12. Oktober 2008

Kapitalerhöhung einer AG - Festsetzung eines Mindest- und Höchstbetrages

Die B*** AG mit Sitz in I** fasste in der Hauptversammlung vom 04.07.2008 folgenden Kapitalerhöhungsbeschluss:

Das Grundkapital der Gesellschaft wird von derzeit gänzlich aufgebrachten € 1.400.000 gegen sofort voll einzuzahlende Bareinlagen von mindestens € 283.000 und höchstens € 472.000 auf mindestens € 1.683.000 und höchstens € 1.872.000 erhöht; diese Kapitalerhöhung erfolgt durch Ausgabe von mindestens 283.000 und höchstens 472.000 Stückaktien, die jeweils auf Namen lauten. Der sofort voll und bar einzuzahlende Ausgabebetrag beträgt € 1,-- zuzüglich eines Agios von € 9,-- pro Stückaktie, insgesamt sohin € 10,-- pro Stückaktie.

Das jedem einzelnen Aktionär gemäß seiner bisherigen Beteiligung an der Gesellschaft zustehende anteilige Bezugsrecht ist in der Zeit vom 14.07.2008 bis zum 11.08.2008 bei sonstigem Verlust des Bezugsrechtes durch Unterfertigung eines formgemäßen Zeichnungsscheines ... auszuüben.

Unter einem weiteren Tagesordnungspunkt wurde folgender Beschluss gefasst:

Der Vorstand der Gesellschaft wird ausdrücklich und unwiderruflich ermächtigt und angewiesen, jene neue Aktien, die mangels Ausübung des Bezugsrechts während der hiefür von den Aktionären beschlossenen, offen stehenden Frist ungezeichnet verbleiben, der M** KG, der N** KG, der O** KG und der P** KG nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen zur Zeichnung zuzuteilen und über die weiteren Modalitäten der Kapitalerhöhung im Sinne der in der heutigen Hauptversammlung gefassten Beschlüsse zu entscheiden.

Schließlich wurde in einem weiteren Beschluss der Aufsichtsrat ermächtigt, den nach Zeichnung der Aktien erforderlichen Beschluss über die Änderung der Satzung entsprechend dem Umfang der tatsächlich erfolgenden Kapitalerhöhung zu fassen.

Der Vorstand veröffentlichte diesen Kapitalerhöhungsbeschluss in den Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft unter konkreter Angabe des Ausgabebetrags und der festgesetzten Frist zur Ausübung des Bezugsrechtes.

Innerhalb der Zeichnungsfrist zeichneten die Altaktionäre insgesamt 39.000 Stückaktien, worauf der Vorstand die verbliebenen Aktien den im Hauptversammlungsbeschluss genannten Personengesellschaften zur Zeichnung zuteilte. Diese Gesellschaften schöpften das Zuteilungsvolumen so weit aus, dass insgesamt noch weitere 283.000 Aktien gezeichnet wurden.

Zum Firmenbuch angemeldet wurden der Kapitalerhöhungsbeschluss der Hauptversammlung, die Durchführung der Kapitalerhöhung mit dem Betrag von € 322.000 sowie der entsprechende Beschluss des Aufsichtsrates samt den jeweiligen Satzungsänderungen.

Der Eintragung dieser Beschlüsse in das Firmenbuch steht aufgrund folgender Überlegungen kein Hindernis entgegen:

Gemäß § 149 Abs 1 AktG kann eine Erhöhung des Grundkapitals durch Ausgabe neuer Aktien nur mit einer ¾-Mehrheit des vertretenen Grundkapitals erfolgen, es sei denn, dass die Satzung diese Mehrheit durch eine andere Kapitalmehrheit ersetzt (im konkreten Fall liegen einstimmige Beschlüsse vor). Der Kapitalerhöhungsbeschluss hat bei sonstiger Unwirksamkeit den Kapitalerhöhungsbetrag festzusetzen. Dabei muss aber die Angabe nicht unbedingt in einem fixen Betrag bestehen, sondern kann durch Festsetzung eines betragsmäßigen Rahmens (jedenfalls mit Obergrenze) erfolgen, sofern durch entsprechende Richtlinien für die Bestimmung des endgültigen Betrags der Verwaltung diesbezüglich kein Ermessen eingeräumt wird (Nagele in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 149 Rn 16).
Diesen Erfordernissen genügen die eingangs geschilderten Beschlüsse ohne jeden Zweifel.

Jedem Aktionär muss auf sein Verlangen ein seinem Anteil am bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden. Für die Ausübung des Bezugsrechts ist eine Frist von mindestens zwei Wochen zu bestimmen. Der Vorstand hat den Ausgabebetrag und zugleich eine nach Abs 1 bestimmte Frist in den Bekanntmachungsblättern zu veröffentlichen (§ 153 Abs 1 und 2 AktG).

Im konkreten Falle haben die Alt-Aktionäre von dem ihnen zustehenden Bezugsrecht nur sehr eingeschränkt Gebrauch gemacht, womit der Vorstand berechtigt war, die verbleibenden Teile des Erhöhungsbetrages unter Beachtung der konkreten Anweisungen im Erhöhungsbeschluss anderweitig zu vergeben (Nagele aaO, § 153 Rn 20).

Im Anschluss daran meldete der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals zur Eintragung in das Firmenbuch an, und zwar unter Anschluss der Beilagen gemäß § 155 Abs 3 AktG. Dabei machte er auch von der Möglichkeit Gebrauch, die Anmeldung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals mit der Anmeldung des Beschlusses über die Erhöhung zu verbinden (§ 155 Abs 4 AktG).

Die entsprechende Firmenbucheintragung sieht daher wie folgt aus:

23 Hauptversammlungsbeschluss vom 04.07.2008
Kapitalerhöhung um mindestens EUR 283.000,-- und
höchstens EUR 472.000,-- beschlossen.
Änderung der Satzung in Punkt ...

23 Hauptversammlungsbeschluss vom 04.07.2008
23 Aufsichtsratsbeschluss vom 11.09.2008
Durchführung der Kapitalerhöhung um EUR 322.000,--.
Änderung der Satzung in Punkt ...


Gemäß § 157 AktG ist schließlich noch zu veranlassen, dass in die Veröffentlichung der Eintragung der Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals der Ausgabebetrag der Aktien aufzunehmen ist, wobei diesbezüglich die Bezugnahme auf die beim Gericht eingereichten Urkunden, die über das elektronische Urkundearchiv einsehbar sind, ausreicht. Die entsprechenden Angaben werden vom Firmenbuchgericht als „weitere Bekanntmachung“ veröffentlicht.

3. Oktober 2008

Ein wirksamer vertraglicher Ausschluss der Haftung des Erwerbers gemäß § 38 Abs 4 UGB

Wohl auch auf Grund meiner diesbezüglichen Artikel zu § 38 UGB wurde ich um meine Rechtsansicht zu folgender vertraglicher Regelung in einem Unternehmenskaufvertrag ersucht:

Die Käuferin N*N* übernimmt mit Ausnahme der Vertragsverhältnisse mit den Arbeitnehmern und der Vertragsverhältnisse über die Warenlieferung von Produkten einer bestimmten Marke keine unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse und Verbindlichkeiten von der Verkäuferin.

Zum Stichtag der Übergabe und Übernahme bestehen keine Rückstände beim Sozialversicherungsträger und keine Abgabenschulden im Sinne des § 14 BAO.

Die Haftung der Käuferin N*N* für alle bis zum Übergabestichtag TT.MM.JJ. entstandenen Rechtsverhältnisse und Verbindlichkeiten wird gemäß § 38 Abs 4 UGB ausgeschlossen.

Die Verkäuferin verpflichtet sich im Sinne des § 38 Abs 4 UGB, lückenlos alle Gläubiger von der Veräußerung an die N*N* zu verständigen und diese Gläubiger insbesondere davon zu verständigen, dass die N*N* keinerlei Verbindlichkeiten der Verkäuferin übernimmt und die Haftung des Erwerbers ausgeschlossen wurde.

Sollten Gläubiger der Verkäuferin trotz dieser Ausschlussbestimmungen Forderungen an N*N* stellen, aus welchem Grunde auch immer, hält die Verkäuferin die N*N* diesbezüglich schad- und klaglos.


Um es nach meinen bisherigen Beiträgen zum Thema noch einmal zu wiederholen:

Wer ein unter Lebenden erworbenes Unternehmen fortführt, übernimmt gemäß § 38 Abs 1 UGB, sofern nichts anderes vereinbart ist, zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit den bis dahin entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten. Werden unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers vom Erwerber nicht übernommen, so haftet er dennoch für die damit verbundenen Verbindlichkeiten. Die gilt auch, wenn der Erwerber nur einzelne Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht übernimmt. Eine davon abweichende Vereinbarung über die Haftung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie beim Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder vom Erwerber mitgeteilt wurde (§ 38 Abs 4 UGB).

Im eingangs geschilderten Fall haben die Vertragsteile demnach
  • den Erwerb eines Unternehmens (unter Lebenden) vereinbart, was ex lege zum Übergang aller unternehmensbezogenen (nicht höchstpersönlichen) Rechtsverhältnisse führt;
  • großteils allerdings einen solchen Übergang von Rechtsverhältnissen ausgeschlossen, nämlich hinsichtlich aller Vertragsverhältnisse mit Ausnahme der Arbeitsverhältnisse (diesbezüglich greift aber ohnehin § 3 AVRAG) und der Warenlieferungsverträge bezüglich eines bestimmten Markenproduktes;
  • die trotz dieses vereinbarten Ausschlusses bestehende Haftung der Käuferin für die (Alt)Verbindlichkeiten der Verkäuferin bis zum Übergabestichtag ausgeschlossen, also von der Möglichkeit des Ausschlusses dieser Haftung der Erwerberin im Vertrag Gebrauch gemacht;
  • Vorsorge für die zu setzenden Publizitätsakte im Sinne einer direkten Verständigung der (bekannten) Gläubiger getroffen, indem die Verkäuferin verpflichtet wurde, die entsprechenden Verständigungen vorzunehmen.
Anmerken würde ich bei der gewählten Formulierung des Haftungsausschlusses, dass es genau genommen im Sinne des § 38 Abs 4 UGB immer nur um den Ausschluss einer Haftung für Verbindlichkeiten (bzw. Altverbindlichkeiten - Krejci, § 38 UGB: Zurück ins Trockendock? in ÖJZ 2007/73, C Z. 10) gehen kann. Relevant ist ja die Frage, inwieweit den Erwerber eine allfällige Haftung für Verbindlichkeiten trifft, die aus nicht übernommenen Rechts(Vertrags)verhältnissen des früheren Unternehmers entstehen. Der Haftungsausschluss wäre daher meiner Meinung nach wie folgt zu gestalten:

Die Haftung der Käuferin für alle bis zum Übergabestichtag TT.MM.JJ. entstandenen Verbindlichkeiten sowie für alle Verbindlichkeiten, die aus den zum Übergabestichtag TT.MM.JJ bestehenden und nicht übernommenen Rechtsverhältnissen entstehen, wird gemäß § 38 Abs 4 UGB ausgeschlossen.

Dass damit im Gegensatz zu dem in meinem Beitrag vom 22. Juli 2008 geschilderten Fall Vertragsteile einen Ausschluss der gemäß § 38 Abs 4 UGB normierten „Trotzdem-Haftung“ der Erwerberin vereinbart haben, ist evident. Ein solcher Haftungsausschluss könnte demnach auch gemäß § 38 Abs 4 UGB in das Firmenbuch eingetragen werden.

2. Oktober 2008

Zulässigkeit einer Verschmelzung side-stream trotz negativen Buchwertes der übertragenden Gesellschaft

Mindestvoraussetzung für die Zulässigkeit einer Verschmelzung - egal in welcher Richtung - ist, dass die fusionierte Gesellschaft nicht insolvenzreif sein darf.
Grundsatz ist weiters, dass auch bei der Schwesternverschmelzung das Vermögen der übertragenden Gesellschaft einen positiven Verkehrswert aufweisen muss. Dabei kommt es natürlich nicht auf die Buchwerte, sondern die tatsächlichen Werte an.
Selbst bei negativem Verkehrswert der übertragenden Gesellschaft machen besondere Umstände oder gesetzte Begleitmaßnahmen die Verschmelzung zulässig.
So etwa dann, wenn
  • die übernehmende Gesellschaft in ihrer Bilanz einen ausschüttbaren Bilanzgewinn in Höhe des negativen Wertes der übertragenden Gesellschaft hat und über diesen Bilanzgewinn ein Gesellschafterbeschluss vorliegt, dass diese Mittel nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern in der übernehmenden Gesellschaft zur Abdeckung der übernommenen Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft bleiben;
  • der Gesellschafter oder ein Dritter aus seinen Mitteln so viel an Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft abdeckt, dass deren realer Überschuldungsstatus beseitigt wird;
  • aus betrieblicher Rechtfertigung aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft die an sich real überschuldete übertragende Gesellschaft einen positiven Erwerb darstellt, also Synergieeffekte vorliegen (was durch eine nachvollziehbare Stellungnahme eines unabhängigen Sachverständigen zu bescheinigen wäre).

So lassen sich die Grundsätze der Entscheidung des OLG Wien, 28 R 111/04f, 112/04 b, zusammenfassen.

Eine Schwesternverschmelzung mit folgender Ausgangslage wird zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet:

Im Firmenbuch sind eingetragen:

  • T*** Gastgewerbe-Betriebs GmbH mit einem Stammkapital von € 36.400.
    Gesellschafter dieser GmbH sind Erwin P*** mit einer Stammeinlage von € 10.920 und Nikolaus T*** mit einer Stammeinlage von € 25.480.
  • T*** GmbH mit einem Stammkapital von € 36.400.
    Alleingesellschafter dieser GmbH ist der bereits genannte Nikolaus T***.

Die Generalversammlungen der beiden Gesellschaften beschlossen nach Genehmigung des entsprechenden Verschmelzungsvertrages die Verschmelzung der T*** Gastgewerbe-Betriebs GmbH als übertragende Gesellschaft mit der T*** GmbH als übernehmende Gesellschaft. Eine Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft unterblieb gemäß § 224 Abs 2 Z 2 AktG, weil die beiden Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auf die Gewährung neuer Anteile verzichteten. Der Gesellschafter Erwin P*** wurde mit bestehenden Anteilen des Nikolaus T*** an der übernehmenden Gesellschaft von diesem abgefunden.

Die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2007, die der Verschmelzung zugrunde liegt (§ 220 Abs 3 AktG), weist ein negatives Eigenkapital von € 147.861,09 aus.
Die Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft (zum selben Stichtag) weist ein Eigenkapital von € 374.021,18 aus, und zwar als Stammkapital € 36.400, als freie Gewinnrücklage € 807,47 und als Bilanzgewinn € 336.813,71 (davon Gewinnvortrag € 241.367,13).

Im Verschmelzungsvertrag hielten die Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft folgendes fest:

Darüberhinaus beschließen Nikolaus T*** und Erwin P*** hiermit als Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft, dass der Bilanzgewinn in der übernehmenden Gesellschaft in Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft, sohin in Höhe von € 182.097,63, nicht an sie ausgeschüttet wird, sondern in der übernehmenden Gesellschaft zur Abdeckung der übernommenen Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft in Höhe von € 182.097,63 verbleibt.

Der Eintragung der Verschmelzung steht demnach der negative Buchwert und (möglicherweise auch) Verkehrswert des übertragenen Vermögens nicht entgegen, weil die Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften ausreichende Begleitmaßnahmen zur Hintanhaltung einer Gläubigerbenachteiligung gesetzt haben. Die fusionierte Gesellschaft ist nicht überschuldet, da sämtliche Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft unter Heranziehung eines jedenfalls ausschüttbaren Bilanzgewinnes (schon der Gewinnvortrag ist höher als die übernommenen Verbindlichkeiten) gedeckt werden können, womit das negative Verschmelzungskapital von (lediglich) € 147.861,09 abgedeckt ist.