3. Oktober 2008

Ein wirksamer vertraglicher Ausschluss der Haftung des Erwerbers gemäß § 38 Abs 4 UGB

Wohl auch auf Grund meiner diesbezüglichen Artikel zu § 38 UGB wurde ich um meine Rechtsansicht zu folgender vertraglicher Regelung in einem Unternehmenskaufvertrag ersucht:

Die Käuferin N*N* übernimmt mit Ausnahme der Vertragsverhältnisse mit den Arbeitnehmern und der Vertragsverhältnisse über die Warenlieferung von Produkten einer bestimmten Marke keine unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse und Verbindlichkeiten von der Verkäuferin.

Zum Stichtag der Übergabe und Übernahme bestehen keine Rückstände beim Sozialversicherungsträger und keine Abgabenschulden im Sinne des § 14 BAO.

Die Haftung der Käuferin N*N* für alle bis zum Übergabestichtag TT.MM.JJ. entstandenen Rechtsverhältnisse und Verbindlichkeiten wird gemäß § 38 Abs 4 UGB ausgeschlossen.

Die Verkäuferin verpflichtet sich im Sinne des § 38 Abs 4 UGB, lückenlos alle Gläubiger von der Veräußerung an die N*N* zu verständigen und diese Gläubiger insbesondere davon zu verständigen, dass die N*N* keinerlei Verbindlichkeiten der Verkäuferin übernimmt und die Haftung des Erwerbers ausgeschlossen wurde.

Sollten Gläubiger der Verkäuferin trotz dieser Ausschlussbestimmungen Forderungen an N*N* stellen, aus welchem Grunde auch immer, hält die Verkäuferin die N*N* diesbezüglich schad- und klaglos.


Um es nach meinen bisherigen Beiträgen zum Thema noch einmal zu wiederholen:

Wer ein unter Lebenden erworbenes Unternehmen fortführt, übernimmt gemäß § 38 Abs 1 UGB, sofern nichts anderes vereinbart ist, zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit den bis dahin entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten. Werden unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers vom Erwerber nicht übernommen, so haftet er dennoch für die damit verbundenen Verbindlichkeiten. Die gilt auch, wenn der Erwerber nur einzelne Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht übernimmt. Eine davon abweichende Vereinbarung über die Haftung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie beim Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder vom Erwerber mitgeteilt wurde (§ 38 Abs 4 UGB).

Im eingangs geschilderten Fall haben die Vertragsteile demnach
  • den Erwerb eines Unternehmens (unter Lebenden) vereinbart, was ex lege zum Übergang aller unternehmensbezogenen (nicht höchstpersönlichen) Rechtsverhältnisse führt;
  • großteils allerdings einen solchen Übergang von Rechtsverhältnissen ausgeschlossen, nämlich hinsichtlich aller Vertragsverhältnisse mit Ausnahme der Arbeitsverhältnisse (diesbezüglich greift aber ohnehin § 3 AVRAG) und der Warenlieferungsverträge bezüglich eines bestimmten Markenproduktes;
  • die trotz dieses vereinbarten Ausschlusses bestehende Haftung der Käuferin für die (Alt)Verbindlichkeiten der Verkäuferin bis zum Übergabestichtag ausgeschlossen, also von der Möglichkeit des Ausschlusses dieser Haftung der Erwerberin im Vertrag Gebrauch gemacht;
  • Vorsorge für die zu setzenden Publizitätsakte im Sinne einer direkten Verständigung der (bekannten) Gläubiger getroffen, indem die Verkäuferin verpflichtet wurde, die entsprechenden Verständigungen vorzunehmen.
Anmerken würde ich bei der gewählten Formulierung des Haftungsausschlusses, dass es genau genommen im Sinne des § 38 Abs 4 UGB immer nur um den Ausschluss einer Haftung für Verbindlichkeiten (bzw. Altverbindlichkeiten - Krejci, § 38 UGB: Zurück ins Trockendock? in ÖJZ 2007/73, C Z. 10) gehen kann. Relevant ist ja die Frage, inwieweit den Erwerber eine allfällige Haftung für Verbindlichkeiten trifft, die aus nicht übernommenen Rechts(Vertrags)verhältnissen des früheren Unternehmers entstehen. Der Haftungsausschluss wäre daher meiner Meinung nach wie folgt zu gestalten:

Die Haftung der Käuferin für alle bis zum Übergabestichtag TT.MM.JJ. entstandenen Verbindlichkeiten sowie für alle Verbindlichkeiten, die aus den zum Übergabestichtag TT.MM.JJ bestehenden und nicht übernommenen Rechtsverhältnissen entstehen, wird gemäß § 38 Abs 4 UGB ausgeschlossen.

Dass damit im Gegensatz zu dem in meinem Beitrag vom 22. Juli 2008 geschilderten Fall Vertragsteile einen Ausschluss der gemäß § 38 Abs 4 UGB normierten „Trotzdem-Haftung“ der Erwerberin vereinbart haben, ist evident. Ein solcher Haftungsausschluss könnte demnach auch gemäß § 38 Abs 4 UGB in das Firmenbuch eingetragen werden.

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