28. März 2008

Löschung einer im Heimatstaat rechtlich nicht mehr existenten ausländischen Gesellschaft mit inländischer Zweigniederlassung

Der OGH befasste sich in seiner Entscheidung zu 6 Ob 146/06y mit den Voraussetzungen für eine amtswegige Löschung einer im österreichischen Firmenbuch eingetragenen inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft.

Dabei ist zum Verständnis vorauszuschicken, dass für den Fall der Errichtung einer Zweigniederlassung in Österreich durch eine ausländische Gesellschaft immer die ausländische Gesellschaft als solche - ergänzt um die Angaben zur inländischen Zweigniederlassung - in das österreichische Firmenbuch eingetragen wird.

Die Eintragungstatsachen ergeben sich aus einem weitgehenden Verweis auf die einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften (vgl § 12 UGB), § 107 GmbHG regelt Näheres für die der österreichischen GmbH entsprechenden ausländischen Rechtsträger, § 254 AktG befasst sich mit den entsprechenden Pendants auf Ebene der Aktiengesellschaften. Immer wieder wird den Firmenbuchgerichten bekannt, dass die ausländische Gesellschaft in den Registern des Heimatstaates (in erster Linie Companies House) als gelöscht aufscheint, ohne dass entsprechende Anmeldungen für die inländische Zweigniederlassung erstattet werden.

In der eingangs genannten Entscheidung wird klargestellt, dass in diesen Fällen amtswegig gelöscht werden kann:
Die Löschung der inländischen Zweigniederlassung einer in ihrem Heimatstaat rechtlich nicht mehr bestehenden ausländischen Gesellschaft ist aus Gründen des Freihaltebedürfnisses des Firmenbuches von unrichtigen Eintragungen geboten. Eine solche Löschung hat auf Grundlage des § 10 Abs 2 FBG zu erfolgen, wobei die Löschung selbst immer nur deklarativ wirkt. Die Zweigniederlassung selbst hat keine Rechtspersönlichkeit.
Einer solchen Löschung hat auch keine Liquidation im Sinne des § 113 Abs 2 GmbHG vorauszugehen, weil diese Bestimmung nur die Liquidation der inländischen Zweigniederlassung einer bestehenden ausländischen Gesellschaft regelt.
Schließlich setzt die Löschung der in ihrem Heimatstaat rechtlich nicht mehr bestehenden ausländischen Gesellschaft auch nicht das Vorliegen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 160 Abs. 3 BAO voraus.

20. März 2008

Übergang des Gesellschaftsvermögens einer GesbR auf OG/KG im Zusammenhang mit § 8 Abs 3 UGB

Das der GesbR gewidmete Vermögen steht im Miteigentum der Gesellschafter, soweit diese nicht reine Arbeitsgesellschafter sind. Es bildet ein Sondervermögen. Der Miteigentumsanteil ist gesellschaftsrechtlich gebunden, sodass nur nach der gesellschaftsrechtlichen Regelung darüber verfügt werden darf, aber frei verfügt werden kann. Das Gesellschaftsvermögen ist als Sondervermögen von den anderen Vermögen der Mitglieder (Privatvermögen) zu trennen (AnwBl 1997, 424).

§ 1210 ABGB befasst sich mit dem Gesellschafterausschluss bei der GesbR. In diesem Zusammenhang wird judiziert, dass die Beendigung einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden GesbR durch den Ausschluss eines Gesellschafters zum Übergang des Vermögens der GesbR auf den verbleibenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge führt (RdW 1988, 421; JBl 1989, 383; RdW 1990, 376; RdW 1992, 337).

Demnach können die Gesellschafter einer Zweimanngesellschaft auch vereinbaren, dass der verbleibende Gesellschafter den Gesellschaftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters übernimmt. Auch in diesem Fall erlischt zwar die Zweimanngesellschaft, doch geht mit dem Ausscheiden des einen Gesellschafters das Gesellschaftsvermögen zur Gänze (zu ergänzen wohl: im Wege der Gesamtrechtsnachfolge) auf den anderen über (SZ 54/84).

Wenn mehrere Personen ein Unternehmen in der Rechtsform einer GesbR betreiben, sind sie gemäß § 8 Abs 3 UGB bei Überschreitung des Schwellenwertes des § 189 zur Eintragung der Gesellschaft als OG oder als KG verpflichtet. Solange sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen, bleibt die Gesellschaft nach außen weiterhin als GesbR bestehen, weil gemäß § 123 Abs 2 UGB die Eintragung der OG/KG stets konstitutive Wirkung hat.
Damit stellt sich die Frage, in welcher Weise die OG/KG in die Rechtspositionen der GesbR kommt. Im Geltungsbereich des HGB wurde diesbezüglich angenommen, dass sich dieser Übergang als identitätswahrender Rechtsformwechsel von der GesBR in die OHG/KG vollzieht (Nachweise bei Dehn in Krejci, RK UGB, Rz 29 zu § 8). Dehn meint weiter, dass dies im Geltungsbereich des UGB nicht mehr aufrechterhalten werden könne, weil aufgrund der Betonung der umfassenden Rechtsfähigkeit einer OG/KG in § 105 unter gleichzeitigem Entfall des Modells der Gesamthandgemeinschaft der Gesellschafter die strukturellen Zuordnungen des Gesellschaftsvermögens von GesbR und OG/KG gänzlich verschieden werden: Das als Miteigentum der GesbR-Gesellschafter gebundene Gesellschaftsvermögen werde in einer OG/KG nicht bloß gesamthändisch zwischen diesen gebunden, sondern stehe im Alleineigentum der OG/KG. Schon allein deshalb könne daher nicht mehr von einer Identitätswahrung bei Eintragung einer GesbR als OG/KG ausgegangen werden.
Damit stelle sich die Frage nach der Art des Übergangs des von den GesbR-Gesellschaftern betriebenen Unternehmens, und zwar sowohl im Hinblick auf die im Miteigentum der Gesellschafter stehenden Sachgüter als auch auf deren vertrags- und sonstige vermögensrechtliche Positionen. Für eine Gesamtrechtsnachfolge bedürfte es einer gesetzlichen Grundlage, die aber weder in Gestalt des § 8 Abs 3 noch des § 123 Abs 2 UGB vorliege. Demnach müsse man davon ausgehen, dass die Übertragung des Unternehmens von der GesbR auf die OG/KG grundsätzlich im Wege der Einzelrechtsnachfolge zu erfolgen habe (Dehn aaO, Rz 30 f zu § 8).

Dehn geht also von einer „grundsätzlichen“ Notwendigkeit einer Einzelrechtsnachfolge aus. Wenn aber weder § 8 Abs 3 noch § 123 Abs 2 UGB ausreichende gesetzliche Grundlagen für einen Vermögensübergang bilden, wird man zur Lösung der diesbezüglichen Problematik wohl auch auf § 142 UGB zurückgreifen können. Die Verpflichtung des § 8 Abs 3 zur Eintragung der Gesellschaft als OG oder KG setzt für den Fall, dass dieser Verpflichtung nachgekommen wird, immer den Abschluss eines entsprechenden Gesellschaftsvertrages voraus. Die GesbR-Gesellschafter müssen sich demnach – auch konkludent – hinsichtlich der Mindestvoraussetzungen zur Bildung einer Personengesellschaft einig sein, sie müssen sich also auch bezüglich ihrer Beteiligung an der Personengesellschaft Gedanken machen.
Gemäß § 109 Abs 1 UGB bestimmt sich die Beteiligung der Gesellschafter an der Gesellschaft nach dem Verhältnis des Wertes der vereinbarten Einlagen (Kapitalanteil), soweit sie nichts anderes vereinbart haben, wobei im Zweifelsfall die Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt sind. Die Einlage eines Gesellschafters ist ein vermögenswerter Gesellschafterbeitrag, der dazu dient, das Gesellschaftsvermögen zu bilden bzw. aufzustocken (Krejci aaO, Rz 8 zu § 109). Regelmäßig wird man in der hier interessierenden Konstellation davon ausgehen können, dass das Vermögen der GesbR – soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird – auf die mit Eintragung konstitutiv entstehende Personengesellschaft dadurch übertragen werden soll, dass die GesbR-Gesellschafter ihre Gesellschaftsanteile an der GesbR in die Personengesellschaft einbringen. Wenn nunmehr die Judikatur zu § 1210 ABGB in den Fällen des Gesellschafterausschlusses bzw. des einvernehmlichen Ausscheidens eines Gesellschafters das Regelungsmodell des § 142 UGB (HGB) heranzieht, lassen sich diese Gedanken auch für den Übergang des Gesellschaftsvermögens auf die entstehende Personengesellschaft nutzbar machen, zumal nichts anderes geschieht, als dass die Einbringung aller Gesellschaftsanteile der GesbR in die OG/KG zu einer Vereinigung dieser Anteile in einer Hand führt, was gemäß § 142 UGB Gesamtrechtsnachfolge bewirkt.

Jedenfalls lässt sich damit die aufgezeigte Problematik elegant dadurch lösen, dass die Gesellschafter bei Abschluss des OG/KG-Gesellschaftsvertrages ausdrücklich regeln, in Erfüllung ihrer Einlageverpflichtungen ihre GesbR-Anteile in die zu gründende Personengesellschaft einzubringen. Im Hinblick auf die eingangs geschilderte Judikatur wird man nämlich davon ausgehen können, dass auch die Einbringung von Mitunternehmeranteilen einer GesBR in eine OG/KG (oder sonstigen Rechtsträger) zur Gesamtrechtsnachfolge nach § 142 UGB führt.

18. März 2008

§ 18 FBG und fair trial

§ 18 FBG ist im amtswegigen Löschungsverfahren einer Gesellschaft ausdehnend auszulegen; von einer beabsichtigten Löschungsverfügung sind demnach nicht nur die Gesellschaft, sondern alle Beteiligten zu verständigen.

In Literatur und Rechtsprechung war bislang unbestritten, dass bei Löschung einer Gesellschaft nur die Gesellschaft unmittelbar betroffen und daher gemäß § 18 FBG anzuhören ist, nicht auch die Gesellschafter (OGH 6 Ob 182/01g); eine erweiternde Auslegung des Begriffs des Eingetragenen im Sinne des § 18 FBG wurde gerade im Interesse der Rechtssicherheit und im Sinne eines geordneten Vollzuges des Firmenbuchverfahrens abgelehnt (Kodek in Kodek/Nowotny/ Umfahrer, FBG § 18 Rz 11).

Das Oberlandesgericht Innsbruck judiziert in deutlicher Abweichung dazu jüngst zusammengefasst wie folgt (OLG Innsbruck 3 R 19/08 f):

§ 18 FBG sei im Sinne des Art. 6 Abs 1 EMRK und des Art. 47 Abs 2 EGC (Europäische Grundrechtscharta) und des allgemeinen Rechtsgrundsatzes vom umfassenden rechtlichen Gehör zu verstehen. Nationale verfahrensrechtliche Bestimmungen seien gemeinschafts- rechtskonform und EMRK-konventionskonform anzuwenden und erforderlichenfalls zu erweitern.
Das umfassende rechtliche Gehör genieße für die österreichischen Gerichte nach Art. 10 EG als ein Teilaspekt der allgemeinen Rechtsgrundsätze (Grundrechte) des Gemeinschaftsrechts Anwendungsvorrang vor entgegenstehenden nationalen Bestimmungen. Nach dem judiziellen Konzept eines fairen Verfahrens (fair trial) im Sinne des Art. 6 Abs 1 EMRK und des umfassenden rechtlichen Gehörs müsse allen Verfahrensbeteiligten zu allen für sie erheblichen Verfahrensvorgängen und Verfahrensergebnissen zumindest eine schriftliche Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt werden. Da durch ein Löschungsverfahren nicht nur in die wirtschaftlichen Interessen eines Gesellschafters eingegriffen werde, sondern zwangsläufig auch in deren Gesellschafterrechte, müsse das Firmenbuchgericht vor einer beabsichtigten Löschungsverfügung bei einem gemeinschaftsrechts-/konventionskonform ausdehnenden Verständnis des § 18 FBG jedenfalls den ins Firmenbuch eingetragenen Gesellschaftern der Gesellschaft rechtliches Gehör durch Aufforderung zur Äußerung nach § 18 FBG einräumen.

Es wird interessant sein zu sehen, ob diese Rechtsprechung des OLG Innsbruck in der Praxis zum weitgehenden Rückzug der Firmenbuchgerichte aus dem amtswegigen Löschungsverfahren führt. Üblicherweise sind nämlich in den hier relevanten Konstellationen der §§ 39 und 40 FBG Präsenz und Mitwirkungsbereitschaft der Gesellschaftsorgane und Gesellschafter wenig bis überhaupt nicht vorhanden, woraus folgt, dass die im Sinne der obigen Entscheidung nach § 18 FBG zu verständigenden Personen mit zumutbaren Zustellmaßnahmen praktisch nicht greifbar sind. Dass dies allenfalls zur Konterkarierung der Intentionen des Gesetzgebers zur Bereinigung des Firmenbuchstandes von untätigen und evident vermögenslosen Gesellschaften führen wird, ist eine Konsequenz, die sich aus einem derart weitgehenden Verständnis eines fair trials zwingend ergibt.