29. November 2008

Grenzüberschreitende Verschmelzungen, Praxiskommentar (Hrsg. Stephan Frotz/Alexander Kaufmann)

Seit 15.12.2007 ist das EU-VerschG in Kraft. In Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie 2005/56/EG sind damit grenzüberschreitende Verschmelzungen von österreichischen Kapitalgesellschaften - ohne Strapazierung der EuGH-Judikatur zur Niederlassungsfreiheit - möglich und auch schon Teil des firmenbuchgerichtlichen Alltags (ich verweise auf meine bisherigen BLOG-Beiträge zu den bei mir anhängigen Import- und Exportverschmelzungen).

Bei LexisNexis ist der von Stephan Frotz / Alexander Kaufmann herausgegebene Praxiskommentar „Grenzüberschreitende Verschmelzungen“ (ISBN 978-3-7007-4094-0, 456 Seiten) erschienen, der sich nach eigenem Bekunden zum Ziel setzt, eine praxisgerechte Aufbereitung der gesellschafts-, arbeitsverfassungs- und steuerrechtlichen Aspekte einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu liefern.

Das Werk kommentiert im ersten Teil das EU-VerschG, im zweiten Teil den neuen VIII. Teil des ArbVG (Arbeitnehmermitbestimmung) und im dritten Teil die steuerrechtlichen Aspekte. Abgeschlossen wird der Kommentar mit den Länderberichten für Bulgarien, Deutschland, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn.

Sowohl die beiden Herausgeber (die wesentliche Abschnitt auch selbst kommentiert haben) als auch die Autoren sind ausgewiesene Experten des nationalen und grenzüberschreitenden Umgründungsrechts und in der Praxis laufend mit derartigen Fragestellungen befasst.

Mit Ausnahme des steuerrechtlichen Teils und der Länderberichte gliedert sich der Kommentar in (i) Wiedergabe des Gesetzestextes, (ii) Text der damit umgesetzten Bestimmungen der VRL und (iii) Wiedergabe der einschlägigen Materialien; im Anschluss daran folgt dann jeweils die eigentliche ausführliche Kommentierung.

Aus Sicht des Firmenbuchrichters sind natürlich die von Alexander Kaufmann verfassten Kommentierungen zu §§ 14 und 15 EU-VerschG von großem Wert.
Herausgreifen möchte ich – als kleine Stichprobe - seine Meinung zum Umfang der Vorlagepflicht gemäß § 14 Abs 1 Z 4 EU-VerschG, also zur Vorlage des Verschmelzungsberichtes der beteiligten österreichischen Gesellschaft bei der Exportverschmelzung. Hier ist vorauszuschicken, dass gemäß § 6 Abs 1 letzter Satz EU-VerschG unter den dort näher geregelten Voraussetzungen dem Verschmelzungsbericht eine Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter anzufügen ist. Kaufmann führt nun überzeugend aus, dass diese Stellungnahme nicht von der Einreichverpflichtung umfasst sein könne, auch wenn die Materialien davon sprechen, dass diese Stellungnahme dem zur Prüfung berufenen Firmenbuchgericht die vor Ausstellung der Vorabbescheinigung nötige Prüfung der Sicherstellung aller Forderungen erleichtern solle. Zum Einen stehe fest, dass gemäß § 6 Abs 1 eine solche Stellungnahme nur dann dem Verschmelzungsbericht anzufügen sei, wenn das Leitungsorgan diese vor der Gesellschafterversammlung erhalte, zum Anderen spreche der eindeutige Wortlaut des § 14 Abs 1 Z 4 gegen eine solche Vorlageverpflichtung. Wesentlich sei jedoch, dass weder die Vorlage des Verschmelzungsberichts noch einer allfälligen Stellungnahme der Arbeitnehmervertreter die in den Materialien angesprochene Prüfungserleichterung verwirklichen könne. Dieser Aspekt sei nämlich in § 13 EU-VerschG eingehend geregelt, insbesondere durch den verpflichtenden Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht, dass alle sich meldenden Gläubiger tatsächlich entsprechend sichergestellt wurden (§ 14 Abs 1 Z 9).

Kaufmann kommt daher zum Schluss, dass diese Stellungnahme gleich wie der Aufsichtsratsbericht nach § 220c AktG als internes Dokument behandelt werden soll, das nicht vorzulegen sei (§ 14 EU-VerschG Rz 7a).

Meine bisherige Befassung mit dem Kommentar hat jedenfalls gezeigt, dass keine der auftauchenden Fragen unangesprochen bleibt, sodass zu einem äußerst gelungenen und für den einschlägigen Praktiker höchst wertvollen Werk gratuliert werden kann. Niemand, der in der Praxis mit den einschlägigen Fragestellungen zu tun hat, wird um diese Kommentierung herumkommen.

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