27. Juni 2008

Konsequenzen der erleichterten Gewerbeausübung für EU-Bürger auf das Firmenbuchverfahren

Gemäß § 12 Abs 1 UGB ist ein Rechtsträger, dessen Hauptniederlassung oder Sitz im Ausland liegt, in das Firmenbuch einzutragen, wenn er im Inland eine Zweigniederlassung hat. Voraussetzung einer solchen Eintragung ist die Errichtung der Zweigniederlassung im Inland.
Ob eine inländische Zweigniederlassung vorliegt, richtet sich nach österreichischem Recht. Der Begriff der Zweigniederlassung ist gesetzlich nicht näher definiert. Als Zweigniederlassung wird ein vom Sitz räumlich getrennter, organisatorisch weitgehend verselbständigter Teil des Unternehmens verstanden, der unter einer eigenen Leitung tätig wird und auf mehr als nur vorübergehende Dauer hin angelegt ist. Die Judikatur verlangt darüber hinaus, dass die Zweigniederlassung nach außen hin selbständig geleitet wird und dass der Leiter selbständig vertretungsbefugt ist (Koppensteiner/Rüffler, GmbH-Recht³ § 114 Rn 2 mwN). Erforderlich sind daher auch entsprechende Einrichtungen in kommerzieller Hinsicht, die es ermöglichen, den vorgesehenen Geschäftsbetrieb fortlaufend (nicht nur vorübergehend) und (mit Ausnahme von Weisungen der Unternehmensführung) relativ selbständig zu führen. Bloße Warenbezugs- und Aufbewahrungsstellen, eine auf Vermittlungsdienste beschränkte Einrichtung, ein Etablissement mit bloß technischem, aber nicht kommerziellen Wirkungskreis erfüllen diese Voraussetzungen ebensowenig wie Schauräume, Werkstätten oder Auslieferungslager, in denen nur faktische Dienste geleistet werden (Koppensteiner/Rüffler aaO; Jabornegg/Geist § 254 Rn 7).

Mit diesen vom OGH in 6 Ob 43/04y, 6 Ob 44/04w herausgearbeiteten Grundsätzen habe ich mich bereits im Beitrag vom 30.05.2008 befasst.

Ein Artikel von Dr. Ulrike Sehrschön im Wirtschaftsblatt vom 26.06.2008 (Seite 27) unter dem Titel Gewerbeausübung light für EU-Bürger veranlasst mich zu Überlegungen, welche Auswirkungen auf das Verfahren zur Eintragung von inländischen Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften (mit dem Sitz in der EU/im EWR) die im angesprochenen Artikel aufgezeigten Normen mit sich bringen könnten.

Ulrike Sehrschön weist zusammengefasst auf Folgendes hin:

Die Umsetzung der EU-Richtlinie 2005/36/EG durch die Gewerbeordnungsnovelle 2008 bringt erleichterte Bedingungen für EU-Ausländer bei der grenzüberschreitenden Ausübung reglementierter Gewerbe mit sich. So genügte schon bisher für die Ausübung „freier“ Gewerbe eine entsprechende Berufsberechtigung im Niederlassungsstaat. Für reglementierte Gewerbe musste zusätzlich der Nachweis der Anerkennung oder Gleichhaltung der ausländischen Berufsqualifikation mit dem im Inland vorgeschriebenen Befähigungsnachweis erbracht werden. Dieses Erfordernis bestand ungeachtet einer dauernden Niederlassungsabsicht oder eines nur einmaligen Tätigwerdens in Österreich.
Die Umsetzung der EU-Richtlinie bringt nun erleichterte Bedingungen bei „vorübergehender grenzüberschreitender Dienstleistung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit“. Wenn EU-Staatsangehörige in ihrem Niederlassungsstaat eine befugte Tätigkeit ausüben, dürfen sie das vorübergehend auch in Österreich tun. Die Erbringung eines Befähigungsnachweises ist nicht mehr erforderlich, wenn die gewerbliche Tätigkeit oder Ausbildung dazu auch im Niederlassungsstaat reglementiert ist oder der Dienstleister die gewerbliche Tätigkeit während der vergangenen 10 Jahre mindestens zwei Jahre im Niederlassungsstaat ausgeübt hat.
Die erstmalige Aufnahme der Tätigkeit in Österreich hat der Dienstleister dem BMfAW als zuständige Behörde unter Nachweis seiner Berufsqualifikation vorher anzuzeigen bzw. einmal jährlich zu erneuern. Eine Kompetenz zur Nachprüfung seitens der Behörde besteht nur bei den Gewerben, bei denen bei mangelnder Berufsqualifikation eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Gesundheit oder Sicherheit von Personen zu erwarten ist.
Die Behörde hat dem Dienstleister die erfolgte Anzeige binnen 1 Monat zu bestätigen; falls binnen zwei Monaten keine Reaktion erfolgt, darf die Tätigkeit jedenfalls aufgenommen werden.
Die Umsetzung betrifft aber nur den Bereich der Dienstleistungsfreiheit; im Bereich der Niederlassungsfreiheit bleibt es bei der bisherigen Rechtslage, womit im Einzelfall zu klären sein wird, wann es sich bei der Ausübung einer reglementierten gewerblichen Tätigkeit noch um (bloße) Dienstleistungserbringung handelt oder schon um eine Tätigkeit im Rahmen einer österreichischen Niederlassung.


Es ist somit durchaus naheliegend, dass ausländische Dienstleister (soweit es sich um eingetragene Rechtsträger in ihrem jeweiligen Sitzstaat handelt) ein Interesse daran haben könnten, gerichtlich bestätigt zu bekommen, dass keine eintragungspflichtige Zweigniederlassung im Inland vorhanden ist. Sie hätten damit ein kaum zu widerlegendes Argument gegenüber der Gewerbebehörde in der Hand, nur „dienstleistend“ tätig zu sein und eben nicht im Rahmen einer Niederlassung.

Damit werden meines Erachtens die Firmenbuchgerichte verstärkt in die materielle Prüfung einsteigen müssen, ob die eingangs aufgezeigten Kriterien einer Zweigniederlassung tatsächlich erfüllt sind. Dabei wird zu beachten sein, dass die Mitwirkung der Antragsteller möglicherweise auf eine abweisende Entscheidung ausgerichtet ist, um in den Genuss der gewerberechtlichen Erleichterungen zu kommen. Da der Firmenbuchrichter in seiner beruflichen Tätigkeit in erster Linie davon geprägt ist, dass alle Antragsteller immer das erreichen wollen, was sie begehren, halte ich das Aufzeigen dieser Aspekte für besonders erforderlich. Eine verstärkte Einbindung der gesetzlichen Interessenvertretung im Sinne des § 14 FBG im Ermittlungsverfahren samt einer Verbesserung der diesbezüglichen „Erhebungsqualität“ wird daher in solchen Konstellationen geboten sein.

23. Juni 2008

EU-Verschmelzung: Deutsche GmbH verschmilzt grenzüberschreitend auf ihre österreichische Alleingesellschafterin

Ich habe heute die erste Verschmelzung nach den Bestimmungen des EU-Verschmelzungsgesetzes (BGBl I 72/2007, GesRÄG 2007) im Firmenbuch eingetragen. Gegenstand der Eintragung war die Verschmelzung einer deutschen GmbH als übertragende Gesellschaft auf ihre österreichische Alleingesellschafterin als übernehmende (hervorgehende) Gesellschaft (up-stream-merger).

Im Zuge der Prüfung des Verschmelzungsvorganges traten aufgrund der von den Gesellschaften gewählten Vorgangsweise einige Unklarheiten auf, die ich hier in Form der Schilderung der gesetzten Schritte, gefassten Beschlüsse und abgeschlossenen Verträge vorstellen möchte.

Die Ausgangssituation:

Die Geschäftsführung der (österreichischen) K-GmbH hat in Vorbereitung der Verschmelzung einen Verschmelzungsplan vom 30.10.2007 samt Entwurf eines Verschmelzungsvertrages (noch ohne Datum) am 17.12.2007 beim Firmenbuchgericht Innsbruck eingereicht.
Wesentliche Änderungen dieses Verschmelzungsvertrags-Entwurfs wurden in weiterer Folge nicht vorgenommen, vielmehr wurde dieser Entwurf als Verschmelzungsvertrag am 6.2.2008 von den Geschäftsführern der beiden Gesellschaften unterschrieben.

Der Hinweis auf die Einreichung des Verschmelzungsplans samt Entwurf des Verschmelzungsvertrages wurde am 18.12.2007 im Amtsblatt der Wiener Zeitung und am 19.12.2007 im Boten für Tirol mit dem gemäß § 8 Abs 2 EU-VerschG erforderlichen Mindestinhalt veröffentlicht.

Die (österreichische) K-GmbH als Alleingesellschafterin der (deutschen) W-GmbH hat in der Generalversammlung vom 6.2.2008 u.a. folgende Beschlüsse gefasst bzw. folgende Erklärungen abgegeben:

  • Die W-GmbH wird als übertragende Gesellschaft unter Ausschluss der Abwicklung durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Wirkung zum 30.6.2007 auf die K-GmbH als übernehmende Gesellschaft verschmolzen.
  • Dieser Verschmelzung wird der zwischen den beiden Gesellschaften am heutigen Tag abgeschlossene Verschmelzungsvertrag samt Bilanz der W-GmbH zu Grunde gelegt. Der vorliegende Verschmelzungsvertrag wird für die W-GmbH genehmigt.
  • Zur Durchführung dieses Verschmelzungsvorganges unterbleibt die Gewährung von Gesellschaftsanteilen und somit eine Kapitalerhöhung bei der K-GmbH, weil sich in deren Hand alle Gesellschaftsanteile an der übertragenden Gesellschaft befinden.
  • Der gemeinsame Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer der übertragenden und der aufnehmenden Gesellschaft liegt vor und wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Mit dem Hinweis auf § 9 Abs 2 dUmwG wird festgestellt, dass sich alle Anteile des übertragenden Rechtsträgers in der Hand der übernehmenden Gesellschaft befinden, weshalb eine Verschmelzungsprüfung nicht erforderlich ist.
  • Auf die Prüfung des Verschmelzungsplans wird im Sinne des § 7 Abs 1 österr. GesRÄG (gemeint EU-VerschG) von der Alleingesellschafterin und übernehmenden Gesellschaft verzichtet.
  • Die Alleingesellschafterin erklärt ausdrücklich, auf die Einwendung einer Klage auf Anfechtung der Feststellung der Nichtigkeit des gegenständlichen Verschmelzungsbeschlusses unwiderruflich zu verzichten.

Die Alleingesellschafterin der K-GmbH hat in der Generalversammlung vom 15.2.2008 u.a. folgende Beschlüsse gefasst bzw. folgende Erklärungen abgegeben:

  • Der von den Geschäftsführern erstellte gemeinsame Verschmelzungsplan und gemeinsame Verschmelzungsbericht wird genehmigt und die Zustimmung erteilt. Auf die Prüfung des Verschmelzungsplans wird verzichtet. Den Gläubigern der beteiligten Gesellschaften wird Sicherheit geleistet, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können und sie sich binnen 6 Monaten nach Veröffentlichung der Verschmelzung bei der K-GmbH als übernehmende Gesellschaft melden.
  • Die W-GmbH als übertragende Gesellschaft wird unter Ausschluss der Abwicklung durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit Wirkung zum 30.6.2007 auf die K-GmbH als übernehmende Gesellschaft verschmolzen.
  • Der Verschmelzungsvertrag zwischen der W-GmbH und der K-GmbH vom 6.2.2008 wird ausdrücklich genehmigt und diesem zugestimmt.
  • Eine Kapitalerhöhung bei der K-GmbH erfolgt nicht.
  • Für die Durchführung dieses Verschmelzungsvorganges unterbleibt die Gewährung von Gesellschaftsanteilen und somit eine Kapitalerhöhung bei der K-GmbH, weil diese alle Gesellschaftsanteile an der übertragenden Gesellschaft besitzt.
  • Die Alleingesellschafterin verzichtet ausdrücklich auf den Bericht der Geschäftsführer. Die Alleingesellschafterin erklärt, dass eine Prüfung des Verschmelzungsvertrages nicht verlangt bzw. ausdrücklich darauf verzichtet wird.
  • Der Übertragung des Vermögens liegt die genehmigte Schlussbilanz der W-GmbH zum 30.6.2007 und die Zwischenbilanz der K-GmbH zum 30.6.2007 zu Grunde.
  • Die Alleingesellschafterin erklärte ausdrücklich, auf die Einbringung einer Klage auf Anfechtung und Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses unwiderruflich zu verzichten.
  • Eine Verschmelzungsprüfung gemäß § 48 des deutschen UmwG wird nicht verlangt. Auf die Prüfung der Verschmelzung wird hiemit ausdrücklich verzichtet.

Beim für die W-GmbH zuständigen Amtsgericht Nürnberg wurde die Verschmelzung am 6.2.2008 angemeldet, das Amtsgericht Nürnberg hat im Handelsregister bei der W-GmbH eingetragen, dass die Gesellschaft auf Grund des Verschmelzungsvertrages vom 6.2.2008 sowie der Beschlüsse der Gesellschafterversammlungen vom selben Tag mit der K-GmbH verschmolzen ist und die grenzüberschreitende Verschmelzung unter den Voraussetzungen des Rechts des Staates, dem die übernehmende Gesellschaft unterliegt, wirksam wird.

Über die Verschmelzung existiert – trotz des Verzichtes der Alleingesellschafterin der K-GmbH - ein gemeinsamer Verschmelzungsbericht der Geschäftführung der übertragenden und übernehmenden (hervorgehenden) Gesellschaft.

In beiden Gesellschaften existiert kein Betriebsrat, die Arbeitnehmer wurden über die beabsichtigte Verschmelzung informiert und ihnen die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt, eine Stellungnahme der Arbeitnehmer liegt nicht vor.

Beide Gesellschaften haben auf die Prüfung des Verschmelzungsplans gemäß § 7 EU-VerschG verzichtet.

Eine Verschmelzung auf Grundlage des ursprünglich eingereichten Verschmelzungsplans vom 30.10.2007 wurde jedenfalls von der W-GmbH nicht beschlossen. Als Grundlage für die Verschmelzung wurde bei beiden Gesellschaften „nur“ der Verschmelzungsvertrag vom 6.2.2008 herangezogen.

Rechtliche Überlegungen:

§ 3 Abs 2 EU-VerschG verweist für den österreichischen Rechtsbereich auf die Bestimmungen der §§ 219 ff AktG und §§ 96 – 101 GmbHG, wendet also die inländischen Bestimmungen zur Verschmelzung von Kapitalgesellschaften auch auf die grenzüberschreitende Verschmelzung an.

Gemäß § 5 Abs 1 EU-VeschG ist durch die Geschäftsführung aller beteiligten Gesellschaften ein gemeinsamer Verschmelzungsplan aufzustellen. Im Gegensatz zu § 220 Abs 1 AktG verlangt das EU-VerschG keinen Verschmelzungsvertrag, sondern einen gemeinsamen Verschmelzungsplan, womit der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Begründung wechselseitiger Verpflichtungen der Gesellschaften zur Durchführung der Verschmelzung durch Abschluss eines Vertrags nicht erforderlich ist. Damit ist auch keine Vereinbarung über die Übertragung des Vermögens der übertragenden Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 220 Abs 2 Z 2 AktG) erforderlich. Ein von den Verschmelzungspartnern in Form eines Notariatsakts abgeschlossener, zumindest den Mindestinhalt gemäß § 5 Abs 2 umfassender Verschmelzungsvertrag ist einem gemeinsamen Verschmelzungsplan als gleichwertig anzusehen; das Zusatzelement der gegenseitigen vertraglichen Bindung schadet nicht (Hable/Gassner, EU-VerschG, 84).

Das EU-VerschG sieht nicht die Möglichkeit vor, zunächst nur einen Entwurf des Verschmelzungsplans(vertrags) aufzustellen. Es besteht aber kein Grund, hier die Bestimmung des § 220 Abs 2 AktG nicht analog anzuwenden, sodass auch die Erstellung und Einreichung eines Entwurfs zulässig ist, zumal dies etwa § 122c Abs 2 des deutschen UmwG ausdrücklich zulässt (Hable/Gassner aaO).

§ 5 Abs 2 EU-VerschG regelt den Mindestinhalt des Verschmelzungsplans, der über den Mindestinhalt des § 220 Abs 2 AktG hinausgeht.
Da es sich im vorliegenden Fall um eine up-stream-Verschmelzung handelt und die übernehmende Gesellschaft alle Anteile der übertragenden Gesellschaft hält, sind Angaben gemäß § 5 Abs 2 Z 2, 3 und 5 EU-VerschG nicht erforderlich.

Der sonstige Mindestinhalt ist Teil des Verschmelzungsvertrages vom 6.2.2008.

Der Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer, auf den gemäß § 6 Abs 1 EU-VerschG nicht verzichtet werden kann, liegt vor und beschäftigt sich mit allen Themen des § 6 EU-VerschG. Dass die Alleingesellschafterin der übernehmenden Gesellschaft darauf verzichtet hat, schadet insoweit nicht (wenn es auch seltsam erscheint, dass ein derartiger Verzicht erklärt wird).

Auf eine Prüfung des Verschmelzungsplans haben alle Gesellschafter aller beteiligten Gesellschaften zulässigerweise gemäß § 7 Abs 1 EU-VerschG verzichtet.

Gemäß § 8 Abs 1 EU-VerschG gilt für den Fall der Beteiligung von GmbHs an der EU-Verschmelzung § 97 GmbHG mit der Maßgabe, dass der Verschmelzungsplan bei Gericht 1 Monat vor Beschlussfassung einzureichen und diese Einreichung in den Bekanntmachungsblättern zu veröffentlichen ist.
Den näheren Inhalt der Hinweisveröffentlichung regelt § 8 Abs 2 EU-VerschG, auf Einreichung und Hinweisveröffentlichung kann gemäß § 8 Abs 4 EU-VerschG nicht verzichtet werden.

Im vorliegenden Fall hat die Geschäftsführung der K-GmbH den Verschmelzungsplan vom 30.10.2007 samt Entwurf eines Verschmelzungsvertrages rechtzeitig eingereicht (wie geschildert am 17.12.2007; Zeitpunkt der GV am 6.2./15.2.2008); dass die Einreichung eines Entwurfes zulässig ist, wurde bereits oben dargelegt.

Gemäß § 15 Abs 2 EU-VerschG haben die Geschäftsführer aller beteiligten Gesellschaften die Anmeldung der Verschmelzung beim Sitzgericht der hervorgehenden Gesellschaft, in concreto also beim Landesgericht Innsbruck, vorzunehmen und dabei die Unterlagen gemäß § 225 Abs 1 AktG, die Nachweise über die durchgeführten Verhandlungen mit den Arbeitnehmern, allfällige Vereinbarungen mit den Arbeitnehmern, die Mitteilung über einen allfälligen Beschluss gemäß § 262 Abs 2 ArbVG sowie die Bescheinigung (die nicht älter als 6 Monate sein darf) des Registergerichtes der übertragenden Ges, dass das Verfahren zur Verschmelzung nach dem Recht der übertragenden Gesellschaft ordnungsgemäß durchgeführt wurde, vorzulegen.

Diese Unterlagen liegen – soweit erforderlich - vor.

Rechtlich bleibt die Frage zu klären, ob die gewählte Vorgangsweise der Erstellung eines Verschmelzungsplans am 30.10.2007 (der nicht zum Gegenstand einer Beschlussfassung der beiden beteiligten Gesellschaften gemacht wurde) und der nachfolgende Abschluss eines Verschmelzungsvertrages am 6.2.2008 ein Eintragungshindernis für die grenzüberschreitende Verschmelzung darstellt.

Auszugehen ist davon, dass der Verschmelzungsvertrag vom 6.2.2008 den notwendigen Mindestinhalt gemäß § 5 Abs 2 EU-VerschG aufweist und sich die Vertragspartner durch Abschluss eines Verschmelzungsvertrages binden können. Der Verschmelzungsvertrag ist insoweit zum vom Gesetz geforderten Verschmelzungsplan kein „aliud“, sondern ein „plus“.

Dieser Verschmelzungsvertrag wurde auch entsprechend der zwingenden Bestimmung des § 8 Abs 4 EU-VerschG ordnungsgemäß beim Firmenbuchgericht eingereicht. Die Geschäftsführung der übernehmenden Ges hat nämlich den Verschmelzungsplan vom 30.10.2007 samt Entwurf des Verschmelzungsvertrages am 17.12.2007 und somit rechtzeitig eingereicht.

Die beiden beteiligten Gesellschaften haben die grenzüberschreitende Verschmelzung also letztlich zwar nicht auf Grundlage des Verschmelzungsplans, sondern auf Basis des am 6.2.2008 abgeschlossenen Verschmelzungsvertrages durchgeführt. Als Rechtstatsache der Verschmelzung ist damit auch nur der Verschmelzungsvertrag vom 6.2.2008 in das Firmenbuch einzutragen. Dass daneben ein insoweit "bedeutungsloser" Verschmelzungsplan aufgestellt wurde, schadet nicht.

19. Juni 2008

Umwandlung auf GmbH & Co KG gemäß § 2 Abs 1 UmwG

Seit dem GesRÄG 2007 und der Neufassung des § 2 Abs 1 UmwG ist die verschmelzende Umwandlung auf Kapitalgesellschaften nicht mehr zulässig. Gemäß § 2 Abs 1 UmwG kann die Hauptversammlung/Generalversammlung der Kapitalgesellschaft die Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter beschließen, wenn diesem Anteilsrechte an mindestens 9/10 des Grundkapitals/Stammkapitals gehören und er für die Umwandlung stimmt, es sei denn, dass der Hauptgesellschafter eine Aktiengesellschaft, eine GmbH oder sonst eine Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 Abs 2 EU-VerschG mit Sitz in einem Mitgliedstaat im Sinne des § 1 Abs 3 EU-VerschG ist.

Stephan Verweijen befasst sich in seinem Beitrag in ecolex 2008, 329 mit der Frage, ob davon auch die Umwandlung auf verdeckte Kapitalgesellschaften, insbesondere auf eine GmbH & Co KG, erfasst ist.
Er kommt zum Schluss, dass zwar einiges für die Gleichbehandlung verdeckter Kapitalgesellschaften mit GmbH bzw. AG spricht, sie aber nicht unter den Begriff der Kapitalgesellschaften im Sinne des § 1 Abs 2 EU-VerschG fallen.

Daraus folgert er konsequent, dass das vom Gesetzgeber bezweckte Ziel, nämlich die Verhinderung der verschmelzenden Umwandlung auf Kapitalgesellschaften, leicht umgangen werden kann. Diese Umgehung könnte nämlich wie folgt gestaltet werden:

  • Hauptgesellschafter gründet eine GmbH & Co KG mit dem Hauptgesellschafter als Komplementär
  • Einbringung/Übertragung der Beteiligung in diese GmbH & Co KG
  • Umwandlung der Kapitalgesellschaft auf den neuen Hauptgesellschafter
  • Ausscheiden des Kommanditisten aus der KG mit der Folge des Vermögensübergangs gemäß § 142 UGB auf den verbleibenden Komplementär, also der GmbH
  • Ergebnis in wirtschaftlicher Sicht: Verschmelzende Umwandlung einer Kapitalgesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft

Wenn auch die Frage diskutiert werden kann, ob dieses Ergebnis „mit relativ einfachen Mitteln erreicht werden kann“ (so Verweijen aaO, 331), ist die Zulässigkeit dieses Vorgehens aus meiner Sicht nicht in Abrede zu stellen. § 1 Abs 2 Z 1 EU-VerschG verweist nämlich auf Art. 1 der RL 68/151/EWG, in die als Kapitalgesellschaften für Österreich nur die AG und die GmbH (nicht jedoch die GmbH & Co KG) eingefügt wurden.
§ 1 Abs 2 Z 2 EU-VerschG definiert eine Kapitalgesellschaft als solche, die Rechtspersönlichkeit besitzt, über gesondertes Gesellschaftskapital verfügt, das allein für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet und die nach dem für sie maßgebenden innerstaatlichen Recht Schutzbestimmungen im Sinne der RL 68/151/EWG im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter einhalten muss. Verweijen weist in seinem genannten Beitrag völlig zutreffend darauf hin, dass das gesonderte Gesellschaftskapital das unterscheidende und entscheidende Merkmal dafür ist, eine Gesellschaftsform als Kapitalgesellschaft im Sinne der RL 68/151/EWG zu betrachten. Da eine GmbH & Co KG nicht über ein gesondertes Gesellschaftskapital verfügen muss, ist sie auch nicht als Kapitalgesellschaft iSd § 1 Abs 2 EU-VerschG anzusehen.

11. Juni 2008

Beabsichtigte Verschmelzung einer österreichischen AG auf eine SE mit Sitz in Schweden

Mit notariellem Verschmelzungsplan vom ...... wurde eine österreichische AG mit dem Sitz in Innsbruck als übertragende Gesellschaft im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zur Aufnahme in eine schwedische Aktiebolag (publ) mit dem Sitz in Stockholm, eingetragen im schwedischen Bolagsverket (Aktiebolagsregistret) als übernehmende Gesellschaft auf der Grundlage der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2006 unter Verzicht auf die Liquidation der übertragenden Gesellschaft verschmolzen.

Der Hinweis der Einreichung des Verschmelzungsplans und die Bekanntmachung der beabsichtigten Verschmelzung gemäß Art. 21 SE-VO, § 19 SEG und § 221 a Abs 1 AktG wurde am 09.03.2007 in der Wiener Zeitung veröffentlicht.

Mit Beschluss der Hauptversammlung der übertragenden Gesellschaft vom 09.03.2007 wurden der Verschmelzungsplan vom ....... sowie die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2006 genehmigt.

Der Vorstand der übertragenden Gesellschaft hat erklärt und nachgewiesen, dass mit Bekanntmachung in der Wiener Zeitung vom 09.03.2007 die Gesellschafter und die Gläubiger der übertragenden Gesellschaft ausdrücklich auf ihre Rechte gemäß den §§ 21 und 23 SEG hingewiesen wurden und dass allen Gläubigern, soweit sie sich fristgerecht gemeldet haben, Befriedigung und Sicherstellung geleistet wurde und sich in diesem Zusammenhang andere als die befriedigten oder sichergestellten Gläubiger innerhalb der einmonatigen Frist des § 14 SEG nicht gemeldet haben (§ 24 Abs 9 Z 9 SEG).

Der Vorstand der übertragenden Gesellschaft hat erklärt und nachgewiesen, dass die Alleinaktionärin in der Hauptversammlung vom 09.03.2007
• gemäß § 220 a AktG iVm § 232 Abs 2 AktG iVm § 20 SEG auf die Aufstellung eines Verschmelzungsberichtes durch den Vorstand der übertragenden Gesellschaft verzichtet hat;
• eine Prüfung des Verschmelzungsplans gemäß § 220 b AktG iVm § 232 Abs 2 AktG iVm § 20 SEG durch einen Verschmelzungsprüfer nicht verlangt hat;
• auf die Einhaltung der Bestimmungen des § 221 a Abs 1 – 3 AktG betreffend die Vorbereitungsmaßnahmen der Verschmelzung einschließlich des Erfordernisses der Aufstellung einer Zwischenbilanz verzichtet hat;
• auf die Bestellung eines Treuhänders gemäß § 225 a Abs 2 AktG verzichtet hat;
• auf die gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit des Umtauschverhältnisses, allfälliger barer Zuzahlungen und den Ausgleichsanspruch gemäß §§ 225 c und 225 d AktG verzichtet hat;
• auf eine Einbringung einer Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses gemäß § 225 Abs 2 AktG verzichtet hat.

Der Vorstand der übertragenden Gesellschaft hat mit beglaubigt unterfertigter Anmeldung vom 01.08.2007 beim Landesgericht Innsbruck als Firmenbuchgericht die Eintragung der beabsichtigten Verschmelzung, wonach aufgrund des Verschmelzungsplans vom ....... auf Grundlage des Hauptversammlungsbeschlusses der österreichischen AG vom 09.03.2007 die österreichische AG mit dem Sitz in Innsbruck als übertragende Gesellschaft mit der schwedischen Aktiebolag (publ) mit dem Sitz in Stockholm als aufnehmende Gesellschaft verschmolzen werden, beantragt.

Die Eintragung dieser beabsichtigten Verschmelzung in das Firmenbuch ist am 01.10.2007 erfolgt.
Das Firmenbuchgericht hat gleichzeitig mit dieser Eintragung gemäß Art. 25 Abs 2 SE-VO, § 24 Abs 3 Satz 1 SEG die Bestätigung ausgestellt, dass nach österreichischem Recht alle der gegenständlichen Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen ordnungsgemäß durchgeführt und alle Formalitäten für die übertragende Gesellschaft eingehalten wurden. Auch diese Tatsache wurde am 1.10.2007 in das Firmenbuch eingetragen.

Nunmehr hat in diesem soeben zusammenfassend geschilderten Fall der Vorstand der übertragenden Gesellschaft mitgeteilt, dass die Eintragung der Verschmelzung aufgrund einer Verschiebung des Verschmelzungsprojekts im schwedischen Bolagsverket (Aktiebolagsregistret) nicht vorgenommen werden wird. Der Vorstand stellte den Antrag, die Eintragung der beabsichtigten Verschmelzung im Firmenbuch zu löschen, eventualiter die Nichtdurchführung der Verschmelzung zu vermerken.

Ich habe dem (Haupt)Antrag aufgrund folgender Erwägungen stattgegeben:

§ 24 SEG sieht in solchen Fällen der Gründung einer SE im Wege der Verschmelzung ein zweistufiges Verfahren vor:
Zunächst wird die beabsichtigte Verschmelzung unter Hinweis auf den geplanten neuen Sitz, das hierfür zuständige Register und die Ausstellung der Bescheinigung gemäß Art. 25 SE-VO in das Firmenbuch eingetragen. Dies ist im konkreten Fall mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom 1.10.2007 erfolgt.
Erst in einem zweiten Schritt wird die Gesellschaft aus dem österreichischen Firmenbuch gelöscht. Zu diesem Zweck hat der Vorstand, sobald die SE in das neue Register eingetragen wurde, gemäß § 24 Abs 5 SEG die Durchführung der Verschmelzung und die Löschung der Gesellschaft zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden.

Im SEG findet sich allerdings keine Regelung für den Fall, was zu geschehen hat, wenn der soeben beschriebene zweite Schritt (also die Löschung der übertragenden Gesellschaft) mangels Durchführung der Verschmelzung nicht angemeldet werden kann.

Die Lösung dafür findet sich in § 10 Abs 1 FBG. Danach sind Änderungen eingetragener Tatsachen, unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften, beim Gericht unverzüglich anzumelden; das Gericht hat die Eintragungen entsprechend zu ändern, im Fall ihrer Unzulässigkeit zu löschen.
Unzulässig ist eine Eintragung insbesondere dann, wenn sie sachlich unrichtig ist oder wenn gesetzliche Erfordernisse für die Eintragung (nunmehr) fehlen, deren Mangel die Beseitigung im öffentlichen Interesse oder im Interesse der Beteiligten geboten erscheinen lässt. Eine Eintragung ist daher auch dann unzulässig, wenn sie sachlich unrichtig ist (Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG, § 10 Rz 20 f). Im konkreten Fall hat der Vorstand die nunmehrige Unrichtigkeit einer solchen eingetragenen Tatsache angemeldet. Die beabsichtigte Verschmelzung auf Grundlage des Hauptversammlungsbeschlusses vom 09.03.2007 ist im Hinblick auf die Nichtdurchführung der Verschmelzung aufgrund der Verschiebung des Verschmelzungsprojektes sachlich nicht mehr richtig, so dass dem Löschungsantrag Folge zu geben war.

10. Juni 2008

Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts bei Löschung inländischer Zweigniederlassungen

Die Löschung einer inländischen Zweigniederlassung einer EU- bzw. EWR-Gesellschaft darf nicht von der Einhaltung der Liquidationsbestimmungen des österreichischen Rechts abhängig gemacht werden.

Die Vorstandsmitglieder einer liechtensteinischen Aktiengesellschaft (SA) beantragten die Löschung ihrer im Firmenbuch eingetragenen österreichischen Zweigniederlassung mit der Behauptung, dass der Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung eingestellt worden sei.
Das Firmenbuchgericht wies diesen Antrag mit der Begründung, dass die Löschung der Zweigniederlassung die Durchführung eines besonderen Liquidationsverfahrens voraussetze und dieses nicht stattgefunden habe, ab.

Der Rekurs der Gesellschaft gegen diesen abweisenden Beschluss hatte Erfolg; das Oberlandesgericht Innsbruck führte zu 3 R 100/07s aus wie folgt:

Gemäß § 254 Abs 8 AktG hat die Abwicklung der Geschäfte einer inländischen Zweigniederlassung ausländischer Kapitalgesellschaften unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über die Abwicklung von Aktiengesellschaften zu erfolgen. Es sind somit die Bestimmungen der §§ 205 - 215 AktG sinngemäß anzuwenden, welche ein besonderes Liquidationsverfahren erfordern, das der Auflösung, Liquidation und Löschung einer inländischen Gesellschaft nachgebildet ist.

Die herrschende Lehre hält diese Bestimmungen im Verhältnis zu EU- bzw. EWR-Gesellschaften für nicht anwendbar, da sie eine unzulässige Ausländerdiskriminierung sowie einen Verstoß gegen die in den Art. 43 und 48 EGV normierte Niederlassungsfreiheit darstellen. Bestimmungen, die gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen, sind aufgrund der unmittelbaren Geltung des Art. 43 EGV unanwendbar.

Das Fürstentum Liechtenstein ist am 1.5.1995 dem am 1.1.1994 in Kraft getretenen EWR-Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den EFTA-Staaten beigetreten. Dieses Abkommen steht zwischen den EU-Mitgliedstaaten einerseits und den EFTA-Staaten Liechtenstein, Island und Norwegen weiterhin in Geltung.
Mit der Übernahme der vier Grundfreiheiten in den Europäischen Wirtschaftsraum wurde der innerhalb des Gebietes der Gemeinschaft verwirklichte Binnenmarkt auf die EFTA-Staaten ausgeweitet.

Inländische Gesellschaften müssen ihre Zweigniederlassungen nicht förmlich liquidieren, es hat bloß die Anmeldung der Auflassung der Zweigniederlassung beim Firmenbuch der Hauptniederlassung zu erfolgen. Die Auflassung der Zweigniederlassung einer Inlandsgesellschaft setzt weder einen Gesellschafterbeschluss noch eine Gläubigerkonvokation voraus. Ausländische Gesellschaften werden daher durch die vorerwähnten österreichischen Bestimmungen hinsichtlich ihrer inländischen Zweigniederlassungen schlechter behandelt als österreichische. Die Verpflichtung zur Durchführung eines Liquidationsverfahrens wäre nur zulässig, wenn durch sie ein legitimes Ziel verfolgt wird, dass mit dem EGV vereinbar oder durch zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. Derartige Gründe, welche die Einschränkung der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen könnten, sind jedoch nicht ersichtlich.

Die Verpflichtung zur Abwicklung inländischer Zweigniederlassungen von ausländischen Gesellschaften stellt daher eine unzulässige Ausländerdiskriminierung sowie einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit dar, sodass § 254 Abs 8 AktG kraft des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes auf EU- bzw. EWR-Gesellschaften nicht anzuwenden ist. Es besteht somit keine Verpflichtung, Zweigniederlassungen von EU-bzw. EWR-Gesellschaften abzuwickeln.

9. Juni 2008

§§ 277 ff UGB - Offenlegung der Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften

Insbesondere bei betroffenen Organen von Kapitalgesellschaften wird häufig Unverständnis über die restriktive Praxis der Firmenbuchgerichte bei der Durchsetzung der handelsrechtlichen Offenlegungsverpflichtung der §§ 277 ff UGB geäußert. So ist etwa eine Zwangsstrafe auch dann zu vollziehen, wenn der betreffende Jahresabschluss nach Verhängung der Zwangsstrafe eingereicht wird, was häufig im Rahmen eines gegen die Zwangsstrafenverhängung eingebrachten Rekurses releviert wird. Im Beschluss vom 2.4.2008, 3 R 55/08 z, befasste sich das Oberlandesgericht Innsbruck zuletzt mit einem derartigen Fall und hielt dabei zusammengefasst Folgendes fest:

Gemäß § 282 Abs 1 UGB besteht die amtswegige Prüfungspflicht des Firmenbuchs, ob die gemäß §§ 277 bis 281 UGB offenzulegenden Unterlagen binnen der 9-monatigen Frist ab dem Bilanzstichtag vollzählig zum Firmenbuch eingereicht sind. Sollte dieser Verpflichtung nicht entsprochen werden, hat das Firmenbuchgericht zur Durchsetzung der Offenlegungspflichten des Geschäftsführers gemäß § 283 UGB Zwangsstrafen zu verhängen.

Die Rechnungslegungspflicht ist eine der Kardinalpflichten und Mindestzuständigkeiten der Geschäftsführer einer GmbH. Unabhängig von einer allfälligen Ressortverteilung im Innenverhältnis muss über jeden Geschäftsführer eine Zwangsstrafe verhängt werden (sodass sich nicht einer von mehreren Geschäftsführern auf seine Mit-Geschäftsführer ausreden kann).

Die §§ 283 Abs 4 UGB und 24 Abs 3 FBG dienen dem Ziel des Gesetzgebers, zu einer besseren Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage der Jahresabschlüsse beizutragen. Diese Normen wurden mit dem Publizitätsgesetz 2006 in Umsetzung der Publizitäts-Richtlinie in der geltenden Fassung beschlossen; gemäß der genannten Richtlinie ist Österreich nämlich verpflichtet, zur Durchsetzung der Offenlegung wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorzusehen.

Der Gesetzgeber wollte die Zwangsstrafe als repressives Mittel verstehen. Sie soll echte Sanktion sein, womit die Verhängung einer Strafe schon durch die nicht rechtzeitige Befolgung eines gerichtlichen Auftrages zur Offenlegung des Jahresabschlusses gerechtfertigt ist. Dies hat zur Folge, dass eine nach Ablauf der gerichtlich aufgetragenen Vorlagefrist und nach erfolgter Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte Einreichung des Jahresabschlusses nicht mehr zur Beseitigung der verhängten Beugestrafe führen kann. Wenn man nämlich die Zwangsstrafe als bloßes Beugemittel versteht, erfordert der Strafzweck, dass eine angedrohte Strafe bei nicht rechtzeitiger Befolgung des erteilten Auftrags auch tatsächlich verhängt und in der Folge vollstreckt wird, weil nur dann die Androhung glaubwürdig ist. Würde man dies nicht so verstehen, wäre es regelmäßig möglich, ein Rekursverfahren gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe quasi als "Nachfrist" für die Erfüllung der aufgetragenen Verpflichtung zu nutzen. Unter Berücksichtigung der Dauer eines allfälligen Rechtsmittelverfahrens gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe und die zwangsläufig bis zur Einleitung eines Exekutionsverfahrens zur Durchsetzung der verhängten Zwangsstrafe weiter vergehende Zeit stünde dann die Wahl des Zeitpunkts der Erfüllung der Offenlegungsverpflichtung weitgehend im Belieben des Vorlagepflichtigen. Das gesetzliche Ziel der Beugung des Willens des Verpflichteten kann nur erreicht werden, wenn dieser weiß, dass die Strafe im Falle des Zuwiderhandelns nicht nur verhängt, sondern auch vollzogen wird. Damit ist die Vorlage des Jahresabschlusses während eines laufenden Rekursverfahrens unbeachtlich.

Generell ist es Sache der Geschäftsführer einer GmbH, durch entsprechende Organisationsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich für eine rechtzeitige Erfüllung ihrer handelsrechtlichen Offenlegungspflichten zu sorgen. Nur durch entsprechend hohe Organisationsanforderungen kann dem Zweck der Offenlegung der Jahresabschlüsse entsprochen werden. Der Offenlegungszweck besteht nämlich darin, Dritte, welche die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht ausreichend kennen oder kennen können, zu informieren, und zwar insbesondere Gläubiger, Vertragspartner der Gesellschaft und bei größeren Gesellschaften auch die informationsbedürftige Allgemeinheit. Eine Delegierung der Erstellung des Jahresabschlusses an eine Steuerberatungskanzlei entbindet dabei die Geschäftsführer ebensowenig von ihrer Pflicht zur Erstellung des Jahresabschlusses wie von ihrer Verpflichtung, die rechtzeitige Einbringung des Jahresabschlusses auch zu überwachen. Einem Geschäftsführer, der sich zur Erstellung des Jahresabschlusses eines Steuerberaters bedient, sind nämlich dessen Fehler und Versäumnisse so lange zuzurechnen, als er nicht nachweisen kann, seinerseits alles unternommen zu haben, um die rechtzeitige Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zu gewährleisten.

5. Juni 2008

Mindesterfordernisse einer Spezialvollmacht gemäß § 4 Abs 3 GmbHG

Zum Firmenbuch wird die Gründung einer (Holding-)GmbH angemeldet, als Gründungsgesellschafter treten acht Kapitalgesellschaften auf. Bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages in Notariatsaktsform sind zwei Gründungsgesellschafter durch ihre vertretungsbefugten Organe anwesend, sechs weitere Gründungsgesellschafter haben einen der beiden anwesenden Organe bevollmächtigt, sie bei der Gründung zu vertreten.

Diese Spezialvollmachten lauten in den entscheidenden Punkten übereinstimmend wie folgt:

Hiermit beauftragen und bevollmächtigen wir N.N. in unserem Namen mit Rechtswirksamkeit für uns folgende Handlungen vorzunehmen:

1.
Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Feststellung des Gesellschaftsvertrages, Übernahme einer voll einzuzahlenden Stammeinlage bis zu einem Betrag von € ......, Setzung sämtlicher sonstiger Maßnahmen und Unterfertigung von Schriftstücken, die für die Registrierung der Gesellschaft erforderlich sind

2.
Bestellung von Herrn N.N. als allein vertretungsbefugten Geschäftsführer

3.
Ausübung des Stimmrechts und Fassung von Umlaufbeschlüssen in der neu errichteten Gesellschaft ....

Darüber hinaus ist der Bevollmächtigte zur Vornahme aller Handlungen bevollmächtigt, die ihm in dieser Angelegenheit als angemessen und zweckdienlich erscheinen.

(Unterschrift)


Gemäß § 4 Abs 3 GmbHG bedarf der Gesellschaftsvertrag der Beurkundung durch einen Notariatsakt. Die Unterzeichnung durch Bevollmächtigte setzt eine besondere, auf dieses einzelne Geschäft ausgestellte beglaubigte Vollmacht voraus, die dem Vertrag anzuschließen ist. Eine Vertretung der Gründer bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages ist also grundsätzlich möglich. Für diesen Fall ist aber eine beglaubigte Spezialvollmacht erforderlich, die dem Vertrag anzuschließen ist. Die Rechtsprechung verlangt, dass eine solche Vollmacht nicht den ganzen und auch nicht den gesamten wesentlichen Inhalt des Gesellschaftsvertrages enthalten muss, sondern es vielmehr genügt, dass sie sich auf den Abschluss des Gesellschaftsvertrages einer bestimmten, zureichend gekennzeichneten GmbH bezieht. Die Angabe von Firma und Unternehmensgegenstand reicht dafür aus.

Erforderlich ist eine beglaubigte Vollmacht. Dafür genügt eine entsprechende Privaturkunde mit Beglaubigung der Unterschrift des Vollmachtgebers durch ein Gericht, einen Notar oder eine österreichische Vertretungsbehörde im Ausland (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, § 4 Rn 24).

Die einleitend wieder gegebene Vollmacht entspricht diesen Erfordernissen offenkundig nicht. Darin ist zwar die Rede von der Errichtung einer GmbH, genannt werden aber weder der in Aussicht genommene Firmenwortlaut noch ein beabsichtigter Unternehmensgegenstand, so dass eine Individualisierung nicht möglich ist.

Dazu kommt, dass der Bevollmächtigte einerseits selbst als Organ einer Gründungsgesellschafterin auftritt, andererseits gleichzeitig mehrere weitere Gründungsgesellschafter vertritt, so dass die Vollmacht auch um die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens ergänzt hätte werden müssen.

Diese Mängel sind verbesserungsfähig, ein entsprechender Verbesserungsauftrag gemäß § 17 FBG wurde daher erteilt.

3. Juni 2008

Deklarative Wirkung der Löschung einer Personengesellschaft im Firmenbuch

Immer wieder stellen sich Fragen im Zusammenhang mit der Parteifähigkeit von im Firmenbuch gelöschten Gesellschaften. In der Entscheidung 1 Ob 166/06b ging es um diesbezügliche Konsequenzen im Fall einer gelöschten Personengesellschaft; der OGH kommt darin zusammengefasst zu folgendem Ergebnis:

Die Auflösung einer Personengesellschaft und ihre Löschung im Firmenbuch beeinträchtigt die Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit so lange nicht, als deren Rechtsverhältnisse mit Dritten noch nicht abgewickelt sind. Der Untergang der Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit einer Personengesellschaft setzt nämlich deren Vollbeendigung voraus. Materiellrechtlich ist dafür die Vermögenslosigkeit der Gesellschaft, also der Mangel an Aktivvermögen, erforderlich. Deshalb hat die Löschung einer Gesellschaft im Firmenbuch bloß deklaratorische Bedeutung, besteht doch eine gelöschte Gesellschaft fort, solange sie noch über Aktivvermögen verfügt.Sobald daher eine im Firmenbuch bereits gelöschte Personengesellschaft noch Aktivvermögen in Gestalt vertraglicher Rechte gegen Dritte hat, sind solche Rechtsverhältnisse weiterhin zwischen den Vertragspartnern abzuwickeln. Aus der bloß deklarativen Wirkung der Löschung einer Gesellschaft im Firmenbuch ergibt sich zudem, dass Rechtshandlungen eines Vertragspartners, die das erörterte Aktivvermögen einer Personengesellschaft betreffen, gemäß § 125 Abs 2 UGB gegenüber einem der zur passiven Vertretung der Gesellschaft befugten Gesellschafter entsprechend dem letzten Firmenbuchstand vor der Löschung zu setzen sind, um Rechtswirkungen gegen die Gesellschaft zu entfalten.

Dies führt z.B. in Konstellationen, wo eine GmbH & Co KG bereits im Firmenbuch gelöscht ist, die Komplementär-GmbH aber noch existiert, eine Bestellung von Nachtragsliquidatoren für die KG nicht in Frage kommt, weil - noch nicht abgewickeltes Aktivvermögen der KG vorausgesetzt - die Vertretung der solcherart noch nicht vollbeendeten Kommanditgesellschaft gewährleistet ist, zumal die vertretungsbefugte Gesellschafterin (die Komplementär-GmbH) vorhanden ist und insoweit der bereits gelöschten KG auch noch eine Klage zugestellt werden kann. Ob ausreichendes Aktivvermögen vorhanden ist, um im Sinne der obigen Ausführungen von mangelnder Vollbeendigung sprechen zu können, ist eine Frage der Parteifähigkeit, die im betreffenden Verfahren vorweg bei Prüfung der Prozessvoraussetzungen zu klären ist.

2. Juni 2008

Aufnahme eines Exekutionsbewilligungsbeschlusses in die Urkundensammlung des Firmenbuchs

Mit Beschluss des Exekutionsgerichtes wurde der Geschäftsanteil eines GmbH-Gesellschafters zu Gunsten der betreibenden Partei gepfändet. Diese beantragte nunmehr unter Vorlage des Exekutionsbewilligungsbeschlusses die Hinterlegung dieses Beschlusses in der Urkundensammlung des Firmenbuchs im Firmenbuchakt der GmbH.

Das Firmenbuchgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgewiesen, dass die Hinterlegung der Pfandurkunde im Firmenbuch durch Aufnahme in die Urkundensammlung zwar im Fall der Verpfändung eines Geschäftsanteils teilweise als zulässig angesehen werde, was aber nicht für die gerichtliche Pfändung eines Geschäftsanteiles gelte.

Einem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Oberlandesgericht Innsbruck keine Folge (3 R 44/08 g); aus der Begründung:

§ 15 FBG regelt nur die materiellen Rechtsfolgen der Nichteintragung einer im Firmenbuch einzutragenden Tatsache, ohne die Tatsachen anzuführen, die eingetragen werden müssen. Was im Firmenbuch einzutragen ist, bestimmt das Firmenbuchgesetz. In § 3 FBG sind die bei allen Rechtsträgern einzutragenden Tatsachen angeführt, in § 5 FBG die besonderen Eintragungen bei Kapitalgesellschaften. Andere Eintragungen sind nur dann vorzunehmen, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind (§ 3 Z 16 FBG). Die Eintragung der Verpfändung oder Pfändung eines Geschäftsanteiles im Firmenbuch ist weder in § 15 UGB noch in der EO noch im GmbHG vorgesehen. Gemäß § 12 FBG sind lediglich solche Urkunden, aufgrund deren eine Eintragung im Hauptbuch vorgenommen wird oder für welche die Aufbewahrung bei Gericht angeordnet ist, in die Urkundensammlung aufzunehmen. Eine gesetzliche Anordnung, Verpfändungsverträge oder richterliche Pfandrechtsbegründungen an Geschäftsanteilen in der Urkundensammlung des Firmenbuchs aufzubewahren, besteht nicht. Der nach § 452 ABGB erforderliche Publizitätsakt wird bei der Begründung eines richterlichen Pfandrechts an einem Geschäftsanteil an einer GmbH dadurch hergestellt, dass der Gesellschaft gemäß § 131 Abs 1 EO ein Leistungsverbot zugestellt wird. Aus der Überlegung, dass die Verpfändung eines Geschäftsanteils der Publizität nach § 452 ABGB bedarf, haben Teile der Lehre die Meinung vertreten, dass die Verpfändung Zeichen erfordere, woraus jedermann sie leicht erfahren könne und in diesem Sinne die Hinterlegung der Verpfändungsurkunde im Registerakt für zulässig erachtet. Eines solchen Publizitätsaktes bedarf es jedoch im Falle einer richterlichen Pfandrechtsbegründung an Geschäftsanteilen nicht, weil dem Publizitätserfordernis des § 452 ABGB durch die Zustellung des Leistungsverbots an die Gesellschaft entsprochen wird.

Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die bloße Erleichterung des Geschäftsverkehrs rechtfertigt es nicht, ohne gesetzliche Anordnung das Firmenbuch mit weiteren nur deklarativ wirkenden Eintragungen zu belasten. Es sind aber alle nicht zu einer Eintragung führenden und nicht in die Urkundensammlung aufzunehmen Urkunden in den Firmenbuchakt aufzunehmen und wird dem Informationsbedürfnis der am Verfahren unmittelbar Beteiligten durch das Recht auf unbeschränkte Akteneinsicht, Dritter hingegen durch Akteneinsicht bei Vorliegen eines rechtlichen Interesses entsprochen. Damit ist jedenfalls klargestellt, dass im Falle einer exekutiven Pfändung eines Geschäftsanteils die Aufnahme des diesbezüglichen Beschlusses in die Urkundensammlung nicht in Frage kommt.


Aus den Ausführungen des Rechtsmittelgerichts ist aber wohl auch zu folgern, dass im Fall einer vertraglichen Verpfändung die Aufnahme der Pfandurkunde in die öffentliche Urkundensammlung ebenfalls nicht in Betracht kommt, da auch in diesem Fall die entsprechende Publizitätswirkung durch Einreihung der Urkunde in den Firmenbuchakt erzielt werden kann.