Die in manchen Aussagen recht interessante Entscheidung des OGH vom 1.10.2008, 6 Ob 132/08t, möchte ich heute vorstellen.
Es geht um folgenden Sachverhalt:
Mit Einbringungsvertrag vom 28.09.2006 brachte die Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der „B***** *****“ GmbH ihr nicht protokolliertes Einzelunternehmen Ester B***** zur Gänze auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum 31.12.2005 und unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art III UmgrStG in die GmbH ein; als Einbringungsstichtag wurde ebenfalls der 31.12.2005 festgelegt. Eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft unterblieb gemäß Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG unter Hinweis darauf, dass die Eigentums- bzw Beteiligungsverhältnisse am eingebrachten Betrieb dem der aufnehmenden Gesellschaft entsprechen.
Diese Einbringung wurde zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet und unter Anführung des Einbringungsvertrags vom 20.10.2006 im Firmenbuch eingetragen.
Am 26.06.2007 verfassten die Geschäftsführerin und die (richtig wohl:) Gesellschafterin einen Nachtrag zum Einbringungsvertrag vom 28.09.2006, mit dem sie unter Aufrechterhaltung der sonstigen Bestimmungen des Einbringungsvertrags vereinbarten, dass die Einbringung auf Grundlage der Einbringungsbilanz zum 28.09.2006 und zu diesem Einbringungsstichtag erfolgen solle. Die Geschäftsführerin beantragte die Eintragung des "Nachtrags zum Einbringungsvertrag vom 26.06.2007" in das Firmenbuch.
Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung zurück, dass dieser Nachtrag einen neuerlichen Titel zur Eigentumsübertragung darstelle, die Geschäftsführerin jedoch nicht mehr über ihr Einzelunternehmen verfügen könne.
Das Rekursgericht bestätigte im Ergebnis diese Entscheidung, allerdings mit der Begründung, dass der Nachtrag vom 26.06.2007 nicht als nochmalige Übertragung des Betriebs der Geschäftsführerin zu verstehen sei, sondern als Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung; da allerdings der Einbringungsstichtag lediglich steuerrechtliche Konsequenzen habe, handle es sich nicht um eine eintragungsfähige Rechtstatsache im Sinne des § 3 Z 15 FBG.
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft hatte Erfolg; im Folgenden die wesentlichen Argumente des OGH:
Die vorliegende Einbringung ist als Einbringung ohne Gegenleistung nach § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG keine Sacheinlage. Da die Zuwendung unentgeltlich erfolge, ist die Einbringung schon deshalb unproblematisch, weil die übertragende Gesellschaft aufgrund ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft keine Vermögenseinbußen erleidet. Eine derartige Einbringung von Vermögen auf der Grundlage eines Einbringungsvertrags (Art III § 12 Abs 1 UmgrStG) ohne Gegenleistung (Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG) ist wirtschaftlich nichts anderes als eine unentgeltliche Zuwendung.
Eine solche ausgliedernde Einbringung eines Unternehmens ohne Entgelt ist kein gesellschaftsrechtlich normierter Umgründungstyp, Umgründungen nach Art III UmgrStG erfolgen vielmehr im Wege der Einzelrechtsnachfolge aufgrund des Einbringungsvertrags, und zwar nicht zum vereinbarten Einbringungsstichtag (der lediglich ertragssteuerlich den Zeitpunkt des Übergangs der Einkunftsquelle markiere), sondern vielmehr zum Zeitpunkt der Firmenbucheintragung des Einbringungsvertrags (Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung6 [2008] Rz 124).
Im Weiteren betont der OGH neuerlich, dass vom Firmenbuchgericht nicht zu prüfen ist, ob dies steuerrechtlich zulässig ist bzw steuerrechtliche Auswirkungen hat. Die Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes haben nämlich grundsätzlich nur für das Steuerrecht, nicht aber für die Beurteilung des Vorgangs nach dem für das Firmenbuchgericht maßgeblichen Unternehmensrecht Bedeutung. Eine Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts in steuerrechtlicher Hinsicht besteht hingegen nicht (RIS-Justiz RS0115147; G. Kodek in Kodek/Nowontny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 26 mwN).
Zivil- bzw unternehmensrechtlich ist eine allfällige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen hintanzuhalten; es ist daher zu prüfen, ob der Gesellschaft durch die Verlegung des Einbringungsstichtags und die Bezugnahme auf eine geänderte Einbringungsbilanz nachträglich Vermögenswerte entzogen werden könnten, die zunächst als eingebracht galten, nunmehr aber in der geänderten Bilanz nicht mehr enthalten sind. Da für die Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung (20.10.2006) maßgeblich ist, beide Einbringungsstichtage gemäß Art III § 13 UmgrStG jedoch davor liegen, hat der Nachtrag vom 26.06.2007 lediglich (allenfalls) steuerrechtliche Auswirkungen, womit die angesprochene Gläubigergefährdung nicht eintreten könne. Dazu kommt, dass diese unentgeltliche Zuwendung als laufendes Geschäft lediglich in den Handelsbilanzen der beiden beteiligten Gesellschaften dokumentiert werden, wobei diese Bilanzen bei der Anmeldung des Einbringungsvorgangs noch nicht vorliegen müssen; anderes würde nur für den Fall einer Sachgründung gelten (RIS-Justiz RS0115149; ebenso G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 3 Rz 42).
Damit ist der Nachtrag vom 26.06.2007 unternehmensrechtlich unbedenklich.
Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen ist die Änderung des Einbringungsvertrages eintragungsfähig, weil der Sinn der Eintragungsvorschrift des § 3 Z 15 FBG gerade darin bestehe, der Öffentlichkeit über die Vermögensverhältnisse des Rechtsträgers vollständig und richtig Auskunft zu geben (6 Ob 123/06s); durch die Unterlassung der Eintragung des Nachtrags wäre dies jedoch nicht gewährleistet.
Zwei Anmerkungen meinerseits dazu:
1.
Dass der OGH dezidiert festhält, dass für die Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung maßgeblich ist, überrascht mich in dieser Absolutheit. Die Eintragung der Tatsache der Betriebseinbringung gemäß § 3 Z 15 FBG wirkt grundsätzlich deklarativ. Eine solche Betriebseinbringung auf Grundlage eines Einbringungsvertrages entfaltet daher zivilrechtlich auch dann Rechtswirkungen, wenn die beteiligten Parteien – in Verletzung ihrer grundsätzlichen Anmeldeverpflichtung – diese Firmenbucheintragung nicht veranlassen. In einem solchen Fall wird man dann ja wohl nicht davon ausgehen können, dass es zu überhaupt keiner Rechtsnachfolge kommt, weil es keinen Zeitpunkt der Firmenbucheintragung gibt bzw. die Einzelrechtsnachfolge zeitlich so weit nach hinten verschoben wird, bis die Parteien ihrer Anmeldeverpflichtung nachkommen. Ich gehe daher eigentlich nach wie vor davon aus, dass für den Zeitpunkt der Einzelrechtsnachfolge die konkret gesetzten sachenrechtlichen Verfügungsakte (Modus) entscheidend sind, die die Parteien gemäß den Regelungen des Einbringungsvertrages (Titel) setzen.
2.
Überraschend ist zudem, dass der OGH im konkreten Zusammenhang von der Verpflichtung „beider beteiligter Gesellschaften“ spricht, diesen Vorgang als laufendes Geschäft in ihren Handelsbilanzen zu dokumentieren. Da die geschäftsführende Alleingesellschafterin ihr nicht protokolliertes Einzelunternehmen in die GmbH einbringt, muss wohl davon ausgegangen werden, dass es sich dabei nicht um eine rechnungslegungspflichtige Kapitalgesellschaft handelt.
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