16. September 2011

Inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft als Sacheinlage

Folgende Anfrage langte vor einigen Wochen bei mir ein:

Eine deutsche GmbH & Co KG hat eine inländische Zweigniederlassung in Österreich. Diese möchte nun die österreichische Zweigniederlassung in eine österreichische GmbH rückwirkend zum 1.1.2011 „umwandeln“, und zwar mit Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge.
Mein Gedanke war daher, zunächst eine österreichische GmbH zu gründen und die inländische Zweigniederlassung als Sacheinlage dort einzubringen; dann habe ich das Problem der Einzelrechtsnachfolge. Außerdem stellt sich die Frage, ob die inländische Zweigniederlassung überhaupt einbringungsfähiges Vermögen ist.
Wie könnte die Gesamtrechtsnachfolge erreicht werden?


Unstrittig ist, dass der Zweigniederlassung keine eigene Rechtsfähigkeit zukommt. Mit der Eintragung des ausländischen Rechtsträgers wird nämlich im Inland kein neuer inländischer Rechtsträger geschaffen. Vertragspartner und Prozessgegner ist daher niemals die Zweigniederlassung an sich, sondern stets der ausländische Rechtsträger.
Demnach vertreten die Zweigniederlassung auch die Organe der ausländischen Gesellschaft bzw. der ausländische Rechtsträger. Der ständige inländische Vertreter wird durch den ausländischen Rechtsträger bestellt, der die Vertretungsmacht auf den Bereich der Zweigniederlassung beschränken kann (Ratka/Schenk in Straube, UGB § 12 Rz 30 und 31; Ratka in Straube, GmbHG § 107 Rz 61).

Für die Frage, ob überhaupt eine Zweigniederlassung vorliegt, ist österreichisches Recht maßgeblich. Dafür muss ein gewisser Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln ständig vorhanden sein („hinreichender Grad an Beständigkeit“). Indizien für den Bestand einer Zweigniederlassung sind etwa die selbstständige Leitung der Niederlassung mit entsprechender Vertretungsbefugnis des Leiters (relative Selbstständigkeit). Die Zweigniederlassung muss zudem eine Einrichtung von „ex-ante nicht ganz vorübergehender Dauer“ aufweisen. Umgekehrt ist ein eigenes Vermögen der Zweigniederlassung nicht erforderlich, außerdem ist eine aktuelle Tätigkeit zum Eintragungszeitpunkt ebenfalls nicht notwendig, es müssen allerdings Strukturen und Vorbereitungsmaßnahmen ersichtlich sein, die auf eine Folgetätigkeit schließen lassen (OGH 6 Ob 43/04y, 44/04w; Ratka in Straube, GmbHG § 107 Rz 56).

Für die Beantwortung der Frage bedeutet dies aus meiner Sicht:

Sollte eine entsprechende betriebliche Struktur vorhanden sein, kann kein Zweifel daran bestehen, dass einlagefähiges Vermögen gegeben ist. Ungeachtet der mangelnden Rechtsfähigkeit der Zweigniederlassung ist also dann einbringungsfähiges Vermögen vorhanden, wenn die Zweigniederlassung alle Kriterien eines Betriebes/Teilbetriebes erfüllt. In diesem Sinne wird in der Literatur ja auch vertreten, dass es dann zur Auflösung und Löschung einer Zweigniederlassung kommt, wenn diese als Sacheinlage zur Beteiligung an einer anderen Gesellschaft verwendet wird (Jabornegg/Geist in Jabornegg/Strasser, AktG § 254 Rz 24; Ratka aaO, Rz 142).

Bei Erfüllung dieser Rahmenbedingungen spricht aus meiner Sicht nichts gegen die Möglichkeit, eine selbständige inländische Zweigniederlassung als Sacheinlage in eine GmbH einzubringen.

Für Varianten einer Gesamtrechtsnachfolge sind bei der geschilderten Ausgangskonstellation folgende Überlegungen maßgebend:

Im inländischen Kontext wäre die Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge – bei Beteiligung von Kapitalgesellschaften, wobei eine GmbH & Co KG nicht zum Kreis der spaltungsfähigen Gesellschaften zählt (Kalss, Verschmelzung/Spaltung/Umwandlung, § 1 SpaltG Rz 34) - in Form der Abspaltung des Betriebes bzw. Teilbetriebes zur Aufnahme oder Neugründung herbeizuführen.

Für eine grenzüberschreitende Spaltungsmaßnahme fehlt im Gegensatz zum EU-VerschG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass daraus kein absolutes Verbot für eine grenzüberschreitende Spaltung abgeleitet werden kann (Frotz in Frotz/Kaufmann, EU-VerschG § 1 Rz 45).

Ebenso wie bei der Verschmelzung sei deren Zulässigkeit innerhalb der EU/des EWR insbesondere nach der Niederlassungsfreiheit und den richtlinienrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen. Die Niederlassungsfreiheit gebiete, die Hereinspaltung von übertragenden Rechtsträgern (Kapitalgesellschaften) zuzulassen, sofern diese ihren Sitz innerhalb der EU bzw. des EWR haben. Zwar bestünden keine Spezialvorschriften wie das EU-VerschG, eine derartige Gestaltung sei dennoch zulässig. Da das EU-VerschG nicht unmittelbar anzuwenden sei, sei für die Durchführung einer derartigen Spaltung zunächst jedenfalls auf die österreichische Gesellschaft österreichisches Spaltungsrecht anzuwenden. Hinzu treten in analoger Anwendung des EU-VerschG die entsprechenden Regelungen für die ausländische übertragende oder aufnehmende Gesellschaft.
Allerdings werde es angesichts der Unsicherheit der konkret anzuwendenden Regelungen in der Praxis vielfach sinnvoller sein, zunächst im innerstaatlichen Bereich die Spaltung vorzunehmen, ehe in einem zweiten Schritt der abgespaltene Teil über die Grenze verschmolzen wird (Kalss aaO, § 1 SpaltG Rz 36).

Ob diesen Überlegungen im konkreten Anlassfall näherzutreten ist, bezweifle ich. Die Vorbereitungshandlungen wären nämlich auf Ebene des deutschen Rechtsträgers zu setzen, die allfällige selbstständige österreichische Zweigniederlassung wäre also dort vorbereitend auszugliedern, was wohl wiederum zur Einzelrechtsnachfolge führt, zumal die GmbH & Co KG keine spaltungsfähige Kapitalgesellschaft ist.

15. September 2011

Firmenbucheintragungen im Zusammenhang mit einer Exportverschmelzung (§ 14 EU-VerschG)

In einer überraschenden Dichte waren in jüngster Zeit drei Exportverschmelzungen mit unterschiedlicher Länderbeteiligung zu bearbeiten; eine österreichische GmbH verschmilzt auf ihre deutsche Mutter-GmbH, eine österreichische GmbH verschmilzt auf ihre niederländische Mutter-SE und eine österreichische GmbH verschmilzt auf ihre italienische Mutter-AG.

Im Unterschied zu der in früheren Beiträgen in diesem Blog geschilderten misslungenen Exportverschmelzung wurden alle diese Verschmelzungen ordnungsgemäß vorbereitet und durchgeführt. Ohne den exakten Verfahrensablauf hier festzuhalten, möchte ich lediglich die - bei der italienischen Beteiligung - ausgestellte Rechtmäßigkeitsbescheinigung gemäß § 14 Abs 3 EU-VerschG wiedergeben, zumal hinsichtlich des Inhalts dieser Bescheinigung kaum Veröffentlichungen bzw. Literatur zu finden ist.

Ich habe die entsprechende Bescheinigung, die der antragstellenden übertragenden Gesellschaft – und nicht dem ausländischen Register – zuzustellen ist, wie folgt verfasst:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist zu FN ** die P** GmbH mit dem Sitz in Innsbruck eingetragen.

In der Generalversammlung vom 31.8.2011 hat die Alleingesellschafterin der P** GmbH die grenzüberschreitende Verschmelzung der P** GmbH als übertragende Gesellschaft mit der K** P** AG, eingetragen im Handelsregister der Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen zu Nr. **, mit dem Sitz in L** (Italien) als übernehmende Gesellschaft auf Grundlage des gleichzeitig genehmigten Verschmelzungsplans vom 21.6.2011 unter Zugrundelegung der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2010 beschlossen.

Der Geschäftsführer der übertragenden Gesellschaft hat mit öffentlich beglaubigtem Antrag vom 31.8.2011 beim Landesgericht Innsbruck als Firmenbuchgericht unter Vorlage des gemeinsamen Verschmelzungsplans vom 21.6.2011, des Generalversammlungsbeschlusses vom 31.8.2011, der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2010 samt Anhang, des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft vom 28.7.2011, des Nachweises der Veröffentlichung des Hinweises auf die Einreichung des Verschmelzungsplans im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 28.6.2011, des Verschmelzungsberichts des Geschäftsführers der übertragenden Gesellschaft vom 6.6.2011, des Verschmelzungsberichts des Verwaltungsrats der übernehmenden Gesellschaft vom 6.6.2011, der Erklärung, dass sich keine Gläubiger innerhalb der Frist des § 13 Abs 1 EU-VerschG gemeldet haben, und der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes die Eintragung der beabsichtigten grenzüberschreitenden Verschmelzung beantragt.

Die Alleingesellschafterin der übertragenden Gesellschaft hat auf die Erhebung einer Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses verzichtet.

Barabfindungsansprüche widersprechender Gesellschafter iSd § 10 EU-VerschG wurden nicht erhoben, Erklärungen nach § 12 Abs 2 EU-VerschG wurden nicht abgegeben.

Gemäß § 14 Abs 3 EU-VerschG wird somit bestätigt, dass die der Verschmelzung vorausgegangenen Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß durchgeführt wurden.


Einige ergänzende Anmerkungen:

Alle Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften haben auf eine Prüfung des Verschmelzungsplans gemäß §§ 7 Abs 1 EU-VerschG, 220b AktG verzichtet, sodass ein Prüfbericht nicht vorgelegt werden musste;

eine Niederschrift des Verschmelzungsbeschlusses der übernehmenden Gesellschaft wäre für die Ausstellung der Rechtmäßigkeitsbescheinigung nicht erforderlich gewesen, wurde im konkreten Fall aber vorgelegt (Kaufmann in Frotz/Kaufmann, § 14 EU-VerschG Rz 4);

die konkrete grenzüberschreitende Verschmelzung bedurfte keiner behördlichen Genehmigung, entsprechende Genehmigungsurkunden waren somit nicht notwendig (§ 14 Abs 1 Z 3 EU-VerschG);

vorlagepflichtig wäre ebenfalls nur der Verschmelzungsbericht des Geschäftsführers der übertragenden österreichischen Gesellschaft, die Vorlage des entsprechenden Berichtes des Verwaltungsrates der übernehmenden Gesellschaft schadet naturgemäß nicht (Kaufmann aaO, Rz 7);

die übertragende Gesellschaft hat keinen Aufsichtsrat, ein Bericht des Aufsichtsrates nach § 220c AktG war somit nicht erforderlich, wäre im übrigen aber auch nicht vorzulegen (Kaufmann aaO, Rz 21).

Im Hinblick auf die Ausstellung dieser Rechtmäßigkeitsbescheinigung wird daher die beabsichtigte Verschmelzung gemäß § 5 Z 4a FBG in das Firmenbuch eingetragen, wobei diese Eintragung folgenden Wortlaut aufweist:

Verschmelzungsplan vom 21.06.2011
Generalversammlungsbeschluss vom 31.08.2011
Beabsichtigte Verschmelzung dieser Gesellschaft als übertragende Gesellschaft mit der K** P** AG mit dem Sitz in Latsch (Handels-, Industrie-, Handwerks- und Landwirtschaftskammer Bozen Nr. ***) als übernehmender Gesellschaft.


Bescheinigung über die Ordnungsmäßigkeit der der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten (§ 14 Abs 3 EU-VerschG) wurde ausgestellt.

Damit ist die Rechtswirksamkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung aber noch nicht eingetreten, sodass die übertragende österreichische Gesellschaft nach wie vor besteht (Kaufmann aaO, Rz 39). Es ist Sache der beteiligten Gesellschaften, nach Abschluss dieser österreichischen Phase die Eintragung der Verschmelzung im Register der übernehmenden italienischen Gesellschaft zu veranlassen. Für den Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung ist italienisches Recht maßgeblich (Art. 12 VRL, § 3 Abs 3 EU-VerschG).

Wenn die grenzüberschreitende Verschmelzung demnach nach italienischem Recht rechtswirksam geworden ist, besteht für den Verwaltungsrat der übernehmenden italienischen AG die Verpflichtung gemäß § 14 Abs 5 EU-VerschG, die Durchführung der Verschmelzung und die Löschung der übertragenden österreichischen GmbH zur Eintragung in das österreichische Firmenbuch anzumelden.

Diese Eintragung der Löschung im österreichischen Firmenbuch hat demnach nur deklarative Wirkung, weil die Rechtswirksamkeit der Verschmelzung ja bereits mit der Eintragung im italienischen Register eingetreten ist. Im übrigen ist diese Eintragung der Durchführung der Verschmelzung nach § 10 UGB zu veröffentlichen, und zwar im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in der Ediktsdatei samt des Hinweises nach § 226 Abs 1 letzter Satz AktG hinsichtlich des nachgeschalteten Gläubigerschutzes.

12. September 2011

Ein Gustostückerl

Über die zu FN ** registrierte Taxi Z** L** GmbH wurde mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom **.**.2011 das Insolvenzverfahren als Konkursverfahren eröffnet.
Gesellschafter der GmbH sind L** K** mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von € 4.500 und die C** SRL mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von € 40.500.

Die – rechtsanwaltlich vertretene - Gesellschafterin C** SRL meldete im Konkursverfahren zur allgemeinen Prüfungstagsatzung eine Konkursforderung in Höhe von € 40.500 an und begründete die Forderungsanmeldung wie folgt:

Die Gläubigerin ist Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin und hat die auf sie entfallende Stammeinlage von € 40.500,-- bei Gründung der Gesellschaft zu dem Zweck voll einbezahlt, dass sie durch die Geschäftstätigkeit der Gemeinschuldnerin Gewinne in ihre Leistung übersteigender Höhe mache.
Tatsächlich erzielte die Gemeinschuldnerin auch Umsätze in Höhe von zumindest € 664.728,65, wie sich aus der Auswertung der Taxometer und Kilometerzähler der von der Gemeinschuldnerin verwendeten unternehmenszugehörigen Fahrzeuge ergibt.
Damit wären sowohl die Verbindlichkeiten der Gesellschaft als auch ein Gewinn in Höhe der Stammeinlage erwirtschaftet worden, wenn nicht die Umsätze dadurch geschmälert worden wären, dass die Gemeinschuldnerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, die genannten Umsätze schuldhaft und rechtswidrig nicht zur Gänze der Gemeinschuldnerin zugeführt hat.

Der Vertreter der C** SRL wunderte sich tatsächlich, dass diese Forderung vom Masseverwalter bestritten wurde. Mich verwundert nach all den Jahren immer wieder, dass ich solche Wunder an Sachkompetenz erleben darf…

8. September 2011

Wieder einmal: Ausschluss der Erwerberhaftung gemäß § 38 Abs 4 UGB

Mit der am 21.6.2011 eingelangten Firmenbuchanmeldung bringt der Geschäftsführer der T** GmbH vor, die GmbH habe mit Unternehmenskaufvertrag vom 27.5.2011 von der Ing. E** B** GmbH & Co KG den Sanitärbetrieb B** gekauft. Im Kaufvertrag sei vereinbart worden, dass sämtliche Verbindlichkeiten der Verkäuferin, die vor dem Übergabestichtag fällig geworden sind, bei der Verkäuferin verbleiben. Eine Haftung der Käuferin für Verbindlichkeiten der Verkäuferin, die vor dem Übergabestichtag fällig geworden sind, sei ausgeschlossen worden.
Zur Eintragung in das Firmenbuch werde daher einerseits die Übernahme des Sanitärbetriebes aufgrund des Kaufvertrages vom 27.5.2011 und andererseits der Haftungsausschluss gemäß § 38 Abs 4 UGB beantragt.

Gemäß Punkt 2. des Kaufvertrages vom 27.5.2011 verkauft die Verkäuferin an die Käuferin und diese kauft von der Verkäuferin mit wirtschaftlicher Wirkung zum Vertragsstichtag, das ist der 1. April 2011, 0:00 Uhr, das näher beschriebene Unternehmen mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör.

In Punkt 8. wird u.a. vereinbart, dass die Käuferin Kundenverträge, die zum Vertragsstichtag von der Verkäuferin und dem Kunden noch nicht vollständig erfüllt wurden (laufende Kundenverträge) übernimmt.
Sie übernimmt weiters Kundenverträge, die zum Vertragsstichtag von der Verkäuferin und dem Kunden bereits vollständig erfüllt wurden (abgeschlossene Kundenverträge), wobei diesbezüglich geregelt wurde, dass die Käuferin in die Rechtsverhältnisse der Verkäuferin aus abgeschlossenen Kundenverträgen eintritt und für die damit verbundenen Rechte und Pflichten aus zum Vertragsstichtag bereits abgeschlossenen Kundenverträgen der Verkäuferin haftet.
In weiteren Punkten wird geregelt, dass diverse Versorgungsverträge für Strom, Wasser, Telekommunikation etc. seitens der Verkäuferin aufgelöst werden und es Sache der Käuferin ist, für die Zeit nach dem Vertragsstichtag neue Versorgungsverträge abzuschließen. Sollte eine Vertragsauflösung nicht möglich sein, wird vereinbart, dass die Käuferin den jeweiligen Versorgungsvertrag übernimmt.

Bezüglich der Versicherungsverträge wird im Kaufvertrag auf die bestehenden gesetzlichen Kündigungsfristen nach VersVG verwiesen.

Bezüglich der Übernahme von Verbindlichkeiten lautet der diesbezügliche Punkt 11. des Kaufvertrages insgesamt wie folgt:

Die Käuferin und Verkäuferin kommen überein, dass mit Ausnahme der in diesem Vertrag ausdrücklich übernommenen Verbindlichkeiten sowie ausdrücklich übernommenen Vertrags- bzw. Rechtsverhältnissen keine anderen unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen bzw. von der Käuferin übernommen werden.

Die Käuferin und die Verkäuferin vereinbaren, dass dieser Haftungsausschluss der Verkäuferin nach § 38 Abs 4 UGB im Firmenbuch eingetragen wird.

Sollte die Käuferin entgegen diesem Haftungsausschluss wegen einer vor dem Vertragsstichtag im Zusammenhang mit dem Kaufgegenstand entstandenen Verbindlichkeit von einem Dritten in Anspruch genommen werden, so verpflichtet sich die Verkäuferin zu völligen Schad- und Klagloshaltung der Käuferin.

Punkt 14. des Kaufvertrages beschäftigt sich mit Gewährleistungen und Haftungen der Verkäuferin, wobei in unter lit. n) Folgendes geregelt wird:

Der Käuferin und der Verkäuferin sind die einschlägigen Rechtsvorschriften betreffend die Haftung des Erwerbers eines Unternehmens bzw. Vermögens für Verbindlichkeiten des Veräußerers bekannt, insbesondere die Bestimmung des § 1409 ABGB, § 67 Abs. 4 ASVG, § 14 BAO und der §§ 38 ff. UGB.
Die Verkäuferin verpflichtet sich, die Käuferin im Falle einer etwaigen Inanspruchnahme aus den genannten Haftungstatbeständen, soweit diese Verbindlichkeiten von der Verkäuferin nicht ausdrücklich im Vertrag übernommen wurden, vollkommen schad- und klaglos zu halten.


Die Antragsteller wurden in einer weiteren Zwischenerledigung darauf aufmerksam gemacht, dass aus diesen Regelungen des Kaufvertrages kein wirksamer Haftungsausschluss iSd § 38 Abs 4 UGB, der in das Firmenbuch eingetragen werden könnte, abgeleitet werden könne, worauf ein mit 19.8.2011 datierter Zusatz zum Kaufvertrag vom 27.5.2011 vorgelegt wurde, der folgenden Wortlaut aufweist:

In Punkt 11 des Unternehmenskaufvertrages … haben die Verkäuferin und die Käuferin vereinbart, dass „mit Ausnahme der in diesem Vertrag ausdrücklich übernommenen Verbindlichkeiten sowie ausdrücklich übernommenen Vertrags- und Rechtsverhältnissen keine unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen bzw. von der Käuferin übernommen werden“. Gleichzeitig wurde zwischen Käuferin und Verkäuferin vereinbart, „diesen Haftungsausschluss der Käuferin nach § 38 Abs. 4 UGB im Firmenbuch“ einzutragen. Auch in Abs. 3 wurde auf diesen „Haftungsausschluss der Käuferin“ Bezug genommen.

Die Verkäuferin und die Käuferin halten einvernehmlich fest, präzisieren und stellen klar, dass sie bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrages ausdrücklich vereinbart haben, dass mit Ausnahme der im Unternehmenskaufvertrag ausdrücklich übernommenen Verbindlichkeiten sowie ausdrücklich übernommenen Vertrags- bzw. Rechtsverhältnissen keine weiteren unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen bzw. von der Käuferin übernommen werden und sie weiters ausdrücklich vereinbart haben, dass die Käuferin für sämtliche weiteren unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten der Verkäuferin nicht haftet, sohin ausdrücklich im Unternehmenskaufvertrag vereinbart wurde und ist, dass die Haftung der Käuferin für sämtliche weiteren unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten der Verkäuferin, soweit diese nicht ausdrücklich von der Käuferin im Unternehmenskaufvertrag übernommen wurden, nach § 38 Abs. 4 UGB ausgeschlossen wird und ist.

Die Käuferin und die Verkäuferin halten in diesem Zusammenhang ausdrücklich und einvernehmlich fest, dass sich für sie dieser im Unternehmenskaufvertrag vereinbarte Haftungsausschluss der Käuferin aus der Formulierung „dieser Haftungsausschluss der Käuferin“ im zweiten und dritten Absatz des Punktes 11 im Zusammenhang mit dem ersten Absatz des Punktes 11 klar ergeben hat und ergibt und sie hier lediglich eine Präzisierung und Klarstellung dieses vereinbarten Haftungsausschlusses der Käuferin vornehmen.

Rechtlich habe ich diesen Sachverhalt wie folgt beurteilt:

Wer ein unter Lebenden erworbenes Unternehmen fortführt, übernimmt gemäß § 38 Abs 1 UGB, sofern nichts anderes vereinbart ist, zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit den bis dahin entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten.

Werden unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers vom Erwerber nicht übernommen, so haftet er dennoch für die damit verbundenen Verbindlichkeiten. Die gilt auch, wenn der Erwerber nur einzelne Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht übernimmt. Eine davon abweichende Vereinbarung über die Haftung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie beim Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder vom Erwerber mitgeteilt wurde (§ 38 Abs 4 UGB).

Die Systematik der Rechtsfolgen des § 38 UGB lässt sich zusammengefasst wie folgt darstellen:

  • Unternehmenserwerb (unter Lebenden) führt ex lege zum Übergang aller unternehmensbezogenen (nicht höchstpersönlichen) Rechtsverhältnisse;

  • vertraglicher Ausschluss dieses Übergangs möglich;

  • trotz eines vereinbarten Ausschlusses besteht Haftung des Erwerbers für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers;

  • ein Ausschluss dieser Haftung des Erwerbers im Vertrag ist möglich, muss aber vereinbart werden;

  • Wirksamkeit eines derartigen Haftungsausschlusses hängt von wirksamem Publizitätsakt ab, der zudem im zeitlichen Zusammenhang zum Unternehmensübergang gesetzt werden muss.

Krejci weist in diesem Konnex darauf hin, dass § 38 Abs 4 UGB zum einen unter dem Ausdruck „Rechtsverhältnisse“ wohl nur die „Vertragsverhältnisse“ meint und zum anderen „die damit verbundenen Verbindlichkeiten“ nur die Altverbindlichkeiten des Veräußerers meinen (Krejci, § 38 UGB: Zurück ins Trockendock? in ÖJZ 2007/73, C Z. 10).
Völlig klar ist jedoch, dass § 38 UGB davon ausgeht, dass der Erwerber auch dann, wenn es zu keiner Vertragsübernahme oder zu keiner Übernahme einzelner Verbindlichkeiten iSd § 38 Abs 4 2. Satz UGB kommt, für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers haftet, sofern diese Haftung nicht gesondert ausgeschlossen wird. Die Ablehnung einer Vertragsübernahme bzw. einer Übernahme einzelner Verbindlichkeiten als solche bedeutet also nicht auch schon die Ablehnung der Erwerberhaftung (Krejci aaO, B letzter Absatz).

Im Unternehmenskaufvertrag vom 27.5.2011 wird geregelt, welche Vertrags- bzw. Rechtsverhältnisse bzw. welche Verbindlichkeiten nicht von der Verkäuferin auf die Käuferin übergehen. Damit wird also - zulässigerweise - vereinbart, dass abweichend vom ex-lege-Übergang des § 38 UGB bestimmte Rechtsverhältnisse beim Veräußerer verbleiben und nicht auf den Erwerber übergehen.

Einen Ausschluss der gemäß § 38 Abs 4 UGB normierten „Trotzdem-Haftung“ der Erwerberin haben die Vertragsteile im Kaufvertrag vom 27.5.2011 jedenfalls nicht vereinbart.
Gemäß ihrer Argumentation müsste dieser Haftungsausschluss im 1. Absatz des Punktes 11 geregelt worden sein, zumal sie im 2. Absatz des Punktes 11 mit der Formulierung „dass dieser Haftungsausschluss der Käuferin nach § 38 Abs 4 UGB im Firmenbuch eingetragen wird“ auf eine zuvor getroffene Regelung Bezug nehmen. Eine andere Bedeutung kann der Regelung im 2. Absatz nicht zugemessen werden, da darin ja nur festgestellt wird, dass eine bereits getroffene Vereinbarung, nämlich der Haftungsausschluss, im Firmenbuch eingetragen wird.
Mit dem vorgelegten Zusatz zum Unternehmenskaufvertrag versuchen die Vertragsteile zwar eine authentische Interpretation ihrer ursprünglichen Vereinbarung, vereinbaren in Wahrheit aber mit diesem Zusatz erstmalig einen Haftungsausschluss iSv § 38 Abs 4 UGB. Es wird ihnen zwar zuzugestehen sein, dass sie diesen Haftungsausschluss bereits bei Abschluss des Kaufvertrages am 27.5.2011 vereinbaren wollten, was aber nichts daran ändert, dass eine solche Vereinbarung in der Ursprungsfassung des Kaufvertrages keinen Niederschlag gefunden hat.

Für die Wirksamkeit eines Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB ist zudem erforderlich, dass dieser in zeitlicher Nähe zum Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen wird. Der Publikationsakt muss nämlich beim Unternehmensübergang erfolgen. Dafür wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zum Unternehmensübergang verlangt, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist; bereits ein Monat kann als verspätet beurteilt werden (Fuchs/Schuhmacher in Straube, UGB, § 38 Rz 85; Karollus in Jabornegg/Artmann, UGB, § 38 Rz 70; ErläutRV 1058. BlgNR 22. GP 32).


Der erst im Zusatz vom 19.8.2011 erstmalig vereinbarte Haftungsausschluss ist somit nicht im engen Zusammenhang zum Unternehmensübergang (Vertragsstichtag für die Übernahme ist der 1.4.2011) erfolgt, mangels Vorliegens einer wirksamen Vereinbarung des Ausschlusses der Haftung der Käuferin fehlt damit auch die Rechtsgrundlage für eine Eintragung dieses Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB in das Firmenbuch, sodass der entsprechende Antrag abzuweisen ist.

7. September 2011

Eintragung der Betriebsübernahme eines zuvor gelöschten Einzelunternehmens (§ 3 Abs 1 Z 15 FBG)

Im Firmenbuch ist zu FN ** die Hotel P** KG eingetragen; deren unbeschränkt haftender und selbständig vertretungsbefugter Gesellschafter ist Karl H**, deren Kommanditistin mit einer im Firmenbuch eingetragenen Haftsumme von € 10.000 ist Melanie S**.

Im Firmenbuch war außerdem zu FN ** die Firma Karl H**, Gasthaus P** e.U registriert; Inhaber dieses Einzelunternehmens war wiederum Karl H**, der eingangs genannte Komplementär der Hotel P** KG.
Mit der am 19.5.2011 beim Firmenbuch eingelangten Anmeldung vom 11.5.2011 beantragte Karl H** die Löschung dieses Einzelunternehmens, wobei er ausführte, dass er seinen Geschäftsbetrieb eingestellt und die Firma aufgelöst sowie auf die förmliche Durchführung einer Liquidation verzichtet habe. Die Bücher und Papiere der Firma würden von Karl H** zur Aufbewahrung übernommen.
Mit Beschluss vom 25.5.2011 wurde antragsgemäß die Löschung des Einzelunternehmens im Firmenbuch eingetragen.

Mit dem am 19.7.2011 beim Landesgericht Innsbruck eingelangten Antrag beantragten die beiden Gesellschafter der Hotel P** KG, „die Rechtsnachfolge des Einzelunternehmens Karl H**, Gasthaus P** gemäß § 3 Abs Z 15 FBG auf Basis des Zusammenschlussvertrags vom 14.7.2011“ im Firmenbuch einzutragen.

Mit Verbesserungsauftrag vom 20.7.2011 wurden die Antragsteller auf folgende Eintragungshindernisse hingewiesen:

Die Tatsache der Betriebsübertragung ist gemäß § 3 Abs 1 Z 15 FBG beim übertragenden und übernehmenden Rechtsträger einzutragen.
Die Firma Karl H**, Gasthaus P** e.U. wurde über Antrag des Inhabers Karl H** bereits am 25.5.2011 aus dem Firmenbuch gelöscht, wobei in der seinerzeitigen Firmenbuchanmeldung keinerlei Hinweis auf die Tatsache der Übertragung des Betriebes in die KG aufgenommen wurde.
Es bestehen somit Bedenken, dass tatsächlich eine entsprechende Betriebsübertragung stattgefunden hat. Für die Bescheinigung der angemeldeten Vorgänge wird die Vorlage entsprechender Unterlagen, insbesondere des Zusammenschlussvertrages vom 14.7.2011, erforderlich sein.


Der Zusammenschlussvertrag vom 14.7.2011 wurde vorgelegt, darin ist – auszugsweise – Folgendes vereinbart:

I. Vermögensübertragung
Karl H** überträgt sämtliche Vermögenswerte mit Ausnahme der bebauten Betriebsgrundstücke ... samt dem darauf befindlichen Betriebsgebäude und die darauf lastenden Bankverbindlichkeiten … seines bisherigen Einzelunternehmens Karl H**, Gasthaus P** … laut der noch zu erstellenden Bilanz per 30.4.2011 auf die Firma Hotel P** KG
Das übertragene Vermögen besitzt am Zusammenschlussstichtag einen positiven Verkehrswert. Die nicht übertragenen Vermögenswerte – Betriebsgrundstücke mit dem darauf befindlichen Betriebsgebäude und darauf lastenden Bankverbindlichkeiten – bleiben im Sonderbetriebsvermögen von Karl H** und wird dieses an die Firma Hotel P** KG … zu einem angemessenen Mietzins vermietet.

II. Gegenstand der Sacheinlage
Karl H** überträgt seinen Betrieb gemäß Punkt I dieses Vertrages … auf Grundlage der Zusammenschlussbilanz zum 1.5.2011 zum Zusammenschlussstichtag … auf die Firma Hotel P** KG

IV. Zusammenschlussstichtag
Stichtag für diese Sacheinlage und den Zusammenschluss ist der 1.5.2011, 0:00 Uhr. Zum Zusammenschlussstichtag geht der Betrieb steuerrechtlich auf die KG über…

Den Antrag auf Eintragung der Übernahme des Betriebes Karl H**, Gasthaus P** durch die Hotel P** KG habe ich mit folgender Begründung abgewiesen:

Gemäß § 3 Abs 1 Z 15 FBG sind bei allen Rechtsträgern Betriebsübertragungen sowie deren Rechtsgrund sowohl beim Erwerber als auch beim Veräußerer ins Firmenbuch einzutragen.
Wenn am Übertragungsvorgang nur ein eingetragener Rechtsträger beteiligt ist, ist der Vorgang bei diesem einzutragen, weil § 3 Abs 1 Z 15 FBG nach seinem Zweck in diesem Sinn auszulegen ist (6 Ob 81/02 h).

Vertragsparteien des Zusammenschlussvertrages vom 14.7.2011 sind einerseits Karl H**, der den Zusammenschlussvertrag für das übertragende Einzelunternehmen mit „Karl H**, Gasthaus P**“ gezeichnet hat, und andererseits die übernehmende Personengesellschaft Hotel P** KG.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages war das seinerzeit zu FN ** registrierte Einzelunternehmen Karl H**, Gasthaus P** e.U. bereits gelöscht, wobei der Inhaber dieses Einzelunternehmens im Rahmen des Löschungsantrages am 11.5.2011 ausdrücklich erklärt hat, dass der Geschäftsbetrieb des Einzelunternehmens eingestellt und die Firma aufgelöst ist.

Dies kann nur so verstanden werden, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Zusammenschlussvertrages aufgrund der erfolgten Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit ein übertragbares Einzelunternehmen – auch nicht, wie beantragt, in der Form eines nicht (mehr) protokollierten Einzelunternehmens - nicht mehr existent war, womit die Tatsache einer Betriebsübertragung auf die Hotel P** KG nicht mehr eintragungsfähig ist.