30. Januar 2010

Anpassung der Umsatzerlösgrenzen in § 189 UGB durch RÄG 2010

§ 189 UGB legt fest, welche Unternehmer nach den Bestimmungen des Dritten Buches buchführungspflichtig sind.

Mit dem Rechnungslegungsrechts-Änderungsgesetz 2010, BGBl I 140/2009, wurden die maßgeblichen Größenkriterien geändert.

Der Pflicht zur Rechnungslegung nach dem UGB unterliegen daher:
  • Nach wie vor unabhängig von Größenkriterien:
Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (womit praktisch im Wesentlichen die GmbH & Co KG erfasst wird). Auf sie finden die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buches unabhängig von ihrer Größe Anwendung.
  • Abhängig von Größenkriterien:
Alle anderen Unternehmer, die unter den Voraussetzungen des Abs 2 mehr als € 700.000,-- Umsatzerlöse im Geschäftsjahr erzielen.

Damit ist also seit Inkrafttreten des RÄG 2010 per 1.1.2010 das Überschreiten von € 700.000,-- Umsatzerlösen im Geschäftsjahr nach Maßgabe des Abs 2 für die Bilanzierungspflicht eines Unternehmers maßgeblich.

Nach wie vor gilt, dass die Bilanzierungspflicht erst bei Überschreiten des Schwellenwertes in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren entsteht (§ 189 Abs 2 Z 1 UGB); ebenfalls bleibt die Bezugnahme auf das „zweitfolgende“ Geschäftsjahr aufrecht, womit dem Unternehmer ein „Pufferjahr“ zur Verfügung steht.

Die Regelung in § 189 Abs 2 Z 2 UGB wurde ebenfalls geändert; entscheidend ist jetzt nicht mehr die Überschreitung des Schwellenwertes um mindestens die Hälfte, sondern „um mindestens € 300.000“.

Damit tritt nunmehr bei einem einmaligen Überschreiten von € 1,000.000,-- Umsatzerlösen ohne Pufferjahr die Rechnungslegungspflicht ab dem Folgejahr ein; dies war nach bisherigem Recht bereits ab einem Überschreiten von € 600.000 der Fall.

Die Übergangsbestimmung findet sich in § 906 Abs 20 UGB (idF RÄG 2010); demnach sind die neuen Umsatzerlösgrenzen (€ 700.000 bzw. € 1,000.000) auf Jahresabschlüsse für Geschäftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2009 beginnen. Zu beachten ist, dass für den Eintritt und den Entfall der Rechtsfolgen des Abs 1 Z 2 die geänderten Werte auch für Beobachtungszeiträume nach § 189 Abs 2 anzuwenden sind, die vor diesem Zeitpunkt liegen.

13. Januar 2010

Rückwirkende Einlage gemäß § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG durch Übernahme von Verbindlichkeiten - Verbot der Einlagenrückgewähr

Die im Firmenbuch das Landesgericht Innsbruck registrierte Hotel V* GmbH verfügt über ein voll einbezahltes Stammkapital von € 35.000,--; Gesellschafter sind Bruno P** mit einer Stammeinlage von € 17.500,--, Albert P** mit einer Stammeinlage von € 13.300,-- und Andrea P** mit einer Stammeinlage von € 4.200,--.

Die Gesellschafter der Hotel V** GmbH fassten am 23.12.2009 einen Kapitalerhöhungsbeschluss um € 1.000,--; zu dieser Kapitalerhöhung wurden die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Beteiligung zugelassen, sie ist wie folgt zu leisten:

Bruno P** bringt als Sacheinlage seinen Komplementäranteil und Albert P** sowie Andrea P** bringen als Sacheinlage ihre Kommanditanteile an der P** - Hotel V** KG auf Grundlage der Einbringungsbilanz zum 30.06.2009 gemäß Einbringungsvertrag vom 23.12.2009 ein. Mit dieser Einbringung gehen sämtliche Gesellschaftsanteile an dieser Kommanditgesellschaft auf die Hotel V** GmbH über, wo durch diese gemäß § 142 UGB das gesamte Vermögen der P** - Hotel V** KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge erwirbt.

Laut vorgelegter Einbringungsbilanz zum 30.6.2009 beläuft sich das Einbringungskapital des Gesellschafters Bruno P** auf € 3.633,64, jenes des Gesellschafters Albert P** auf € 2.761,57 und jenes der Gesellschafterin Andrea P** auf € 872,07.
Das positive Einbringungskapital des Gesellschafters Bruno P** lässt sich allerdings nur durch rückwirkende Veränderungen iSd UmgrStG darstellen, wobei der Einbringungsvertrag dazu folgende Regelung enthält:

Das Einbringungsvermögen wird rückwirkend zum 30.06.2009 geändert wie folgt:
Einlage durch Übernahme von Verbindlichkeiten der P** - Hotel V** KG (§ 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG) ...... € 360.000,00
bare Einlage (§ 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG) .........€ 38.110,96

Die Einlage des Bruno P** in Höhe von € 360.000 erfolgt durch Schuldübernahme des Darlehens bei der Raiffeisenbank P** eGen. Die Vertragsteile nehmen zur Kenntnis, dass diese Verbindlichkeit aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge grundsätzlich auf die übernehmende Gesellschaft übergeht und haftet somit die Hotel V** GmbH für diese Verbindlichkeit solidarisch mit Bruno P**. Bruno P** verpflichtet sich jedoch, die Hotel V** GmbH diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

Dadurch kommt es aus meiner Sicht zu einer verbotenen Einlagenrückgewähr, und zwar aufgrund folgender Überlegungen:

Das Verbot der Einlagenrückgewähr umfasst das gesamte Vermögen der Kapitalgesellschaft und hindert grundsätzlich jede vermögensmindernde Leistung der Gesellschaft an ihre Gesellschafter zu Lasten des eigenen Vermögens. Ausgenommen ist - neben gesetzlichen Ausnahmen und drittüblichen Austauschgeschäften - nur die Ausschüttung von ordnungsgemäß festgestellten und zur Verteilung freigegebenen Bilanzgewinnen. Unzulässig ist daher jeder unmittelbare oder mittelbare Vermögenstransfer von der Kapitalgesellschaft zum Gesellschafter in Vertragsform oder auf andere Weise, der den Gesellschafter zu Lasten des Vermögens der Kapitalgesellschaft bevorteilt und der nicht Gewinnverteilung ist (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 82 Rz 15; Reich-Rohrwig, Verbotene Einlagenrückgewähr bei Kapitalgesellschaften, ecolex 2003, 152; 6 Ob 81/02h mwN). Ob der Vermögenstransfer als offene Barzahlung erfolgt oder den Gesellschafter verdeckt begünstigt ist, ist dabei ohne Bedeutung.

Im konkreten Fall kommt es aufgrund der Einbringung der Gesellschaftsanteile der P** - Hotel V** KG zum Übergang des gesamten Gesellschaftsvermögens der Kommanditgesellschaft auf die GmbH; dieses Unternehmen der KG ist überschuldet, wobei die Überschuldung durch rückwirkende Einlagen des Gesellschafters Bruno P** beseitigt wird bzw. werden soll. Diese Maßnahmen wären vor dem Hintergrund der Einlagenrückgewährproblematik dann unbedenklich, wenn es sich tatsächlich um eine in bar geleistete Einlage in Höhe von € 360.000 auf ein Konto der Kapitalgesellschaft handeln würde; die hier gewählte Vorgangsweise führt allerdings zum Ergebnis, dass die Kapitalgesellschaft jedenfalls neben dem „zurückbehaltenden“ Gesellschafter für die im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergehende Verbindlichkeit haftet.

Ob eine solche Einbringung zulässig ist, hat sich danach zu orientieren, ob ein derartiges Geschäft einem Fremdvergleich standhält. Konkret ist also die Frage zu beantworten, ob die Kapitalgesellschaft ein Rechtsgeschäft abschließen würde, mit dem sie ein überschuldetes Unternehmen erwirbt und mit dem Veräußerer die Vereinbarung trifft, dass dieser einen Teil der Verbindlichkeiten, die die Kapitalgesellschaft mit dem Unternehmenserwerb übernommen hat, in seine Zahlungsverpflichtung übernimmt und sich für den Fall der Inanspruchnahme der Kapitalgesellschaft aus dieser Verbindlichkeit gegenüber dieser zur Schad- und Klagloshaltung verpflichtet.

Ein solches Geschäft würde die Kapitalgesellschaft nicht abschließen.

Die Vereinbarung bedeutet ja nichts anderes, als dass die Kapitalgesellschaft das Risiko übernimmt und trägt, dass sie aufgrund der Solidarhaftung vom Gläubiger jederzeit zur Zahlung in Anspruch genommen werden kann und im Anschluss darauf angewiesen ist, dass sie die Ansprüche aus der Schadloshaltungsverpflichtung gegenüber dem Gesellschafter durchsetzen kann.

In Judikatur und Literatur wird weitgehend einhellig die Meinung vertreten, dass zentrale Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Übernahme von Haftungen und Bestellung von Sicherheiten zu Gunsten von Verbindlichkeiten von Gesellschaftern - und um nichts anderes handelt es sich auch hier - folgende Tatbestandsmerkmale sind:
  • die voraussichtliche Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs infolge entsprechender Bonität des Gesellschafters
  • die Vereinbarung eines angemessenen Entgelts in Form einer im Drittvergleich üblichen Haftungsprovision
  • die Begrenzung des Risikos und angemessene Relation zu den Vermögensverhältnissen der Kapitalgesellschaft
Gemäß dem anzuwendenden Drittvergleich setzt eine solche Haftungsübernahme also voraus, dass ein gewissenhaft nach unternehmerischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer das Geschäft unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen auch mit einem gesellschaftsfremden Dritten hätte abschließen dürfen, insbesondere betriebliche Gründe die Haftungsübernahme rechtfertigen und das Risiko jedenfalls für die Kapitalgesellschaft voraussichtlich nicht existenzgefährdend wäre (Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen, 177 f, 185 mwN).

Die bloße Verpflichtung des Gesellschafters, die Kapitalgesellschaft für den Fall der Inanspruchnahme aus dieser Verbindlichkeit schad- und klaglos zu halten, erfüllt diese Voraussetzungen zweifelsfrei nicht. Der Eintragung der angemeldeten Kapitalerhöhung steht daher dieser im Rahmen der materiellen Prüfungsverpflichtung des Firmenbuchgerichtes aufzugreifende Mangel entgegen. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass eine Haftungsfreistellung der Kapitalgesellschaft durch die Gläubigerbank diese Bedenken natürlich ebenso obsolet machen würde.