29. Juni 2009

Verunglückte Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln

In meinen Beiträgen vom 4. Juli 2008 und 13. Jänner 2009 schilderte ich Beispiele im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln. Heute kann ich einen weiteren Praxisfall hinzufügen.

Im Zuge einer Anpassung des Gesellschaftsvertrages an den Euro nach den Bestimmungen des 1. Euro-JuBeG soll aufgrund der durch die Umrechnung der Nennbeträge von Schilling auf Euro verbundenen Verschiebung der Beteiligungs- und Stimmrechtsverhältnisse das Stammkapital der betreffenden GmbH von (umgerechneten) € 72.672,81 um € 927.327,19 auf € 1,000.000 erhöht werden.

Der Jahresabschluss der Gesellschaft zum 30.09.2008 weist gebundene Kapitalrücklagen von € 245.634,18, nicht gebundene Kapitalrücklagen von € 461.368,87, eine gesetzliche Gewinnrücklage von € 7.267,28 und eine weitere als "Rücklage für Ersatzinvestitionen“ bezeichnete Gewinnrücklage von € 950.118,63 (sowie einen Bilanzverlust von € 88.722,71) aus.

In der Generalversammlung wird festgehalten, dass zum Stichtag des genannten Jahresabschlusses nicht gebundene Kapitalrücklagen und freie Gewinnrücklagen abzüglich eines Bilanzverlustes im Betrag von € 1,322.764,79 vorhanden seien, sodass nach dem Kapitalberichtigungsgesetz eine Erhöhung des Stammkapitals um € 927.327,19 möglich und vertretbar sei, da auch nach Durchführung dieser Kapitalerhöhung die verbleibenden gesetzlichen Rücklagen immer noch mehr als 10% des erhöhten Stammkapitals betragen würden.

Die Generalversammlung fasste daher folgenden Beschluss:

Das Stammkapital der Gesellschaft von € 72.672,81 wird um € 927.327,19 durch Umwandlung eines ebenso hohen Teilbetrages aus den freien Rücklagen der Gesellschaft gemäß Jahresabschluss zum 30.09.2008 mit Rückwirkung auf den Beginn des Geschäftsjahres 2007/2008 auf € 1,000.000 erhöht.

Diese Vorgangsweise ist in mehreren Punkten unzulässig:

(1) Eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kann gemäß § 2 Abs 2 KapBG nur mit Rückwirkung zum Beginn eines Geschäftsjahres in einer solchen Generalversammlung beschlossen werden, der der vorausgehende festgestellte Jahresabschluss vorliegt oder die über diesen beschlossen hat.
Im konkreten Fall wird der Jahresabschluss zum 30.09.2008 für den Kapitalerhöhungsbeschluss herangezogen und beschlossen, dass das Stammkapital mit Rückwirkung auf den Beginn des Geschäftsjahres 2007/2008 auf € 1,000.000 erhöht wird. Eine solche Rückwirkung ist gesetzwidrig, weil sich diese zwingend auf den Beginn des Geschäftsjahres 2008/2009 beziehen müsste (arg. „vorausgehende festgestellte Jahresabschluss“).

(2) Gemäß § 2 Abs 3 KapBG können nur im Jahresabschluss ausgewiesene offene Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags umgewandelt werden, soweit ihnen nicht ein Verlust einschließlich eines Verlustvortrags gegenüber steht. Für bestimmte Zwecke gebildete Rücklagen können nur umgewandelt werden, soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist. Die gebundenen Rücklagen können nur umgewandelt werden, soweit sie den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Nennkapitals nach der Umwandlung übersteigen.
Für die konkrete Kapitalerhöhung sollen nicht gebundene Kapitalrücklagen und freie Gewinnrücklagen im Betrag von € 1.322.764,79 herangezogen werden. Es muss jedoch zwingend im Kapitalerhöhungsbeschluss aufgenommen werden, welche Gesellschaftsmittel in Stammkapital umgewandelt werden, weshalb aus dem Beschluss hervorgehen muss, welche dieser Mittel für die Kapitalberichtigung herangezogen werden. Der allgemeine Verweis auf nicht gebundene Kapitalrücklagen und freie Gewinnrücklagen wird diesem Konkretisierungserfordernis nicht gerecht.

(3) Im Jahresabschluss ist der Betrag von € 950.118,63 als "Rücklage für Ersatzinvestitionen" gewidmet, sodass auch davon ausgegangen werden muss, dass die vorgenommene Kapitalberichtigung unvereinbar mit der Zweckbestimmung dieser Rücklage ist (arg. „soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist“).

(4) Schließlich war noch darauf hinzuweisen, dass die Anmeldung der Kapitalberichtigung gemäß § 2 Abs 4 KapBG innerhalb von neun Monaten ab dem Stichtag des Jahresabschlusses, auf dem die Kapitalberichtigung beruht, beim Firmenbuch eingehen muss. Für eine Kapitalberichtigung zur Glättung der Stammeinlagen in dem Ausmaß, das erforderlich ist, um eine durch die Euro-Umstellung bedingte Verschiebung der relativen Gesellschafterrechte hintanzuhalten, gilt eine Frist von 12 Monaten (Art I § 14 Abs 2 1.Euro-JuBeG).
Da im konkreten Fall die Glättungsmaßnahme in einem weit über die Notwendigkeit der durch die Euro-Umstellung bedingten Verschiebung der genannten Rechte vorgenommen wurde, kann sich die Gesellschaft auf die 12-Monats-Frist nicht mehr berufen.
Eine Sanierung dieser Mängel wird daher aufgrund der am 30.06.2009 ablaufenden 9-Monats-Frist nicht mehr machbar sein.

23. Juni 2009

Vorstandsbeschluss auf Ausübung der Ermächtigung zur bedingten Kapitalerhöhung gemäß § 159 Abs 3 AktG

In einem Beitrag vom 15.1.2009 behandelte ich Fragen im Zusammenhang mit der Eintragung der bedingten Kapitalerhöhung gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG.

Die dort angesprochene Anmeldung liegt nunmehr vor, weshalb ich noch einmal auf diesen Fragenkreis zurückkomme.

Am 22.1.2008 ermächtigte die Hauptversammlung der B** AG den Vorstand gemäß § 159 Abs 3 AktG, das Grundkapital bedingt für die Einräumung von Aktienoptionen gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG bis zum 22.1.2013 im Ausmaß von € 106.256,-- mit Zustimmung des Aufsichtsrates zu erhöhen.
Diese Ermächtigung mit der damit verbundenen Satzungsänderung wurde im Firmenbuch eingetragen.

Am 9.1.2009 fasste der Vorstand nunmehr den Beschluss, die Ermächtigung tatsächlich auszuüben und mit den Bereichsleitern der Gesellschaft Aktienoptionsverträge abzuschließen, die diesen Bereichsleitern Aktienoptionen von maximal 7.070 Optionen einräumen. Im Beschluss wurde hinsichtlich der an diese Zuteilungen geknüpften Bedingungen auf beigelegte Entwürfe des Optionsvertrags und der Bezugserklärungen verwiesen, Ausführungen zu den damit beabsichtigten Leistungsanreizen für die Bereichsleiter getroffen und die Kriterien, anhand derer die einzelnen Zuteilungen erfolgen, dargestellt. Schließlich wurden die einzelnen Bereichsleiter namentlich samt Anführung der eingeräumten Anzahl von Optionen angeführt, festgehalten, dass Namensaktien ausgegeben werden, die bei einem öffentlichen Notar treuhändig zu hinterlegen sind und der Ausübungspreis der Optionen festgelegt.

Im Bekanntmachungsblatt der Gesellschaft erfolgte am 17.1.2009 die Veröffentlichung dieses Vorstandsbeschlusses mit dem Hinweis, dass der Vorstand diesbezüglich einen Bericht erstattet hat, der in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zur Einsicht durch die Aktionäre aufliege und dem weiteren Hinweis, dass es den Aktionären freistehe, eine kostenlose Abschrift dieses Berichtes von der Gesellschaft anzufordern.

In dem soeben genannten Bericht an den Aufsichtsrat finden sich die bereits im Beschluss dargestellten Inhalte, der Vorstand geht also auf die ihm eingeräumte Ermächtigung ein, stellt die Zuteilungskriterien dar, verweist auf die im Optionsvertrag und den Bezugserklärungen festgelegten Bedingungen und legt fest, dass treuhändig zu hinterlegende Namensaktien mit den konkret bezeichneten Ausübungspreis ausgegeben werden.
Dieser Vorstandsbericht enthält somit insbesondere durch die Verweisung auf die Vertrags- und Bezugserklärungsentwürfe den zwingenden Mindestinhalt, nämlich die Grundsätze der Leistungsanreize, die Anzahl und Aufteilung der Optionen, Art und Gattung der beziehbaren Aktien, den Ausübungspreis (bzw. eine entsprechende Formel), die Laufzeit, das Ausübungsfenster, die Übertragbarkeit und eventuelle Behaltefristen.

Der Aufsichtsrat befasste sich mit diesem Bericht in seiner Sitzung am 3.2.2009 und genehmigte diesen einstimmig.

Der Vorsitzende des Aufsichtsrates und der Vorstand der Gesellschaft melden nun diesen Vorstandsbeschluss unter Beifügung der Kostenberechnung, die für die Gesellschaft durch die Ausgabe der Bezugsaktien entstehen werden (§ 162 Abs 2 Z 2 AktG) zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Sämtliche im eingangs genannten Beitrag angesprochenen Unterlagen wurden somit vorgelegt, es liegt ein wirksamer Vorstandsbeschluss über die Ausübung der Ermächtigung vor, der Vorstand hat einen Bericht gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG verfasst und diesen länger als zwei Wochen vor Zustandekommen des Aufsichtsratsbeschlusses im Bekanntmachungsblatt der Gesellschaft veröffentlicht, der Aufsichtsrat hat den Vorstandsbeschluss einstimmig genehmigt, sodass nunmehr folgende Eintragung im Firmenbuch vorzunehmen ist:

Vorstandsbeschluss vom 09.01.2009
Bedingte Kapitalerhöhung um EUR 106.256,--
auf Grund der Ermächtigung vom 22.01.2008
mit Zustimmung des Aufsichtsrates vom 03.02.2009.

In der Veröffentlichung der Eintragung dieses Beschlusses sind im konkreten Fall auch die Angaben nach § 160 Abs 2 AktG aufzunehmen, also der Zweck der bedingten Kapitalerhöhung, der Kreis der Bezugsberechtigten und der Ausgabebetrag der Aktien.
Diese Firmenbucheintragung ist für die Kapitalerhöhung nicht konstitutiv; für diese Wirkung kommt es gemäß § 167 AktG auf die tatsächliche Ausgabe der Bezugsaktien an. Von der bedingten Kapitalerhöhung unterscheidet sich nämlich die Sonderform des § 159 Abs 3 AktG insofern, als dass in der Hauptversammlung noch nicht die bedingte Kapitalerhöhung selbst, sondern lediglich die Ermächtigung des Vorstandes zur Beschlussfassung über die bedingte Kapitalerhöhung beschlossen wird (dieser Delegationsbeschluss gilt als Satzungsänderung). Daher kommt es in diesem Fall auch zu zwei Firmenbucheintragungen - nämlich Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung und der in Ausübung der Ermächtigung und unter Zustimmung des Aufsichtsrates gefasste (Ausübungs)Beschluss des Vorstandes. Da die Aktionäre nach erfolgter Delegation keinen direkten Einfluss auf die bedingte Kapitalerhöhung mehr haben, ist das Zustimmungserfordernis des Aufsichtsrates als wichtiges Kontrollinstrument von großer Bedeutung.
Der Vorstand hat daher den Aufsichtsrat nicht nur über die Beschlussfassung, sondern auch über die Eckpunkte des Aktienoptionsprogrammes und insbesondere die Verteilungskriterien ausführlich zu informieren, sodass eine wirkungsvolle Kontrolle möglich ist. Dies hat im Wege des bereits angesprochenen Vorstandsberichts gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG zu geschehen.

Mit der Eintragung des Vorstandsbeschlusses erlischt die sogenannte Ausgabesperre, die die Verteilung von Bezugsaktien bereits vor Firmenbucheintragung verhindern soll (Nagele in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 162 Rn 3). Erst ab diesem Zeitpunkt können dritten Personen gegenüber verbindliche Ansprüche auf Bezugsaktien eingeräumt werden (wie zB Optionen).
Die Firmenbucheintragung selbst hat in den Fällen einer bedingten Kapitalerhöhung lediglich deklarative Wirkung. In periodischen Sammeleintragungen gemäß § 168 AktG wird jeweils innerhalb eines Monats nach Ablauf des Geschäftsjahres die Anzahl der tatsächlich ausgegebenen Aktien (in diesem Fall der gezogenen Optionen) vermerkt. Auch diese Eintragung ist lediglich deklarativ. Die aufgrund der sich verändernden Grundkapitalziffer notwendige Satzungsänderung kann so lange aufgeschoben werden, bis keine weiteren Ausgaben mehr zu erwarten sind (Nagele in Jabornegg/Strasser, aaO § 168 Rn 2).
Da sich die Wirksamkeit jedenfalls auf die erfolgte Ausgabe und nicht auf die Firmenbuchänderung bezieht, kann es so zu einem Abweichen zwischen dem im Firmenbuch eingetragenen und dem tatsächlich ausgegebenen Grundkapital kommen. Auf diesen Umstand und die Höhe der Abweichung wäre im jährlichen Lagebericht hinzuweisen.

Die Ausgabe der Bezugsaktien nach erfolgter Eintragung des Vorstandsbeschlusses ist schließlich nur in Entsprechung des festgelegten Zwecks und nach vollständiger Leistung des Gegenwerts möglich. Durch die Ausgabe dieser jungen Aktien wird das Grundkapital effektiv erhöht (§§ 166 und 167 AktG).

17. Juni 2009

Einreichung Spaltungsplan (§ 7 SpaltG) - Aufnahme in die Urkundensammlung

Ein gemäß § 7 SpaltG zum Firmenbuch eingereichter Spaltungsplan ist in die Urkundensammlung aufzunehmen.

Gemäß § 7 Abs 1 SpaltG hat der Vorstand der übertragenden Gesellschaften mindestens einen Monat vor dem Tag der Beschlussfassung durch die Anteilsinhaber den Spaltungsplan nach Prüfung durch den Aufsichtsrat bei dem Gericht, in dessen Sprengel die übertragende Gesellschaft ihren Sitz hat, einzureichen und einen Hinweis auf diese Einreichung in den Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft zu veröffentlichen. In dieser Veröffentlichung sind die Anteilsinhaber, Gläubiger und der Betriebsrat auf ihre Rechte gemäß § 7 Abs 2, 4 und 5 hinzuweisen.
Im Spaltungsrecht ist ein Verzicht auf diese Einreichung und auf die Wahrung der damit zusammenhängenden Fristen im Unterschied zu § 232 Abs 2 AktG wegen des Gläubigerschutzes nicht vorgesehen.

Diese Einreichung des Spaltungsplans und die Veröffentlichung des Hinweises auf diese Einreichung dienen in erster Linie der Information der Gesellschafter, der Gläubiger und des Betriebsrates. Hinter § 7 Abs 1 SpaltG stehen also praktisch ausschließlich Publizitätszwecke, sodass mit dieser Einreichung notwendigerweise die Verpflichtung des Firmenbuchgerichts verbunden ist, den Spaltungsplan in die Urkundensammlung aufzunehmen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Letzteres geschieht im Zeitalter des elektronischen Urkundenarchivs durch Freischaltung der Urkunde in der Datenbank, womit sie für jeden, der in der Urkundensammlung Einsicht nimmt, aufruf- und sichtbar ist.

§ 12 FBG sieht nämlich die Aufnahme aller Urkunden vor, (1) aufgrund deren eine Eintragung im Hauptbuch vorgenommen wird oder (2) für die die Aufbewahrung bei Gericht angeordnet ist. Letzteres trifft auf einen gemäß § 7 SpaltG eingereichten Spaltungsplan zu, sodass es keine Frage sein kann, dass diese Urkunden nach Einreichung sofort im Urkundenarchiv frei zu schalten sind (vgl. auch Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG, § 12 Rz 6). Alles andere würde den einzig denkbaren Zweck dieser Einreichverpflichtung geradezu konterkarieren.

Aus der Praxis wurden mir Erfahrungsberichte zugetragen, dass dies nicht von allen Firmenbuchgerichten so gehandhabt wird. In solchen Fällen würde ich anregen, einen ausdrücklichen Antrag auf Freischaltung bzw. Aufnahme in das Urkundenarchiv zu stellen, um diese Frage - allenfalls im Instanzenzug - abschließend und einheitlich zu klären. An einem rechtlichen Interesse des Einreichers auf Zugänglichmachung dieser Urkunden wird man wohl nicht zweifeln können, sodass auch die Beschwer bei Abweisung eines solchen Antrages vorliegen würde.

16. Juni 2009

Notariatsaktspflicht bei Begründung / Änderung von statutarischen Aufgriffsrechten

Das Formgebot des § 76 Abs 2 GmbHG (Notariatsaktspflicht) gilt sowohl für das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft und für Rechtsgeschäfte, die auf künftige Abtretungen von Geschäftsanteilen gerichtet sind.

Die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen setzt gemäß § 76 Abs 2 GmbHG die dort vorgesehene Notariatsaktsform voraus. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gilt dieses Formgebot sowohl für das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft (5 Ob 41/01t, 7 Ob 110/04h; 7 Ob 203/06p; 2 Ob 134/07f je mwN). Es bezweckt ua den Übereilungsschutz des Erwerbers, dem die mit dem Erwerb verbundenen Risken bewusst gemacht werden sollen (5 Ob 41/01t).

Die Formpflicht gilt auch für Rechtsgeschäfte, die auf die künftige Abtretung von Geschäftsanteilen gerichtet sind. Nicht nur der auf die Immobilisierung der Geschäftsanteile gerichtete Normzweck verlangt die Erstreckung auf solche Rechtsgeschäfte, sondern vor allem die Tatsache, dass dieser Zweck illusorisch gemacht würde, wenn formlose Verpflichtungen wirksam wären (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rn 17).

Nicht weiter betont werden muss also, dass demnach formfreie Einigungen über die Abtretung von Geschäftsanteilen unwirksam sind (6 Ob 121/05w; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rn 25).

Dabei wird in der Praxis oft übersehen, dass auch die nachträgliche Begründung, Aufhebung oder Änderung von Aufgriffsrechten in Gesellschaftsverträgen dieser Formpflicht unterliegen. In solchen Fällen genügt also nicht die notariell protokollierte Beschlussfassung der Gesellschafter auf Änderung des Gesellschaftsvertrages, es ist vielmehr zusätzlich die Form des § 76 Abs 2 Satz 2 GmbHG einzuhalten, also ein (gesonderter) Notariatsakt mit den statutarischen Aufgriffsrechtsregelungen zu errichten (wbl 1999, 422; SZ 68/193; SZ 72/88, NZ 2005, 152; aA Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rn 21a mwN).

Auch wenn also in der Lehre diese Ansicht nicht zur Gänze geteilt wird, greifen die Firmenbuchgerichte einen solchen Mangel auf; zur Vermeidung von Verbesserungsaufträgen (§ 17 FBG) sollte daher darauf Bedacht genommen werden.

8. Juni 2009

Nachträgliche Berichtigung einer Einbringungsbilanz

Folgender Sachverhalt mit daraus resultierender Frage wurde an mich herangetragen:

Es ist eine Sachgründung einer GmbH durch Einbringung eines bereits seit 5 Jahren bestehenden Unternehmens durch den bisherigen Alleineigentümer zum Zweck der Fortführung erfolgt (§ 6a Abs 2 GmbHG).

In der Einbringungsbilanz ist aufgrund eines Vorzeichenfehlers bei einer Position ein unrichtiges (zu hohes) Einbringungskapital ausgewiesen worden. Allerdings bleibt der Buchwert (und selbstverständlich auch der Verkehrswert) nach Korrektur dieses Fehlers jedenfalls positiv.

Unter den (seinerzeit) vorgelegten Urkunden befand sich auch der Einbringungsvertrag und dort als Beilage die unrichtige Einbringungsbilanz. Diese Urkunden wurden naturgemäß mit der Eintragung der GmbH in die Urkundensammlung aufgenommen.

Wie soll ein solcher Fehler beim Firmenbuch berichtigt werden?

Eine Berichtigung offenbarer Schreib- oder Rechenfehler ist nur für die Eintragung im Hauptbuch gesetzlich vorgesehen (§ 26 FBG). Für die Urkundensammlung existiert keine derartige Bestimmung.

Die Offenlegung von Urkunden erfolgt im Interesse der Allgemeinheit und der Rechtsträger; das Gesetz sieht nur die Aufnahme solcher Urkunden in die Urkundensammlung vor, die Grundlage einer Eintragung bilden oder für die die Aufbewahrung bei Gericht vorgesehen ist (§ 12 FBG).

Ohne gesetzliche Anordnung in Urkundenform verfasste Wissenserklärungen von Organen der im Firmenbuch eingetragenen Rechtsträger sind grundsätzlich nicht in die Urkundensammlung aufzunehmen. Dagegen sprechen schon rein praktische Überlegungen, weil eine uferlose Einreichung von Urkunden weniger zur Aufklärung des Publikums als zu dessen Verwirrung beitragen.

Im konkreten Fall war die Einbringungsbilanz Grundlage der Eintragung der GmbH (als Sachgründung) im Hauptbuch. Einbringungsbilanzen sind Geschäftseröffnungsbilanzen im Sinne des § 193 UGB. Die Berichtigung oder Änderung von Bilanzen ist vor ihrer Feststellung (Genehmigung) durch das zuständige Organ der Gesellschaft uneingeschränkt möglich, danach wegen allfälliger Rechte der Gesellschafter oder auch Dritter wegen der bindenden Wirkung der Feststellung nur mehr eingeschränkt (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I², Rz 3/232).
Demnach ist also die Berichtigung einer Bilanz nicht nur erlaubt, sondern wegen unzulässiger Bilanzansätze oder aus sonstigen wichtigen Gründen sogar geboten (Reich-Rohrwig aaO, Rz 3/234). Dies setzt aber immer die Befassung des zuständigen Organs der Gesellschaft voraus; bloß einseitige Erklärungen von Organen des Rechtsträgers über die Unrichtigkeit der Einbringungsbilanz wären demnach bloße Wissenserklärungen, die nicht in die Urkundensammlung aufgenommen werden könnten (OGH 6 Ob 227/97 v; 6 Ob 40/01 b).

Für die konkrete Frage bedeutet dies, dass eine „Richtigstellung“ der in der Urkundensammlung aufscheinenden Einbringungsbilanz nur dadurch erreicht werden kann, dass die zuständigen Gesellschaftsorgane tätig werden. Dies setzt aber voraus, dass zunächst einerseits der einbringende Gesellschafter und andererseits der Geschäftsführer der GmbH einen Nachtrag zum Einbringungsvertrag mit der berichtigten Einbringungsbilanz abzuschließen haben werden, der der Generalversammlung zwecks entsprechender Änderung des relevanten Punktes des Gesellschaftsvertrages bzw. der Errichtungserklärung vorzulegen ist, die darüber zu beschließen hat.

Diese Änderung des Gesellschaftsvertrages ist mit den erforderlichen Beilagen dann zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Nur bei Einhaltung dieser Vorgangsweise wird im Übrigen gewährleistet, dass die materielle Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichtes wahrgenommen werden kann und sichergestellt ist. Die Einbringungsbilanz bildete nämlich die Grundlage für die Prüfung, ob im Zuge der Sachgründung dem Grundsatz der Kapitalaufbringung ausreichend Genüge getan worden ist. Wenn nunmehr auf Grundlage der berichtigten Wertansätze in der Einbringungsbilanz eine Änderung der Errichtungserklärung zum Firmenbuch angemeldet wird, ist diese Überprüfung nochmals vorzunehmen, was unter Umständen zur Wahrnehmung einer bereits zum Zeitpunkt der Gründung vorliegenden Nichtigkeit (Verstoß gegen das Gebot der vollen Kapitalaufbringung) führen könnte.

4. Juni 2009

Restvermögensprüfung gemäß § 3 Abs 4 SpaltG: Deckung des gesamten Nennkapitals erforderlich

Die Anmeldung einer Abspaltung eines Teilbetriebes einer GmbH zur Aufnahme in eine bestehende GmbH bildet die Grundlage für folgenden Sachverhalt:

Die Schlussbilanz der übertragenden GmbH weist folgendes Eigenkapital aus:

Stammkapital ................................................... 35.000,--
noch nicht eingefordertes Kapital .......................... - 17.500,--
Bilanzgewinn .................................................. 142.662,54
davon Gewinnvortrag ........................................ 163.805,28
................................................................ 160.162,54

Die Spaltungsbilanz sieht folgendermaßen aus:

Stammkapital .................................................. 35.000,--
noch nicht eingefordertes Kapital .......................... - 17.500,--
Bilanzgewinn ...................................................... 945,87
................................................................. 18.445,87

Der gerichtlich bestellte Restvermögensprüfer stellt in seinem Prüfungsbericht fest, dass das in der Spaltungsbilanz ausgewiesene Nettoaktivvermögen ein Vermögen zu Buchwerten in Höhe von € 18.445,87 ausweist, welches sich aus Aktiven in Höhe von € 429.249,08 abzüglich Rückstellungen von € 39.910 und Verbindlichkeiten von € 370.893,21 zusammensetzt.
Er führt weiter aus, dass stille Reserven in den Vermögensgegenständen nicht berücksichtigt wurden und der tatsächliche Wert des nach der Spaltung bei der übertragenden Gesellschaft verbleibenden Restvermögens daher höher ist als das einbezahlte Stammkapital in Höhe von € 17.500 zuzüglich gebundener Kapitalrücklagen. Das Stammkapital zuzüglich gebundener Kapitalrücklagen sei daher durch das buchmäßige Restvermögen gedeckt.

Zusammenfassend wiederholt er im Bestätigungsvermerk wie folgt:
„Der tatsächliche Wert des bei der übertragenden Gesellschaft verbleibenden Nettoaktivvermögens entspricht wenigstens der Höhe des Stammkapitals in Höhe von € 35.000, hierauf geleistet € 17.500, zuzüglich der gebundenen Rücklagen. Die Kapitalerhaltungsvorschriften des § 3 Abs 1 SpaltG wurden eingehalten.“

Es stellt sich somit die Frage, ob im Zuge der Spaltung bei der übertragenden Gesellschaft ungeachtet der nicht voll einbezahlten Stammeinlagen Restvermögen in Höhe des gesamten Stammkapitals zuzüglich gebundener Kapitalrücklagen verbleiben muss oder ob sich die Restvermögensprüfung auf das tatsächlich geleistete Stammkapital beschränken kann, die ausstehende Einzahlungsforderung der GmbH gegenüber ihren Gesellschaftern somit außer Acht gelassen werden kann.

Bei einer Abspaltung ist zu prüfen, ob der Wert des verbleibenden Nettoaktivvermögens der übertragenden Gesellschaft wenigstens der Höhe ihres Nennkapitals und der gebundenen Rücklagen nach der Durchführung der Spaltung entspricht. Die buchmäßige Überschuldung schadet nicht. Prüfungsgrundlage bildet die Spaltungsbilanz (Kalss, Verschmelzung-Spaltung-Umwandlung, § 3 SpaltG Rz 11; Hügel, ecolex 1996, 535).
Die abspaltende Gesellschaft hat eine Spaltungsbilanz (§ 2 Abs 1 Z 12 SpaltG), d.h. eine Bilanz, die das herabgesetzte verbleibende Vermögen ausweist (Restvermögensbilanz), zu erstellen. Diese Spaltungsbilanz dient als Informationsgrundlage über den Vermögensstand der übertragenden Gesellschaft nach der Spaltung (Kalss aaO, § 2 SpaltG Rz 16).

Diese Grundsätze gelten sowohl für die Spaltung zur Neugründung als auch für die Spaltung zur Aufnahme. Die Vermögensübertragung der übertragenden Gesellschaft ist ohne weiteres zulässig, wenn das Stammkapital durch das verbleibende Restvermögen der übertragenden Gesellschaft gedeckt ist. Der Schutz der Gläubiger orientiert sich an der Erhaltung des Nennkapitals der Gesellschaft und nicht an der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens. Kann das Restvermögen das Nennkapital der übertragenden Gesellschaft nicht mehr decken, weil der buchmäßige Abgang zu hoch ist, sind die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung einzuhalten (Kalss aaO, § 17 SpaltG Rz 11 und 12).

Gemäß § 3 Abs 4 SpaltG hat der Restvermögensprüfer zu überprüfen, ob der tatsächliche Wert des verbliebenen Nettoaktivvermögens zur Abdeckung des Nennkapitals zuzüglich gebundener Rücklagen ausreicht; da es auf den "tatsächlichen Wert" ankommt, sind auch stille Reserven zu berücksichtigen. Da die Restvermögensprüfung nach den Grundsätzen der Gründungsprüfung durchzuführen ist, lohnt auch ein Blick auf die andere Seite: Steht die Unterbilanz der Sachgründung einer neuen Gesellschaft, etwa im Zuge einer Spaltung zur Neugründung, entgegen? Dass dies nicht der Fall ist, ergibt sich schon aus § 202 Abs 2 UGB: So kann etwa im Falle der Einbringung die Differenz zwischen dem höheren Nennkapital und dem Buchwert des Einbringungsvermögens als Umgründungsmehrwert aktiviert werden. Da es sich um ein Aktivierungswahlrecht handelt, steht dem übernehmenden Rechtsträger auch der Ausweis eines Einbringungsverlustes offen. Auch ein Verschmelzungsverlust steht unter den Voraussetzungen des § 223 Abs 2 AktG der Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft nicht entgegen (Hügel, wbl 2001, 387f).

Diesen letzten Gedanken aufgreifend ergibt sich auch die Lösung der hier interessierenden Frage:

Gemäß § 229 Abs 1 UGB ist das Nennkapital auf der Passivseite mit dem Betrag der übernommenen Einlagen anzusetzen und sind die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen von diesem Posten offen abzusetzen. Ein eingeforderter, aber noch nicht eingezahlter Betrag ist unter den Forderungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen.
Nicht eingeforderte Einlagen dürfen daher auf der Aktivseite nicht ausgewiesen werden, sie sind auf der Passivseite in einer Vorspalte unter der entsprechenden Bezeichnung offen vom Nennkapital abzusetzen. Der verbleibende Betrag ist in der Hauptspalte als "eingefordertes Kapital“ auszuweisen, wodurch die insgesamt angestrebte Nettodarstellung des Eigenkapitals erreicht wird. Eine Abwertung der nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen ist grundsätzlich nicht möglich, da sie bis zu ihrer Einforderung als Korrekturposten zum Nennkapital anzusehen sind. Zur Vermeidung eines verfälschten Bildes wird bei Vorliegen eines entsprechenden Abwertungsbedarfs eine besondere Vermerkpflicht im Anhang oder eine offene Absetzung des Wertabschlags in einer Vorkolonne gefordert (Hofians in Straube HGB² II, § 229 Rz 7).

Da es bei der Prüfung des Restvermögens auf den tatsächlichen Wert ankommt, wird sich demnach der Prüfbericht mit der Werthaltigkeit der ausstehenden Einlageforderung zu beschäftigen haben, um auf diese Weise die Deckung des gesamten Stammkapitals mit dem verbliebenen Restvermögen - wozu zweifelsohne auch die offene Einzahlungsforderung der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern gehört - im Sinne des § 3 Abs 4 SpaltG bestätigen zu können. Alternativ verbleibt natürlich auch die Möglichkeit der Darstellung werthaltiger stiller Reserven im Vermögen der übertragenden Gesellschaft, die das gesamte Nennkapital decken.

Der eingangs geschilderte Bestätigungsvermerk wird diesen Erfordernissen nicht gerecht, da sich dieser auf die Bestätigung des Vorhandenseins des -eigens dargestellten - verbleibenden Nettoaktivvermögens von € 18.445,87 beschränkt, ohne dass der Prüfer im Bestätigungsvermerk auf das Vorhandensein sonstiger stiller Reserven im Aktivvermögen oder auf die Werthaltigkeit der ausstehenden Einzahlungsforderung gegenüber den Gesellschaftern eingeht. In der vorliegenden Form hindert dieser Restvermögensprüfungsbericht also die Eintragung der angemeldeten Spaltung.