7. November 2011

Elektronischer Rechtsverkehr für Kredit- und Finanzinstitute (§ 89c Abs 6 GOG)

[HINWEIS: Beachten Sie bitte den neuen Beitrag vom 29.10.2012 in diesem Blog]

Gemäß § 89c Abs 6 GOG idF BGBl I Nr 111/2010 sind seit 1.10.2011 Eingaben und im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuchs- oder Firmenbuchverfahren, welche elektronisch eingebracht werden dürfen, von Kredit- und Finanzinstituten nach § 1 Abs 1 und 2 BWG und inländischen Versicherungsunternehmen nach § 1 Abs 1 VAG nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen.

Gemäß § 7 Abs 1 GenG kann bei allen Anmeldungen zur Eintragung in das Firmenbuch die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung entfallen, wenn die Anmeldung mit der firmenmäßigen Zeichnung der Genossenschaft versehen ist und die Unterschriften der Zeichnenden bei den Akten des Gerichtes bereits in beglaubigter Form erliegen.
Zum Nachweis eines Beschlusses der Generalversammlung genügt (sofern der Genossenschaftsvertrag nichts anderes bestimmt) die Vorlage einer von der Genossenschaft unter ihrer frmenmäßigen Zeichnung als richtig bestätigten Protokollabschrift, wenn die Unterschriften der Zeichnenden bei den Akten des Gerichtes bereits in beglaubigter Form erliegen (§ 7 Abs 2 GenG).

Jede Abänderung des Genossenschaftsvertrages muss gemäß § 9 Abs 1 GenG schriftlich erfolgen und dem Firmenbuchgericht unter Beilegung einer Abschrift des Genossenschaftsbeschlusses angemeldet werden.

Gemäß § 8a Abs 1 ERV können Eingaben und Beilagen im Firmenbuchverfahren elektronisch eingebracht werden. Die elektronische Übermittlung von Urkunden, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Original vorzulegen sind, hat gemäß § 8a Abs 2 ERV so zu erfolgen, dass auf die Einstellung in einem Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts hingewiesen und unter Bekanntgabe eines eindeutigen Urkundenidentifizierungsbegriffs wirksam die Ermächtigung zum Zugang zu den Daten der gespeicherten Urkunde erteilt wird.
Bedarf eine Anmeldung der beglaubigten Form (§ 11 UGB), ist sie gemäß § 8a Abs 3 ERV nach Beglaubigung der Eingabe in ein Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts einzustellen und dem Gericht elektronisch zu übermitteln (Abs 2). Bedarf eine Anmeldung oder Einreichung nicht der beglaubigten Form, so ist auch die Übermittlung als PDF-Anhang nach § 5 Abs 1 ERV zulässig.

Mir liegt ein Antrag auf Eintragung von Satzungsänderungen einer Bankgenossenschaft (einem Kreditinstitut gemäß § 1 BWG) vor.

Die Anmeldung ist vom Vorstand der Genossenschaft firmenmäßig gezeichnet und unbeglaubigt. Die Unterschriften der beiden Vorstandsmitglieder erliegen in beglaubigter Form in der Urkundensammlung.

Vorgelegt wurde außerdem eine Abschrift der Einladung zur Generalversammlung, ein Auszug aus dem Protokoll der Generalversammlung mit den einstimmigen Beschlüssen über die Satzungsänderungen, eine aktuelle Fassung des Genossenschaftsvertrages sowie die Zustimmungserklärung des Revisionsverbandes zur Änderung des Genossenschaftsvertrages im Unternehmensgegenstand (§ 27 Abs 1 GenRevG).

Sowohl die Anmeldung als auch sämtliche Beilagen wurden von der Bankgenossenschaft im elektronischen Rechtsverkehr als PDF-Anhänge übermittelt.

Die Überreichung der Anmeldung als PDF-Anhang ist im Hinblick auf § 8a Abs 3 ERV nicht zu beanstanden, zumal die Anmeldung gemäß § 7 Abs 1 GenG weder der gerichtlichen noch der notariellen Beglaubigung bedarf und die beglaubigten Musterzeichnungen bereits Teil der Urkundensammlung sind.

Im Firmenbuchverfahren sind jedenfalls jene Urkunden, die gemäß § 12 Abs 1 FBG in die Urkundensammlung aufzunehmen sind (also Urkunden, auf Grund deren eine Eintragung in das Hauptbuch vorgenommen wird), im Original vorzulegen. Das bedeutet demnach, dass solche Beilagen generell unter Beachtung der Formvorschrift des § 8a Abs 2 ERV vorgelegt werden müssen, also in ein Urkundenarchiv einzustellen und unter Verweis auf diese Einstellung zu übermitteln wären.

Die Verpflichtung zur Vorlage von Beilagen im Wege des § 8a Abs 2 ERV besteht nur dann nicht, wenn die Beilagen als bloße Bescheinigungsmittel für ein Antragsvorbringen dienen. Das betrifft im konkreten Fall die Abschrift der Einladung zur Generalversammlung und die Zustimmungserklärung des Revisionsverbandes.

Das Generalversammlungsprotokoll mit den Satzungsänderungen sowie die aktuelle Fassung des Genossenschaftsvertrages sind demgegenüber als Original vorzulegen, wären demnach in ein Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts einzustellen unter gleichzeitiger Erteilung der Ermächtigung zum Zugang zu den gespeicherten Urkundendaten. Weder Kredit-/Finanzinstitute noch inländische Versicherungsunternehmen (§ 89c Abs 6 GOG) betreiben ein derartiges Urkundenarchiv iSd § 91c GOG.

Damit sind die beiden genannten Urkunden im Original in Papierform einzureichen, zumal zum Einen die Übermittlung als PDF-Anhang unzulässig ist und zum Anderen eine elektronische Übermittlungsverpflichtung nicht vorgeschrieben ist, zumal sich Kreditinstitute zur Vornahme von Firmenbuchanmeldungen weder eines Rechtsanwalts noch eines Notars bedienen müssen. Nur die beiden letztgenannten berufsmäßigen Parteienvertreter sind im Rahmen von Körperschaften öffentlichen Rechts organisiert, die gemäß § 91c GOG Urkundenarchive eingerichtet haben (cyber-doc der Notare; Archivium der Rechtsanwälte).

Über die Sinnhaftigkeit einer derartigen Regelung diskutiere ich gerne.

16. September 2011

Inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft als Sacheinlage

Folgende Anfrage langte vor einigen Wochen bei mir ein:

Eine deutsche GmbH & Co KG hat eine inländische Zweigniederlassung in Österreich. Diese möchte nun die österreichische Zweigniederlassung in eine österreichische GmbH rückwirkend zum 1.1.2011 „umwandeln“, und zwar mit Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge.
Mein Gedanke war daher, zunächst eine österreichische GmbH zu gründen und die inländische Zweigniederlassung als Sacheinlage dort einzubringen; dann habe ich das Problem der Einzelrechtsnachfolge. Außerdem stellt sich die Frage, ob die inländische Zweigniederlassung überhaupt einbringungsfähiges Vermögen ist.
Wie könnte die Gesamtrechtsnachfolge erreicht werden?


Unstrittig ist, dass der Zweigniederlassung keine eigene Rechtsfähigkeit zukommt. Mit der Eintragung des ausländischen Rechtsträgers wird nämlich im Inland kein neuer inländischer Rechtsträger geschaffen. Vertragspartner und Prozessgegner ist daher niemals die Zweigniederlassung an sich, sondern stets der ausländische Rechtsträger.
Demnach vertreten die Zweigniederlassung auch die Organe der ausländischen Gesellschaft bzw. der ausländische Rechtsträger. Der ständige inländische Vertreter wird durch den ausländischen Rechtsträger bestellt, der die Vertretungsmacht auf den Bereich der Zweigniederlassung beschränken kann (Ratka/Schenk in Straube, UGB § 12 Rz 30 und 31; Ratka in Straube, GmbHG § 107 Rz 61).

Für die Frage, ob überhaupt eine Zweigniederlassung vorliegt, ist österreichisches Recht maßgeblich. Dafür muss ein gewisser Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln ständig vorhanden sein („hinreichender Grad an Beständigkeit“). Indizien für den Bestand einer Zweigniederlassung sind etwa die selbstständige Leitung der Niederlassung mit entsprechender Vertretungsbefugnis des Leiters (relative Selbstständigkeit). Die Zweigniederlassung muss zudem eine Einrichtung von „ex-ante nicht ganz vorübergehender Dauer“ aufweisen. Umgekehrt ist ein eigenes Vermögen der Zweigniederlassung nicht erforderlich, außerdem ist eine aktuelle Tätigkeit zum Eintragungszeitpunkt ebenfalls nicht notwendig, es müssen allerdings Strukturen und Vorbereitungsmaßnahmen ersichtlich sein, die auf eine Folgetätigkeit schließen lassen (OGH 6 Ob 43/04y, 44/04w; Ratka in Straube, GmbHG § 107 Rz 56).

Für die Beantwortung der Frage bedeutet dies aus meiner Sicht:

Sollte eine entsprechende betriebliche Struktur vorhanden sein, kann kein Zweifel daran bestehen, dass einlagefähiges Vermögen gegeben ist. Ungeachtet der mangelnden Rechtsfähigkeit der Zweigniederlassung ist also dann einbringungsfähiges Vermögen vorhanden, wenn die Zweigniederlassung alle Kriterien eines Betriebes/Teilbetriebes erfüllt. In diesem Sinne wird in der Literatur ja auch vertreten, dass es dann zur Auflösung und Löschung einer Zweigniederlassung kommt, wenn diese als Sacheinlage zur Beteiligung an einer anderen Gesellschaft verwendet wird (Jabornegg/Geist in Jabornegg/Strasser, AktG § 254 Rz 24; Ratka aaO, Rz 142).

Bei Erfüllung dieser Rahmenbedingungen spricht aus meiner Sicht nichts gegen die Möglichkeit, eine selbständige inländische Zweigniederlassung als Sacheinlage in eine GmbH einzubringen.

Für Varianten einer Gesamtrechtsnachfolge sind bei der geschilderten Ausgangskonstellation folgende Überlegungen maßgebend:

Im inländischen Kontext wäre die Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge – bei Beteiligung von Kapitalgesellschaften, wobei eine GmbH & Co KG nicht zum Kreis der spaltungsfähigen Gesellschaften zählt (Kalss, Verschmelzung/Spaltung/Umwandlung, § 1 SpaltG Rz 34) - in Form der Abspaltung des Betriebes bzw. Teilbetriebes zur Aufnahme oder Neugründung herbeizuführen.

Für eine grenzüberschreitende Spaltungsmaßnahme fehlt im Gegensatz zum EU-VerschG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass daraus kein absolutes Verbot für eine grenzüberschreitende Spaltung abgeleitet werden kann (Frotz in Frotz/Kaufmann, EU-VerschG § 1 Rz 45).

Ebenso wie bei der Verschmelzung sei deren Zulässigkeit innerhalb der EU/des EWR insbesondere nach der Niederlassungsfreiheit und den richtlinienrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen. Die Niederlassungsfreiheit gebiete, die Hereinspaltung von übertragenden Rechtsträgern (Kapitalgesellschaften) zuzulassen, sofern diese ihren Sitz innerhalb der EU bzw. des EWR haben. Zwar bestünden keine Spezialvorschriften wie das EU-VerschG, eine derartige Gestaltung sei dennoch zulässig. Da das EU-VerschG nicht unmittelbar anzuwenden sei, sei für die Durchführung einer derartigen Spaltung zunächst jedenfalls auf die österreichische Gesellschaft österreichisches Spaltungsrecht anzuwenden. Hinzu treten in analoger Anwendung des EU-VerschG die entsprechenden Regelungen für die ausländische übertragende oder aufnehmende Gesellschaft.
Allerdings werde es angesichts der Unsicherheit der konkret anzuwendenden Regelungen in der Praxis vielfach sinnvoller sein, zunächst im innerstaatlichen Bereich die Spaltung vorzunehmen, ehe in einem zweiten Schritt der abgespaltene Teil über die Grenze verschmolzen wird (Kalss aaO, § 1 SpaltG Rz 36).

Ob diesen Überlegungen im konkreten Anlassfall näherzutreten ist, bezweifle ich. Die Vorbereitungshandlungen wären nämlich auf Ebene des deutschen Rechtsträgers zu setzen, die allfällige selbstständige österreichische Zweigniederlassung wäre also dort vorbereitend auszugliedern, was wohl wiederum zur Einzelrechtsnachfolge führt, zumal die GmbH & Co KG keine spaltungsfähige Kapitalgesellschaft ist.

15. September 2011

Firmenbucheintragungen im Zusammenhang mit einer Exportverschmelzung (§ 14 EU-VerschG)

In einer überraschenden Dichte waren in jüngster Zeit drei Exportverschmelzungen mit unterschiedlicher Länderbeteiligung zu bearbeiten; eine österreichische GmbH verschmilzt auf ihre deutsche Mutter-GmbH, eine österreichische GmbH verschmilzt auf ihre niederländische Mutter-SE und eine österreichische GmbH verschmilzt auf ihre italienische Mutter-AG.

Im Unterschied zu der in früheren Beiträgen in diesem Blog geschilderten misslungenen Exportverschmelzung wurden alle diese Verschmelzungen ordnungsgemäß vorbereitet und durchgeführt. Ohne den exakten Verfahrensablauf hier festzuhalten, möchte ich lediglich die - bei der italienischen Beteiligung - ausgestellte Rechtmäßigkeitsbescheinigung gemäß § 14 Abs 3 EU-VerschG wiedergeben, zumal hinsichtlich des Inhalts dieser Bescheinigung kaum Veröffentlichungen bzw. Literatur zu finden ist.

Ich habe die entsprechende Bescheinigung, die der antragstellenden übertragenden Gesellschaft – und nicht dem ausländischen Register – zuzustellen ist, wie folgt verfasst:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist zu FN ** die P** GmbH mit dem Sitz in Innsbruck eingetragen.

In der Generalversammlung vom 31.8.2011 hat die Alleingesellschafterin der P** GmbH die grenzüberschreitende Verschmelzung der P** GmbH als übertragende Gesellschaft mit der K** P** AG, eingetragen im Handelsregister der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen zu Nr. **, mit dem Sitz in L** (Italien) als übernehmende Gesellschaft auf Grundlage des gleichzeitig genehmigten Verschmelzungsplans vom 21.6.2011 unter Zugrundelegung der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2010 beschlossen.

Der Geschäftsführer der übertragenden Gesellschaft hat mit öffentlich beglaubigtem Antrag vom 31.8.2011 beim Landesgericht Innsbruck als Firmenbuchgericht unter Vorlage des gemeinsamen Verschmelzungsplans vom 21.6.2011, des Generalversammlungsbeschlusses vom 31.8.2011, der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2010 samt Anhang, des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft vom 28.7.2011, des Nachweises der Veröffentlichung des Hinweises auf die Einreichung des Verschmelzungsplans im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 28.6.2011, des Verschmelzungsberichts des Geschäftsführers der übertragenden Gesellschaft vom 6.6.2011, des Verschmelzungsberichts des Verwaltungsrats der übernehmenden Gesellschaft vom 6.6.2011, der Erklärung, dass sich keine Gläubiger innerhalb der Frist des § 13 Abs 1 EU-VerschG gemeldet haben, und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes die Eintragung der beabsichtigten grenzüberschreitenden Verschmelzung beantragt.

Die Alleingesellschafterin der übertragenden Gesellschaft hat auf die Erhebung einer Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses verzichtet.

Barabfindungsansprüche widersprechender Gesellschafter iSd § 10 EU-VerschG wurden nicht erhoben, Erklärungen nach § 12 Abs 2 EU-VerschG wurden nicht abgegeben.

Gemäß § 14 Abs 3 EU-VerschG wird somit bestätigt, dass die der Verschmelzung vorausgegangenen Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß durchgeführt wurden.


Einige ergänzende Anmerkungen:

Alle Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften haben auf eine Prüfung des Verschmelzungsplans gemäß §§ 7 Abs 1 EU-VerschG, 220b AktG verzichtet, sodass ein Prüfbericht nicht vorgelegt werden musste;

eine Niederschrift des Verschmelzungsbeschlusses der übernehmenden Gesellschaft wäre für die Ausstellung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung nicht erforderlich gewesen, wurde im konkreten Fall aber vorgelegt (Kaufmann in Frotz/Kaufmann, § 14 EU-VerschG Rz 4);

die konkrete grenzüberschreitende Verschmelzung bedurfte keiner behördlichen Genehmigung, entsprechende Genehmigungsurkunden waren somit nicht notwendig (§ 14 Abs 1 Z 3 EU-VerschG);

vorlagepflichtig wäre ebenfalls nur der Verschmelzungsbericht des Geschäftsführers der übertragenden österreichischen Gesellschaft, die Vorlage des entsprechenden Berichtes des Verwaltungsrates der übernehmenden Gesellschaft schadet naturgemäß nicht (Kaufmann aaO, Rz 7);

die übertragende Gesellschaft hat keinen Aufsichtsrat, ein Bericht des Aufsichtsrates nach § 220c AktG war somit nicht erforderlich, wäre im übrigen aber auch nicht vorzulegen (Kaufmann aaO, Rz 21).

Im Hinblick auf die Ausstellung dieser Rechtmäßigkeitsbescheinigung wird daher die beabsichtigte Verschmelzung gemäß § 5 Z 4a FBG in das Firmenbuch eingetragen, wobei diese Eintragung folgenden Wortlaut aufweist:

Verschmelzungsplan vom 21.06.2011
Generalversammlungsbeschluss vom 31.08.2011
Beabsichtigte Verschmelzung dieser Gesellschaft als übertragende Gesellschaft mit der K** P** AG mit dem Sitz in Latsch (Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen Nr. ***) als übernehmender Gesellschaft.


Bescheinigung über die Ordnungsmäßigkeit der der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten (§ 14 Abs 3 EU-VerschG) wurde ausgestellt.

Damit ist die Rechtswirksamkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung aber noch nicht eingetreten, sodass die übertragende österreichische Gesellschaft nach wie vor besteht (Kaufmann aaO, Rz 39). Es ist Sache der beteiligten Gesellschaften, nach Abschluss dieser österreichischen Phase die Eintragung der Verschmelzung im Register der übernehmenden italienischen Gesellschaft zu veranlassen. Für den Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung ist italienisches Recht maßgeblich (Art. 12 VRL, § 3 Abs 3 EU-VerschG).

Wenn die grenzüberschreitende Verschmelzung demnach nach italienischem Recht rechtswirksam geworden ist, besteht für den Verwaltungsrat der übernehmenden italienischen AG die Verpflichtung gemäß § 14 Abs 5 EU-VerschG, die Durchführung der Verschmelzung und die Löschung der übertragenden österreichischen GmbH zur Eintragung in das österreichische Firmenbuch anzumelden.

Diese Eintragung der Löschung im österreichischen Firmenbuch hat demnach nur deklarative Wirkung, weil die Rechtswirksamkeit der Verschmelzung ja bereits mit der Eintragung im italienischen Register eingetreten ist. Im übrigen ist diese Eintragung der Durchführung der Verschmelzung nach § 10 UGB zu veröffentlichen, und zwar im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in der Ediktsdatei samt des Hinweises nach § 226 Abs 1 letzter Satz AktG hinsichtlich des nachgeschalteten Gläubigerschutzes.

12. September 2011

Ein Gustostückerl

Über die zu FN ** registrierte Taxi Z** L** GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom **.**.2011 das Insolvenzverfahren als Konkursverfahren eröffnet.
Gesellschafter der GmbH sind L** K** mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von € 4.500 und die C** SRL mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von € 40.500.

Die – rechtsanwaltlich vertretene - Gesellschafterin C** SRL meldete im Konkursverfahren zur allgemeinen Prüfungstagsatzung eine Konkursforderung in Höhe von € 40.500 an und begründete die Forderungsanmeldung wie folgt:

Die Gläubigerin ist Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin und hat die auf sie entfallende Stammeinlage von € 40.500,-- bei Gründung der Gesellschaft zu dem Zweck voll einbezahlt, dass sie durch die Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin Gewinne in ihre Leistung übersteigender Höhe mache.
Tatsächlich erzielte die Gemeinschuldnerin auch Umsätze in Höhe von zumindest € 664.728,65, wie sich aus der Auswertung der Taxometer und Kilometerzähler der von der Gemeinschuldnerin verwendeten unternehmenszugehörigen Fahrzeuge ergibt.
Damit wären sowohl die Verbindlichkeiten der Gesellschaft als auch ein Gewinn in Höhe der Stammeinlage erwirtschaftet worden, wenn nicht die Umsätze dadurch geschmälert worden wären, dass die Gemeinschuldnerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die genannten Umsätze schuldhaft und rechtswidrig nicht zur Gänze der Gemeinschuldnerin zugeführt hat.

Der Vertreter der C** SRL wunderte sich tatsächlich, dass diese Forderung vom Masseverwalter bestritten wurde. Mich verwundert nach all den Jahren immer wieder, dass ich solche Wunder an Sachkompetenz erleben darf…

8. September 2011

Wieder einmal: Ausschluss der Erwerberhaftung gemäß § 38 Abs 4 UGB

Mit der am 21.6.2011 eingelangten Firmenbuchanmeldung bringt der Geschäftsführer der T** GmbH vor, die GmbH habe mit Unternehmenskaufvertrag vom 27.5.2011 von der Ing. E** B** GmbH & Co KG den Sanitärbetrieb B** gekauft. Im Kaufvertrag sei vereinbart worden, dass sämtliche Verbindlichkeiten der Verkäuferin, die vor dem Übergabestichtag fällig geworden sind, bei der Verkäuferin verbleiben. Eine Haftung der Käuferin für Verbindlichkeiten der Verkäuferin, die vor dem Übergabestichtag fällig geworden sind, sei ausgeschlossen worden.
Zur Eintragung in das Firmenbuch werde daher einerseits die Übernahme des Sanitärbetriebes aufgrund des Kaufvertrages vom 27.5.2011 und andererseits der Haftungsausschluss gemäß § 38 Abs 4 UGB beantragt.

Gemäß Punkt 2. des Kaufvertrages vom 27.5.2011 verkauft die Verkäuferin an die Käuferin und diese kauft von der Verkäuferin mit wirtschaftlicher Wirkung zum Vertragsstichtag, das ist der 1. April 2011, 0:00 Uhr, das näher beschriebene Unternehmen mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör.

In Punkt 8. wird u.a. vereinbart, dass die Käuferin Kundenverträge, die zum Vertragsstichtag von der Verkäuferin und dem Kunden noch nicht vollständig erfüllt wurden (laufende Kundenverträge) übernimmt.
Sie übernimmt weiters Kundenverträge, die zum Vertragsstichtag von der Verkäuferin und dem Kunden bereits vollständig erfüllt wurden (abgeschlossene Kundenverträge), wobei diesbezüglich geregelt wurde, dass die Käuferin in die Rechtsverhältnisse der Verkäuferin aus abgeschlossenen Kundenverträgen eintritt und für die damit verbundenen Rechte und Pflichten aus zum Vertragsstichtag bereits abgeschlossenen Kundenverträgen der Verkäuferin haftet.
In weiteren Punkten wird geregelt, dass diverse Versorgungsverträge für Strom, Wasser, Telekommunikation etc. seitens der Verkäuferin aufgelöst werden und es Sache der Käuferin ist, für die Zeit nach dem Vertragsstichtag neue Versorgungsverträge abzuschließen. Sollte eine Vertragsauflösung nicht möglich sein, wird vereinbart, dass die Käuferin den jeweiligen Versorgungsvertrag übernimmt.

Bezüglich der Versicherungsverträge wird im Kaufvertrag auf die bestehenden gesetzlichen Kündigungsfristen nach VersVG verwiesen.

Bezüglich der Übernahme von Verbindlichkeiten lautet der diesbezügliche Punkt 11. des Kaufvertrages insgesamt wie folgt:

Die Käuferin und Verkäuferin kommen überein, dass mit Ausnahme der in diesem Vertrag ausdrücklich übernommenen Verbindlichkeiten sowie ausdrücklich übernommenen Vertrags- bzw. Rechtsverhältnissen keine anderen unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen bzw. von der Käuferin übernommen werden.

Die Käuferin und die Verkäuferin vereinbaren, dass dieser Haftungsausschluss der Verkäuferin nach § 38 Abs 4 UGB im Firmenbuch eingetragen wird.

Sollte die Käuferin entgegen diesem Haftungsausschluss wegen einer vor dem Vertragsstichtag im Zusammenhang mit dem Kaufgegenstand entstandenen Verbindlichkeit von einem Dritten in Anspruch genommen werden, so verpflichtet sich die Verkäuferin zu völligen Schad- und Klagloshaltung der Käuferin.

Punkt 14. des Kaufvertrages beschäftigt sich mit Gewährleistungen und Haftungen der Verkäuferin, wobei in unter lit. n) Folgendes geregelt wird:

Der Käuferin und der Verkäuferin sind die einschlägigen Rechtsvorschriften betreffend die Haftung des Erwerbers eines Unternehmens bzw. Vermögens für Verbindlichkeiten des Veräußerers bekannt, insbesondere die Bestimmung des § 1409 ABGB, § 67 Abs. 4 ASVG, § 14 BAO und der §§ 38 ff. UGB.
Die Verkäuferin verpflichtet sich, die Käuferin im Falle einer etwaigen Inanspruchnahme aus den genannten Haftungstatbeständen, soweit diese Verbindlichkeiten von der Verkäuferin nicht ausdrücklich im Vertrag übernommen wurden, vollkommen schad- und klaglos zu halten.


Die Antragsteller wurden in einer weiteren Zwischenerledigung darauf aufmerksam gemacht, dass aus diesen Regelungen des Kaufvertrages kein wirksamer Haftungsausschluss iSd § 38 Abs 4 UGB, der in das Firmenbuch eingetragen werden könnte, abgeleitet werden könne, worauf ein mit 19.8.2011 datierter Zusatz zum Kaufvertrag vom 27.5.2011 vorgelegt wurde, der folgenden Wortlaut aufweist:

In Punkt 11 des Unternehmenskaufvertrages … haben die Verkäuferin und die Käuferin vereinbart, dass „mit Ausnahme der in diesem Vertrag ausdrücklich übernommenen Verbindlichkeiten sowie ausdrücklich übernommenen Vertrags- und Rechtsverhältnissen keine unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen bzw. von der Käuferin übernommen werden“. Gleichzeitig wurde zwischen Käuferin und Verkäuferin vereinbart, „diesen Haftungsausschluss der Käuferin nach § 38 Abs. 4 UGB im Firmenbuch“ einzutragen. Auch in Abs. 3 wurde auf diesen „Haftungsausschluss der Käuferin“ Bezug genommen.

Die Verkäuferin und die Käuferin halten einvernehmlich fest, präzisieren und stellen klar, dass sie bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrages ausdrücklich vereinbart haben, dass mit Ausnahme der im Unternehmenskaufvertrag ausdrücklich übernommenen Verbindlichkeiten sowie ausdrücklich übernommenen Vertrags- bzw. Rechtsverhältnissen keine weiteren unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen bzw. von der Käuferin übernommen werden und sie weiters ausdrücklich vereinbart haben, dass die Käuferin für sämtliche weiteren unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten der Verkäuferin nicht haftet, sohin ausdrücklich im Unternehmenskaufvertrag vereinbart wurde und ist, dass die Haftung der Käuferin für sämtliche weiteren unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten der Verkäuferin, soweit diese nicht ausdrücklich von der Käuferin im Unternehmenskaufvertrag übernommen wurden, nach § 38 Abs. 4 UGB ausgeschlossen wird und ist.

Die Käuferin und die Verkäuferin halten in diesem Zusammenhang ausdrücklich und einvernehmlich fest, dass sich für sie dieser im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Haftungsausschluss der Käuferin aus der Formulierung „dieser Haftungsausschluss der Käuferin“ im zweiten und dritten Absatz des Punktes 11 im Zusammenhang mit dem ersten Absatz des Punktes 11 klar ergeben hat und ergibt und sie hier lediglich eine Präzisierung und Klarstellung dieses vereinbarten Haftungsausschlusses der Käuferin vornehmen.

Rechtlich habe ich diesen Sachverhalt wie folgt beurteilt:

Wer ein unter Lebenden erworbenes Unternehmen fortführt, übernimmt gemäß § 38 Abs 1 UGB, sofern nichts anderes vereinbart ist, zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit den bis dahin entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten.

Werden unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers vom Erwerber nicht übernommen, so haftet er dennoch für die damit verbundenen Verbindlichkeiten. Die gilt auch, wenn der Erwerber nur einzelne Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht übernimmt. Eine davon abweichende Vereinbarung über die Haftung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie beim Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder vom Erwerber mitgeteilt wurde (§ 38 Abs 4 UGB).

Die Systematik der Rechtsfolgen des § 38 UGB lässt sich zusammengefasst wie folgt darstellen:

  • Unternehmenserwerb (unter Lebenden) führt ex lege zum Übergang aller unternehmensbezogenen (nicht höchstpersönlichen) Rechtsverhältnisse;

  • vertraglicher Ausschluss dieses Übergangs möglich;

  • trotz eines vereinbarten Ausschlusses besteht Haftung des Erwerbers für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers;

  • ein Ausschluss dieser Haftung des Erwerbers im Vertrag ist möglich, muss aber vereinbart werden;

  • Wirksamkeit eines derartigen Haftungsausschlusses hängt von wirksamem Publizitätsakt ab, der zudem im zeitlichen Zusammenhang zum Unternehmensübergang gesetzt werden muss.

Krejci weist in diesem Konnex darauf hin, dass § 38 Abs 4 UGB zum einen unter dem Ausdruck „Rechtsverhältnisse“ wohl nur die „Vertragsverhältnisse“ meint und zum anderen „die damit verbundenen Verbindlichkeiten“ nur die Altverbindlichkeiten des Veräußerers meinen (Krejci, § 38 UGB: Zurück ins Trockendock? in ÖJZ 2007/73, C Z. 10).
Völlig klar ist jedoch, dass § 38 UGB davon ausgeht, dass der Erwerber auch dann, wenn es zu keiner Vertragsübernahme oder zu keiner Übernahme einzelner Verbindlichkeiten iSd § 38 Abs 4 2. Satz UGB kommt, für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers haftet, sofern diese Haftung nicht gesondert ausgeschlossen wird. Die Ablehnung einer Vertragsübernahme bzw. einer Übernahme einzelner Verbindlichkeiten als solche bedeutet also nicht auch schon die Ablehnung der Erwerberhaftung (Krejci aaO, B letzter Absatz).

Im Unternehmenskaufvertrag vom 27.5.2011 wird geregelt, welche Vertrags- bzw. Rechtsverhältnisse bzw. welche Verbindlichkeiten nicht von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen. Damit wird also - zulässigerweise - vereinbart, dass abweichend vom ex-lege-Übergang des § 38 UGB bestimmte Rechtsverhältnisse beim Veräußerer verbleiben und nicht auf den Erwerber übergehen.

Einen Ausschluss der gemäß § 38 Abs 4 UGB normierten „Trotzdem-Haftung“ der Erwerberin haben die Vertragsteile im Kaufvertrag vom 27.5.2011 jedenfalls nicht vereinbart.
Gemäß ihrer Argumentation müsste dieser Haftungsausschluss im 1. Absatz des Punktes 11 geregelt worden sein, zumal sie im 2. Absatz des Punktes 11 mit der Formulierung „dass dieser Haftungsausschluss der Käuferin nach § 38 Abs 4 UGB im Firmenbuch eingetragen wird“ auf eine zuvor getroffene Regelung Bezug nehmen. Eine andere Bedeutung kann der Regelung im 2. Absatz nicht zugemessen werden, da darin ja nur festgestellt wird, dass eine bereits getroffene Vereinbarung, nämlich der Haftungsausschluss, im Firmenbuch eingetragen wird.
Mit dem vorgelegten Zusatz zum Unternehmenskaufvertrag versuchen die Vertragsteile zwar eine authentische Interpretation ihrer ursprünglichen Vereinbarung, vereinbaren in Wahrheit aber mit diesem Zusatz erstmalig einen Haftungsausschluss iSv § 38 Abs 4 UGB. Es wird ihnen zwar zuzugestehen sein, dass sie diesen Haftungsausschluss bereits bei Abschluss des Kaufvertrages am 27.5.2011 vereinbaren wollten, was aber nichts daran ändert, dass eine solche Vereinbarung in der Ursprungsfassung des Kaufvertrages keinen Niederschlag gefunden hat.

Für die Wirksamkeit eines Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB ist zudem erforderlich, dass dieser in zeitlicher Nähe zum Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen wird. Der Publikationsakt muss nämlich beim Unternehmensübergang erfolgen. Dafür wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zum Unternehmensübergang verlangt, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist; bereits ein Monat kann als verspätet beurteilt werden (Fuchs/Schuhmacher in Straube, UGB, § 38 Rz 85; Karollus in Jabornegg/Artmann, UGB, § 38 Rz 70; ErläutRV 1058. BlgNR 22. GP 32).


Der erst im Zusatz vom 19.8.2011 erstmalig vereinbarte Haftungsausschluss ist somit nicht im engen Zusammenhang zum Unternehmensübergang (Vertragsstichtag für die Übernahme ist der 1.4.2011) erfolgt, mangels Vorliegens einer wirksamen Vereinbarung des Ausschlusses der Haftung der Käuferin fehlt damit auch die Rechtsgrundlage für eine Eintragung dieses Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB in das Firmenbuch, sodass der entsprechende Antrag abzuweisen ist.

7. September 2011

Eintragung der Betriebsübernahme eines zuvor gelöschten Einzelunternehmens (§ 3 Abs 1 Z 15 FBG)

Im Firmenbuch ist zu FN ** die Hotel P** KG eingetragen; deren unbeschränkt haftender und selbständig vertretungsbefugter Gesellschafter ist Karl H**, deren Kommanditistin mit einer im Firmenbuch eingetragenen Haftsumme von € 10.000 ist Melanie S**.

Im Firmenbuch war außerdem zu FN ** die Firma Karl H**, Gasthaus P** e.U registriert; Inhaber dieses Einzelunternehmens war wiederum Karl H**, der eingangs genannte Komplementär der Hotel P** KG.
Mit der am 19.5.2011 beim Firmenbuch eingelangten Anmeldung vom 11.5.2011 beantragte Karl H** die Löschung dieses Einzelunternehmens, wobei er ausführte, dass er seinen Geschäftsbetrieb eingestellt und die Firma aufgelöst sowie auf die förmliche Durchführung einer Liquidation verzichtet habe. Die Bücher und Papiere der Firma würden von Karl H** zur Aufbewahrung übernommen.
Mit Beschluss vom 25.5.2011 wurde antragsgemäß die Löschung des Einzelunternehmens im Firmenbuch eingetragen.

Mit dem am 19.7.2011 beim Landesgericht Innsbruck eingelangten Antrag beantragten die beiden Gesellschafter der Hotel P** KG, „die Rechtsnachfolge des Einzelunternehmens Karl H**, Gasthaus P** gemäß § 3 Abs Z 15 FBG auf Basis des Zusammenschlussvertrags vom 14.7.2011“ im Firmenbuch einzutragen.

Mit Verbesserungsauftrag vom 20.7.2011 wurden die Antragsteller auf folgende Eintragungshindernisse hingewiesen:

Die Tatsache der Betriebsübertragung ist gemäß § 3 Abs 1 Z 15 FBG beim übertragenden und übernehmenden Rechtsträger einzutragen.
Die Firma Karl H**, Gasthaus P** e.U. wurde über Antrag des Inhabers Karl H** bereits am 25.5.2011 aus dem Firmenbuch gelöscht, wobei in der seinerzeitigen Firmenbuchanmeldung keinerlei Hinweis auf die Tatsache der Übertragung des Betriebes in die KG aufgenommen wurde.
Es bestehen somit Bedenken, dass tatsächlich eine entsprechende Betriebsübertragung stattgefunden hat. Für die Bescheinigung der angemeldeten Vorgänge wird die Vorlage entsprechender Unterlagen, insbesondere des Zusammenschlussvertrages vom 14.7.2011, erforderlich sein.


Der Zusammenschlussvertrag vom 14.7.2011 wurde vorgelegt, darin ist – auszugsweise – Folgendes vereinbart:

I. Vermögensübertragung
Karl H** überträgt sämtliche Vermögenswerte mit Ausnahme der bebauten Betriebsgrundstücke ... samt dem darauf befindlichen Betriebsgebäude und die darauf lastenden Bankverbindlichkeiten … seines bisherigen Einzelunternehmens Karl H**, Gasthaus P** … laut der noch zu erstellenden Bilanz per 30.4.2011 auf die Firma Hotel P** KG
Das übertragene Vermögen besitzt am Zusammenschlussstichtag einen positiven Verkehrswert. Die nicht übertragenen Vermögenswerte – Betriebsgrundstücke mit dem darauf befindlichen Betriebsgebäude und darauf lastenden Bankverbindlichkeiten – bleiben im Sonderbetriebsvermögen von Karl H** und wird dieses an die Firma Hotel P** KG … zu einem angemessenen Mietzins vermietet.

II. Gegenstand der Sacheinlage
Karl H** überträgt seinen Betrieb gemäß Punkt I dieses Vertrages … auf Grundlage der Zusammenschlussbilanz zum 1.5.2011 zum Zusammenschlussstichtag … auf die Firma Hotel P** KG

IV. Zusammenschlussstichtag
Stichtag für diese Sacheinlage und den Zusammenschluss ist der 1.5.2011, 0:00 Uhr. Zum Zusammenschlussstichtag geht der Betrieb steuerrechtlich auf die KG über…

Den Antrag auf Eintragung der Übernahme des Betriebes Karl H**, Gasthaus P** durch die Hotel P** KG habe ich mit folgender Begründung abgewiesen:

Gemäß § 3 Abs 1 Z 15 FBG sind bei allen Rechtsträgern Betriebsübertragungen sowie deren Rechtsgrund sowohl beim Erwerber als auch beim Veräußerer ins Firmenbuch einzutragen.
Wenn am Übertragungsvorgang nur ein eingetragener Rechtsträger beteiligt ist, ist der Vorgang bei diesem einzutragen, weil § 3 Abs 1 Z 15 FBG nach seinem Zweck in diesem Sinn auszulegen ist (6 Ob 81/02 h).

Vertragsparteien des Zusammenschlussvertrages vom 14.7.2011 sind einerseits Karl H**, der den Zusammenschlussvertrag für das übertragende Einzelunternehmen mit „Karl H**, Gasthaus P**“ gezeichnet hat, und andererseits die übernehmende Personengesellschaft Hotel P** KG.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages war das seinerzeit zu FN ** registrierte Einzelunternehmen Karl H**, Gasthaus P** e.U. bereits gelöscht, wobei der Inhaber dieses Einzelunternehmens im Rahmen des Löschungsantrages am 11.5.2011 ausdrücklich erklärt hat, dass der Geschäftsbetrieb des Einzelunternehmens eingestellt und die Firma aufgelöst ist.

Dies kann nur so verstanden werden, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages aufgrund der erfolgten Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit ein übertragbares Einzelunternehmen – auch nicht, wie beantragt, in der Form eines nicht (mehr) protokollierten Einzelunternehmens - nicht mehr existent war, womit die Tatsache einer Betriebsübertragung auf die Hotel P** KG nicht mehr eintragungsfähig ist.

30. August 2011

Unternehmenseinbringung und Volleinzahlung der Stammeinlage (§ 63 Abs 5 GmbHG)

Zu FN *** ist seit November 2008 die HEI** V** u B** GmbH mit einem zur Hälfte geleisteten Stammkapital von € 35.000 registriert, deren Alleingesellschafter Heinz W** ist. Ebenfalls im Firmenbuch eingetragen ist die W** K** e.U., Inhaber dieses Einzelunternehmens ist wieder Heinz W**.

Mit Einbringungsvertrag vom 4.8.2011 brachte der Alleingesellschafter sein protokolliertes Einzelunternehmen in die GmbH ohne Gewährung neuer Anteile ein.

Die Einbringung dieses Unternehmens wurde beim Firmenbuch gemäß § 3 Abs 1 Z 15 FBG zur Eintragung angemeldet, wobei gleichzeitig vorgebracht wurde, dass der Wert des eingebrachten Vermögens den Betrag von € 17.500 übersteige und ein Betrag von € 17.500 als geleistete Stammeinlage angerechnet werde. Damit sei die Stammeinlage des einbringenden Gesellschafters an der übernehmenden GmbH zur Gänze geleistet. Zur Eintragung angemeldet wurde somit weiters die Tatsache der Einzahlung der gesamten Stammeinlage im Betrag von € 35.000.

Die aktuelle Fassung der Errichtungserklärung in „§ 3 - Stammkapital und Stammeinlagen“ lautet wie folgt:

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt € 35.000. Auf dieses Stammkapital übernehmen die Gesellschafter folgende, neben ihrem Namen angeführte Beträge als Stammeinlagen und haben den angeführten Teil der Stammeinlage vor der Registrierung in bar geleistet:
Heinz W**, übernommene Stammeinlage € 35.000, davon eingezahlt € 17.500.


Die Tatsache der Volleinzahlung der Stammeinlage kann auf Basis dieses Sachverhaltes nicht eingetragen werden.

Eine Leistung auf die Stammeinlage, die nicht in barem Geld besteht, befreit den Gesellschafter gemäß § 63 Abs 5 GmbHG von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Stammeinlage nur insoweit, als sie in Ausführung einer im Gesellschaftsvertrage getroffenen Vereinbarung geschieht.

Diese Rechtsfolge ergibt sich aus der konsequenten Anwendung des §§ 6 Abs 4 GmbHG: Soll nämlich einem Gesellschafter die Vergütung für Vermögensgegenstände, die von der Gesellschaft übernommen werden, auf die Stammeinlage angerechnet werden, sind die Person des Gesellschafters, der Gegenstand der Übernahme und der Geldwert, wofür die Vermögensgegenstände übernommen werden, im Gesellschaftsvertrag im einzelnen genau und vollständig festzusetzen.

§ 6 Abs 4 GmbHG verlangt also die gesellschaftsvertragliche Konkretisierung anrechnungsfähiger Sachen, womit es nicht zulässig sein kann, eine Bareinlagenverpflichtung durch Übereignung von Sachen zu erfüllen, wenn der Gesellschaftsvertrag – oder ein Kapitalerhöhungsbeschluss – das nicht vorsieht. Es könnten ja auch die Voraussetzungen gemäß § 6a GmbHG nicht geprüft werden (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, § 63 Rz 16; Schopper in Straube, GmbHG, § 63 Rz 152).

Nachdem in der geltenden Fassung der Errichtungserklärung von Sacheinlagen keine Rede ist (dies wäre auch undenkbar, weil Sacheinlagen gemäß § 10 Abs 1 GmbHG immer zur Gänze bei Gründung geleistet werden müssen) und ein Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen der Einbringung des Einzelunternehmens nicht gefasst wurde, kann im Wege dieser Einbringung auch keine Einlageverpflichtung des Gesellschafters erfüllt worden sein.

Im Übrigen ist es strittig, ob eine Änderung der Bar- in eine Sacheinlagepflicht nach Eintragung überhaupt möglich ist. Diese Frage stellt sich insbesondere bei der Problematik der so genannten verdeckten Sacheinlage, wobei der OGH die analoge Anwendung der aktienrechtlichen Nachgründungsvorschriften mangels entsprechender Bestimmung im GmbH-Recht abgelehnt und eine Heilungsmöglichkeit durch Satzungsänderung offen gelassen hat. In der Literatur wird eine derartige Heilungsmöglichkeit überwiegend anerkannt, wobei jedenfalls zu fordern wäre, dass der Gesellschaftsvertrag so geändert wird, dass er die von § 6 Abs 4 geforderten Elemente enthält und darüber hinaus die sonstigen Voraussetzungen der Sacheinlage (§ 6 Abs 2 bzw. Abs 4 GmbHG) nachträglich eingehalten werden (Koppensteiner/Rüffler aaO, § 6 Rz 20).

Im konkreten Anlassfall erübrigen sich aber derartige Überlegungen, weil es im Zusammenhang mit der Einbringung zu keinen begleitenden Vertragsänderungen gekommen ist.

26. Juli 2011

Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 3 BAO in den Fällen der Löschung von Kapitalgesellschaften bei Gesamtrechtsnachfolge

Im Kollegenkreis wurde jüngst die Frage diskutiert, inwieweit bei der Eintragung von Verschmelzungen die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 3 BAO für die Löschung der (untergehenden) übertragenden Kapitalgesellschaft erforderlich ist. Der Großteil der österreichischen Firmenbuchgerichte verlangt eine solche Bescheinigung nicht.

Diese Praxis scheint dem klaren Gesetzeswortlaut zu widersprechen, lässt sich aber wohl wie folgt begründen:

Gemäß § 160 Abs 3 BAO dürfen Löschungen von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Privatstiftungen im Firmenbuch erst vorgenommen werden, wenn eine Bescheinigung des für die Erhebung der Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamtes vorliegt, dass der Löschung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen.

Allen österreichischen Firmenbuchgerichten wurde am 9.10.2009 folgende Information (FB-Info Nr. 160) übermittelt:

Die Applikation Firmenbuch, Abteilung V/4 des Bundesministeriums für Finanzen teilt nach Abstimmung mit der Sektion IV des Bundesministeriums für Finanzen mit, dass die Übermittlung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung an das Firmenbuchgericht aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen bei Löschung einer Kapitalgesellschaft, für die eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, entfallen kann.

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung (UBB) ist kein Bescheid; als Bescheinigung spricht sie nicht über das Bestehen einer Steuerpflicht endgültig ab und beendet auch kein Verfahren (stRspr des VwGH, u.a. VwSlg 4567 F/1973; VwSlg 5984 F/1985; VwGH 87/16/0048; VwGH 89/16/0211 in RZ 1991/5, S 128; AnwBl 1991/8, S 573; VwGH 90/16/0011; VwGH 93/16/0031).
Sie kann als bloße Mitteilung oder Beurkundung wegen Unrichtigkeit widerrufen oder geändert werden (VwGH 23. 10. 1961, 977/58, ÖStZB 1962, 31 = Slg 2517/F; 15. 11. 1990, 89/16/0211, ÖStZB 1992, 276).

Eine Prüfpflicht (laut Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 26, nicht einmal eine Prüfungsbefugnis) des Firmenbuchgerichts in steuerrechtlicher Hinsicht besteht nicht (6 Ob 5/01f; 6 Ob 4/01h; 6 Ob 167/01d; 6 Ob 81/02h; 6 Ob 70/03t; 6 Ob 271/03a; RIS-Justiz RS0115147; OLG Wien 28 R 316/05d = GeS 2006, 222; vgl Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG, § 3 Rz 40).

Zweck des § 160 Abs 3 BAO ist, die Firmenbuchgerichte von der Prüfung steuerrechtlicher Voraussetzungen zu entlasten.

Ungeachtet der Zuständigkeitsregelungen gemäß AVOG, wonach für die Ausstellung der UBB in den einschlägigen Fällen das für die Erhebung der KöSt (sachlich) am Sitz des Unternehmens (örtlich) zuständige Finanzamt berufen ist, erübrigt sich die Einholung einer solchen UBB in jedem Einzelfall wohl dann, wenn das weisungsbefugte BMF für klar bezeichnete Konstellationen (nämlich Fälle der Gesamtrechtsnachfolge) den Firmenbuchgerichten mitteilt, dass der Löschung von Kapitalgesellschaften in solchen Fällen keine steuerliche Bedenken entgegenstehen. Da die UBB des § 160 Abs 3 BAO auch nichts anderes als eine Mitteilung (Bescheinigung) ist, die nicht rechtskraftfähig ist und der kein Bescheidcharakter zukommt, kann die allgemeine Mitteilung in der FB-Info Nr. 160 wohl als „General-UBB gemäß § 160 BAO“ für alle Fälle der Löschung von Kapitalgesellschaften in Folge einer Gesamtrechtsnachfolge gewertet werden.

12. Juli 2011

Ist die Ausnutzung der Ermächtigung gemäß § 169 AktG durch den Vorstand bereits vor Eintragung der zugrunde liegenden Satzungsänderung möglich?

Mit Hauptversammlungsbeschluss vom 22.6.2011 wurde der Vorstand der S** P** AG gemäß § 169 AktG ermächtigt, für höchstens 5 Jahre nach Eintragung der Satzungsänderung im Firmenbuch mit Zustimmung des Aufsichtsrates das Grundkapital gegen Bareinlage oder Sacheinlage um bis zu Nominale € 7.500.000 durch Ausgabe von bis zu 7.500.000 auf Namen lautende Stückaktien zum Mindestausgabebetrag von je € 1,-- zu erhöhen und den Ausgabekurs sowie die Ausgabebedingungen im Einvernehmen mit dem Aufsichtsrat festzusetzen. Der Vorstand wurde weiters ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. Der Aufsichtsrat wurde ermächtigt, Änderungen der Satzung, die sich durch die Ausgabe von Aktien aus dem genehmigten Kapital ergeben, zu beschließen.

Diese Ermächtigung wurde am 5.7.2011 samt der entsprechenden Ergänzung der Satzung in Punkt III. im Firmenbuch eingetragen.

Bereits am 22.6.2011 nahm der Vorstand der AG von der Ermächtigung, das genehmigte Kapital teilweise auszunutzen, Gebrauch und fasste folgenden Beschluss:

Das Grundkapital der Gesellschaft von derzeit € 15.000.000 wird um € 562.000 auf € 15.562.000 durch Ausgabe von 562.000 neuen auf Namen lautenden Stückaktien zum Ausgabebetrag von insgesamt € 10.003.600 (Nominale zuzüglich Agio von € 9.441.600) erhöht.

Das Bezugsrecht der Aktionäre ist ausgeschlossen. Zum Bezug der genannten Stückaktien wird ausschließlich … zugelassen.

Der Beschluss wurde dem Aufsichtsrat der Gesellschaft vorgelegt, der am 7.7.2011 folgenden Beschluss fasste:

Der Aufsichtsrat erteilt dem vom Vorstand am 22.6.2011 gefassten Beschluss seine Zustimmung, mit dem das genehmigte Kapital … teilweise ausgenutzt wird, in dem das Grundkapital der Gesellschaft …. auf € 15.562.000 …. erhöht wird.
Gemäß der in Hauptversammlung vom 22.6.2011 erteilten Ermächtigung beschließt der Aufsichtsrat, bedingt durch die Durchführung der Kapitalerhöhung, dass Punkt III. der Satzung folgende Fassung erhält:
….

Ausgehend von diesem Sachverhalt stellt sich nunmehr die interessante Frage, ob der Vorstand vor Firmenbucheintragung der Ermächtigung gemäß § 169 AktG bzw. der entsprechenden Satzungsänderung von dieser bereits Gebrauch machen kann.

Dazu vertreten Nagele/Lux Folgendes:

Die Satzungsänderung mit der Ermächtigung des Vorstandes wird gemäß § 148 Abs 3 AktG erst mit Eintragung im Firmenbuch wirksam (Nagele/Lux in Jabornegg/Strasser, AktG § 169 Rz 7). Aus diesem Grund ist auch im Zeichnungsschein wegen § 170 Abs 1 Satz 2 AktG statt des Datums des Kapitalerhöhungsbeschlusses der Hauptversammlung (iSd § 152 Abs 1 Satz 2 Z 1 AktG) der Tag der Eintragung der von der Hauptversammlung beschlossenen Satzungsänderung im Firmenbuch anzuführen, da erst mit der Firmenbucheintragung die Ermächtigung wirksam wird (Nagele/Lux aaO, AktG § 170 Rz 3).

Demgegenüber führt Winner aus:

Der Vorstand kann seinen Beschluss auch bedingt fassen und dabei insbesondere auf die Marktverhältnisse abstellen. In diesem Zusammenhang sind wohl auch Voluntativbedingungen zulässig. Der Beschluss des Vorstands wird erst wirksam, wenn die Ermächtigung als Satzungsänderung eingetragen wird; er kann aber bereits vor Eintragung der Satzungsänderung gefasst werden und ist dann mit der Eintragung derselben zu bedingen (Winner in Doralt/Nowotny/Kalss, Aktiengesetz, § 171 Rz 14).

Nach einem entsprechenden Verbesserungsauftrag wiederholte der Vorstand mit Ergänzungsbeschluss vom 11.7.2011 den oben bereits wiedergegebenen Beschluss vom 22.6.2011 und hielt ergänzend fest:

Da der Beschluss des Vorstands vor Eintragung der Änderung der Satzung … im Firmenbuch erfolgt ist, stand er naturgemäß unter der aufschiebenden Wirkung der Eintragung dieser Satzungsänderung im Firmenbuch. Diese Satzungsänderung wurde nunmehr am 5.7.2011 in das Firmenbuch eingetragen. Die Voraussetzungen zur Durchführung der Kapitalerhöhung liegen daher nunmehr vor.

Auf Basis dieses Ergänzungsbeschlusses habe ich - der Meinung von Winner folgend - die angemeldete Ausnutzung des genehmigten Kapitals und damit die Durchführung der Kapitalerhöhung in das Firmenbuch eingetragen.

3. Juni 2011

Importverschmelzung einer spanischen S.L. auf eine österreichische GmbH (§ 15 EU-VerschG)

Anknüpfend an meinen Beitrag vom 11.2.2011 bezüglich des Veröffentlichungshinweises der Einreichung des Verschmelzungsplans kann ich mitteilen, dass jetzt die Rechtmäßigkeitsbescheinigung der spanischen Registerbehörde von der Antragstellerin vorgelegt wurde. Damit ist das Eintragungsverfahren durch das österreichische Firmenbuchgericht fortzusetzen.

Die im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck registrierte G* P* GmbH mit dem Sitz in F* ist Alleingesellschafterin der im Handelsregister Barcelona eingetragenen X* Research S.L. mit dem Sitz in Barcelona.
Gemäß dem von den Geschäftsführern der Gesellschaften in Notariatsaktsform erstellten Verschmelzungsplan wird die spanische S.L. auf deren österreichische Alleingesellschafterin grenzüberschreitend verschmolzen.

Die Gesellschafter der übernehmenden G* P* GmbH haben in der Generalversammlung vom 22.9.2010 die grenzüberschreitende Verschmelzung auf Grundlage des genehmigten Verschmelzungsplans sowie der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2009 einstimmig beschlossen. In dieser Generalversammlung haben die Gesellschafter gemäß § 232 Abs 2 AktG auf die Einhaltung aller für die Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlung in § 221a Abs 1 - 3 AktG bestimmten Förmlichkeiten verzichtet.

Wie ich bereits berichtet habe, wurde der Entwurf des Verschmelzungsplans am 16.7.2010 beim Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck eingereicht und der entsprechende Hinweis im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 21.7.2010 veröffentlicht. Dass diese Veröffentlichung ausreichend war, habe ich im genannten Beitrag vom 11.2.2011 schon ausgeführt.

Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung des Registro Mercantil de Barcelona wurde in der spanischen Originalfassung samt beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt. Sie hat folgenden Inhalt:

Der unterzeichnete Registerführer des Handelsregisters Barcelona und seiner Provinz bescheinigt:
Die Durchführung der vorbereitenden Handlungen und Verfahren seitens der Gesellschaft X* Research S.L. zur Verschmelzung der Gesellschaften G* P* GmbH mit Sitz in A-63** F**, eingetragen beim Landesgericht Innsbruck unter FN **, als übernehmende Gesellschaft, und der Gesellschaft X* Research S.L. mit Sitz in Barcelona, eingetragen in diesem Register, als übertragende Gesellschaft. Das gesamte Verfahren erfolgt gemäß den Bestimmungen in Art. 64 des Gesetzes 3/2009 vom 3. April über strukturelle Veränderungen bei Handelsgesellschaften, und nach Einsichtnahme in die Bücher des Archivs dieses Registers sowie in die Verschmelzungsurkunde vom 30. Juli 2010, errichtet vor dem Notar zu Barcelona, Herrn ….. unter der Nummer … seiner Urkundenrolle, eingereicht um 13:08 Uhr am 14. Januar 2011, gemäß Eintragung 256 im Journal 1103, sowie in die Urkunden vom 22. Dezember 2010 und 23. März 2011, errichtet vor dem erwähnten Notar …, Nummern 2452 und 598 seiner Urkundenrolle, die am 31. März 2011 eingereicht wurden und zu der 8. Eintragung auf Registerblatt 33 des Bandes 34737, Blatt Nummer B-2561.. in diesem Register für die übertragende Gesellschaft geführt haben.
Diese 8. Eintragung ist durch Ablichtung auf drei Bögen Stempelpapier mit dem Siegelabdruck dieses Registers mit den Nummern …. dieser Bescheinigung beigeheftet.
Nachdem im Journal keine Dokumente als eingereicht und unbearbeitet im Zusammenhang mit der übertragenden Gesellschaft vorliegen, stelle ich zur Bestätigung diese Bescheinigung aus in Barcelona am 14. April 2011.

Die beigeschlossene 8. Eintragung im Handelsregister hat folgenden Wortlaut:

X* Research S.L.. Herr F** O** L**, handelnd im Namen und in Vertretung der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, als einziger Geschäftsführer der Gesellschaft, hat die Urkunden errichtet, die diese Eintragung veranlasst haben. Aus ihnen ergibt sich:
ERSTENS.- Die Gesellschaft G* P* GmbH … hat durch Beschluss ihrer Hauptversammlung am 22. September 2010 … die Verschmelzung durch Aufnahme der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, mit der Gesellschaft G* P* GmbH, Eigentümerin des gesamten Stammkapitals der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, beschlossen.
ZWEITENS.- Der Handelnde, in der Eigenschaft, in der er handelt, erklärt die Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, als aufgelöst, mit der tatsächlichen Übertragung ihres gesamten Gesellschaftsvermögens und durch Universalnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft.
DRITTENS.- Die Bilanz der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, zum 31.12.2009 ist wie folgt und wird wörtlich wiedergegeben:
[es folgt die Schlussbilanz der X* Research S.L.]
VIERTENS.- Der Handelnde, in der Eigenschaft, in der er handelt, erklärt für die Akten: a) Die Veröffentlichungen gemäß Art. 66 des Gesetzes 3/2009 … sind nicht erfolgt, weil die übertragende Gesellschaft eine Einpersonengesellschaft ist, deren Einzelgesellschafter die übernehmende Gesellschaft ist, und sie keine Gläubiger hat. Diese Erklärung erstreckt sich auch auf die Bestimmungen des Art. 43 des erwähnten Gesetzes. b) Er erklärt ausdrücklich im Zusammenhang mit den Forderungsposten, die in der oben wiedergegebenen Verschmelzungsbilanz ausgewiesen sind, dass iSd Art. 43 und 66 des Gesetzes 3/2009 … alle diese Posten wegen Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten in einer Person erloschen sind, da die Forderungsposten sich auf den Einzelgesellschafter der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, beziehen, der seinerseits die übernehmende Gesellschaft ist. c) Dem Einzelgesellschafter wurden die Dokumente gemäß Art. 39 des Gesetzes… zur Verfügung gestellt, wobei erklärt wird, dass es keine Angestellten, Anleiheinhaber noch Sonderberechtigte gibt.
SECHSTENS.- Der Verschmelzung auf die Rechnungslegung erfolgt zum 31. Dezember 2009. Mit der Urschrift der Urkunde mit der Nummer 1576 … werden Berichte der Geschäftsführer der in der Verschmelzung vom 22. Juli 2010 handelnden Gesellschaften gebührend übersetzt, protokolliert, ebenso wie der Gründungsvertrag der übernehmenden Gesellschaft … gebührend übersetzt und mit Apostille versehen. Ferner wird mit der Urschrift der Urkunde Nummer 598 … das Protokoll der Beschlüsse der übernehmenden Gesellschaft, gebührend übersetzt und mit Apostille versehen, protokolliert.
Kraft dessen TRAGE ICH die beschriebene Auflösung der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, wegen Verschmelzung EIN. Noch offen sind die Löschungen der obigen Eintragungen, bis die entsprechende Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister Innsbruck (Österreich) zu den beschriebenen Bedingungen eingetragen ist. ....

[Anm.: Der Punkt FÜNFTENS fehlt im Original und in der Übersetzung, es dürfte sich aber nur um einen Nummerierungsfehler handeln]

Wie ich bereits in mehreren Beiträgen in diesem Blog ausgeführt habe, sind der Anmeldung der Import-Verschmelzung gemäß § 15 Abs 2 EU-VerschG neben der Rechtmäßigkeitsbescheinigung die in §§ 225 Abs 1 und 233 AktG bezeichneten Unterlagen beizuschließen. Dies ist hier durchwegs geschehen:


  • Der Verschmelzungsplan wurde am Tag der Generalversammlung der übernehmenden Gesellschaft in Notariatsaktsform verfasst und dem Protokoll beigeschlossen; er weist den erforderlichen Mindestinhalt auf (Z 1)

  • Der Verschmelzungsbeschluss der übernehmenden österreichischen Gesellschaft liegt als Generalversammlungsprotokoll vom 22.9.2010 vor. Aus der Rechtmäßigkeitsbescheinigung ergibt sich, dass bei der übertragenden Gesellschaft eine Beschlussfassung unterblieben ist. Da das österreichische Firmenbuchgericht bei der Importverschmelzung nur den Verfahrensabschnitt mit Inlandsbezug zu kontrollieren hat und demgegenüber die Pflicht des ausländischen Registers steht, die die ausländische Gesellschaft betreffenden Verschmelzungsunterlagen zu prüfen und bei ordnungsgemäßer Durchführung der Rechtshandlungen und Formalitäten die Bescheinigung auszustellen (Kaufmann in Frotz/Kaufmann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, § 15 EU-VerschG Rz 4), muss dieser Umstand zwar in Anmeldung dargestellt werden, bedarf aber keiner weiteren firmenbuchgerichtlichen Prüfung (Z 2)

  • Die Verschmelzung bedarf keiner behördlichen Genehmigung (Z 3)

  • Der gemeinsame Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer befasst sich mit der Rechtsform der übertragenden Gesellschaft, erläutert den positiven Verkehrswert des übertragenen Vermögens, geht auf die einzelnen Punkte des Verschmelzungsplans ein und verweist auf deren erschöpfende Behandlung, macht Angaben zur bilanziellen Bewertung, befasst sich mit den rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Verschmelzung sowie den geplanten organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Maßnahmen und Änderungen und verweist bezüglich der Auswirkungen auf Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger darauf, dass keine relevanten Veränderungen eintreten. Auch der Verschmelzungsbericht ist demnach ausreichend detailliert (Z 4)

  • Die Verpflichtung zur Erstellung eines Prüfberichts durch einen Verschmelzungsprüfer besteht nicht, weil eine Verschmelzung auf den Alleingesellschafter vorliegt (§ 232 Abs 1 AktG iVm § 3 Abs 2 EU-VerschG) (Z 5)

  • Die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft liegt vor (Z 6)

  • Der Veröffentlichungsnachweis (Amtsblatt zur Wiener Zeitung), dessen Inhalt ich im Blogbeitrag vom 11.2.2011 geschildert habe, wurde vorgelegt (Z 7)

  • Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung gemäß § 15 Abs 2 EU-VerschG, deren Inhalt einleitend ausführlich dargestellt wurde, liegt vor.

Die übernehmende Gesellschaft hat außerdem nachgewiesen, dass sie alle ihre Mitarbeiter von der beabsichtigten Verschmelzung verständigt und ihnen den gemeinsamen Verschmelzungsbericht überreicht hat (persönlich bestätigte Übernahme; Postaufgabescheine). Eine nähere Befassung mit diesem Informationsschreiben erledigt sich, da die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des VIII. Teiles des ArbVG bei der übernehmenden Gesellschaft nicht erfüllt sind, sodass Nachweise über das Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren ohnehin nicht zu erbringen wären.

Die Rechtsmäßigkeitsbescheinigung entspricht den Erfordernissen des § 15 Abs 2 EU-VerschG, weil sie einleitend deutlich ausführt, dass „die Durchführung der vorbereitenden Handlungen und Verfahren seitens der Gesellschaft X* Research S.L. zur Verschmelzung der Gesellschaften G* P* GmbH mit Sitz in A-63** F**, eingetragen beim Landesgericht Innsbruck unter FN **, als übernehmende Gesellschaft, und der Gesellschaft X* Research S.L. mit Sitz in Barcelona, eingetragen in diesem Register, als übertragende Gesellschaft, bescheinigt“ wird. In Verbindung mit der abschließenden Registereintragung, wonach „die beschriebene Auflösung der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, wegen Verschmelzung eingetragen“ wird und „noch offen die Löschungen der obigen Eintragungen sind, bis die entsprechende Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister Innsbruck (Österreich) zu den beschriebenen Bedingungen eingetragen ist“, lässt sich daraus nur schließen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Verschmelzung vorangehenden Formalitäten und Rechtshandlungen gegeben ist.


Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung datiert vom 14.4.2011, ist also auch noch nicht älter als sechs Monate (§ 15 Abs 2 letzter Satz EU-VerschG).

Gewisse Verwirrung verursachten die in der Rechtmäßigkeitsbescheinigung angeführten Daten, die aber anhand der mit der Anmeldung vorgelegten Unterlagen aufgeklärt werden konnte.
Bei der Verschmelzungsurkunde vom 30. Juli 2010 handelt es sich um den beim Handelsregister Barcelona eingereichten (gleich lautenden) Verschmelzungsplan in spanischer Sprache.
Bei den „Berichten der Geschäftsführer der in der Verschmelzung vom 22. Juli 2010 handelnden Gesellschaften“ handelt es sich um den gemeinsamen Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer der beiden beteiligten Gesellschaften.

Nach Berichtigung diverser formaler Mängel, deren Behebung aufgetragen wurde, steht also der Eintragung dieser „Importverschmelzung aus Spanien“ nichts mehr im Wege.

Dem zuständigen Registro Mercantil de Barcelona wird nach Eintragung die Mitteilung gemäß § 15 Abs 4 EU-VerschG zu übermitteln sein, wobei ich mich in einem gesonderten Beitrag noch damit befassen werde, in welcher Sprache diese Mitteilung seitens des österreichischen Firmenbuchgerichtes zu versenden ist.

1. Juni 2011

Zur Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats nach der PSG-Nov (BGBl I 2010/111 - BBG 2010)

Die folgenden Überlegungen sind meine persönlichen Schlussfolgerungen aus den Diskussionen im Rahmen eines Firmenbuch-Workshops am 12.5.2011 an der WU Wien. Sie sind somit kein mit den weiteren Teilnehmern abgestimmtes Ergebnis des Diskussionsprozesses.

Der Workshop unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Susanne Kalss stand unter dem Thema „Aktuelle stiftungsrechtliche Fragen aus der Firmenbuchpraxis“.

Die Gesetzesmaterialien zum BBG 2011 liefern Hinweise dafür, dass der “Budgetbegleitgesetzgeber” auch die Aufsichtsratsähnlichkeit “beseitigt” hat (Kalss, Stiftungsbeirat und Vorstand nach der Novelle des PSG 2010, Kathrein-Stiftungsletter Ausgabe 16, 4 f; Briem, Die Novelle zum Privatstiftungsgesetz, PSR 2011/3, wenn auch mit Vorbehalten).

Die Gesetzesmaterialien führen idZ aus:
Zur Klarstellung sei an dieser Stelle festgehalten, dass diese neuen Regelungen nichts an den sonstigen Befugnissen eines Beirates ändern. Insbesondere kann einem (auch mit Begünstigten besetzten) Beirat weiterhin das Recht zur Bestellung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden. Auch Zustimmungsrechte zu Geschäftsführungsmaßnahmen können ihm vorbehalten werden.

Die OGH-Judikatur zur AR-Ähnlichkeit eines Beirats knüpfte an der einem Beirat eingeräumten Abberufungskompetenz von Vorstandsmitgliedern an. Kalss wies darauf hin, dass der OGH damit an eine Befugnis angeknüpft habe, die einem PSG-Aufsichtsrat ex lege gar nicht zukomme. Nachdem diese Kompetenzfrage durch die PSG-Novelle 2010 nunmehr geklärt ist, verbleibt die Frage, ob es noch einen Anwendungsbereich für eine AR-Ähnlichkeit eines Beirates gibt.

Die Überwachung des Vorstandshandelns ist die zentrale Aufgabe eines Aufsichtsrates. Ihm steht daher das Auskunftsrecht über sämtliche Angelegenheiten der Privatstiftung sowie das Recht auf Einsicht und Prüfung der Unterlagen und Vermögensgegenstände der Privatstiftung sowie das Zustimmungserfordernis zu bestimmten wichtigen Geschäften zu. Von den in § 95 Abs 5 AktG genannten Geschäften bedürfen nur die in § 25 Abs 1 letzter Satz PSG angeführten Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats.

Briem stellt zur Frage der Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats auf eine Beurteilung seiner Aufgaben und Kompetenzen ab, was funktional zu betrachten sei. Demnach habe auch ein Stiftungsbeirat, welchem nach der Stiftungsurkunde primär Beratungsaufgaben zukommen, dem jedoch das Recht auf Auskunft und Einsicht eingeräumt werde und dessen Zustimmung Maßnahmen bedürften, die in § 95 Abs 5 AktG genannt sind, habe Kontrollaufgaben zu erfüllen, die ansonsten nur einem Aufsichtsrat zukommen würden. Auch die Regelung, dass die Festlegung der Höhe der Zuwendungen an die Begünstigten der Zustimmung des Beirats bedürfe, könne eine Aufsichtsratsähnlichkeit des Beirats begründen.
Demgegenüber sei ein bloßes Anhörungsrecht oder Recht zur Stellungnahme zwar ein mögliches Kontrollinstrument, doch sei dieses so schwach ausgeprägt, dass ein derartiger Beirat nicht mehr als aufsichtsratsähnlich zu qualifizieren sei.
In gleicher Weise seien bloße Auskunfts- und Einsichtsrechte nicht ausreichend, um die Aufsichtsratsähnlichkeit des Beirats zu begründen. Würden dem Stiftungsbeirat, abgesehen von Beratungsrechten und allfälligen Anhörungsrechten, keine Kontrollrechte zukommen, sei ein solcher Stiftungsbeirat somit noch nicht aufsichtsratsähnlich. Würden ihm jedoch Zustimmungsrechte eingeräumt, sei der Stiftungsbeirat bereits als aufsichtsratsähnlich im Sinne der Judikatur zu beurteilen (Briem, Auswirkungen der jüngsten OGH-Judikatur auf die Gestaltung von Stiftungserklärungen, PSR 2010/12, 60)

Unstrittig ist somit, dass einem Beirat jedenfalls (bloße) Beratungs-, Auskunfts- und Einsichtsbefugnisse eingeräumt werden können, ohne dass dadurch AR-Ähnlichkeit entsteht. Als „potentiell gefährlich“ verbleiben daher Zustimmungsrechte gemäß dem Verweiskatalog in § 25 Abs 1 PSG (§ 95 Abs 5 Z 1, 2 und 4 – 6 AktG).

Das führt also dazu:
Zulässig ist ein Beirat mit

  • Bestell- und Abberufungskompetenzen für den Vorstand, soweit eine mit § 14 Abs 2 und 3 PSG idF BBG 2011 kompatible Konstruktion gewählt wird;
  • bloßen Mitwirkungs-, Einsichts- und Kontrollrechten.
Problematisch bzw. unsicher bleibt ein Beirat mit
  • Zustimmungsrechten, die den Katalog des § 95 Abs 5 Z 1, 2 und 4 – 6 AktG berühren (arg. § 25 Abs 1 PSG).
Eine AR-Ähnlichkeit wird auch in diesem Fall wohl nur dann verwirklicht sein, wenn einem Beirat alle Zustimmungsrechte, die § 25 Abs 1 PSG nennt, eingeräumt werden. So wäre mE etwa die bloße Verankerung von Zustimmungsrechten zur Veräußerung und zum Erwerb von Liegenschaften und Beteiligungen (Z 1 und 2) unschädlich, wenn dem Beirat weitere wesentliche Zustimmungsrechte des § 25 Abs 1 PSG nicht zugeordnet werden.


In diesen Überlegungen manifestiert sich gleichzeitig die Grundproblematik der “Ähnlichkeits-Argumentation”, weil deutlich wird, dass eine Grenzziehung zwischen “noch nicht ähnlich” und “gerade schon ähnlich” in Wahrheit nicht befriedigend gezogen werden kann. Soll es etwa an den Betragsgrenzen für Investitionen liegen (Z 6), die den Rubikon überschreiten lassen?

Kalss plädierte im Rahmen des genannten Workshops überhaupt für ein Wahlmodell des Stifters und begründete dies damit, dass ein solches im PSG von Anfang an so angelegt gewesen sei.
§ 14 Abs 2 PSG hätte ja immer schon die Einrichtung von weiteren Stiftungsorganen “zur Wahrung des Stiftungszweckes” erlaubt. Es sei also nie unzulässig gewesen, statt eines Aufsichtsrates einen Beirat zu installieren. Außerdem sehe das PSG ausdrücklich nur einen obligatorischen Aufsichtsrat vor, die Bildung eines fakultativen Aufsichtsrates sei – im Gegensatz zum GmbHG – nicht ausdrücklich geregelt.
Somit lasse sich argumentieren, dass die Grenze der Zuordnung von Beiratskompetenzen nur in den dem Aufsichtsrat zwingend zugewiesenen Kompetenzen liege, was dazu führe, dass nur die Kompetenzen zur Bestellung des Stiftungsprüfers und zur Genehmigung von § 17 Abs 5 PSG-Geschäften für einen Beirat tabu wären.


Das Regelungsmodell von Kalss läuft also auf die Freiheit des Stifters hinaus, die gerichtliche Kontrolle eingreifen zu lassen entweder
bei der Auswahl der Personen (dann: Aufsichtsrat) oder
bei der inhaltlichen Prüfung der Kompetenzausübung (dann: Beirat).

Beide Modelle lassen sich im gesetzlichen Regelungsmodell des PSG bezüglich der Organe einordnen, insbesondere arg. § 14 Abs 2 PSG.

Für den Praktiker muss aber klar sein, dass – unabhängig von der Firmenbucheintragung “gefährlicher” Stiftungsurkunden mit den geschilderten Beiratskompetenzen – das Damoklesschwert der Unzulässigkeit eines solchen Organs mit all den unliebsamen Folgeproblemen hängen bleibt. Sollte der OGH die AR-Ähnlichkeit fortschreiben, würden diese Organe wieder – quasi über Nacht – zu ex-tunc fehlerhaften Organen werden; mit den diesbezüglich zu führenden Diskussionen wären die Betroffenen dann zumindest schon vertraut (auf Basis von 6 Ob 145/09f).

Für diesen Fall der Fortschreibung durch den OGH wage ich aber folgende Prognose:

Das gesamte Thema wird so enden, wie schon die “Beirats-” und die “Berater-Entscheidung” geendet haben. Der Gesetzgeber wird reagieren und die „unerwünschten Auswüchse“ beseitigen bzw. abmildern. Dem OGH wird dann wiederum die Feststellung verbleiben, dass “nach der Novellierung der §§ ...... PSG durch das BGBl ...... die zugrunde liegende Wertung auch schon auf Altfälle anzuwenden ist, wenngleich das BGBl ...... insoweit keine Übergangsbestimmung enthält” (so 6 Ob 195/10k zur aktuellen Novelle).

Warum ich mich als Firmenbuchrichter vor diesem Hintergrund stark exponieren sollte, sehe ich nicht ein, zumal nach der Novellierung vertretbar ist, die Aufsichtsratsähnlichkeit als “PSG-fremd” einzustufen. Sollte man also überhaupt noch damit ins Feld ziehen, wird eine AR-Ähnlichkeit wohl nur mehr bei einer exzessiven Zuweisung von Zustimmungsrechten angenommen werden können und mE jedenfalls dann nicht (mehr) vorliegen, wenn nur eine einzige der einem AR zugewiesenen Kompetenzen in einer Beiratsausgestaltung fehlen sollte.

Das Risiko solcher Beiratseinrichtungen tragen im Ergebnis jene Privatstiftungen, die einen solchen "Beirat im Grenzbereich" ausbilden. Dieses Risiko liegt dann aber nicht beim Firmenbuchrichter, der sich im Hinblick auf die in der Literatur dargelegten Argumente von der Zulässigkeit derartiger Gestaltungen nach der Novellierung im BBG 2011 überzeugen lässt.

Ich werde also “großzügig” sein.

30. Mai 2011

Sitzverlegung einer österreichischen SE nach Italien (Art 8 SE-VO, §§ 6 ff SEG)

Der Vorstand der im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck registrierten G** d* B** d* B** - B** B** BBT SE hat am 11.2.2011 einen Verlegungsplan gemäß Art 8 Abs 2 SE-VO iVm § 6 SEG zur Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von Innsbruck nach Bozen (Italien) erstellt.

In diesem Verlegungsplan werden - zusammengefasst - folgende Punkte geregelt:


  • bisherige Firma, bisheriger Sitz, bisherige Registernummer

  • der neue Sitz der Gesellschaft nach der Sitzverlegung

  • Verweis auf die im Hinblick auf die Sitzverlegung an das italienische Recht angepasste Satzung der Gesellschaft, die dem Verlegungsplan beigeschlossen wird

  • die Firma der SE bleibt unverändert

  • Hinweis auf etwaige Folgen der Verlegung für die Beteiligung der Arbeitnehmer

  • vorgesehener Zeitplan für die Verlegung

  • Regelungen zum Schutz der Aktionäre und der für die Gläubiger vorgesehenen Rechte

Ebenfalls am 11.2.2011 erstellte der Vorstand eine schriftlichen Bericht zur geplanten Sitzverlegung. In diesem erläuterte er die



  • rechtlichen Aspekte der Sitzverlegung

  • wirtschaftlichen Aspekte der Sitzverlegung

  • Auswirkungen für die Aktionäre

  • Auswirkungen für die Gläubiger

  • Auswirkungen für die Arbeitnehmer

und kommt zusammengefasst zum Schluss, dass sich nach eingehender Prüfung der rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen durch die Sitzverlegung der Gesellschaft keine negativen wirtschaftlichen Folgen für die Gesellschaft ergeben und weder für die Gläubiger noch für die Aktionäre oder Arbeitnehmer nachteilige Folgen zu erwarten sind.

Der Aufsichtsrat der SE hat seinen Prüfungsbericht ebenfalls bereits am 11.2.2011 verfasst. In diesem verweisen die Aufsichtsratsmitglieder zusammenfassend darauf, dass sie in den Verlegungsplan, den Bericht des Vorstandes und den geprüften Jahresabschluss der Gesellschaft Einsicht genommen haben und ihre Prüfung ergeben hat, dass die geplante Sitzverlegung den gesetzlichen Vorgaben entspricht und der Gesellschaft aus der Sitzverlegung aufgrund der gegebenen Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit kein Nachteil entstehe.

Der Vorstand reichte den Verlegungsplan am 15.2.2011 beim Firmenbuchgericht ein, am selben Tag wurde im Amtsblatt der Wiener Zeitung folgender Hinweis veröffentlicht:

Die … BBT SE mit dem Sitz in Innsbruck … beabsichtigt, ihren Sitz von Innsbruck, Österreich nach Bozen, Italien zu verlegen.
Der vom Vorstand der BBT SE erstellte Verlegungsplan vom 11.2.2011 wird am heutigen Tag beim Landesgericht Innsbruck eingereicht. Dieser sowie der Bericht des Vorstandes, der Prüfungsbericht des Aufsichtsrates und der zuletzt erstellte Jahresabschluss und Lagebericht der BBT SE werden mindestens einen Monat vor der Hauptversammlung, die über die Sitzverlegung beschließen soll, am Sitz der SE zur Einsicht der Aktionäre und Gläubiger aufgelegt. Den Aktionären und Gläubigern der BBT SE ist auf Verlangen unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der genannten Unterlagen zu erteilen.
Gemäß § 12 SEG haben die Aktionäre ein Recht auf angemessene Barabfindung. Gläubigern, die glaubhaft machen, dass durch die Sitzverlegung die Erfüllung ihrer Forderungen gefährdet wird, ist gemäß § 14 SEG, wenn sie sich spätestens binnen eines Monats nach dem Vorlegungsbeschluss schriftlich zu diesem Zweck melden, für bis dahin entstehende Forderungen Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können.

Ebenfalls am 15.2.2011 erfolgte der Hinweis dieser Veröffentlichung im Corriere della Sera in italienischer Sprache.

In der Hauptversammlung der BBT SE vom 18.4.2011, in der alle Aktionäre anwesend waren, erläuterte der Vorstand zunächst den von ihm erstellten Verlegungsplan. Anschließend hielt der Vorsitzende fest, dass der Verlegungsplan, der Prüfungsbericht des Vorstandes über die Verlegung, der Prüfungsbericht des Aufsichtsrates sowie der Jahresabschluss und der Lagebericht der Gesellschaft zum 31.12.2009 seit über einem Monat vor dieser Hauptversammlung bei der Gesellschaft zur Einsicht ausgelegen sind und in jeweils genügender Anzahl den Aktionären vorliegen.


Der Vorstand teilte den Aktionären mit, dass zwischen der Aufstellung des Verlegungsplanes und dem heutigen Tag keine wesentliche Veränderung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft eingetreten ist und stellte den Antrag, die Aktionäre mögen auf Basis der vorliegenden Unterlagen der Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von Innsbruck nach Bozen zustimmen.


Die Sitzverlegung wurde daraufhin einstimmig beschlossen.

Anschließend erklärten die Aktionäre in der Hauptversammlung zu Protokoll, gemäß § 11 SEG ausdrücklich auf ihr Recht auf Barabfindung zu verzichten.

Mit der am 26.5.2011 beim Firmenbuchgericht überreichten Anmeldung meldeten sämtliche Vorstandsmitglieder der BBT SE die beabsichtigte Sitzverlegung nach Bozen zur Eintragung in das Firmenbuch an und beantragten die Ausstellung einer Bescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO. Vorgelegt wurde das Protokoll der Hauptversammlung vom 18.4.2011, dem der Verlegungsplan sowie die neugefasste Satzung der SE angeschlossen waren. Ebenfalls beigeschlossen waren der Bericht des Vorstandes, die Nachweise über die Veröffentlichung des Hinweises auf die Einreichung des Verlegungsplans im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und im Corriere della Sera sowie der Jahresabschluss samt Lagebericht der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2010.

Der Vorstand gab folgende Erklärungen ab:



  • kein Gläubiger hat sich innerhalb eines Monats nach dem Verlegungsbeschluss schriftlich zum Zwecke der Sicherstellung oder Befriedigung gemäß § 14 SEG gemeldet

  • eine Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verlegungsbeschlusses wurde innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung nicht erhoben

  • alle Aktionäre haben auf ihr Recht auf Barabfindung in der Hauptversammlung vom 18.4.2011, somit durch notariell beurkundete Erklärung, verzichtet.

Er führte weiters aus, dass der SE-Betriebsrat mit Schreiben vom 29.10.2009 und in einer Besprechung vom 19.1.2010 über die geplante Sitzverlegung informiert wurde und dass der Betriebsrat am 24.2.2010 beschlossen hat, keine neue Verhandlung der bestehenden Mitarbeitervereinbarung aufgrund der Sitzverlegung zu verlangen, sodass die bestehende Vereinbarung über die Art der Beteiligung der Mitarbeiter in der SE ihre Gültigkeit behalte.

Die Eintragung dieser beabsichtigten Sitzverlegung in das Firmenbuch erfolgte mit folgendem Wortlaut:

Hauptversammlungsbeschluss vom 18.04.2011
Beabsichtigte Sitzverlegung nach
Bozen, Italien
(Handelsregister Bozen, Südtiroler Str. 60, I-39100 Bozen)
gemäß Verlegungsplan vom 11.02.2011.


Bescheinigung gemäß Art. 8 Abs 8 SE-VO, § 15 Abs 3 SEG ausgestellt.

Die gleichzeitig mit dieser Eintragung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO, § 15 Abs 3 SEG erteilte Bestätigung hat folgenden Wortlaut:


Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist zu FN ** die G**d* B** d* B** – B** B** BBT SE eingetragen.
Der Vorstand der G**d* B** d* B** – B** B** BBT SE hat am 11.02.2011 einen Verlegungsplan betreffend die Verlegung des Sitzes der Gesellschaft von Innsbruck (Österreich) nach Bozen (Italien) erstellt.
Dieser Verlegungsplan wurde am 15.2.2011 beim Landesgericht Innsbruck als Firmenbuchgericht eingereicht.
Der Hinweis der Einreichung des Verlegungsplans samt den notwendigen Hinweisen auf die Rechte der Aktionäre und Gläubiger gemäß §§ 12 und 14 SEG wurde am 15.02.2011 im Amtsblatt der Wiener Zeitung und im Corriere della Sera veröffentlicht.
Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 18.04.2011, in der alle Aktionäre vertreten waren, wurde auf Grundlage des Verlegungsplans vom 11.02.2011 nach ordnungsgemäßer Auflage des Verlegungsberichtes des Vorstands und des Prüfungsberichtes des Aufsichtsrates die Sitzverlegung der Gesellschaft von Innsbruck (Österreich) nach Bozen (Italien) einstimmig beschlossen.
Der Vorstand der Gesellschaft hat erklärt und nachgewiesen, dass alle Aktionäre und die Gläubiger der Gesellschaft ausdrücklich auf ihre Rechte gemäß den §§ 12 und 14 SEG hingewiesen wurden und dass sich kein Gläubiger innerhalb der einmonatigen Frist des § 14 SEG gemeldet hat.
Der Vorstand der Gesellschaft hat erklärt und nachgewiesen, dass alle Aktionäre in der Hauptversammlung vom 18.04.2011, somit durch notariell beurkundete Erklärung, auf ihr Recht auf Barabfindung verzichtet haben.
Der Vorstand der Gesellschaft hat erklärt, dass eine Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verlegungsbeschlusses innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung nicht erhoben wurde.
Der Vorstand der Gesellschaft hat mit beglaubigt unterfertigter Anmeldung vom 26.05.2011 beim Landesgericht Innsbruck als Firmenbuchgericht die Eintragung der beabsichtigten Sitzverlegung, wonach aufgrund des Verlegungsplans vom 11.02.2011 auf Grundlage des Hauptversammlungsbeschlusses der G**d* B** d* B** – B** B** BBT SE vom 18.04.2011 der Sitz der Gesellschaft von Innsbruck (Österreich) nach Bozen (Italien) verlegt wird, beantragt.
Die Eintragung dieser beabsichtigten Sitzverlegung in das Firmenbuch ist am 30.05.2011 erfolgt.
Damit bestätigt das Landesgericht Innsbruck als Firmenbuchgericht gemäß Art. 8 Abs 8 SE-VO, § 15 Abs 3 SEG, dass nach österreichischem Recht alle der gegenständlichen Sitzverlegung vorangehenden Rechtshandlungen ordnungsgemäß durchgeführt und alle Formalitäten für die Sitzverlegung der Gesellschaft eingehalten wurden.

Da es sich um einen nicht alltäglichen Fall handelt, nehme ich ihn zum Anlass, den rechtlichen Rahmen einer derartigen Sitzverlegung nach der SE-VO darzustellen.

Bei der Sitzverlegung gemäß Art 8 SE-VO und §§ 6 ff SEG werden – unter Aufrechterhaltung der Identität der Gesellschaft – der Satzungssitz und die Hauptverwaltung einer SE in einen anderen Mitgliedstaat verlegt. Da das auf eine SE anwendbare Recht an den Sitz der Gesellschaft anknüpft, unterliegt die SE mit Eintragung der Sitzverlegung im Register des Zuzugsstaats zugleich einer neuen Rechtsordnung (Kalss in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht (2008) [3/1087].

Der Verlegungsplan:
Der Verlegungsplan ist vom Vorstand (bzw. Verwaltungsrat) der SE in dessen Verantwortungsbereich in schriftlicher Form zu erstellen. Er enthält die maßgeblichen Grundlagen für die geplante Sitzverlegung und dient der Information der betroffenen Aktionäre ebenso wie der Gläubiger und Arbeitnehmer (Wegzug) und bildet die Grundlage für die Darstellung und Strukturierung des gesamten Vorgangs (Kalss in Kalss/Hügel, Europäische Aktiengesellschaft SE-Kommentar [§ 6 SEG Rz 2]).

Der Plan hat gemäß Art 8 Abs 2 SE-VO die bisherige Firma der Gesellschaft, den bisherigen Sitz und die bisherige Firmenbuchnummer der SE zu enthalten. Zudem müssen der neue vorgesehene Sitz der SE, die neue geplante Satzung sowie eine allfällig neu gewählte Firma enthalten sein. Schließlich muss der Verlegungsplan allfällige Folgen der Verlegung für die Beteiligung der Arbeitnehmer, einen Zeitplan für die Durchführung der Sitzverlegung darlegen sowie Schutzrechte der Aktionäre und der Gläubiger enthalten (Kalss aaO [§ 6 Rz 10]).

Die Angabe über die Barabfindung kann gemäß § 11 SEG entfallen, sofern sämtliche Aktionäre vorweg auf die Geltendmachung ihres Rechts auf Barabfindung schriftlich oder durch Erklärung zur Niederschrift in der Hauptversammlung verzichten.
Dies war hier der Fall.

Der Verlegungsplan ist dem Beschluss über die Sitzverlegung als Anlage beizufügen und beim Firmenbuchgericht im Rahmen der Anmeldung der Sitzverlegung vorzulegen.

Gemäß Art 8 Abs 6 SE-VO, § 9 Abs 1 SEG muss er mindestens 2 Monate vor dem Tag der Hauptversammlung, die über die Sitzverlegung beschließt, offengelegt werden, mindestens einen Monat vor der Beschlussfassung muss er gemäß § 9 Abs 2 SEG am Sitz der Gesellschaft ausgelegt werden, den Aktionären und Gläubigern ist er unentgeltlich als Kopie auszuhändigen.
Auch dies ist im vorliegenden Fall fristgerecht erfolgt.

Verlegungsbericht des Vorstands:
Der Vorstand hat gemäß Art 8 Abs 3 SE-VO einen schriftlichen Bericht über den Verlegungsplan zu erstellen, in dem insbesondere die Auswirkungen der Sitzverlegung für die Aktionäre, die Gläubiger sowie für die Arbeitnehmer darzustellen sind. Darin sind insb die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Sitzverlegung darzustellen. Dieser Bericht ist nicht verzichtbar.
Auch dieser Verlegungsbericht ist gemäß § 9 Abs 2 SEG einen Monat vor Beschlussfassung am Sitz der Gesellschaft auszulegen, jedem Aktionär und jedem Gläubiger ist eine Kopie kostenlos und unverzüglich auszuhändigen und gemäß § 15 Abs 1 SEG auch beim Firmenbuch einzureichen (Kalss aaO [§ 6 Rz 16, 21 f]).

Bericht des Aufsichtsrates:
§ 8 SEG sieht die zwingende Einbindung des Aufsichtsrats in die Informationsvorbereitung und Prüfung der Sitzverlegung vor. Der Aufsichtsrat hat die Sitzverlegung anhand der anderen Unterlagen, dh des vorliegenden Verlegungsplans und des Verlegungsberichts des Vorstands nicht nur auf die Rechtmäßigkeit, sondern insbesondere auch auf seine Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu prüfen. Auch auf den Bericht des Aufsichtsrats kann nicht verzichtet werden. Dieser Prüfbericht des Aufsichtsrates ist ebenfalls wieder gemäß § 9 Abs 2 SEG mit den anderen Unterlagen am Sitz der Gesellschaft aufzulegen und jedem Aktionär und jedem Gläubiger ist eine Kopie kostenlos und unverzüglich auszuhändigen (Kalss aaO [§ 8 Rz 2, 4, 5]).

Informationspflichten:
Der Vorstand hat gemäß Art 8 Abs 6 SE-VO mindestens 2 Monate vor dem Tag der Hauptversammlung, die über die Verlegung des Sitzes beschließen soll, den Verlegungsplan beim Firmenbuchgericht einzureichen und zugleich einen Hinweis auf diese Einreichung in den Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft zu veröffentlichen. Die Aktionäre und die Gläubiger sind darin auf ihre Rechte nach § 9 Abs 2 und 3 SEG, nämlich auf die Einsicht in die Unterlagen am Sitz der Gesellschaft, auf den Anspruch auf Herausgabe von kostenlosen Kopien sowie auf das Austrittsrecht gemäß § 12 SEG bzw. auf das Recht gemäß § 14 SEG, bereits vor Eintragung der Sitzverlegung eine Sicherstellung verlangen zu können, hinzuweisen. Auf diese Einschaltung kann nicht verzichtet werden (Kalss aaO [§ 9 Rz 3, 6]).
Auch dies ist mit der Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung am 15.2.2011 erfolgt; zudem erfolgte eine Veröffentlichung im Corriere della Sera und somit auch im weiteren satzungsmäßig vorgesehenen Bekanntmachungsblatt der Gesellschaft.

Ergänzend zur Hinterlegung des Verlegungsplans im Firmenbuch hat die Gesellschaft mindestens während eines Monats vor dem Tag der Hauptversammlung, die über die Verlegung beschließen soll, neben dem Verlegungsplan den Bericht des Vorstands und den Prüfungsbericht des Aufsichtsrats sowie den zuletzt erstellten oder nach den gesetzlichen Vorschriften zu erstellenden Jahresabschluss zur Einsicht der Aktionäre und der Gläubiger am Sitz der Gesellschaft aufzulegen (Kalss aaO [§ 9 Rz 8]).

Der zuletzt erstellte Jahresabschluss ist nicht nur am Sitz der Gesellschaft aufzulegen, sondern auch bei Anmeldung der Sitzverlegung beim Firmenbuchgericht vorzulegen (§ 15 Abs 1 Z 5 SEG). Die Eintragung der geplanten Sitzverlegung und die Erteilung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung setzen die Vorlage des Jahresabschlusses voraus.

Schließlich normiert § 9 Abs 4 SEG die Auflagepflicht aller genannten Unterlagen des § 9 Abs 2 SEG in der Hauptversammlung und verpflichtet den Vorstand zur mündlichen Erläuterung des Verlegungsplans am Beginn der Hauptversammlung. Dies ist ebenfalls geschehen.

Verzicht gemäß § 11 SEG:
Alle Aktionäre können gemäß § 11 SEG schriftlich vorweg oder spätestens zur Niederschrift der Hauptversammlung auf ihr Austrittsrecht, dh auf ihr Recht auf Barabfindung, verzichten. Wenn ein solcher Verzicht abgegeben wird, sind Ausführungen zu den Bedingungen der Barabfindung im Verlegungsplan entbehrlich und kann daher auch eine Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung entfallen.
Solche Verzichtserklärungen liegen hier vor und sind im Protokoll der Hauptversammlung nachprüfbar.

Zum Gläubigerschutz:
Entsprechend der Anordnung von Art 8 Abs 7 SE-VO ist der individuelle Gläubigerschutz vorgeschaltet, dh dass bereits vor der Eintragung der beabsichtigten Sitzverlegung und vor der Erteilung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO iVm § 15 SEG die Interessen der Gläubiger entsprechend gewahrt werden müssen (Kalss aaO [§ 14 Rz 3]).

Die Gläubiger haben einen Anspruch auf Sicherstellung nur, wenn sie sich spätestens innerhalb eines Monats nach dem Verlegungsbeschluss melden. Der Gläubiger hat glaubhaft zu machen, dass sein Anspruch gefährdet ist.

Erforderliche Anmeldeschritte beim Firmenbuch / bei den Registerbehörden:
Für eine vollständige Sitzverlegung sind insgesamt drei Anmeldungen erforderlich, nämlich jene der beabsichtigten Sitzverlegung beim (österreichischen) Firmenbuch, die Anmeldung im ausländischen Register und schließlich die Anmeldung der Durchführung der Sitzverlegung und Löschung der weggezogenen Gesellschaft im (österreichischen) Firmenbuch. Die Anmeldung der beabsichtigten Sitzverlegung ist von sämtlichen Vorstandsmitgliedern durchzuführen, die Anmeldung beim ausländischen Register richtet sich nach dortigem Recht, die Anmeldung der Durchführung der Sitzverlegung bedarf bloß der Mitwirkung des Vorstands in vertretungsbefugter Zahl (Kalss aaO [§ 15 Rz 2]).

Zunächst hat daher die Anmeldung der beabsichtigten Sitzverlegung zu erfolgen. Das Firmenbuch hat diese nach materiell-rechtlicher Prüfung einzutragen und die Bescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO zu erteilen. Wegzugs- und Zuzugsstaat haben jeweils eine Phase des Vorgangs zu kontrollieren. Bindeglied für diese zwei Zuständigkeiten ist die Bescheinigung gem Art 8 Abs 8 SE-VO, die vom österreichischen Firmenbuchgericht auszustellen ist (Kalss aaO, [§ 15 Rz 5]).

Gemäß Art 8 Abs 9 SE-VO darf die zuständige Behörde im Zuzugsland die neue Eintragung erst vornehmen, wenn die Bescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO des österreichischen Firmenbuchgerichts vorgelegt wurde. Die Bescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO dient dazu, einerseits die jeweils zuständige Behörde mit der Kontrolle der notwendigen gesellschaftsrechtlichen Schritte zu beauftragen und damit im Sinne einer verfahrensökonomischen Arbeitsteilung die jeweils nähere und kompetente Behörde zu befassen (Kalss aaO, [§ 15 Rz 8]).

Gemäß § 15 Abs 1 SEG sind sämtliche Mitglieder des Vorstands verpflichtet, die beabsichtigte Verlegung zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Dieser Verpflichtung wurde im konkreten Fall auch nachgekommen.

Prüfpflicht des Firmenbuchs:
Zwecks Prüfungsmöglichkeit durch das Firmenbuchgericht hat die Gesellschaft gemäß § 15 Abs 1 SEG den Verlegungsplan (so wie er vor der Beschlussfassung veröffentlicht und der Beschlussfassung zugrunde gelegt worden ist, lediglich redaktionelle Änderungen sind aber zulässig), die notariell beurkundete Niederschrift des Verlegungsbeschlusses, den Bericht des Vorstands gemäß § 8 Abs 3 SE-VO, den Nachweis der Veröffentlichung des Hinweises auf die Einreichung des Verlegungsplans gemäß § 9 Abs 1 SEG, den zuletzt erstellten Jahresabschluss und Lagebericht oder den nach den gesetzlichen Bestimmungen zuletzt zu erstellenden Jahresabschluss und Lagebericht, den Nachweis der Sicherstellung der Gläubiger und die Erklärung, dass sich andere als die befriedigten oder sichergestellten Gläubiger innerhalb der Frist gemäß § 14 nicht gemeldet haben, sowie schließlich den Nachweis der Sicherstellung der Barabfindung zugunsten der austrittswilligen Gesellschafter (was hier nicht relevant ist), beizulegen.
Diese Unterlagen liegen vollständig vor, insbesondere wurde auch der Jahresabschluss zum 31.12.2010 bereits beigebracht. Dass im Rahmen der Veröffentlichung bzw. der Vorbereitungshandlungen der Jahresabschluss zum 31.12.2009 eingereicht bzw. aufgelegt war, schadet nicht, da zu den damals relevanten Zeitpunkt eine Verpflichtung der Gesellschaft zur Aufstellung des Jahresabschlusses 2010 noch nicht bestand (§ 222 Abs 1 UGB).

Sämtliche Mitglieder des Vorstands haben gegenüber dem Gericht die so genannte Negativerklärung abzugeben, dh die Erklärung aller Mitglieder des Leitungsorgans, dass eine Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verlegungsbeschlusses innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung nicht erhoben oder zurückgezogen worden ist, oder dass alle Aktionäre durch notariell beurkundete Erklärung auf eine solche Klage verzichtet haben. Die Verzichtserklärung kann in- oder außerhalb der Hauptversammlung abgegeben werden. Gleich wie im Verschmelzungsrecht haben die Vorstands- oder Verwaltungsratsmitglieder die Erklärung als Wissenserklärung abzugeben. Sie treffen daher keine besonderen Nachforschungspflichten, inwieweit tatsächlich Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklagen erhoben wurden (Kalss aaO, [§ 15 Rz 19]).

Das Gericht hat unter Heranziehung der dem Antrag beigelegten Urkunden zu überprüfen, ob die der Sitzverlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß durchgeführt wurden und insbesondere auch die Forderungen der Gläubiger sowie (allenfalls) die Abfindung der austrittswilligen Gesellschafter sichergestellt sind. Das Gericht hat sich dabei nicht nur auf eine formale Prüfung zu beschränken, sondern auch materiell zu prüfen, ob der Verlegungsplan ordnungsgemäß aufgestellt worden und der Verlegungsbeschluss ordnungsgemäß zustande gekommen ist und ob die notwendigen Fristen eingehalten worden sind. Liegen die Voraussetzungen der Eintragung vor, hat das Firmenbuchgericht die Eintragung vorzunehmen. Einzutragen sind die beabsichtigte Sitzverlegung, der geplante neue Sitz, das Register, bei dem die Gesellschaft geführt werden soll, und die Tatsache, dass die Bescheinigung gemäß § 8 Abs 8 SE-VO ausgestellt wurde (Kalss aaO, [§ 15 Rz 28]).

Mit der Eintragung der beabsichtigten Sitzverlegung ist die Sitzverlegung noch nicht vollzogen und wirksam, vielmehr wird die Sitzverlegung einschließlich der damit einhergehenden Satzungsänderungen nach der ausdrücklichen Regelung von Art 8 Abs 10 SE-VO erst mit dem Zeitpunkt der Eintragung der SE im Register des neuen Staates wirksam.

Bescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO:
Nach Abschluss der Prüfung des Firmenbuchgerichts und bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Eintragung hat das Firmenbuchgericht nicht nur die Eintragung vorzunehmen, sondern zugleich die Bescheinigung gemäß Art 8 Abs 8 SE-VO auszustellen (Kalss aaO, [§ 15 Rz 33]).
In der Bescheinigung ist klar auszuführen, dass die der Verlegung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten in rechtskonformer Weise durchgeführt wurden, dh dass etwa die Veröffentlichungsvorschriften und die Fristen ebenso eingehalten wurden wie die Regelungen für die Einladung der Hauptversammlung zur Fassung des Verlegungsbeschlusses, das Zustandekommen des Verlegungsbeschlusses sowie die Information der betroffenen Aktionäre und der Gläubiger und die Abgabe der notwendigen Erklärungen des Vorstands gemäß § 15 SEG.
Diesen Anforderungen genügt die von mir ausgestellte eingangs geschilderte Bescheinigung.
Diese Bescheinigung wird nicht der zuständigen Behörde des Zuzugsstaates, sondern der antragstellenden Gesellschaft zugestellt.

Erst mit der Eintragung der Sitzverlegung im Register des Zuzugslands wird die Sitzverlegung gemäß Art 8 Abs 10 SE-VO, einschließlich der damit einhergehenden Satzungsänderungen wirksam, dh damit wechselt die SE ihr nationales Statut, wird von der österreichischen SE zu der entsprechend ausländischen SE; zudem werden alle Satzungsänderungen, die mit der Sitzverlegung unmittelbar einhergehen, wirksam (Kalss aaO, [§ 15 Rz 40]).

26. Mai 2011

Die Frist des § 220 Abs 3 AktG (§§ 5, 2 Abs 3 UmwG)

Im Firmenbuch ist die TZS GmbH mit dem Sitz in Innsbruck eingetragen; deren Alleingesellschafterin ist mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von € 36.500 die S** J.S. M* GmbH.

Mit dem am 23.3.2011 abgeschlossenen Umwandlungsvertrag wird die TZS GmbH auf die durch den Umwandlungsvorgang entstehende T** L** GmbH & Co. KG zum Stichtag 30.6.2010 gemäß § 5 UmwG umgewandelt. An der neu entstehenden Kommanditgesellschaft ist die T** L** GmbH als reine Arbeitsgesellschafterin als Komplementärin und die Alleingesellschafterin der umgewandelten Gesellschaft als allein vermögensbeteiligte Kommanditistin mit einer Kommanditeinlage in Höhe der seinerzeitigen Stammeinlage beteiligt.

Der Umwandlung wurde die Schlussbilanz der TZS GmbH zum 30.6.2010 zugrundegelegt.

In der Generalversammlung der TZS GmbH vom 23.3.2011 wurde der Umwandlungsvertrag genehmigt sowie auf die Erstattung eines Umwandlungsberichtes der Geschäftsführung und die Einreichung, Veröffentlichung und Auflegung der Urkunden des §§ 221a Abs 1 – 3 AktG, insbesondere auch auf die Errichtung einer Zwischenbilanz verzichtet.

Mit der am 31.3.2011 beim Firmenbuchgericht eingelangten Anmeldung meldeten die Geschäftsführung der TZS GmbH und die Gesellschafter der neu errichteten Kommanditgesellschaft diesen Umwandlungsvorgang zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Den Antragstellern wurde daraufhin vom Firmenbuchgericht mitgeteilt, dass der Eintragung dieser Umwandlung folgendes Hindernis entgegen steht :

Gemäß §§ 5 Abs 5, 2 Abs 3 UmwG, 220 Abs 3 AktG muss die umzuwandelnde Kapitalgesellschaft auf den Umwandlungsstichtag eine Schlussbilanz aufstellen, und zwar auf einen höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Umwandlung liegenden Stichtag. Im vorliegenden Fall datiere diese Schlussbilanz vom 30.6.2010, die Anmeldung der Umwandlung erfolgte aber erst am 31.3.2011, sodass die 9-Monats-Frist abgelaufen ist.

In einer ausführlichen Stellungnahme der Antragsteller führten diese kurz zusammengefasst aus, dass der Vorhalt des Firmenbuchgerichtes zu Unrecht erfolgt sei; bei der Frist des §§ 220 Abs 3 AktG handle es sich um eine Rückrechnungsfrist, diese sei noch nicht abgelaufen, da ein dem 31. März entsprechender Tag im Juni fehle, weshalb auf den letzten Tag des Monats Juni abzustellen sei, womit ein genau 9 Monate vor der Anmeldung liegender Schlussbilanzstichtag zulässig und die Firmenbuchanmeldung vom 31.3.2011 am letzten Tag der in § 220 AktG normierten Frist bei Gericht eingegangen sei. Die Antragsteller stützten ihre Argumentation dabei auf zwei Entscheidungen des OGH, und zwar zu 6 Ob 124/97x sowie 5 Ob 137/01k.

Die zur Eintragung angemeldete Umwandlung samt korrespondierender Löschung der umgewandelten Gesellschaft ist abzuweisen.

Vorauszuschicken ist, dass die §§ 5, 2 Abs 3 UmwG auf die sinngemäße Anwendung des § 220 Abs 3 AktG verweisen. Demnach hat die übertragende Gesellschaft auf den Umwandlungsstichtag eine Schlussbilanz aufzustellen, für die die Vorschriften des UGB über den Jahresabschluss und dessen Prüfung sinngemäß gelten; sie braucht nicht veröffentlicht zu werden. Die Schlussbilanz muss auf einen höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Umwandlung liegenden Stichtag aufgestellt werden.

Bezüglich des Stichtags dieser Bilanz hatte der OGH in seiner Entscheidung zu 6 Ob 124/97x klargestellt, dass dieser höchstens 9 Monate vor der Anmeldung liegen darf. Die Prüfung der Zulässigkeit und ordnungsgemäßen Durchführung einer Umwandlung falle in die ausschließliche Prüfungskompetenz des Firmenbuchgerichtes. Dieses habe alle gesetzlichen Voraussetzungen für die konstitutiv wirkende Eintragung der Umwandlung zu kontrollieren und die Eintragung bei Fehlen einer (handels-)gesetzlichen Voraussetzung abzulehnen. Die gesetzliche Vorschrift, der Stichtag der der Umwandlung zugrundeliegenden Bilanz dürfe höchstens 9 Monate vor der Anmeldung zum Firmenbuch liegen, sei Tatbestandsvoraussetzung für die Eintragung einer zulässigen Umwandlung. Es stehe im Belieben der Gesellschaft, jeden für die steuerrechtliche Rückwirkungsfiktion maßgeblichen Stichtag zu wählen, sofern nur der Zeitraum von 9 Monaten zwischen Schlussbilanzstichtag und Anmeldung zum Firmenbuch nicht überschritten werde. Diese gesetzliche Zeitbestimmung habe mit einer verfahrensrechtlichen Frist nichts zu tun. Knüpfe das Gesetz an eine Firmenbuchanmeldung materiellrechtliche Wirkungen, könne nur das Einlangen der Anmeldung beim Firmenbuchgericht ausschlaggebend sein. Fristen des materiellen Rechtes seien Zeiträume, in (oder von) denen eine bestimmte Handlung gesetzt oder ein bestimmtes Ereignis eingetreten sein müsse, woran das Gesetz bestimmte materiell-rechtliche Rechtsfolgen knüpft. Diene eine schriftliche Verfahrenshandlung der Wahrung einer materiell-rechtlichen Frist, dann müsse sie noch am letzten Tag bei Gericht eingelangt sein, rechtzeitige Postaufgabe allein genüge nicht.
Werde diese Zeitbestimmung nicht eingehalten, lange also ein Eintragungsgesuch mehr als 9 Monate nach dem Stichtag der Schlussbilanz beim Firmenbuchgericht ein, dürfe die Umwandlung nicht in das Firmenbuch eingetragen werden und werde daher nicht wirksam.

Im soeben geschilderten Fall war die vorgelegte Schlussbilanz zum 29.2.1996 erstellt worden, das Firmenbuchgesuch langte erst am 2.12.1996 beim Firmenbuchgericht ein, die materiell-rechtliche Frist war daher jedenfalls bereits verstrichen. Genauere Ausführungen zur Fristenberechnung selbst finden sich in dieser Entscheidung also nicht.

In der Entscheidung 5 Ob 137/01k befasste sich das Höchstgericht mit der Frist des § 221a Abs 2 Z 3 AktG. Diese Frist beurteilte der OGH aufgrund des Wortlauts dieser Bestimmung als Rückberechnungsfrist. Daraus ergab sich die Folgerung, dass ausgehend vom Zeitpunkt und Gesichtspunkt des Abschlusses des Umwandlungsvertrages ein Jahresabschluss vorliegen müsse, der sich auf ein Geschäftsjahr beziehe, das nicht mehr als sechs Monate abgelaufen ist (ansonsten eine Zwischenbilanz zu erstellen wäre). Anders als in § 202 Abs 2 Z 1 HGB (UGB) sei in der Bestimmung des § 221a Abs 2 Z 3 AktG nicht der Bilanzstichtag maßgeblich, sondern dass sich die Bilanz auf den letzten Jahresabschluss eines Geschäftsjahrs beziehe, das nicht mehr als sechs Monate vor dem Abschluss des Umwandlungsvertrags abgelaufen ist. Aus der Sicht des Abschlusses des Umwandlungsvertrages komme es darauf an, dass zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als sechs Monate seit dem Ablauf des zuletzt bilanzierten Geschäftsjahrs liegen.
Im dortigen Anlassfall bedeutete dies, dass ausgehend vom Gesichtspunkt des 31.8.1998 (Abschluss des Vertrags) die Bilanz zum Stichtag 28. 2. 1998 (über das mit Ablauf des 28. 2. 1998 endende Geschäftsjahr) nicht älter als sechs Monate war, weil ein dem 31. (8.) entsprechender Tag im Februar fehlt, und deshalb auf den letzten Tag des Monats Februar abzustellen ist.

Der OGH ließ zwar auch in dieser Entscheidung ausdrücklich offen, wie die Frist des § 202 Abs 2 Z 1 HGB (UGB) zu berechnen ist. Es kann aber kein Zweifel bestehen, welche Auswirkungen der anzuwendende § 902 Abs 2 ABGB auf meinen hier zu beurteilenden Fall hat.

Gemäß § 902 Abs 2 ABGB fällt das Ende einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist auf denjenigen Tag der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl dem Tag des Ereignisses entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.
Damit ist entscheidend, auf welches „Ereignis“ im Fall des § 220 Abs 3 AktG (der im hier interessierenden Umfang mit § 202 Abs 2 Z 1 UGB ident ist) abzustellen ist, das den Beginn des Fristenlaufs auslöst. Exakt darin liegt der entscheidende Unterschied zu der in 5 Ob 137/01k behandelten Frist des § 221a Abs 2 Z 3 AktG, worauf in der genannten Entscheidung im Übrigen auch ausdrücklich abgestellt wird („Anders als in § 202 Abs 2 Z 1 HGB (UGB) sei in …§ 221a Abs 2 Z 3 AktG nicht der Bilanzstichtag maßgeblich, sondern dass sich die Bilanz … eines Geschäftsjahrs beziehe, das nicht mehr als sechs Monate … vor dem Abschluss des Umwandlungsvertrags abgelaufen ist“).

Maßgeblich im Sinne des § 902 Abs 2 ABGB ist somit der Bilanzstichtag „30.6.2010“, weshalb das Ende dieser nach Monaten bestimmten Frist des § 220 Abs 3 AktG auf denjenigen Tag des letzten Monats fällt, welcher nach seiner Benennung oder Zahl dem Tag des Bilanzstichtages entspricht. Dies ist der 30.3.2011, weshalb die am 31.3.2011 beim Firmenbuchgericht eingelangte Anmeldung der Umwandlung verspätet ist. Da die Einhaltung der 9-Monatsfrist Tatbestandsvoraussetzung für die Zulässigkeit einer errichtenden Umwandlung gemäß § 5 UmwG ist, führt diese Verspätung zur Abweisung der beantragten Firmenbucheintragungen (so auch Szep in Jabornegg/Strasser, AktG 5. Auflage, § 220 Rz 23).