Insbesondere bei betroffenen Organen von Kapitalgesellschaften wird häufig Unverständnis über die restriktive Praxis der Firmenbuchgerichte bei der Durchsetzung der handelsrechtlichen Offenlegungsverpflichtung der §§ 277 ff UGB geäußert. So ist etwa eine Zwangsstrafe auch dann zu vollziehen, wenn der betreffende Jahresabschluss nach Verhängung der Zwangsstrafe eingereicht wird, was häufig im Rahmen eines gegen die Zwangsstrafenverhängung eingebrachten Rekurses releviert wird. Im Beschluss vom 2.4.2008, 3 R 55/08 z, befasste sich das Oberlandesgericht Innsbruck zuletzt mit einem derartigen Fall und hielt dabei zusammengefasst Folgendes fest:
Gemäß § 282 Abs 1 UGB besteht die amtswegige Prüfungspflicht des Firmenbuchs, ob die gemäß §§ 277 bis 281 UGB offenzulegenden Unterlagen binnen der 9-monatigen Frist ab dem Bilanzstichtag vollzählig zum Firmenbuch eingereicht sind. Sollte dieser Verpflichtung nicht entsprochen werden, hat das Firmenbuchgericht zur Durchsetzung der Offenlegungspflichten des Geschäftsführers gemäß § 283 UGB Zwangsstrafen zu verhängen.
Die Rechnungslegungspflicht ist eine der Kardinalpflichten und Mindestzuständigkeiten der Geschäftsführer einer GmbH. Unabhängig von einer allfälligen Ressortverteilung im Innenverhältnis muss über jeden Geschäftsführer eine Zwangsstrafe verhängt werden (sodass sich nicht einer von mehreren Geschäftsführern auf seine Mit-Geschäftsführer ausreden kann).
Die §§ 283 Abs 4 UGB und 24 Abs 3 FBG dienen dem Ziel des Gesetzgebers, zu einer besseren Durchsetzung der Verpflichtung zur Vorlage der Jahresabschlüsse beizutragen. Diese Normen wurden mit dem Publizitätsgesetz 2006 in Umsetzung der Publizitäts-Richtlinie in der geltenden Fassung beschlossen; gemäß der genannten Richtlinie ist Österreich nämlich verpflichtet, zur Durchsetzung der Offenlegung wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorzusehen.
Der Gesetzgeber wollte die Zwangsstrafe als repressives Mittel verstehen. Sie soll echte Sanktion sein, womit die Verhängung einer Strafe schon durch die nicht rechtzeitige Befolgung eines gerichtlichen Auftrages zur Offenlegung des Jahresabschlusses gerechtfertigt ist. Dies hat zur Folge, dass eine nach Ablauf der gerichtlich aufgetragenen Vorlagefrist und nach erfolgter Verhängung der Zwangsstrafe erfolgte Einreichung des Jahresabschlusses nicht mehr zur Beseitigung der verhängten Beugestrafe führen kann. Wenn man nämlich die Zwangsstrafe als bloßes Beugemittel versteht, erfordert der Strafzweck, dass eine angedrohte Strafe bei nicht rechtzeitiger Befolgung des erteilten Auftrags auch tatsächlich verhängt und in der Folge vollstreckt wird, weil nur dann die Androhung glaubwürdig ist. Würde man dies nicht so verstehen, wäre es regelmäßig möglich, ein Rekursverfahren gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe quasi als "Nachfrist" für die Erfüllung der aufgetragenen Verpflichtung zu nutzen. Unter Berücksichtigung der Dauer eines allfälligen Rechtsmittelverfahrens gegen die Verhängung einer Zwangsstrafe und die zwangsläufig bis zur Einleitung eines Exekutionsverfahrens zur Durchsetzung der verhängten Zwangsstrafe weiter vergehende Zeit stünde dann die Wahl des Zeitpunkts der Erfüllung der Offenlegungsverpflichtung weitgehend im Belieben des Vorlagepflichtigen. Das gesetzliche Ziel der Beugung des Willens des Verpflichteten kann nur erreicht werden, wenn dieser weiß, dass die Strafe im Falle des Zuwiderhandelns nicht nur verhängt, sondern auch vollzogen wird. Damit ist die Vorlage des Jahresabschlusses während eines laufenden Rekursverfahrens unbeachtlich.
Generell ist es Sache der Geschäftsführer einer GmbH, durch entsprechende Organisationsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich für eine rechtzeitige Erfüllung ihrer handelsrechtlichen Offenlegungspflichten zu sorgen. Nur durch entsprechend hohe Organisationsanforderungen kann dem Zweck der Offenlegung der Jahresabschlüsse entsprochen werden. Der Offenlegungszweck besteht nämlich darin, Dritte, welche die buchhalterische und finanzielle Situation der Gesellschaft nicht ausreichend kennen oder kennen können, zu informieren, und zwar insbesondere Gläubiger, Vertragspartner der Gesellschaft und bei größeren Gesellschaften auch die informationsbedürftige Allgemeinheit. Eine Delegierung der Erstellung des Jahresabschlusses an eine Steuerberatungskanzlei entbindet dabei die Geschäftsführer ebensowenig von ihrer Pflicht zur Erstellung des Jahresabschlusses wie von ihrer Verpflichtung, die rechtzeitige Einbringung des Jahresabschlusses auch zu überwachen. Einem Geschäftsführer, der sich zur Erstellung des Jahresabschlusses eines Steuerberaters bedient, sind nämlich dessen Fehler und Versäumnisse so lange zuzurechnen, als er nicht nachweisen kann, seinerseits alles unternommen zu haben, um die rechtzeitige Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten zu gewährleisten.
1 Kommentar:
Verstöße gegen die Offenlegungspflicht anonym melden. Wie? - Ganz einfach:
http://sites.google.com/site/wpksuender/
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