Werden unternehmensbezogene Rechtsverhältnisse des Veräußeres vom Erwerber nicht übernommen, haftet der Erwerber gemäß § 38 Abs 4 UGB dennoch für die damit verbundenen Verbindlichkeiten. Dies gilt auch, wenn der Erwerber nur einzelne Verbindlichkeiten des Veräußerers nicht übernimmt. Eine davon abweichende Vereinbarung über die Haftung ist einem Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie beim Unternehmensübergang in das Firmenbuch eingetragen, auf verkehrsübliche Weise bekannt gemacht oder dem Dritten vom Veräußerer oder Erwerber mitgeteilt wurde.
Die drei in § 38 Abs 4 angesprochenen Varianten, nämlich Firmenbucheintragung, verkehrsübliche Bekanntmachung und Direktverständigung, stehen den Vertragsteilen alternativ zur Verfügung, jede einzelne von ihnen reicht daher für die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses gegenüber Dritten aus.
Erstaunlich ist, dass über die konkrete Ausgestaltung der Firmenbucheintragung praktisch nichts zu finden ist. Die Mitteilung des Haftungsausschlusses durch Veräußerer oder Erwerber an den betroffenen Dritten wird in der Praxis naturgemäß kaum Fragen aufwerfen, zumal sich hier der Bezug auf ein konkretes Vertragsverhältnis und die damit zusammenhängenden konkreten Verbindlichkeiten, für die der Erwerber nicht haften solle, schon aus der Natur der Mitteilung ergibt.
Zur Variante der „verkehrsüblichen Bekanntmachung“ hält Bydlinski in Krejci, RK UGB, § 38 Rz 49, fest, dass dieser Gesetzesbegriff unbestimmt sei und sich in den Gesetzesmaterialien auch keine näheren Ausführungen dazu finden. Gehe man davon aus, dass die verkehrsübliche Bekanntmachung so weit wie möglich sicherstellen solle, dass allenfalls betroffene Dritte tatsächlich Kenntnis davon erlangen können, dass der Unternehmenserwerber trotz Übernahme des unternehmerischen Vermögens nicht belangt werden könne, dürften die Anforderungen an den Grad der mit der Bekanntmachung verbundenen Publizität nicht zu niedrig angesetzt werden. Welche Form der Bekanntmachung und welches Publikationsmedium als „verkehrsüblich“ in Betracht komme, sei in erster Linie von den ersichtlich betroffenen Verkehrskreisen abhängig, wobei insbesondere der Unternehmensgegenstand von Bedeutung sei. Nehme man den ersichtlichen Zweck der Bekanntmachung einigermaßen ernst, würden letztlich nicht wenige Fälle verbleiben, in denen eine ausreichende „verkehrsübliche Bekanntmachung“ gar nicht in Betracht komme.
Die Erwerberhaftung des § 38 Abs 4 UGB ist nicht neu. Schon gemäß § 25 Abs 1 HGB haftete der Erwerber – unter weiteren, hier nicht interessierenden Voraussetzungen - für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, wobei eine abweichende Vereinbarung einem Dritten gegenüber nur wirksam war, wenn sie in das Firmenbuch eingetragen und bekannt gemacht oder von dem Erwerber oder dem Veräußerer dem Dritten mitgeteilt worden ist (§ 25 Abs 2 HGB). Über den Inhalt einer solchen Eintragung findet sich auch zur alten Rechtslage nichts Konkretes (vgl etwa Fromherz in Jabornegg, HGB, § 25 Rn 20 f; Zib, Zur Eintragung von Haftungsausschlüssen nach § 25 Abs 2 HGB in WBl 1992, 287; OGH 6 Ob 2/92 = SZ 65/32 = ecolex 1992, 475 = RdW 1992, 271 = WBl 1992, 303).
Der in der Datenbank der Firmenbuchgerichte angelegte Textbaustein lautet wie folgt:
Haftungsausschluss gemäß § 38 Abs. 4 UGB
Soweit mir überblickbar (wobei ich aber nicht intensiv recherchiert habe), tragen die Firmenbuchgerichte auch nur diesen Textbaustein ein, und zwar in Verbindung mit der Rechtstatsache der Betriebsübertragung (§ 3 Z 15 FBG) und dem der Betriebsübertragung zugrunde liegenden Vertrag. In den überwiegenden Fällen besteht in solchen Konstellationen aber keine Verpflichtung des Antragstellers, den zur Eintragung angemeldeten Vertrag auch dem Firmenbuch vorzulegen. So ist etwa bei einer Unternehmensveräußerung auf Grundlage eines unter marktüblichen Bedingungen einem Drittvergleich standhaltenden Kaufvertrages zwischen unverdächtigen Vertragspartnern das Vertragswerk gegenüber dem Firmenbuchgericht nicht offen zu legen. Gerade in solchen Fällen besteht ja auch häufig ein eminentes Interesse der beteiligten Vertragspartner, den Inhalt des Vertrages geheim zu halten. Dies ist auch zu respektieren, da hier weder aus Gläubigerschutzerwägungen noch aus sonstigen „nichtigkeitsgeneigten“ Tatbeständen eine materielle Prüfpflicht des Firmenbuchgerichtes konstruierbar ist.
Dies hat aber zur Konsequenz, dass damit die konkrete Ausgestaltung der Vereinbarung des Haftungsausschlusses gar nicht publik wird. Der Rechtsverkehr hat demnach keine Möglichkeit, durch Einsichtnahme in das Urkundenarchiv Kenntnis vom Inhalt des zu publizierenden Haftungsausschlusses zu erhalten.
Dieses Ergebnis widerspricht meines Erachtens der Intention des § 38 Abs 4 UGB. Eine ihren Namen verdienende Publizität kann nämlich sehr leicht dadurch herbeigeführt werden, dass der Erwerber eines Unternehmens, der sich auf die Rechtsfolgen eines Haftungsausschlusses nach § 38 Abs 4 UGB unter Inanspruchnahme der „Variante 1“ des § 38 Abs 4 UGB berufen will, verpflichtet ist, den entsprechenden Vertrag bzw. zumindest die den Haftungsausschluss regelnden Vertragsteile (in Form von Auszügen) beim Firmenbuch einzureichen, damit diese/r in das öffentlich einsehbare Urkundenarchiv aufgenommen werden kann.
Nur dadurch lässt sich eine dem Publizitätserfordernis des § 38 Abs 4 UGB genügende Bekanntmachung verwirklichen.
2 Kommentare:
Zuletzt hatte ich den Fall einer Veräußerung eines Einzelunternehmens mit Haftungsausschluss; dabei verlangte das HG Wien die Vorlage des Kaufvertrages (trotz pönalisierter Geheimhaltungsklausel). Aufgrund der Geheimhaltung hatten wir daher ausdrücklich beantragt, den Kaufvertrag von (i) der Aufnahme in die Urkundensammlung und (ii) der Einsichtnahme auszunehmen. Diesem Antrag wurde entsprochen.
Am Rande bemerkt: In diesem Fall wurde vereinbart, dass der Erwerber keine wie immer gearteten Verbindlichkeiten des Verkäufers übernimmt. Daher war die Firmenbucheintragung mit dem Wortlaut "Haftungsausschluss nach § 38 Abs 4 UGB vereinbart" berechtigt und konnte/kann Dritte daher nicht täuschen.
Ich habe in solchen Fällen bislang ebenfalls akzeptiert, dass der Kaufvertrag nicht vorgelegt werden muss.
Aktuell liegt aber ein Antrag bei mir (deshalb auch mein heutiger Beitrag), aus dem hervorgeht, dass eben nur ganz spezielle Vertragsverhältnisse nicht übergehen.
Ich würde mir wünschen, dass meiner Aufforderung zur Vorlage nicht entsprochen wird, um damit die Chance einer Klärung durch Obergerichte zu erhalten.
Dabei ist mir allerdings bewusst, dass die Argumente von Zib, wonach die zeitliche Nähe der Eintragung des Haftungsausschlusses zum Unternehmensübergang verloren geht und damit der vereinbarte Haftungsausschluss unwirksam ist, nicht gerade für eine Einlassung in den Instanzenweg sprechen ...
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