29. Oktober 2012

Einreichung von Urkunden zum Firmenbuch durch Genossenschaften im elektronischen Rechtsverkehr (§ 8a Abs 3 ERV)


In meinem Beitrag vom 7.11.2011 verwies ich auf die sich aus § 89c Abs 6 GOG idF BGBl I Nr 111/2010 ergebenden Konsequenzen der Verpflichtung von Kredit- und Finanzinstituten zur Einbringung von Eingaben und Original-Beilagen im Grundbuchs- oder Firmenbuchverfahren im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs.

Zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels stand folgende Regelung in Geltung:

Gemäß § 8a Abs 1 ERV können Eingaben und Beilagen im Firmenbuchverfahren elektronisch eingebracht werden. Die elektronische Übermittlung von Urkunden, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Original vorzulegen sind, hat gemäß § 8a Abs 2 ERV so zu erfolgen, dass auf die Einstellung in einem Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts hingewiesen und unter Bekanntgabe eines eindeutigen Urkundenidentifizierungsbegriffs wirksam die Ermächtigung zum Zugang zu den Daten der gespeicherten Urkunde erteilt wird.

Bedarf eine Anmeldung der beglaubigten Form (§ 11 UGB), ist sie gemäß § 8a Abs 3 ERV nach Beglaubigung der Eingabe in ein Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts einzustellen und dem Gericht elektronisch zu übermitteln (Abs 2). Bedarf eine Anmeldung oder Einreichung nicht der beglaubigten Form, so ist auch die Übermittlung als PDF-Anhang nach § 5 Abs 1 ERV zulässig.

Gemäß § 7 Abs 1 GenG kann bei allen Anmeldungen zur Eintragung in das Firmenbuch die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung entfallen, wenn die Anmeldung mit der firmenmäßigen Zeichnung der Genossenschaft versehen ist und die Unterschriften der Zeichnenden bei den Akten des Gerichtes bereits in beglaubigter Form erliegen.
Zum Nachweis eines Beschlusses der Generalversammlung genügt (sofern der Genossenschaftsvertrag nichts anderes bestimmt) die Vorlage einer von der Genossenschaft unter ihrer firmenmäßigen Zeichnung als richtig bestätigten Protokollabschrift, wenn die Unterschriften der Zeichnenden bei den Akten des Gerichtes bereits in beglaubigter Form erliegen (§ 7 Abs 2 GenG).

Das hatte zur Folge, dass die Anmeldung auf Eintragung von Satzungsänderungen einer Bankgenossenschaft (einem Kreditinstitut gemäß § 1 BWG) als PDF-Anhang übermittelt werden kann, weil die Anmeldung gemäß § 7 Abs 1 GenG weder der gerichtlichen noch der notariellen Beglaubigung bedarf, sofern die beglaubigten Musterzeichnungen der einschreitenden Organmitglieder bereits Teil der Urkundensammlung sind (§ 8a Abs 3 ERV). Auf jene Urkunden, die gemäß § 12 Abs 1 FBG in die Urkundensammlung aufzunehmen sind (also Urkunden, auf Grund deren eine Eintragung in das Hauptbuch vorgenommen wird), traf das allerdings nicht zu, weil diese im Original vorzulegen sind. Damit waren solche Beilagen generell unter Beachtung der Formvorschrift des § 8a Abs 2 ERV vorzulegen, also in ein Urkundenarchiv einzustellen und unter Verweis auf diese Einstellung zu übermitteln.

Ich merkte noch an, dass ich über die Sinnhaftigkeit einer derartigen Regelung gerne diskutieren würde.

In den Folgemonaten wurde zwar nicht mit mir diskutiert, offensichtlich aber mit dem Gesetz(Verordnung)geber.

Mit BGBl. II 141/2012 wurde die ERV geändert und nach dem § 8a Abs. 3 letzter Satz folgender Satz angefügt:
„Dasselbe gilt für Urkunden gemäß § 7 Abs. 2 Genossenschaftsgesetz (GenG).“

Im Gesamtkontext heißt das nun, dass gem § 8a Abs 3 ERV sowohl die Anmeldung einer Kreditgenossenschaft als auch die mit der Anmeldung iSd § 7 Abs 2 GenG vorzulegenden Urkunden als PDF-Anhang übermittelt werden können.

Ich habe diese Änderung, die mit 1. Mai 2012 in Kraft getreten ist (§ 11 Abs 1i ERV), bis dato übersehen. Auf zwischenzeitliche (nach dem 1.5.2012) ergangene Verbesserungsaufträge haben die betroffenen Kreditgenossenschaften immer im Sinn meiner eingangs geschilderten Argumentation reagiert und die entsprechenden Urkunden (im Regelfall: Generalversammlungsprotokoll; Neufassung des Genossenschaftsvertrages) in Papierform vorgelegt, ohne auf die geänderten Bestimmungen der ERV hinzuweisen. Erst vor kurzem wurde in einer Entgegnung auf eine Zwischenerledigung auf den neu gefassten § 8a Abs 3 ERV aufmerksam gemacht.

Kreditgenossenschaften können damit im Ergebnis sämtliche Unterlagen als PDF-Anhang im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs übermitteln, solange die öffentlich beglaubigten Musterzeichnungen der Organe bereits vorliegen. Lediglich diese Musterzeichnungen sind nach wie vor im Wege des § 8a Abs 2 ERV bzw in Papierform zu übermitteln.

8. Oktober 2012

Kraftloserklärung von Aktien im Kontext von § 10 Abs 2 iVm § 262 Abs 28 u 29 AktG

Über Antrag des Vorstands der betreffenden Aktiengesellschaft wurde mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes von heutigem Tage die Kraftloserklärung der von der B** AG ausgegebenen 176 Einzelurkunden, die jeweils 5 Stammaktien vertreten („effektive Stammaktien“), 108 Einzelurkunden, die jeweils 5 Vorzugsaktien vertreten und 10 Einzelurkunden, die jeweils 50 Vorzugsaktien vertreten („effektive Vorzugsaktien“), gemäß § 67 AktG gerichtlich genehmigt.

Hier die Vorgeschichte und Begründung dazu:

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist zu FN** die B** AG mit dem Sitz in I** eingetragen. Deren Grundkapital von € 50.000.000,-- ist zerlegt in 22.500.000 auf Inhaber lautende Stamm-Stückaktien und 2.500.000 auf Inhaber lautende Vorzugs-Stückaktien (§ 4 Abs 1 und § 5 der Satzung). Die Gesellschaft ist börsenotiert iSd § 3 AktG.

Mit dem am 21.9.2012 beim Firmenbuchgericht eingelangten Antrag begehrte der Vorstand der Gesellschaft die gerichtliche Genehmigung der Kraftloserklärung von 880 Stammaktien, die durch ausgegebene 176 Einzelurkunden vertreten werden und von 1.040 Vorzugsaktien, die durch ausgegebene 108 Einzelurkunden (à 5 Vorzugsaktien) bzw 10 Einzelurkunden (à 50 Vorzugsaktien) vertreten werden. Die Antragsteller beriefen sich dabei auf die sich aus § 10 Abs 2 AktG idF GesRÄG 2011 ergebende Notwendigkeit.

Gemäß § 10 Abs 2 S 2 AktG idF GesRÄG 2011 besteht bei Inhaberaktien die generelle Pflicht zur Verbriefung in einer oder in mehreren Sammelurkunden. Es besteht demnach das generelle Gebot, Inhaberaktien in einer oder gegebenenfalls in mehreren Sammelurkunden zu verbriefen. Aus dem generellen Gebot zur Verbriefung in Sammelurkunden folgt zugleich ein Verbot der Einzelverbriefung von Inhaberaktien (ErläutRV 1252 BlgNR 24. GP 7). Dieses Verbot der Einzelverbriefung von Inhaberaktien gilt ohne Ausnahmen (Schopper in Jabornegg/Strasser, AktG I § 10 Rz 13).
Die Bestimmung ist zwingend und dient gemeinsam mit der verpflichtenden Hinterlegung der Sammelurkunde bei einer Wertpapiersammelbank der Verbesserung der Aktionärstransparenz bei Inhaberaktien (ErläutRV 1252 BlgNR 24. GP 7; Schopper aaO, § 10 Rz 14).

Nach der Übergangsbestimmung in § 262 Abs 28 AktG sind Gesellschaften erst ab dem 1.1.2014 zur Befolgung des § 10 Abs 2 S 2 verpflichtet. Ab dem 1.1.2014 gelten Inhaberaktien, die nicht in einer Sammelurkunde verbrieft sind, als Namensaktien. Betroffen sind einzelverbriefte Inhaberaktien bei Gesellschaften, deren Aktien nach der Satzung auf Inhaber lauten. Der Aktionär hat nach dem Gesetz einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Umtausch seiner Inhaberaktie oder seines Zwischenscheins gegen Ausfolgung einer Namensaktie (Schopper aaO, § 10 Rz 16), vorbehaltlich § 10 Abs 2 S 2 u 3, weil dieser Anspruch auf Ausstellung einer Ersatzurkunde dann entfällt, wenn die Ausstellung einer Einzelurkunde oder die Aushändigung einer Sammelurkunde unzulässig ist (Schopper aaO, § 10 Rz 18). Letzteres ist gemäß § 10 Abs 2 S 2 u 3 der Fall.

Gemäß § 67 Abs 1 AktG kann die Gesellschaft die Aktien, die trotz Aufforderung nicht zur Berichtigung oder zum Umtausch bei ihr eingereicht sind, mit Genehmigung des Gerichts für kraftlos erklären, wenn der Inhalt von Aktienurkunden durch eine Veränderung der rechtlichen Verhältnisse unrichtig geworden ist. Das Gericht hat die Genehmigung zu erteilen, wenn die Kraftloserklärung den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Zweck der Regelung ist, aus eingetretenen Veränderungen der rechtlichen Verhältnisse im Grundverhältnis die wertpapierrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Dies soll in erster Linie durch Berichtigung bzw Umtausch nach freiwilliger Einreichung der Aktienurkunden bei der AG erfolgen und nur sekundär, wenn Aktionäre trotz Aufforderung die Aktienurkunden nicht einreichen, durch Kraftloserklärung seitens der AG (Schopper aaO, § 67 Rz 8).

Die zur Kraftloserklärung nach § 67 als Wirksamkeitsvoraussetzung notwendige Genehmigung durch das Firmenbuchgericht ist – wie sich aus Abs 2 eindeutig ergibt – vor der Aufforderung zur Einreichung der Aktien nach § 67 Abs 2 einzuholen (Schopper aaO, § 67 Rz 12).

Auch die Übergangsbestimmung des § 262 Abs 29 AktG hält fest, dass solche Aktien gemäß § 67 für kraftlos erklärt werden können, die als ausgegebene Inhaberaktien aufgrund des GesRÄG 2011 oder wegen dieses Gesetzes beschlossener Änderungen der Satzung unrichtig geworden sind.

Im konkreten Fall werden die ausgegebenen Einzelurkunden zwar nicht aufgrund einer Satzungsänderung unrichtig, sehr wohl aber aufgrund der Neufassung des § 10 Abs 2 S 2 AktG durch das GesRÄG 2011. Da nämlich ab dem 1. 1. 2014 Inhaberaktien, die nicht in einer Sammelurkunde verbrieft sind, als Namensaktien gelten und dies nur durch Umsetzung des Gebots der Verbriefung vorhandener Inhaberaktien in Sammelurkunden verhindert werden kann, besteht naturgemäß ein Anspruch der Gesellschaft darauf, diesen Zustand herbeizuführen. Zu diesem Zweck werden die betreffenden Aktionäre, deren Rechte in den angeführten Einzelurkunden verbrieft sind, zur freiwilligen Einreichung der Aktienurkunden aufzufordern sein und können im Anschluss daran diejenigen Aktienurkunden, die nicht eingereicht wurden, aufgrund der mit diesem Beschluss erteilten Genehmigung seitens der Gesellschaft für kraftlos erklärt werden.