Im Firmenbuch ist die O** Bergbahnen GmbH mit einem in der Generalversammlung vom 24.06.2008 auf Euro umgestellten Stammkapital von € 1,909.842,08 eingetragen.
In derselben Generalversammlung wurde der Jahresabschluss zum 31.12.2007 genehmigt; dieser Jahresabschluss weist einen Bilanzverlust von € 1,482.235,18 und damit ein (saldiertes) Eigenkapital von € 427.606,90 aus.
In einem weiteren Tagesordnungspunkt beschloss die Generalversammlung, das Stammkapital der Gesellschaft von € 1,909.842,08 zur Deckung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlustes gemäß § 59 GmbHG um € 1,718.857,87 auf € 190.984,21 herabzusetzen und das herabgesetzte Stammkapital gemäß § 60 GmbHG um voll und bar einzuzahlende € 500.000,-- auf € 690.984,21 zu erhöhen.
Diese Kapitalerhöhung wurde teilweise von übernahmswilligen Alt-Gesellschaftern, teilweise nach Verzicht der übrigen Alt-Gesellschafter durch beitretende Neu-Gesellschafter übernommen.
Die Geschäftsführung meldete das neue Stammkapital von € 690.984,21, die Anpassung des Gesellschaftsvertrages gemäß 1. Euro-JuBeG, die vereinfachte Kapitalherabsetzung um € 1.718.857,87 und die Kapitalerhöhung um € 500.000,-- samt den entsprechenden Änderungen des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung in das Firmenbuch an.
Dazu habe ich den Antragstellern folgende Überlegungen mit dem Ersuchen um eine schriftliche Stellungnahme mitgeteilt:
Gemäß § 59 Abs 1 GmbHG kann eine Herabsetzung des Stammkapitals, die dazu dienen soll, einen sonst auszuweisenden Bilanzverlust zu decken, in vereinfachter Form vorgenommen werden (die ebenfalls gesetzlich vorgesehene Einstellung von Beträgen in eine gebundene Kapitalrücklage kommt im Anlassfall nicht in Betracht, weil nur große GmbHs gebundene Rücklagen kennen). Im Beschluss ist festzusetzen, dass die Herabsetzung zu diesem Zweck stattfindet. Die §§ 183 und 185 - 188 AktG gelten sinngemäß.
Gemäß § 59 Abs 1 GmbHG iVm § 188 AktG wäre es demnach zulässig, das Stammkapital im Jahresabschluss für das letzte Geschäftsjahr in der nach dem Herabsetzungsbeschluss maßgeblichen Höhe auszuweisen. Wenn eine solche Rückbeziehung gewollt ist, muss über die Kapitalherabsetzung und den Jahresabschluss zugleich, dh in derselben Versammlung, Beschluss gefasst werden. In einem solchen Fall müsste die Kapitalherabsetzung innerhalb von drei Monaten seit Beschlussfassung im Firmenbuch eingetragen sein, ansonsten der Beschluss ex tunc nichtig wird.
Im konkreten Fall wurde zwar über den Jahresabschluss und die Kapitalherabsetzung in derselben Generalversammlung Beschluss gefasst, im Herabsetzungsbeschluss wurde aber auf eine allenfalls gewollte Rückwirkung auf das letzte Geschäftsjahr (also auf 2007) nicht hingewiesen. Unabhängig davon stellt sich diese Frage einer (allenfalls beabsichtigten) Rückwirkung aber schon deshalb nicht, weil der in derselben Generalversammlung genehmigte Jahresabschluss diese „Rückwirkung“ gar nicht ausweist, sondern noch das nicht herabgesetzte Stammkapital darstellt. Es ist somit ohne Zweifel davon auszugehen, dass die Gesellschafter eine Rückwirkung iSd § 59 Abs 1 GmbHG iVm § 188 AktG nicht beschlossen haben. Der mittlerweile erfolgte Ablauf der 3-Monats-Frist seit dem Beschluss der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist daher unschädlich.
Unklar bleibt aber jener Beschluss, wonach die Generalversammlung gleichzeitig unter Bezugnahme auf § 60 GmbHG das Stammkapital wieder um € 500.000,-- erhöhte. Eine gleichzeitige Kapitalerhöhung iSd § 60 GmbHG würde voraussetzen, dass zuvor eine Kapitalherabsetzung gemäß § 59 Abs 1 GmbHG iVm § 188 AktG beschlossen wurde, was hier - wie dargestellt – aber nicht der Fall war.
Ungeachtet dessen ist es aber natürlich zulässig, gleichzeitig eine Kapitalerhöhung gemäß §§ 52 ff GmbHG zu beschließen, die aber dann natürlich ebenfalls nicht auf das letzte Geschäftsjahr zurückbezogen werden dürfte.
In diesem Sinne wurden die Antragsteller um Bekanntgabe ersucht, „welchen Kapitalerhöhungsbeschluss“ die Generalversammlung vom 24.06.2008 also tatsächlich gefasst hat. Da der Kapitalerhöhungsbeschluss die Erfordernisse gemäß § 52 GmbHG und auch die Voraussetzungen gemäß § 53 GmbHG erfüllt, wäre meines Erachtens der im Beschluss aufgenommene Verweis auf § 60 GmbHG unschädlich.
Unabhängig davon wurde die Gesellschaft noch auf folgenden Umstand hingewiesen:
Das Firmenbuchgericht trifft grundsätzlich keine Prüfungspflicht hinsichtlich des tatsächlichen Vorliegens eines Verlustes in Höhe des Herabsetzungsbetrages. Im konkreten Fall hätte ich dies aber trotzdem als Eintragungshindernis aufgegriffen, wenn eine Rückwirkung auf das Geschäftsjahr 2007 beschlossen worden wäre, weil im Jahresabschluss zum 31.12.2007 gar keine Verluste in Höhe des Herabsetzungsbetrages zur Verfügung gestanden wären (ausgewiesener Bilanzverlust beläuft sich nämlich nur auf € 1,482.235,18). Sollte sich demnach im Geschäftsjahr 2008 der Bilanzverlust nicht auf zumindest € 1,718.857,87 (also den beschlossenen Herabsetzungsbetrag) erhöhen, wäre ein allfälliger Differenzbetrag auch bei der kleinen GmbH in eine Rücklage einzustellen, die nicht zum Zwecke der Gewinnausschüttung aufgelöst werden darf (sinngemäße Anwendung des § 185 AktG); ein dagegen verstoßender Jahresabschluss wäre nichtig.
Was schließlich die konkrete Eintragung der Kapitalherabsetzung betrifft, meinen Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 59 Rz 15, dass im Firmenbuch nicht auch einzutragen wäre, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt, weil eine einschlägige Bestimmung nicht existiere. Interessierte Dritte könnten sich über die Urkundensammlung informieren.
Wenn es auch zutrifft, dass eine gesetzliche Anordnung nicht besteht, halte ich einen entsprechenden Hinweis im Firmenbuch doch für sinnvoll, sodass ich diese Rechtstatsache wie folgt eintragen würde:
Generalversammlungsbeschluss vom 24.06.2008
Vereinfachte Kapitalherabsetzung um € 1.718.857,87 zum Zwecke der Verlustabdeckung durchgeführt.
Kapitalerhöhung um € 500.000,--.
1 Kommentar:
Hinsichtlich des Beschlussantrages stimme ich mit Ihnen vollkommen überein. Meine Kapitalherabsetzungen hatte ich allesamt bislang in Wien und dort wurde ausnahmslos eingetragen, wie folgt:
"Hauptversammlungsbeschluss vom ...
Durchführung der vereinfachten Kapitalherabsetzung gem. §§ 182 ff AktG um EUR .... zum Zwecke der Verlustabdeckung.
Änderung der Satzung in § ...."
In der Praxis machte es einen bedeutenden Unterschied, ob vereinfacht/nominell oder effektiv herabgesetzt wird. Daher finde ich es auch sehr wichtig, dies im Firmenbuch entsprechend festzuhalten.
BG
Alexander Kaufmann
Kommentar veröffentlichen