2. Oktober 2008

Zulässigkeit einer Verschmelzung side-stream trotz negativen Buchwertes der übertragenden Gesellschaft

Mindestvoraussetzung für die Zulässigkeit einer Verschmelzung - egal in welcher Richtung - ist, dass die fusionierte Gesellschaft nicht insolvenzreif sein darf.
Grundsatz ist weiters, dass auch bei der Schwesternverschmelzung das Vermögen der übertragenden Gesellschaft einen positiven Verkehrswert aufweisen muss. Dabei kommt es natürlich nicht auf die Buchwerte, sondern die tatsächlichen Werte an.
Selbst bei negativem Verkehrswert der übertragenden Gesellschaft machen besondere Umstände oder gesetzte Begleitmaßnahmen die Verschmelzung zulässig.
So etwa dann, wenn
  • die übernehmende Gesellschaft in ihrer Bilanz einen ausschüttbaren Bilanzgewinn in Höhe des negativen Wertes der übertragenden Gesellschaft hat und über diesen Bilanzgewinn ein Gesellschafterbeschluss vorliegt, dass diese Mittel nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, sondern in der übernehmenden Gesellschaft zur Abdeckung der übernommenen Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft bleiben;
  • der Gesellschafter oder ein Dritter aus seinen Mitteln so viel an Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft abdeckt, dass deren realer Überschuldungsstatus beseitigt wird;
  • aus betrieblicher Rechtfertigung aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft die an sich real überschuldete übertragende Gesellschaft einen positiven Erwerb darstellt, also Synergieeffekte vorliegen (was durch eine nachvollziehbare Stellungnahme eines unabhängigen Sachverständigen zu bescheinigen wäre).

So lassen sich die Grundsätze der Entscheidung des OLG Wien, 28 R 111/04f, 112/04 b, zusammenfassen.

Eine Schwesternverschmelzung mit folgender Ausgangslage wird zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet:

Im Firmenbuch sind eingetragen:

  • T*** Gastgewerbe-Betriebs GmbH mit einem Stammkapital von € 36.400.
    Gesellschafter dieser GmbH sind Erwin P*** mit einer Stammeinlage von € 10.920 und Nikolaus T*** mit einer Stammeinlage von € 25.480.
  • T*** GmbH mit einem Stammkapital von € 36.400.
    Alleingesellschafter dieser GmbH ist der bereits genannte Nikolaus T***.

Die Generalversammlungen der beiden Gesellschaften beschlossen nach Genehmigung des entsprechenden Verschmelzungsvertrages die Verschmelzung der T*** Gastgewerbe-Betriebs GmbH als übertragende Gesellschaft mit der T*** GmbH als übernehmende Gesellschaft. Eine Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft unterblieb gemäß § 224 Abs 2 Z 2 AktG, weil die beiden Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft auf die Gewährung neuer Anteile verzichteten. Der Gesellschafter Erwin P*** wurde mit bestehenden Anteilen des Nikolaus T*** an der übernehmenden Gesellschaft von diesem abgefunden.

Die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum 31.12.2007, die der Verschmelzung zugrunde liegt (§ 220 Abs 3 AktG), weist ein negatives Eigenkapital von € 147.861,09 aus.
Die Schlussbilanz der übernehmenden Gesellschaft (zum selben Stichtag) weist ein Eigenkapital von € 374.021,18 aus, und zwar als Stammkapital € 36.400, als freie Gewinnrücklage € 807,47 und als Bilanzgewinn € 336.813,71 (davon Gewinnvortrag € 241.367,13).

Im Verschmelzungsvertrag hielten die Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft folgendes fest:

Darüberhinaus beschließen Nikolaus T*** und Erwin P*** hiermit als Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft, dass der Bilanzgewinn in der übernehmenden Gesellschaft in Höhe der übernommenen Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft, sohin in Höhe von € 182.097,63, nicht an sie ausgeschüttet wird, sondern in der übernehmenden Gesellschaft zur Abdeckung der übernommenen Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft in Höhe von € 182.097,63 verbleibt.

Der Eintragung der Verschmelzung steht demnach der negative Buchwert und (möglicherweise auch) Verkehrswert des übertragenen Vermögens nicht entgegen, weil die Gesellschafter der beteiligten Gesellschaften ausreichende Begleitmaßnahmen zur Hintanhaltung einer Gläubigerbenachteiligung gesetzt haben. Die fusionierte Gesellschaft ist nicht überschuldet, da sämtliche Verbindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft unter Heranziehung eines jedenfalls ausschüttbaren Bilanzgewinnes (schon der Gewinnvortrag ist höher als die übernommenen Verbindlichkeiten) gedeckt werden können, womit das negative Verschmelzungskapital von (lediglich) € 147.861,09 abgedeckt ist.

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