste Privatstiftung, nämlich der Wegfall des ursprünglichen Auflösungsgrunds, liegt somit, wie das Erstgericht auch zutreffend erkannt hat, vor.

Auf die Frage, ob der Widerruf der Privatstiftung vom Stifter nach Beginn der Verteilung des Stiftungsvermögens noch möglich ist (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 4.; Schimka ÖJZ 2010, 513R zweiter Absatz; Schimka/Zollner PSR 2010, 171 insb FN 37) oder nicht (Csoklich ÖBA 2008, 428 FN 128; Kalss Rz 7/82 S 1342), muss hier schon deshalb nicht eingegangen werden, weil es nach dem von der Stiftung bescheinigten Sachverhalt bisher in Abstimmung mit dem Stifter Johann E** noch nicht zum Beginn der Verteilung des Stiftungsvermögens gekommen ist.

Es fehlt aber auch nicht an dem von der Literatur für den Zeitraum nach Fassung des Auflösungsbeschlusses verlangten contrarius actus durch den Stiftungsvorstand, nämlich dem Fortsetzungsbeschluss (Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. zweiter Absatz; Kalss Rz 7/82 S 1342). Der Vorstand der Privatstiftung hat mit Beschluss vom 9./17.11.2011 die Aufhebung des Auflösungsbeschlusses und die Fortsetzung der Privatstiftung beschlossen.

Schließlich kann im vorliegenden Falle ausgeschlossen werden, dass allfälligen Dritten, insbesondere Letztbegünstigten, Ansprüche auf Verteilung des Stiftungsvermögens zustehen oder diese anspruchsberechtigten Dritten der Fortsetzung nicht zugestimmt hätten: Die Liquidation des Stiftungsvermögens ist unstrittig noch nicht beendet, das Sperrjahr (§ 26 Abs 2 PSG; richtig § 36 Abs 2 PSG) noch nicht abgelaufen, sodass dem Letztbegünstigten - hier Johann E** - noch keine klagbaren Ansprüche entstanden sind (N. Arnold PSG² [2007] § 6 Rz 14; Csoklich GesRZ 2010, 233R Pkt 3.2. zweiter Absatz). Darüber hinaus hat der Letztbegünstigte Johann E** durch die notariell beurkundete Rücknahme seines Widerrufs ausreichend schlüssig dokumentiert, dass er der Fortsetzung der Privatstiftung zustimmt.

Bei dieser Sachlage hält der Rekurssenat dafür, dass die Fortsetzung der Privatstiftung hier grundsätzlich in Betracht kommt. Das vom Erstgericht vorsichtshalber ins Treffen geführte Fortsetzungshindernis liegt daher nicht vor. Das Erstgericht kann daher über die Anträge der Privatstiftung unter Abstandnahme vom bisher gebrauchten Abweisungsgrund entscheiden.

In diesem Sinne habe ich mittlerweile die entsprechende Eintragung der Fortsetzung der Privatstiftung auf Grundlage des Aufhebungsbeschlusses des Stiftungsvorstandes eingetragen.