3. Juni 2011

Importverschmelzung einer spanischen S.L. auf eine österreichische GmbH (§ 15 EU-VerschG)

Anknüpfend an meinen Beitrag vom 11.2.2011 bezüglich des Veröffentlichungshinweises der Einreichung des Verschmelzungsplans kann ich mitteilen, dass jetzt die Rechtmäßigkeitsbescheinigung der spanischen Registerbehörde von der Antragstellerin vorgelegt wurde. Damit ist das Eintragungsverfahren durch das österreichische Firmenbuchgericht fortzusetzen.

Die im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck registrierte G* P* GmbH mit dem Sitz in F* ist Alleingesellschafterin der im Handelsregister Barcelona eingetragenen X* Research S.L. mit dem Sitz in Barcelona.
Gemäß dem von den Geschäftsführern der Gesellschaften in Notariatsaktsform erstellten Verschmelzungsplan wird die spanische S.L. auf deren österreichische Alleingesellschafterin grenzüberschreitend verschmolzen.

Die Gesellschafter der übernehmenden G* P* GmbH haben in der Generalversammlung vom 22.9.2010 die grenzüberschreitende Verschmelzung auf Grundlage des genehmigten Verschmelzungsplans sowie der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2009 einstimmig beschlossen. In dieser Generalversammlung haben die Gesellschafter gemäß § 232 Abs 2 AktG auf die Einhaltung aller für die Vorbereitung und Durchführung der Generalversammlung in § 221a Abs 1 - 3 AktG bestimmten Förmlichkeiten verzichtet.

Wie ich bereits berichtet habe, wurde der Entwurf des Verschmelzungsplans am 16.7.2010 beim Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck eingereicht und der entsprechende Hinweis im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 21.7.2010 veröffentlicht. Dass diese Veröffentlichung ausreichend war, habe ich im genannten Beitrag vom 11.2.2011 schon ausgeführt.

Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung des Registro Mercantil de Barcelona wurde in der spanischen Originalfassung samt beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt. Sie hat folgenden Inhalt:

Der unterzeichnete Registerführer des Handelsregisters Barcelona und seiner Provinz bescheinigt:
Die Durchführung der vorbereitenden Handlungen und Verfahren seitens der Gesellschaft X* Research S.L. zur Verschmelzung der Gesellschaften G* P* GmbH mit Sitz in A-63** F**, eingetragen beim Landesgericht Innsbruck unter FN **, als übernehmende Gesellschaft, und der Gesellschaft X* Research S.L. mit Sitz in Barcelona, eingetragen in diesem Register, als übertragende Gesellschaft. Das gesamte Verfahren erfolgt gemäß den Bestimmungen in Art. 64 des Gesetzes 3/2009 vom 3. April über strukturelle Veränderungen bei Handelsgesellschaften, und nach Einsichtnahme in die Bücher des Archivs dieses Registers sowie in die Verschmelzungsurkunde vom 30. Juli 2010, errichtet vor dem Notar zu Barcelona, Herrn ….. unter der Nummer … seiner Urkundenrolle, eingereicht um 13:08 Uhr am 14. Januar 2011, gemäß Eintragung 256 im Journal 1103, sowie in die Urkunden vom 22. Dezember 2010 und 23. März 2011, errichtet vor dem erwähnten Notar …, Nummern 2452 und 598 seiner Urkundenrolle, die am 31. März 2011 eingereicht wurden und zu der 8. Eintragung auf Registerblatt 33 des Bandes 34737, Blatt Nummer B-2561.. in diesem Register für die übertragende Gesellschaft geführt haben.
Diese 8. Eintragung ist durch Ablichtung auf drei Bögen Stempelpapier mit dem Siegelabdruck dieses Registers mit den Nummern …. dieser Bescheinigung beigeheftet.
Nachdem im Journal keine Dokumente als eingereicht und unbearbeitet im Zusammenhang mit der übertragenden Gesellschaft vorliegen, stelle ich zur Bestätigung diese Bescheinigung aus in Barcelona am 14. April 2011.

Die beigeschlossene 8. Eintragung im Handelsregister hat folgenden Wortlaut:

X* Research S.L.. Herr F** O** L**, handelnd im Namen und in Vertretung der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, als einziger Geschäftsführer der Gesellschaft, hat die Urkunden errichtet, die diese Eintragung veranlasst haben. Aus ihnen ergibt sich:
ERSTENS.- Die Gesellschaft G* P* GmbH … hat durch Beschluss ihrer Hauptversammlung am 22. September 2010 … die Verschmelzung durch Aufnahme der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, mit der Gesellschaft G* P* GmbH, Eigentümerin des gesamten Stammkapitals der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, beschlossen.
ZWEITENS.- Der Handelnde, in der Eigenschaft, in der er handelt, erklärt die Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, als aufgelöst, mit der tatsächlichen Übertragung ihres gesamten Gesellschaftsvermögens und durch Universalnachfolge auf die übernehmende Gesellschaft.
DRITTENS.- Die Bilanz der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, zum 31.12.2009 ist wie folgt und wird wörtlich wiedergegeben:
[es folgt die Schlussbilanz der X* Research S.L.]
VIERTENS.- Der Handelnde, in der Eigenschaft, in der er handelt, erklärt für die Akten: a) Die Veröffentlichungen gemäß Art. 66 des Gesetzes 3/2009 … sind nicht erfolgt, weil die übertragende Gesellschaft eine Einpersonengesellschaft ist, deren Einzelgesellschafter die übernehmende Gesellschaft ist, und sie keine Gläubiger hat. Diese Erklärung erstreckt sich auch auf die Bestimmungen des Art. 43 des erwähnten Gesetzes. b) Er erklärt ausdrücklich im Zusammenhang mit den Forderungsposten, die in der oben wiedergegebenen Verschmelzungsbilanz ausgewiesen sind, dass iSd Art. 43 und 66 des Gesetzes 3/2009 … alle diese Posten wegen Vereinigung von Forderungen und Verbindlichkeiten in einer Person erloschen sind, da die Forderungsposten sich auf den Einzelgesellschafter der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, beziehen, der seinerseits die übernehmende Gesellschaft ist. c) Dem Einzelgesellschafter wurden die Dokumente gemäß Art. 39 des Gesetzes… zur Verfügung gestellt, wobei erklärt wird, dass es keine Angestellten, Anleiheinhaber noch Sonderberechtigte gibt.
SECHSTENS.- Der Verschmelzung auf die Rechnungslegung erfolgt zum 31. Dezember 2009. Mit der Urschrift der Urkunde mit der Nummer 1576 … werden Berichte der Geschäftsführer der in der Verschmelzung vom 22. Juli 2010 handelnden Gesellschaften gebührend übersetzt, protokolliert, ebenso wie der Gründungsvertrag der übernehmenden Gesellschaft … gebührend übersetzt und mit Apostille versehen. Ferner wird mit der Urschrift der Urkunde Nummer 598 … das Protokoll der Beschlüsse der übernehmenden Gesellschaft, gebührend übersetzt und mit Apostille versehen, protokolliert.
Kraft dessen TRAGE ICH die beschriebene Auflösung der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, wegen Verschmelzung EIN. Noch offen sind die Löschungen der obigen Eintragungen, bis die entsprechende Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister Innsbruck (Österreich) zu den beschriebenen Bedingungen eingetragen ist. ....

[Anm.: Der Punkt FÜNFTENS fehlt im Original und in der Übersetzung, es dürfte sich aber nur um einen Nummerierungsfehler handeln]

Wie ich bereits in mehreren Beiträgen in diesem Blog ausgeführt habe, sind der Anmeldung der Import-Verschmelzung gemäß § 15 Abs 2 EU-VerschG neben der Rechtmäßigkeitsbescheinigung die in §§ 225 Abs 1 und 233 AktG bezeichneten Unterlagen beizuschließen. Dies ist hier durchwegs geschehen:


  • Der Verschmelzungsplan wurde am Tag der Generalversammlung der übernehmenden Gesellschaft in Notariatsaktsform verfasst und dem Protokoll beigeschlossen; er weist den erforderlichen Mindestinhalt auf (Z 1)

  • Der Verschmelzungsbeschluss der übernehmenden österreichischen Gesellschaft liegt als Generalversammlungsprotokoll vom 22.9.2010 vor. Aus der Rechtmäßigkeitsbescheinigung ergibt sich, dass bei der übertragenden Gesellschaft eine Beschlussfassung unterblieben ist. Da das österreichische Firmenbuchgericht bei der Importverschmelzung nur den Verfahrensabschnitt mit Inlandsbezug zu kontrollieren hat und demgegenüber die Pflicht des ausländischen Registers steht, die die ausländische Gesellschaft betreffenden Verschmelzungsunterlagen zu prüfen und bei ordnungsgemäßer Durchführung der Rechtshandlungen und Formalitäten die Bescheinigung auszustellen (Kaufmann in Frotz/Kaufmann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, § 15 EU-VerschG Rz 4), muss dieser Umstand zwar in Anmeldung dargestellt werden, bedarf aber keiner weiteren firmenbuchgerichtlichen Prüfung (Z 2)

  • Die Verschmelzung bedarf keiner behördlichen Genehmigung (Z 3)

  • Der gemeinsame Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer befasst sich mit der Rechtsform der übertragenden Gesellschaft, erläutert den positiven Verkehrswert des übertragenen Vermögens, geht auf die einzelnen Punkte des Verschmelzungsplans ein und verweist auf deren erschöpfende Behandlung, macht Angaben zur bilanziellen Bewertung, befasst sich mit den rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen der Verschmelzung sowie den geplanten organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Maßnahmen und Änderungen und verweist bezüglich der Auswirkungen auf Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger darauf, dass keine relevanten Veränderungen eintreten. Auch der Verschmelzungsbericht ist demnach ausreichend detailliert (Z 4)

  • Die Verpflichtung zur Erstellung eines Prüfberichts durch einen Verschmelzungsprüfer besteht nicht, weil eine Verschmelzung auf den Alleingesellschafter vorliegt (§ 232 Abs 1 AktG iVm § 3 Abs 2 EU-VerschG) (Z 5)

  • Die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft liegt vor (Z 6)

  • Der Veröffentlichungsnachweis (Amtsblatt zur Wiener Zeitung), dessen Inhalt ich im Blogbeitrag vom 11.2.2011 geschildert habe, wurde vorgelegt (Z 7)

  • Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung gemäß § 15 Abs 2 EU-VerschG, deren Inhalt einleitend ausführlich dargestellt wurde, liegt vor.

Die übernehmende Gesellschaft hat außerdem nachgewiesen, dass sie alle ihre Mitarbeiter von der beabsichtigten Verschmelzung verständigt und ihnen den gemeinsamen Verschmelzungsbericht überreicht hat (persönlich bestätigte Übernahme; Postaufgabescheine). Eine nähere Befassung mit diesem Informationsschreiben erledigt sich, da die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des VIII. Teiles des ArbVG bei der übernehmenden Gesellschaft nicht erfüllt sind, sodass Nachweise über das Arbeitnehmerbeteiligungsverfahren ohnehin nicht zu erbringen wären.

Die Rechtsmäßigkeitsbescheinigung entspricht den Erfordernissen des § 15 Abs 2 EU-VerschG, weil sie einleitend deutlich ausführt, dass „die Durchführung der vorbereitenden Handlungen und Verfahren seitens der Gesellschaft X* Research S.L. zur Verschmelzung der Gesellschaften G* P* GmbH mit Sitz in A-63** F**, eingetragen beim Landesgericht Innsbruck unter FN **, als übernehmende Gesellschaft, und der Gesellschaft X* Research S.L. mit Sitz in Barcelona, eingetragen in diesem Register, als übertragende Gesellschaft, bescheinigt“ wird. In Verbindung mit der abschließenden Registereintragung, wonach „die beschriebene Auflösung der Gesellschaft, auf die sich dieses Registerblatt bezieht, wegen Verschmelzung eingetragen“ wird und „noch offen die Löschungen der obigen Eintragungen sind, bis die entsprechende Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister Innsbruck (Österreich) zu den beschriebenen Bedingungen eingetragen ist“, lässt sich daraus nur schließen, dass die Ordnungsmäßigkeit der Verschmelzung vorangehenden Formalitäten und Rechtshandlungen gegeben ist.


Die Rechtmäßigkeitsbescheinigung datiert vom 14.4.2011, ist also auch noch nicht älter als sechs Monate (§ 15 Abs 2 letzter Satz EU-VerschG).

Gewisse Verwirrung verursachten die in der Rechtmäßigkeitsbescheinigung angeführten Daten, die aber anhand der mit der Anmeldung vorgelegten Unterlagen aufgeklärt werden konnte.
Bei der Verschmelzungsurkunde vom 30. Juli 2010 handelt es sich um den beim Handelsregister Barcelona eingereichten (gleich lautenden) Verschmelzungsplan in spanischer Sprache.
Bei den „Berichten der Geschäftsführer der in der Verschmelzung vom 22. Juli 2010 handelnden Gesellschaften“ handelt es sich um den gemeinsamen Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer der beiden beteiligten Gesellschaften.

Nach Berichtigung diverser formaler Mängel, deren Behebung aufgetragen wurde, steht also der Eintragung dieser „Importverschmelzung aus Spanien“ nichts mehr im Wege.

Dem zuständigen Registro Mercantil de Barcelona wird nach Eintragung die Mitteilung gemäß § 15 Abs 4 EU-VerschG zu übermitteln sein, wobei ich mich in einem gesonderten Beitrag noch damit befassen werde, in welcher Sprache diese Mitteilung seitens des österreichischen Firmenbuchgerichtes zu versenden ist.

1. Juni 2011

Zur Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats nach der PSG-Nov (BGBl I 2010/111 - BBG 2010)

Die folgenden Überlegungen sind meine persönlichen Schlussfolgerungen aus den Diskussionen im Rahmen eines Firmenbuch-Workshops am 12.5.2011 an der WU Wien. Sie sind somit kein mit den weiteren Teilnehmern abgestimmtes Ergebnis des Diskussionsprozesses.

Der Workshop unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Susanne Kalss stand unter dem Thema „Aktuelle stiftungsrechtliche Fragen aus der Firmenbuchpraxis“.

Die Gesetzesmaterialien zum BBG 2011 liefern Hinweise dafür, dass der “Budgetbegleitgesetzgeber” auch die Aufsichtsratsähnlichkeit “beseitigt” hat (Kalss, Stiftungsbeirat und Vorstand nach der Novelle des PSG 2010, Kathrein-Stiftungsletter Ausgabe 16, 4 f; Briem, Die Novelle zum Privatstiftungsgesetz, PSR 2011/3, wenn auch mit Vorbehalten).

Die Gesetzesmaterialien führen idZ aus:
Zur Klarstellung sei an dieser Stelle festgehalten, dass diese neuen Regelungen nichts an den sonstigen Befugnissen eines Beirates ändern. Insbesondere kann einem (auch mit Begünstigten besetzten) Beirat weiterhin das Recht zur Bestellung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden. Auch Zustimmungsrechte zu Geschäftsführungsmaßnahmen können ihm vorbehalten werden.

Die OGH-Judikatur zur AR-Ähnlichkeit eines Beirats knüpfte an der einem Beirat eingeräumten Abberufungskompetenz von Vorstandsmitgliedern an. Kalss wies darauf hin, dass der OGH damit an eine Befugnis angeknüpft habe, die einem PSG-Aufsichtsrat ex lege gar nicht zukomme. Nachdem diese Kompetenzfrage durch die PSG-Novelle 2010 nunmehr geklärt ist, verbleibt die Frage, ob es noch einen Anwendungsbereich für eine AR-Ähnlichkeit eines Beirates gibt.

Die Überwachung des Vorstandshandelns ist die zentrale Aufgabe eines Aufsichtsrates. Ihm steht daher das Auskunftsrecht über sämtliche Angelegenheiten der Privatstiftung sowie das Recht auf Einsicht und Prüfung der Unterlagen und Vermögensgegenstände der Privatstiftung sowie das Zustimmungserfordernis zu bestimmten wichtigen Geschäften zu. Von den in § 95 Abs 5 AktG genannten Geschäften bedürfen nur die in § 25 Abs 1 letzter Satz PSG angeführten Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats.

Briem stellt zur Frage der Aufsichtsratsähnlichkeit eines Beirats auf eine Beurteilung seiner Aufgaben und Kompetenzen ab, was funktional zu betrachten sei. Demnach habe auch ein Stiftungsbeirat, welchem nach der Stiftungsurkunde primär Beratungsaufgaben zukommen, dem jedoch das Recht auf Auskunft und Einsicht eingeräumt werde und dessen Zustimmung Maßnahmen bedürften, die in § 95 Abs 5 AktG genannt sind, habe Kontrollaufgaben zu erfüllen, die ansonsten nur einem Aufsichtsrat zukommen würden. Auch die Regelung, dass die Festlegung der Höhe der Zuwendungen an die Begünstigten der Zustimmung des Beirats bedürfe, könne eine Aufsichtsratsähnlichkeit des Beirats begründen.
Demgegenüber sei ein bloßes Anhörungsrecht oder Recht zur Stellungnahme zwar ein mögliches Kontrollinstrument, doch sei dieses so schwach ausgeprägt, dass ein derartiger Beirat nicht mehr als aufsichtsratsähnlich zu qualifizieren sei.
In gleicher Weise seien bloße Auskunfts- und Einsichtsrechte nicht ausreichend, um die Aufsichtsratsähnlichkeit des Beirats zu begründen. Würden dem Stiftungsbeirat, abgesehen von Beratungsrechten und allfälligen Anhörungsrechten, keine Kontrollrechte zukommen, sei ein solcher Stiftungsbeirat somit noch nicht aufsichtsratsähnlich. Würden ihm jedoch Zustimmungsrechte eingeräumt, sei der Stiftungsbeirat bereits als aufsichtsratsähnlich im Sinne der Judikatur zu beurteilen (Briem, Auswirkungen der jüngsten OGH-Judikatur auf die Gestaltung von Stiftungserklärungen, PSR 2010/12, 60)

Unstrittig ist somit, dass einem Beirat jedenfalls (bloße) Beratungs-, Auskunfts- und Einsichtsbefugnisse eingeräumt werden können, ohne dass dadurch AR-Ähnlichkeit entsteht. Als „potentiell gefährlich“ verbleiben daher Zustimmungsrechte gemäß dem Verweiskatalog in § 25 Abs 1 PSG (§ 95 Abs 5 Z 1, 2 und 4 – 6 AktG).

Das führt also dazu:
Zulässig ist ein Beirat mit

  • Bestell- und Abberufungskompetenzen für den Vorstand, soweit eine mit § 14 Abs 2 und 3 PSG idF BBG 2011 kompatible Konstruktion gewählt wird;
  • bloßen Mitwirkungs-, Einsichts- und Kontrollrechten.
Problematisch bzw. unsicher bleibt ein Beirat mit
  • Zustimmungsrechten, die den Katalog des § 95 Abs 5 Z 1, 2 und 4 – 6 AktG berühren (arg. § 25 Abs 1 PSG).
Eine AR-Ähnlichkeit wird auch in diesem Fall wohl nur dann verwirklicht sein, wenn einem Beirat alle Zustimmungsrechte, die § 25 Abs 1 PSG nennt, eingeräumt werden. So wäre mE etwa die bloße Verankerung von Zustimmungsrechten zur Veräußerung und zum Erwerb von Liegenschaften und Beteiligungen (Z 1 und 2) unschädlich, wenn dem Beirat weitere wesentliche Zustimmungsrechte des § 25 Abs 1 PSG nicht zugeordnet werden.


In diesen Überlegungen manifestiert sich gleichzeitig die Grundproblematik der “Ähnlichkeits-Argumentation”, weil deutlich wird, dass eine Grenzziehung zwischen “noch nicht ähnlich” und “gerade schon ähnlich” in Wahrheit nicht befriedigend gezogen werden kann. Soll es etwa an den Betragsgrenzen für Investitionen liegen (Z 6), die den Rubikon überschreiten lassen?

Kalss plädierte im Rahmen des genannten Workshops überhaupt für ein Wahlmodell des Stifters und begründete dies damit, dass ein solches im PSG von Anfang an so angelegt gewesen sei.
§ 14 Abs 2 PSG hätte ja immer schon die Einrichtung von weiteren Stiftungsorganen “zur Wahrung des Stiftungszweckes” erlaubt. Es sei also nie unzulässig gewesen, statt eines Aufsichtsrates einen Beirat zu installieren. Außerdem sehe das PSG ausdrücklich nur einen obligatorischen Aufsichtsrat vor, die Bildung eines fakultativen Aufsichtsrates sei – im Gegensatz zum GmbHG – nicht ausdrücklich geregelt.
Somit lasse sich argumentieren, dass die Grenze der Zuordnung von Beiratskompetenzen nur in den dem Aufsichtsrat zwingend zugewiesenen Kompetenzen liege, was dazu führe, dass nur die Kompetenzen zur Bestellung des Stiftungsprüfers und zur Genehmigung von § 17 Abs 5 PSG-Geschäften für einen Beirat tabu wären.


Das Regelungsmodell von Kalss läuft also auf die Freiheit des Stifters hinaus, die gerichtliche Kontrolle eingreifen zu lassen entweder
bei der Auswahl der Personen (dann: Aufsichtsrat) oder
bei der inhaltlichen Prüfung der Kompetenzausübung (dann: Beirat).

Beide Modelle lassen sich im gesetzlichen Regelungsmodell des PSG bezüglich der Organe einordnen, insbesondere arg. § 14 Abs 2 PSG.

Für den Praktiker muss aber klar sein, dass – unabhängig von der Firmenbucheintragung “gefährlicher” Stiftungsurkunden mit den geschilderten Beiratskompetenzen – das Damoklesschwert der Unzulässigkeit eines solchen Organs mit all den unliebsamen Folgeproblemen hängen bleibt. Sollte der OGH die AR-Ähnlichkeit fortschreiben, würden diese Organe wieder – quasi über Nacht – zu ex-tunc fehlerhaften Organen werden; mit den diesbezüglich zu führenden Diskussionen wären die Betroffenen dann zumindest schon vertraut (auf Basis von 6 Ob 145/09f).

Für diesen Fall der Fortschreibung durch den OGH wage ich aber folgende Prognose:

Das gesamte Thema wird so enden, wie schon die “Beirats-” und die “Berater-Entscheidung” geendet haben. Der Gesetzgeber wird reagieren und die „unerwünschten Auswüchse“ beseitigen bzw. abmildern. Dem OGH wird dann wiederum die Feststellung verbleiben, dass “nach der Novellierung der §§ ...... PSG durch das BGBl ...... die zugrunde liegende Wertung auch schon auf Altfälle anzuwenden ist, wenngleich das BGBl ...... insoweit keine Übergangsbestimmung enthält” (so 6 Ob 195/10k zur aktuellen Novelle).

Warum ich mich als Firmenbuchrichter vor diesem Hintergrund stark exponieren sollte, sehe ich nicht ein, zumal nach der Novellierung vertretbar ist, die Aufsichtsratsähnlichkeit als “PSG-fremd” einzustufen. Sollte man also überhaupt noch damit ins Feld ziehen, wird eine AR-Ähnlichkeit wohl nur mehr bei einer exzessiven Zuweisung von Zustimmungsrechten angenommen werden können und mE jedenfalls dann nicht (mehr) vorliegen, wenn nur eine einzige der einem AR zugewiesenen Kompetenzen in einer Beiratsausgestaltung fehlen sollte.

Das Risiko solcher Beiratseinrichtungen tragen im Ergebnis jene Privatstiftungen, die einen solchen "Beirat im Grenzbereich" ausbilden. Dieses Risiko liegt dann aber nicht beim Firmenbuchrichter, der sich im Hinblick auf die in der Literatur dargelegten Argumente von der Zulässigkeit derartiger Gestaltungen nach der Novellierung im BBG 2011 überzeugen lässt.

Ich werde also “großzügig” sein.