26. Mai 2008

Beginn der Vertretungsbefugnis der Organe von Kapitalgesellschaften

[Hinweis: Der OGH hat die in diesem Beitrag geschilderte Ansicht des OLG Innsbruck mittlerweile ausdrücklich abgelehnt; Näheres dazu hier.]

Am 12.12.2007 gründeten mehrere Personen in einer Gründungsversammlung eine Aktiengesellschaft; in der am selben Tag abgehaltenen konstituierenden Aufsichtsratssitzung bestellte der Aufsichtsrat zwei Personen als gemeinsam vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder.

Die Gründer und die Mitglieder des Vorstandes sowie des Aufsichtsrates beantragten am 10.01.2008 unter Vorlage des Protokolls der Gründungsversammlung, der Satzung und der weiteren Beilagen gemäß § 29 AktG die Eintragung der von ihnen errichteten Aktiengesellschaft und stellten hinsichtlich der Vertretungsbefugnis des Vorstandes folgendes Begehren:

Vorstand:

N. N., geboren am 5.11.19.....

er vertritt seit 12. 12. 2007 gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen;

in eventu: er vertritt seit dem Tag der Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen

N. N., geb. am 7.7.19.....

er vertritt seit 12. 12. 2007 gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen;

in eventu: er vertritt seit dem Tag der Eintragung der Gesellschaft ins Firmenbuch gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen.

Das Erstgericht trug die Aktiengesellschaft mit Beschluss vom 22.01.2008 in das Firmenbuch ein, wobei der Beginn der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder per 23.01.2008 eingetragen und insoweit dem Begehren nur im Sinne des Eventualantrages entsprochen wurde. In der Begründung hielt das Erstgericht fest, dass aufgrund der konstitutiven Wirkung der Eintragung die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder erst mit der Eintragung im Firmenbuch entstehe. Die Eintragung eines vor dem Eintragungszeitpunkt der Aktiengesellschaft liegenden Beginns der Vertretungsbefugnis sei daher nicht möglich.

Dem dagegen von der Aktiengesellschaft und den anmeldenden Personen erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Innsbruck zu 3 R 20/08 b Folge, hob den gesamten Beschluss (!) auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens unter Abstandnahme vom angezogenen Abweisungsgrund auf.

Gemäß § 3 Z 8 FBG seien bei Aktiengesellschaften die vertretungsbefugten Personen sowie der Beginn und die Art ihrer Vertretungsbefugnis ins Firmenbuch einzutragen. Die Vertretungsmacht des Vorstandes werde schon mit der Bestellung des Vorstandes und nicht erst mit der Eintragung in das Firmenbuch oder mit der Anmeldung bei Gericht wirksam. Die Aktiengesellschaft selbst bestehe als solche zwar vor der Eintragung in das Firmenbuch nicht, sie müsse aber bereits vor der Eintragung bestimmte Aktivitäten entfalten, insbesondere Organe bestellen und Kapital ansammeln. Auch wenn die rechtliche Einordnung dieser Vorgesellschaft differenzierend beurteilt werde, bestehe jedenfalls Übereinstimmung darin, dass die Vorgesellschaft nur durch die zur Vertretung berufenen Organe vertreten und verpflichtet werden könne. Die Aktiengesellschaft sei bei Gericht von sämtlichen Gründern und Mitgliedern des Vorstandes und des Aufsichtsrates zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden, was voraussetze, dass bereits ein Vorstand bestellt sei. Den ersten Vorstand würden demnach die vor der Entstehung der Aktiengesellschaft, somit im Gründungsstadium ernannten Vorstandsmitglieder bilden. Ungeachtet der späteren Eintragung der Gesellschaft im Firmenbuch sei also als Beginn der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder das Datum ihrer Bestellung in der konstituierenden Sitzung des ersten Aufsichtsrats einzutragen.

Gegen diese Entscheidung wurde zwar der Revisionsrekurs mit der Begründung, dass zu dieser erheblichen Rechtsfrage eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle, zugelassen, mangels Vorhandenseins mir erkennbarer durch diese Entscheidung beschwerter Personen wird es aber zu einer höchstgerichtlichen Stellungnahme zu dieser Frage in diesem Einzelfall (leider) nicht kommen.

Ich habe bislang diese vom Landesgericht Feldkirch zur Begründung der Abweisung des Hauptbegehrens herangezogenen Argumente ebenfalls vertreten. Es kommt immer wieder vor, dass etwa als Beginn der Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern einer GmbH das Datum des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages zur Eintragung angemeldet wird. Diesbezüglichen Verbesserungsaufträgen, in denen ich zur Abänderung des Anmeldebegehrens auf den Tag der Eintragung der Gesellschaft angeleitet habe, wurde bislang immer entsprochen, sodass in meinen Fällen eine Befassung der Rechtsmittelgerichte noch nie stattfand. Im Hinblick auf § 123 Abs 1 UGB wird diese Rechtsansicht wohl auch Auswirkungen auf den einzutragenden Beginn der Vertretungsbefugnis von persönlich haftenden Gesellschaftern einer Personengesellschaft haben, zumal die vom OLG Innsbruck herangezogenen Argumente zur Vorgesellschaft wohl auch auf das Vorgesellschaftsstadium der Personengesellschaft zutreffen. Allfällige Kommentierungen dazu sind natürlich erwünscht und willkommen.

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