29. November 2008

Grenzüberschreitende Verschmelzungen, Praxiskommentar (Hrsg. Stephan Frotz/Alexander Kaufmann)

Seit 15.12.2007 ist das EU-VerschG in Kraft. In Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie 2005/56/EG sind damit grenzüberschreitende Verschmelzungen von österreichischen Kapitalgesellschaften - ohne Strapazierung der EuGH-Judikatur zur Niederlassungsfreiheit - möglich und auch schon Teil des firmenbuchgerichtlichen Alltags (ich verweise auf meine bisherigen BLOG-Beiträge zu den bei mir anhängigen Import- und Exportverschmelzungen).

Bei LexisNexis ist der von Stephan Frotz / Alexander Kaufmann herausgegebene Praxiskommentar „Grenzüberschreitende Verschmelzungen“ (ISBN 978-3-7007-4094-0, 456 Seiten) erschienen, der sich nach eigenem Bekunden zum Ziel setzt, eine praxisgerechte Aufbereitung der gesellschafts-, arbeitsverfassungs- und steuerrechtlichen Aspekte einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu liefern.

Das Werk kommentiert im ersten Teil das EU-VerschG, im zweiten Teil den neuen VIII. Teil des ArbVG (Arbeitnehmermitbestimmung) und im dritten Teil die steuerrechtlichen Aspekte. Abgeschlossen wird der Kommentar mit den Länderberichten für Bulgarien, Deutschland, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn.

Sowohl die beiden Herausgeber (die wesentliche Abschnitt auch selbst kommentiert haben) als auch die Autoren sind ausgewiesene Experten des nationalen und grenzüberschreitenden Umgründungsrechts und in der Praxis laufend mit derartigen Fragestellungen befasst.

Mit Ausnahme des steuerrechtlichen Teils und der Länderberichte gliedert sich der Kommentar in (i) Wiedergabe des Gesetzestextes, (ii) Text der damit umgesetzten Bestimmungen der VRL und (iii) Wiedergabe der einschlägigen Materialien; im Anschluss daran folgt dann jeweils die eigentliche ausführliche Kommentierung.

Aus Sicht des Firmenbuchrichters sind natürlich die von Alexander Kaufmann verfassten Kommentierungen zu §§ 14 und 15 EU-VerschG von großem Wert.
Herausgreifen möchte ich – als kleine Stichprobe - seine Meinung zum Umfang der Vorlagepflicht gemäß § 14 Abs 1 Z 4 EU-VerschG, also zur Vorlage des Verschmelzungsberichtes der beteiligten österreichischen Gesellschaft bei der Exportverschmelzung. Hier ist vorauszuschicken, dass gemäß § 6 Abs 1 letzter Satz EU-VerschG unter den dort näher geregelten Voraussetzungen dem Verschmelzungsbericht eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter anzufügen ist. Kaufmann führt nun überzeugend aus, dass diese Stellungnahme nicht von der Einreichverpflichtung umfasst sein könne, auch wenn die Materialien davon sprechen, dass diese Stellungnahme dem zur Prüfung berufenen Firmenbuchgericht die vor Ausstellung der Vorabbescheinigung nötige Prüfung der Sicherstellung aller Forderungen erleichtern solle. Zum Einen stehe fest, dass gemäß § 6 Abs 1 eine solche Stellungnahme nur dann dem Verschmelzungsbericht anzufügen sei, wenn das Leitungsorgan diese vor der Gesellschafterversammlung erhalte, zum Anderen spreche der eindeutige Wortlaut des § 14 Abs 1 Z 4 gegen eine solche Vorlageverpflichtung. Wesentlich sei jedoch, dass weder die Vorlage des Verschmelzungsberichts noch einer allfälligen Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter die in den Materialien angesprochene Prüfungserleichterung verwirklichen könne. Dieser Aspekt sei nämlich in § 13 EU-VerschG eingehend geregelt, insbesondere durch den verpflichtenden Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht, dass alle sich meldenden Gläubiger tatsächlich entsprechend sichergestellt wurden (§ 14 Abs 1 Z 9).

Kaufmann kommt daher zum Schluss, dass diese Stellungnahme gleich wie der Aufsichtsratsbericht nach § 220c AktG als internes Dokument behandelt werden soll, das nicht vorzulegen sei (§ 14 EU-VerschG Rz 7a).

Meine bisherige Befassung mit dem Kommentar hat jedenfalls gezeigt, dass keine der auftauchenden Fragen unangesprochen bleibt, sodass zu einem äußerst gelungenen und für den einschlägigen Praktiker höchst wertvollen Werk gratuliert werden kann. Niemand, der in der Praxis mit den einschlägigen Fragestellungen zu tun hat, wird um diese Kommentierung herumkommen.

Beseitigt eine formwechselnde Umwandlung einer AG in eine (dann) mittelgroße GmbH die Bindung der Kapitalrücklagen der AG gemäß § 130 AktG?

Eine im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck eingetragene Aktiengesellschaft weist in der Bilanz (hohe) gebundene Rücklagen aus, die großteils aus dem Agio vergangener Kapitalerhöhungen (durch Sacheinlagen) resultieren.

In Vorbereitung einer up-stream-Verschmelzung auf eine neu gegründete Gesellschaft ist beabsichtigt, diese Aktiengesellschaft formwechselnd in eine GmbH umzuwandeln (§§ 239 ff AktG). Hintergrund für diesen Schritt ist die Absicht, die eingangs genannten gebundenen Rücklagen „frei“ zu bekommen, um dem Erfordernis der Verhinderung eines kapitalentsperrenden Effektes im Zuge der Verschmelzung Rechnung zu tragen.

Mir liegen gutachterliche Stellungnahmen einer namhaften Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einer namhaften Anwaltssozietät vor, die zusammengefasst Folgendes festhalten:

Das Verschmelzungsrecht sieht grundsätzlich kein „Weiterwirken“ von gebundenen Rücklagen der übertragenden Gesellschaft bei der übernehmenden Gesellschaft vor. Seit 6 Ob 4/99b ist aber klar, dass es durch eine Verschmelzung nicht zu einem kapitalentsperrenden Effekt kommen darf.
Gebundene Rücklagen einer AG bestehen nach § 130 AktG einerseits aus der gebundenen Kapitalrücklage und andererseits aus der gesetzlichen Rücklage. In die gebundene Kapitalrücklage sind die in § 229 Abs 2 Z 1 – 4 UGB genannten Beträge einzustellen, u.a. auch Agio-Beträge aus Kapitalerhöhungen (Z 1).
Gemäß § 23 GmbHG ist § 130 AktG auch auf große GmbHs anzuwenden; daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass mittlere und kleine GmbHs keine gebundene Rücklagen zu bilden haben.
Die Kapitalrücklage nach § 229 Abs 2 Z 1 – 5 UGB ist grundsätzlich auch von einer GmbH unabhängig von ihrer Größe zu bilden; § 229 UGB sagt allerdings nichts darüber aus, ob diese Kapitalrücklagen gebunden sein müssen oder nicht; die Bindung ergibt sich nur aus § 130 AktG.
Bei der formwechselnden Umwandlung einer AG in eine GmbH gemäß § 239 AktG ist der Gläubigerschutz in § 243 AktG geregelt, der einen Sicherheitsleistungs- bzw. Befriedigungsanspruch binnen 6 Monaten nach Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch statuiert, wenn sie sich zu diesem Zweck bei der Gesellschaft melden.

Nach Nowotny (Gebundene Rücklagen, GesRZ 1996, 72) sei der Gläubigerschutz in § 243 AktG geregelt. Daraus lasse sich ableiten, dass im Falle einer formwechselnden Umwandlung einer AG in eine kleine oder mittelgroße GmbH die gebundenen Rücklagen frei werden; dass also die gebundenen Rücklagen ihre Bindung nach § 130 Abs 2 AktG verlieren.
Kalss halte für die verschmelzende Umwandlung ebenfalls fest, dass die gebundenen Kapitalrücklagen zu freien Kapitalrücklagen werden (Kalss, § 2 UmwG, Rz 29). Den Gläubigerschutz bei der verschmelzenden Umwandlung regle der Verweis von § 2 UmwG auf § 226 AktG.

Da nach einer Umwandlung in eine GmbH die betreffende Gesellschaft nach den Größenmerkmalen als mittelgroße GmbH einzustufen wäre, werden die gebundenen Rücklagen „frei“, womit dem Erfordernis, wonach bei der Verschmelzung keine kapitalentsperrender Effekt eintreten dürfe, Rechnung getragen werden könnte.

Ich halte dem entgegen:

Gebundene Rücklagen dürfen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden und können nur zur Deckung von Bilanzverlusten aufgelöst werden. Mit der Bindung wird dem Kapitalerhaltungsgrundsatz entsprochen.

Einbringungen gegen Anteilsgewährung unterliegen den für Sachgründungen und Sachkapitalerhöhungen geltenden Bestimmungen. Übersteigt der Saldo der in der Bilanz der übernehmenden Körperschaft eingebuchten Werte des eingebrachten Vermögens den Nennbetrag der gewährten Anteile, liegt ein Aufgeld vor, das gemäß § 229 Abs 2 Z 1 UGB als Kapitalrücklage auszuweisen ist. Diese Rücklage ist bei großen GmbHs gebunden, bei kleinen und mittelgroßen GmbHs könnte sich eine Bindung bzw. eine gleichwertige Rechtsfolge zugunsten des Gläubigerschutzes aus § 235 UGB ergeben (OGH 11.09.2003, 6 Ob 103/03w).
Wenn der Buchwert des eingebrachten Vermögens höher als der Nennbetrag neuer im Zuge der Kapitalerhöhung geschaffener Anteile ist, handelt es sich bei diesem Umgründungsgewinn um ein Sacheinlagenagio, das als Kapitalrücklage auszuweisen ist (Hügel, Umgründungsbilanzen 70).

"Der ausschüttbare Gewinn eines Geschäftsjahres darf nicht vermehrt werden: um Erträge auf Grund der Auflösung von Kapitalrücklagen, die durch Umgründungen unter Ansatz des beizulegenden Wertes gemäß § 202 Abs 2 Z 1 in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert und dem höheren beizulegenden Wert entstanden sind“ (§ 235 Z 3 UGB).
Diese Norm beschränkt also die Auflösung von Kapitalrücklagen, die durch Umgründungen entstanden sind.
Diese Beschränkung des § 235 Z 3 UGB liegt in einer Ausschüttungssperre solcher Beträge, und zwar hinsichtlich
  • der Erträge aus der Auflösung von Kapitalrücklagen, die durch Umgründungen unter Ansatz des beizulegenden Wertes gemäß § 202 Abs 1 UGB in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert und dem höheren beizulegenden Wert entstanden sind
  • oder unter Fortführung der Buchwerte gemäß § 202 Abs 2 UGB, wenn aufgrund der Festlegung eines über den Nennbetrag der ausgegebenen Anteile hinaus festgelegten Ausgabebetrages gemäß § 202 Abs 2 Z 2 und 3 UGB ein Umgründungsmehrwert oder Firmenwert ausgewiesen wird
  • und die in einem nach dem 31.12.1991 endenden Geschäftsjahr gebildet worden sind
  • und in einem nach dem 30.6.1996 beginnenden Geschäftsjahr ertragswirksam aufgelöst werden
(Strimitzer in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch der Umgründungen, Rz 109).

Die Ausschüttungssperre erfasst nur solche Kapitalrücklagen, die im Zusammenhang mit Umgründungen auf der Grundlage der Art I – VI UmgrStG entstehen. Allerdings sind auch außerhalb des UmgrStG durchgeführte Umgründungen davon betroffen, sofern unternehmensrechtlich mit dem beizulegenden Wert gemäß § 202 Abs 1 UGB neue bewertet wird (Strimitzer aaO, Rz 111).

Platzer (Aktuelle bilanzrechtliche Fragen bei M&A-Transaktionen und Umgründungen, RdW 2007, 622) führt aus, dass der OGH mit 6 Ob 103/03w durch § 235 UGB alle umgründungsbedingten Rücklagen mit einer Ausschüttungssperre belegen will, gleichgültig, ob sie gebunden oder ungebunden sind.
In 6 Ob 4/99b hat der OGH ausdrücklich festgestellt, dass durch die Verschmelzung der Gläubigerschutz nicht gemindert werden dürfe, weil § 226 AktG allein diesen Gläubigerschutz nicht ausreichend gewährleiste.

Ich komme daher zum Schluss, dass ungeachtet der Frage, ob die bloße formwechselnde Umwandlung einer AG in eine (dann) mittelgroße GmbH zu einer Aufhebung der ursprünglich gegebenen Bindung der Kapitalrücklage gemäß § 130 AktG führt, die Bindung der Kapitalrücklage in der umgewandelten GmbH aufgrund der Ausschüttungssperre des § 235 Z 3 UGB aufrecht bleibt. Der „Schachzug“ einer vorgeschalteten formwechselnden Umwandlung der AG in eine GmbH wird daher dieser Verschmelzung nicht den Weg ebnen, weil die ausschüttungsgesperrten Beträge gemäß dem Kapitalerhaltungsgrundsatz gebunden bleiben müssen und die Verschmelzung somit ohne flankierende Gläubigerschutzmaßnahmen im Firmenbuch nicht eingetragen werden kann.

Abgesehen davon sei noch angemerkt, dass die beiden Gutachten bezüglich des „Freiwerdens der Kapitalrücklage“ die Auseinandersetzung mit der Frage schuldig bleiben, die in 6 Ob 4/99b sehr deutlich aufgeworfen wurde: Dass nämlich der nachgeschaltete Gläubigerschutz des § 226 AktG eine durch die Verschmelzung bewirkte kapitalherabsetzende Wirkung nicht zu rechtfertigen vermag. Auch der Gläubigerschutz des § 243 AktG ist wie § 226 AktG nachgeschaltet, sodass dieselbe „Gefahrenlage“ verwirklicht wird.
Die beiden herangezogenen literarischen Belegstellen (Nowotny und Kalss) sind zu einem Zeitpunkt vor dem 11.11.1999 (6 Ob 4/99b) verfasst worden, sodass eine kritische Würdigung dieser Meinungen vor dem Hintergrund der geänderten Rechtsprechung geboten gewesen wäre.

24. November 2008

Die GmbH-Reform im Regierungsprogramm

Das Regierungsprogramm der alt-neu zustande gekommenen Koalition beschäftigt sich im Abschnitt JUSTIZ unter Punkt G. mit den Zielvorhaben im Bereich Wirtschaftsrecht.

Unter der Überschrift „GmbH-Reform“ ist Folgendes zu lesen:

Die Attraktivität der österreichischen GmbH soll im nationalen und internationalen Wettbewerb der Rechtsformen gesteigert werden. Das gilt besonders im Vergleich der GmbH zur bevorstehenden Europäischen Privatgesellschaft. Dabei soll das Erfordernis eines Mindestkapitals (von jedenfalls 10.000 Euro) im Interesse des Gläubigerschutzes (Seriositätsschwelle) substantiell erhalten werden.
Anträge auf Eintragung von Gesellschaften und Änderungen sollen elektronisch erfolgen können.

Damit kommt sie also, die „GmbH-light“.

Mir hat bis dato noch niemand überzeugend erklären können, warum unsere GmbH im „Wettstreit“ mit anderen Rechtsformen dadurch reüssieren soll, dass man sie „leichter“ macht. Wenn jetzt das Regierungsprogramm von einer „Seriositätsschwelle“ spricht, scheint ja das Konzept, dass aus Gesichtspunkten des Gläubigerschutzes eine Kapitalgesellschaft zumindest in den ersten Minuten ihres Lebens eine nennenswerte Kapitalausstattung haben soll, eine gewisse Berechtigung zu haben. Offenbar ist es aber trotzdem nötig, eine Abmagerungskur zu verordnen, um mit den schlanken Mitbewerbern in Europa mithalten zu können. Warum allerdings die GmbH in diesem Wettbewerb nicht einfach deshalb eine starke Figur bleibt, weil sie eine bessere Gewähr an Seriosität, Kapitalausstattung, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung bietet, sagen die Visionäre der Light-Version nicht.

Ich dachte und denke mir aber, dass so eine österreichische GmbH in der bisherigen Prägung neben einer englischen Limited mit einem Grund/Stammkapital von ein paar englischen Pfund doch ganz klar den Wettbewerb gewinnen müsste …

Vielleicht passt das alles doch wieder ins Bild, wenn man sich vor Augen hält, dass das Regierungsprogramm in diesem Kontext eine Forderung formuliert, die bereits seit Monaten alltägliche Realität ist – nämlich die Möglichkeit, nein Verpflichtung (!), die Anträge im Firmenbuchverfahren im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs einzubringen.
Das soll aber jeder für sich selbst beurteilen.

23. November 2008

Datenschutzrechtliche Fragen im Zusammenhang mit Biodatenbanken

Als Mitglied der Ethikkommission der Medizinischen Universität Innsbruck stellen sich mir ab und zu auch interessante datenschutzrechtliche Fragen. Konkret ging es darum, ob es für die Weitergabe von biologischen Materialien notwendig ist, eine Meldung an die Datenschutzkommission (DSK) zu machen, wenn sowohl die Weitergabe anonymisiert erfolgt als auch die aus den biologischen Materialien gewonnenen Daten anonymisiert sind.

Die Frage verlangt zunächst nach einer Klärung der „Dateneigenschaft“ von biologischen Materialien. Schon die Anfrage verwendet unterschiedliche „Datenbegriffe“. So wird einleitend von der Weitergabe „biologischer Materialien“ gesprochen, um dann im selben Satz die „aus den biologischen Materialien gewonnenen Daten“ anzusprechen.

Ich tendiere dazu, von einem weiten Datenbegriff auszugehen und das aus dem menschlichen Körper gewonnene biologische Material an sich dem Datenbegriff des DSG zu unterstellen.
Personenbezogene Daten iSd DSG sind etwa Name, Geburtsdatum, Adresse, Geschlecht, Einkommen, Vermögen, Leumund, Lebensgewohnheiten, Intelligenzquotient, Umsatz, Gewinn, Beschäftigtenzahl, aber auch Werturteile.
Auch Daten wie Fingerabdruck, genetische Merkmale, Bild und Stimme stellen ein personenbezogenes Datum dar.
Unter „Daten“ meint der Gesetzgeber also eher „Informationen“ (Dohr/Pollirer/Weiss, DSG², § 4 Anm 2).

In dieser weiten Begriffsdefinition wird man daher sowohl das biologische Material an sich als auch die bei Verwertung dieses Materials spezifisch gewonnenen Daten als „Daten“ im Sinne des DSG behandeln müssen.

Mit den weiteren damit zusammenhängenden Problemen habe ich mich in einer ausführlichen Stellungnahme auseinandergesetzt, die auf www.iusmaps.at unter SKRIPTS > ZIVILRECHTLICHES > DATENSCHUTZRECHT mit drei Mindmaps zum DSG abrufbar ist.

22. November 2008

Down-stream-Abspaltung der Beteiligung an der Tochtergesellschaft in die Tochtergesellschaft

Eine Muttergesellschaft hält eine 100%-Beteiligung an ihrer Tochtergesellschaft. Diese 100%-Beteiligung an der Tochtergesellschaft soll von der Muttergesellschaft down-stream auf die Tochtergesellschaft abgespalten werden, wobei im Ergebnis die Gesellschafter der Muttergesellschaft die Anteile an der Tochtergesellschaft halten sollen.

Mit der Zulässigkeit dieser beabsichtigten Konstruktion in handels- und steuerrechtlicher Hinsicht beschäftigen sich Christian Ludwig/Thomas Walter in einem Beitrag mit dem in der Überschrift angeführten Titel in RdW 2002/380.
Deren Argumentation der Zulässigkeit eines solchen Vorgangs möchte ich hinsichtlich des unternehmensrechtlichen Teils mit einigen ergänzenden Anmerkungen referieren:

Die ins Auge gefasste Abspaltung zur Aufnahme ist zulässig, was sich aus § 1 Abs 2 Z 2 2. Fall iVm § 17 SpaltG zwanglos ergibt. Ein Verstoß gegen den Erwerb eigener Anteile kann dadurch vermieden werden, dass im Spaltungs- und Übernahmevertrag Vorsorge getroffen wird, dass die in § 224 Abs 3 AktG vorgesehene Anteilsauskehr zustande kommt (so auch 6 Ob 4/99b für die Verschmelzung down-stream).

Eine Gewährung von Anteilen hat gemäß § 17 Z 5 SpaltG iVm § 224 Abs 3 AktG zu unterbleiben, weil das übertragene Vermögen ausschließlich aus Anteilen der übernehmenden Gesellschaft besteht, nämlich der 100%-Beteiligung an der Tochtergesellschaft. Daher hat die Tochtergesellschaft die im Wege der Abspaltung erworbenen eigenen Anteile zwingend im Wege der Durchschleusung an die Gesellschafter der Muttergesellschaft auszukehren, was im Spaltungs- und Übernahmevertrag zu regeln ist.

Dass im Zuge einer Abspaltung die übertragende Gesellschaft Vermögen verliert, liegt in der Natur der Spaltung. Aus diesem Grund normiert das SpaltG auch ein entsprechendes Gläubigerschutzkonzept, sodass Kapitalerhaltungsüberlegungen bei der Muttergesellschaft nicht gegen die Zulässigkeit eines solchen Vorgangs sprechen.

Auch die Gewährung neuer Anteile durch die Tochtergesellschaft hat zwingend zu unterbleiben, weil der Tochtergesellschaft nach Anteilsdurchschleusung aus dem Spaltungsvorgang kein Vermögen mehr verbleibt und somit gegen Grundsätze der Kapitalaufbringung verstoßen würde (Verbot der „Unter-pari-Emission).
Es ist evident, dass die Spaltung nicht im Interesse der Tochtergesellschaft liegen kann, sodass auf sie natürlich weder Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft übertragen werden dürfen und die Tochtergesellschaft auch nicht mit Kosten aus der Spaltung belastet werden darf. Sollte dies dennoch passieren, wäre der gesamte Spaltungsvorgang wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nichtig.

Problematisch ist die Haftungsbestimmung des § 15 SpaltG.

Danach haften für die im Zeitpunkt der Eintragung der Spaltung bei der Muttergesellschaft bestehenden Verbindlichkeiten sämtliche an der Spaltung beteiligten Gesellschaften. Diese Haftung ist bei der übernehmenden Gesellschaft der Höhe nach auf den Wert des übernommenen Nettoaktivvermögens beschränkt. Dies hat zur Konsequenz, dass die Tochtergesellschaft in Höhe ihres gesamten eigenen Verkehrswertes (diese Beteiligung übernimmt sie ja) für Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft haftet, obwohl sie diesen Wert an die Gesellschafter der Muttergesellschaft auskehren muss, diesen Vermögenswert also nicht mehr hat und gar nicht haben darf.

Die Haftung gemäß § 15 SpaltG sollte dann kein Hindernis für die Spaltung darstellen, wenn entweder die spaltende Muttergesellschaft keine Verbindlichkeiten hat oder diese bis zur Eintragung der Spaltung befriedigt werden.

Meiner Meinung nach kann ein solcher Nachweis dem Firmenbuchgericht gegenüber praktisch nicht erbracht werden, was diese Variante zu einer sehr theoretischen Möglichkeit macht (Ideen dazu sind willkommen).
Ist die Tilgung der Verbindlichkeiten nicht möglich oder nicht beabsichtigt (oder kann diese nicht nachgewiesen werden – siehe oben), kann eine verbotene Einlagenrückgewähr dadurch vermieden werden, dass die spaltende Muttergesellschaft der übernehmenden Tochtergesellschaft für das ihr entstehende Haftungsrisiko eine entsprechende Haftungsprämie in fremdüblicher Höhe bezahlt. Der Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht müsste durch eine entsprechend schlüssige und nachvollziehbare Darstellung eines einschlägigen Sachverständigen über den diesbezüglichen „Markt“ bzw. über die Fremdüblichkeit der vereinbarten Prämie erfolgen zuzüglich des Nachweises der Erbringung der sich daraus ergebenden Leistungsverpflichtung.

11. November 2008

Vereinfachte Kapitalherabsetzung zur Verlustabdeckung samt gleichzeitiger Kapitalerhöhung (§§ 59, 60 GmbHG)

Im Firmenbuch ist die O** Bergbahnen GmbH mit einem in der Generalversammlung vom 24.06.2008 auf Euro umgestellten Stammkapital von € 1,909.842,08 eingetragen.
In derselben Generalversammlung wurde der Jahresabschluss zum 31.12.2007 genehmigt; dieser Jahresabschluss weist einen Bilanzverlust von € 1,482.235,18 und damit ein (saldiertes) Eigenkapital von € 427.606,90 aus.

In einem weiteren Tagesordnungspunkt beschloss die Generalversammlung, das Stammkapital der Gesellschaft von € 1,909.842,08 zur Deckung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlustes gemäß § 59 GmbHG um € 1,718.857,87 auf € 190.984,21 herabzusetzen und das herabgesetzte Stammkapital gemäß § 60 GmbHG um voll und bar einzuzahlende € 500.000,-- auf € 690.984,21 zu erhöhen.

Diese Kapitalerhöhung wurde teilweise von übernahmswilligen Alt-Gesellschaftern, teilweise nach Verzicht der übrigen Alt-Gesellschafter durch beitretende Neu-Gesellschafter übernommen.

Die Geschäftsführung meldete das neue Stammkapital von € 690.984,21, die Anpassung des Gesellschaftsvertrages gemäß 1. Euro-JuBeG, die vereinfachte Kapitalherabsetzung um € 1.718.857,87 und die Kapitalerhöhung um € 500.000,-- samt den entsprechenden Änderungen des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Dazu habe ich den Antragstellern folgende Überlegungen mit dem Ersuchen um eine schriftliche Stellungnahme mitgeteilt:

Gemäß § 59 Abs 1 GmbHG kann eine Herabsetzung des Stammkapitals, die dazu dienen soll, einen sonst auszuweisenden Bilanzverlust zu decken, in vereinfachter Form vorgenommen werden (die ebenfalls gesetzlich vorgesehene Einstellung von Beträgen in eine gebundene Kapitalrücklage kommt im Anlassfall nicht in Betracht, weil nur große GmbHs gebundene Rücklagen kennen). Im Beschluss ist festzusetzen, dass die Herabsetzung zu diesem Zweck stattfindet. Die §§ 183 und 185 - 188 AktG gelten sinngemäß.

Gemäß § 59 Abs 1 GmbHG iVm § 188 AktG wäre es demnach zulässig, das Stammkapital im Jahresabschluss für das letzte Geschäftsjahr in der nach dem Herabsetzungsbeschluss maßgeblichen Höhe auszuweisen. Wenn eine solche Rückbeziehung gewollt ist, muss über die Kapitalherabsetzung und den Jahresabschluss zugleich, dh in derselben Versammlung, Beschluss gefasst werden. In einem solchen Fall müsste die Kapitalherabsetzung innerhalb von drei Monaten seit Beschlussfassung im Firmenbuch eingetragen sein, ansonsten der Beschluss ex tunc nichtig wird.

Im konkreten Fall wurde zwar über den Jahresabschluss und die Kapitalherabsetzung in derselben Generalversammlung Beschluss gefasst, im Herabsetzungsbeschluss wurde aber auf eine allenfalls gewollte Rückwirkung auf das letzte Geschäftsjahr (also auf 2007) nicht hingewiesen. Unabhängig davon stellt sich diese Frage einer (allenfalls beabsichtigten) Rückwirkung aber schon deshalb nicht, weil der in derselben Generalversammlung genehmigte Jahresabschluss diese „Rückwirkung“ gar nicht ausweist, sondern noch das nicht herabgesetzte Stammkapital darstellt. Es ist somit ohne Zweifel davon auszugehen, dass die Gesellschafter eine Rückwirkung iSd § 59 Abs 1 GmbHG iVm § 188 AktG nicht beschlossen haben. Der mittlerweile erfolgte Ablauf der 3-Monats-Frist seit dem Beschluss der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist daher unschädlich.

Unklar bleibt aber jener Beschluss, wonach die Generalversammlung gleichzeitig unter Bezugnahme auf § 60 GmbHG das Stammkapital wieder um € 500.000,-- erhöhte. Eine gleichzeitige Kapitalerhöhung iSd § 60 GmbHG würde voraussetzen, dass zuvor eine Kapitalherabsetzung gemäß § 59 Abs 1 GmbHG iVm § 188 AktG beschlossen wurde, was hier - wie dargestellt – aber nicht der Fall war.
Ungeachtet dessen ist es aber natürlich zulässig, gleichzeitig eine Kapitalerhöhung gemäß §§ 52 ff GmbHG zu beschließen, die aber dann natürlich ebenfalls nicht auf das letzte Geschäftsjahr zurückbezogen werden dürfte.

In diesem Sinne wurden die Antragsteller um Bekanntgabe ersucht, „welchen Kapitalerhöhungsbeschluss“ die Generalversammlung vom 24.06.2008 also tatsächlich gefasst hat. Da der Kapitalerhöhungsbeschluss die Erfordernisse gemäß § 52 GmbHG und auch die Voraussetzungen gemäß § 53 GmbHG erfüllt, wäre meines Erachtens der im Beschluss aufgenommene Verweis auf § 60 GmbHG unschädlich.

Unabhängig davon wurde die Gesellschaft noch auf folgenden Umstand hingewiesen:

Das Firmenbuchgericht trifft grundsätzlich keine Prüfungspflicht hinsichtlich des tatsächlichen Vorliegens eines Verlustes in Höhe des Herabsetzungsbetrages. Im konkreten Fall hätte ich dies aber trotzdem als Eintragungshindernis aufgegriffen, wenn eine Rückwirkung auf das Geschäftsjahr 2007 beschlossen worden wäre, weil im Jahresabschluss zum 31.12.2007 gar keine Verluste in Höhe des Herabsetzungsbetrages zur Verfügung gestanden wären (ausgewiesener Bilanzverlust beläuft sich nämlich nur auf € 1,482.235,18). Sollte sich demnach im Geschäftsjahr 2008 der Bilanzverlust nicht auf zumindest € 1,718.857,87 (also den beschlossenen Herabsetzungsbetrag) erhöhen, wäre ein allfälliger Differenzbetrag auch bei der kleinen GmbH in eine Rücklage einzustellen, die nicht zum Zwecke der Gewinnausschüttung aufgelöst werden darf (sinngemäße Anwendung des § 185 AktG); ein dagegen verstoßender Jahresabschluss wäre nichtig.

Was schließlich die konkrete Eintragung der Kapitalherabsetzung betrifft, meinen Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 59 Rz 15, dass im Firmenbuch nicht auch einzutragen wäre, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt, weil eine einschlägige Bestimmung nicht existiere. Interessierte Dritte könnten sich über die Urkundensammlung informieren.
Wenn es auch zutrifft, dass eine gesetzliche Anordnung nicht besteht, halte ich einen entsprechenden Hinweis im Firmenbuch doch für sinnvoll, sodass ich diese Rechtstatsache wie folgt eintragen würde:

Generalversammlungsbeschluss vom 24.06.2008
Vereinfachte Kapitalherabsetzung um € 1.718.857,87 zum Zwecke der Verlustabdeckung durchgeführt.
Kapitalerhöhung um € 500.000,--.

10. November 2008

Gesellschaftsvertragliche Regelung einer "asymmetrischen Gewinnverteilung" in der GmbH (§§ 35 Abs 1, 82 Abs 2 GmbHG)

Meine folgenden Überlegungen zur Frage der Zulässigkeit einer gesellschaftsvertraglichen Regelung einer von den Beteiligungsverhältnissen abweichenden Gewinnverteilung sind Ergebnis einer konkreten Anfrage.

Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG unterliegen der Beschlussfassung der Gesellschafter u.a. die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses und die Verteilung des Bilanzgewinns, falls letzterer im Gesellschaftsvertrag einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten ist; diese Beschlüsse sind in den ersten acht Monaten jedes Geschäftsjahrs für das abgelaufene Geschäftsjahr zu fassen.

Daraus folgt, dass bei Fehlen einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmung über die Gewinnverteilung der gesamte Gewinn an die Gesellschafter auszuschütten ist. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag eigene Gewinnverwendungsregeln aufstellen, also z.B. bestimmen, dass und welche Gewinnquoten der Rücklage zuzuweisen sind, und die Gewinnbeteiligung der einzelnen Gesellschafter auch anders als § 82 Abs 2 GmbHG regeln. Voraussetzung ist, dass sich der Anspruch anhand des Gesellschaftsvertrags beziffern lässt (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 35 Rz 13 und 14 mwN).

Gemäß § 82 Abs 2 GmbHG erfolgt die Verteilung des Bilanzgewinns in Ermangelung besonderer Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nach dem Verhältnis der einbezahlten Stammeinlagen. Der verteilungsfähige Bilanzgewinn ist mittels eines Jahresabschlusses festzustellen, den die Geschäftsführer aufzustellen haben (§ 22 GmbHG). Soweit nicht Ausschüttungssperren gemäß § 235 UGB oder gegenteilige Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag bestehen, ist der gesamte Bilanzgewinn unter die Gesellschafter zu verteilen. Sofern die Gewinnverwendung von einer Entscheidung der Gesellschaft abhängt, ist dafür die Gesellschafterversammlung zuständig (Koppensteiner/Rüffler, aaO, § 82 Rz 10).

Wenn also der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass ein Gewinnverteilungsbeschluss zu fassen ist und keine eigene Gewinnverwendungsregel aufstellt, haben die Gesellschafter periodische Gewinnverwendungsbeschlüsse zu fassen. Dieser jeweilige Beschluss hat den Gleichheitsgrundsatz zu beachten und darf Rücklagen nur im Rahmen des unternehmerisch Vertretbaren vorsehen (Koppensteiner/Rüffler, aaO, § 35 Rz 15).

Vor diesem Hintergrund halte ich daher eine gesellschaftsvertragliche Regelung des Inhalts, dass die Beschlussfassung über die Ergebnisverwendung der Generalversammlung vorbehalten ist und die Generalversammlung beschließen kann, dass ein Gewinn ganz oder teilweise auf neue Rechnung vorgetragen wird, für unbedenklich. Jeder einzelne dieser Beschlüsse muss sich natürlich insbesondere am Gleichheitsgrundsatz messen lassen, was gegebenenfalls mit Klage gemäß § 41 GmbHG geltend zu machen wäre.
Zulässig ist demnach aber auch eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die die Berechtigung der Gesellschafter am Bilanzgewinn nach dem Verhältnis der Nominalbeträge der von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile zum Stammkapital der Gesellschaft bemisst (also nicht auf das Ausmaß der einbezahlten Stammeinlagen abstellt).
Wenn gesellschaftsvertraglich darüber hinaus vorgesehen ist, dass die Generalversammlung einstimmig eine davon abweichende Gewinnverteilung („asymmetrische Gewinnverteilung“) beschließen kann und für diese Fälle detailliert regelt, was mit nicht ausgeschütteten Differenzbeträgen zu geschehen hat (Einstellung in eine satzungsmäßige Gewinnrücklage mit Regelungen, unter welchen Bedingungen und mit welchem Ergebnis diese Rücklagen aufzulösen sind), sehe ich darin ebenfalls kein Eintragungshindernis, weil
  • § 82 Abs 2 GmbHG eine abweichende Regelung ausdrücklich zulässt, die gesetzliche Gewinnverteilungsregel also dispositiv ist;
  • der konkrete Gesellschaftsvertrag für einen solchen abweichenden Gewinnverteilungsbeschluss Einstimmigkeit verlangt und sich somit Überlegungen in Richtung Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bei einer derartigen Konstellation nicht stellen (wenn ich mich ungleich behandeln lassen will, darf ich das tun, solange dadurch nicht unverzichtbare Rechtsgüter verletzt werden);
  • es also jeder Gesellschafter in der Hand hat, einen derartigen asymmetrischen Verteilungsbeschluss durch seine Gegenstimme zu verhindern.

6. November 2008

Beschreibung der Sacheinlage im Gesellschaftsvertrag (§ 6 Abs 4 GmbHG; § 52 Abs 6 GmbHG)

An der Hotel D** GmbH sind die Gesellschafter Claudia P**, Friederike P** und Thomas P** mit einer jeweils zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von € 11.700 beteiligt.
Die genannten Gesellschafter sind zudem zu gleichen Teilen an der P** KG beteiligt, Claudia P** als Komplementärin, Friederike P** und Thomas P** als Kommanditisten.

Mit Einbringungsvertrag vom TT.MM.JJ brachten die drei Gesellschafter ihre jeweiligen Mitunternehmeranteile an der P** KG in die Hotel D** GmbH auf Grundlage der jeweiligen Einbringungsbilanzen zum 31.12.2007 gegen Anteilsgewährung ein, womit das gesamte Unternehmen der P** KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 142 UGB auf die Hotel D** GmbH überging.


Zu diesem Zweck wurde in der Generalversammlung vom TT.MM.JJ das Stammkapital der Gesellschaft um voll zu leistende € 300,-- erhöht und die drei Gesellschafter zu gleichen Teilen mit einem Betrag von je € 100,-- zur Übernahme des Erhöhungsbetrages zugelassen. Die drei Gesellschafter übernahmen diese Kapitalerhöhung einerseits durch Leistung einer Bareinlage von je € 50,-- und andererseits durch Leistung einer Sacheinlage bezüglich eines Teilbetrages von je € 50,--, und zwar durch Einbringung der genannten Mitunternehmeranteile in die GmbH.

Im Anschluss an diesen Kapitalerhöhungsbeschluss fassten die Gesellschafter folgenden Beschluss auf Abänderung des Gesellschaftsvertrages im Punkt III.:

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt € 35.400,00.
Auf das Stammkapital übernehmen die Gesellschafter folgende Stammeinlagen:

  1. Friederike P** übernimmt eine Stammeinlage von € 11.800,00; hierauf geleistet: Euro 5.950,00
  2. Claudia P** übernimmt eine Stammeinlage von € 11.800,00; hierauf geleistet: Euro 5.950,00
  3. Thomas P** übernimmt eine Stammeinlage von € 11.800,00; hierauf geleistet: Euro 5.950,00

Eine Nachschusspflicht wird nicht vereinbart.

Damit ergeben sich für die Eintragung der angemeldeten Kapitalerhöhung in das Firmenbuch folgende Probleme:

Die Erhöhung des Stammkapitals setzt gemäß § 52 Abs 1 GmbHG einen Beschluss auf Abänderung des Gesellschaftsvertrages voraus. Gemäß § 52 Abs 6 GmbHG sind die §§ 6, 6a, 10 und 10a GmbHG auf die Erhöhung des Stammkapitals sinngemäß anzuwenden. Soll demnach einem Gesellschafter die Vergütung für Vermögensgegenstände, die von der Gesellschaft übernommen werden, auf die Stammeinlage angerechnet werden, so sind die Person des Gesellschafters, der Gegenstand der Übernahme und der Geldwert, wofür die Vermögensgegenstände übernommen werden, im Gesellschaftsvertrag im einzelnen genau und vollständig festzusetzen (§ 6 Abs 4 GmbHG).

Bei der Gründung einer Gesellschaft ist im Sinn des § 6 Abs 4 GmbHG zu verlangen, dass die genaue und vollständige Beschreibung der Sacheinlage im Gesellschaftsvertrag erfolgt, weil dieser allein die Vereinbarung der Gesellschafter und den Titel für Ihre Verpflichtungen enthält. Dadurch soll eine Kontrolle der Beurteilung des Vermögens der Gesellschaft leicht möglich und ein Schutz vor unzureichender Kapitalaufnahme gegeben sein. Auf die Kapitalerhöhung durch Einbringung von Sacheinlagen sind diese Gründungsbestimmungen sinngemäß anzuwenden, was im Sinne der aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur heißt, „soweit dies zur Herbeiführung desselben Zwecks bei den gesellschaftsrechtlichen Vorgängen der Kapitalerhöhung notwendig ist“ (OGH 7 Ob 129/07 g).

Der soeben zitierten Entscheidung lag folgende Fallkonstellation zu Grunde: Es wurde eine Gesellschaftsvertragsänderung vorgenommen, in der die Erhöhung des Stammkapitals genannt und unter Hinweis auf die Gesellschafterliste (Anm.: § 9 Abs 2 Z 2 GmbHG idF vor PuG 2006) und die eingereichten Urkunden festgesetzt wurde, dass die Sacheinlage (Einbringung eines nicht protokollierten Einzelunternehmens) vollständig eingebracht wurde. Des weiteren ergab sich aus dem Kapitalerhöhungsbeschluss die Person des Gesellschafters, die genaue Bezeichnung der Sacheinlage, ihr Wert und die Höhe der übernommenen Stammeinlage. In Verbindung mit der Tatsache, dass auch die Einbringung des namentlich genannten Einzelunternehmens aus dem Firmenbuch zu ersehen ist, hielt der OGH fest, dass damit der Sinn und Zweck der Bestimmung, dass nämlich der Gläubiger feststellen kann, welche Sacheinlagen unter Anrechnung auf das Stammkapital eingebracht wurden und dass er eine allenfalls nähere Überprüfung der Werte der Sacheinlagen vornehmen kann, sinngemäß erfüllt seien. Eine Wiederholung der genauen und vollständigen Beschreibung auch noch in dem auf die Einbringung hinweisenden Gesellschaftsvertrag zu verlangen, „wäre ein bloßer Formalismus“. Zusammenfassend führt das Höchstgericht aus, dass die Sacheinlage auch dann ausreichend genau und vollständig im Gesellschaftsvertrag iSd § 52 Abs 1 und 6 iVm § 6 Abs 4, 6a Abs 4 GmbHG und § 20 Abs 3 AktG festgesetzt ist, wenn im Gesellschaftsvertrag festgehalten wird, dass die Sacheinlage eingebracht wurde und ausdrücklich auf die gleichzeitig zum Firmenbuch eingebrachten Urkunden verwiesen wird, aus denen sich die Person des Einbringenden, die genaue und vollständige Bezeichnung der Sacheinlage samt ihrem Wert und die Höhe der übernommenen Stammeinlage ergibt (OGH 7 Ob 129/07 g).

Selbst vor dem Hintergrund dieser sehr "liberalen" Auslegung des § 6 Abs 4 GmbHG ist die mir vorliegende Vertragsänderung nicht ausreichend. Daraus ergibt sich nämlich mit keinem Wort, dass ein Teil des Stammkapitals durch Sacheinlage aufgebracht ist, womit einer solcherart angemeldeten Kapitalerhöhung ein wesentliches Eintragungshindernis entgegensteht.
Im Beschluss auf Abänderung des entsprechenden Punktes des Gesellschaftsvertrages hätte daher zumindest ein Hinweis auf den Einbringungsvertrag aufgenommen werden müssen, zumal dann in Verbindung mit der entsprechenden Firmenbucheintragung (Kapitalerhöhung und Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB) und den mit diesen Eintragungen über das elektronische Urkundenarchiv verknüpften Urkunden (Kapitalerhöhungsbeschluss, Einbringungsvertrag) dem Gesetzeszweck der §§ 52 Abs 6, 6 Abs 4 GmbHG ausreichend Rechnung getragen würde.