Im konkreten Anlassfall hat die Gesellschaft auftragsgemäß einen Auszug des Vertrages vorgelegt; dabei hat sich nun herausgestellt, dass gar kein wirksamer Haftungsausschluss vereinbart wurde.
Die Vertragsteile haben nämlich nur die folgenden Vereinbarungen getroffen:
Die Käuferin übernimmt insbesondere keine Zahlungsverbindlichkeiten und ungewisse Verbindlichkeiten (auch keine Steuern einschließlich Sozialversicherungsabgaben oder ähnliches) von der Verkäuferin, die wegen der Fortführung des Teilbetriebes von Dritten gegen die Käuferin geltend gemacht werden können, die aus Lieferungen, Leistungen oder sonstigen Rechtsbeziehungen zwischen den Dritten und der Verkäuferin stammen und den Zeitraum vor der tatsächlichen Übergabe betreffen.
...
Zum Stichtag der Übergabe und Übernahme haften keinerlei Zahlungsverbindlichkeiten oder Abgabenverbindlichkeiten offen aus, die den Zeitraum vor der tatsächlichen Übergabe betreffen, und sind diese, soweit sie fällig waren, beglichen. Sollten nachträglich solche Verbindlichkeiten aus dem Zeitraum vor der tatsächlichen Übergabe bekannt werden, so übernimmt die Verkäuferin sie in ihre Zahlungsverpflichtung und hält die Käuferin diesbezüglich völlig schad- und klaglos.
Weitere Vereinbarungen, insbesondere über einen Haftungsausschluss, haben die Vertragsteile nicht getroffen.
Daraus folgt rechtlich:
Wer ein unter Lebenden erworbenes Unternehmen fortführt, übernimmt gemäß § 38 Abs 1 UGB, sofern nichts anderes vereinbart ist, zum Zeitpunkt des Unternehmensübergangs die unternehmensbezogenen, nicht höchstpersönlichen Rechtsverhältnisse des Veräußerers mit den bis dahin entstandenen Rechten und Verbindlichkeiten. Werden unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußerers vom Erwerber nicht übernommen, so haftet er dennoch für die damit verbundenen Verbindlichkeiten. Die gilt auch, wenn der Erwerber nur einzelne Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht übernimmt. Eine davon abweichende Vereinbarung über die Haftung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie beim Unternehmensübergang im Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder vom Erwerber mitgeteilt wurde (§ 38 Abs 4 UGB).
Die Systematik der Rechtsfolgen des § 38 UGB lässt sich also zusammengefasst wie folgt darstellen:
- Unternehmenserwerb (unter Lebenden) führt ex lege zum Übergang aller unternehmensbezogenen (nicht höchstpersönlichen) Rechtsverhältnisse;
- vertraglicher Ausschluss dieses Übergangs möglich;
- trotz eines vereinbarten Ausschlusses besteht Haftung des Erwerbers für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers;
- ein Ausschluss dieser Haftung des Erwerbers im Vertrag ist möglich, muss aber vereinbart werden;
- Wirksamkeit eines derartigen Haftungsausschlusses hängt von wirksamen Publizitätsakt ab, der zudem im zeitlichen Zusammenhang zum Unternehmensübergang gesetzt werden muss.
Völlig klar ist jedoch, dass § 38 UGB davon ausgeht, dass der Erwerber auch dann, wenn es zu keiner Vertragsübernahme oder zu keiner Übernahme einzelner Verbindlichkeiten iSd § 38 Abs 4 2. Satz UGB kommt, für die (Alt)Verbindlichkeiten des Veräußerers haftet, sofern diese Haftung nicht gesondert ausgeschlossen wird. Die Ablehnung einer Vertragsübernahme bzw. einer Übernahme einzelner Verbindlichkeiten als solche bedeutet also nicht auch schon die Ablehnung der Erwerberhaftung (Krejci aaO, B letzter Absatz).
Im konkreten Fall haben die Vertragsteile im Kaufvertrag nur die Übernahme bestimmter Verbindlichkeiten, konkret aller Altverbindlichkeiten der Verkäuferin, ausgeschlossen und außerdem für den Fall der Inanspruchnahme der Käuferin eine Schad- und Klagloshaltung durch die Verkäuferin vereinbart. Einen Ausschluss der gemäß § 38 Abs 4 UGB normierten „Trotzdem-Haftung“ der Erwerberin haben sie nicht vereinbart. Dass die Vertragsteile offenkundig von einer potentiellen Haftung der Käuferin nach wie vor ausgehen, zeigt sich ja deutlich an der Vereinbarung der Schad-und Klagsloshaltung durch die Verkäuferin für den Fall einer Inanspruchnahme der Käuferin aus solchen Verbindlichkeiten.
Mangels Vorliegens einer Vereinbarung des Ausschlusses der Haftung der Erwerberin fehlt damit auch die Rechtsgrundlage für eine Eintragung dieses Haftungsausschlusses gemäß § 38 Abs 4 UGB in das Firmenbuch.
Auf die Frage, ob zur Verwirklichung einer ihren Namen verdienenden Publizität im Sinne des § 38 Abs 4 UGB generell die Vorlage der entsprechenden Vereinbarungen und die Aufnahme des Vertrages/Vertragsauszugs in das öffentliche Urkundenarchiv erforderlich ist, brauchte in diesem Anlassfall also nicht eingegangen zu werden.
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