19. Juli 2012

Notgeschäftsführer gibt’s nicht für jeden ...


Im Firmenbuch ist die S** Leasing GmbH eingetragen. Deren Alleingesellschafter ist Alois V** mit einem zur Hälfte einbezahlten Stammkapital von € 35.000. Einziger selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist Harald S**.

Mit dem am 8.6.2012 beim Firmenbuchgericht eingelangten Antrag begehrt der Geschäftsführer Harald S** die Bestellung eines Notgeschäftsführers gem § 15a GmbHG für die Gesellschaft.

Dazu bringt er vor, dass er mit dem Alleingesellschafter eine Treuhandvereinbarung abgeschlossen habe, gemäß derer Alois V** als Treuhänder für ihn den Geschäftsanteil an der (damals) neu zu gründenden Gesellschaft übernommen habe. Alois V** habe als Alleingesellschafter mit Errichtungserklärung vom ** die genannte GmbH gegründet.

Er habe nun gegenüber Alois V** die Treuhandvereinbarung aufgekündigt; Alois V** habe die Unterfertigung eines Abtretungsvertrages und eines Gesellschafterbeschlusses verweigert, worauf er seine Ansprüche klagsweise durchgesetzt habe. Mit Vesäumungsurteil vom 11.5.2012 sei Alois V** verpflichtet worden, den Abtretungsvertrag und den Gesellschafterbeschluss zu unterfertigen. Darauf habe Alois V** noch nicht reagiert, das Versäumungsurteil sei auch noch nicht rechtskräftig.

Er könne derzeit als Geschäftsführer aufgrund seiner zunehmend umfangreichen unternehmerischen Tätigkeiten die ihn treffenden Geschäftsführerpflichten nicht weiter ordnungsgemäß erfüllen, wodurch er sich einem nicht kalkulierbaren Haftungsrisiko gegenüber der Gesellschaft aussetze. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass die Gesellschaft selbst dadurch Schaden nehme. Mangels Gesellschafterstellung könne er seine Abbestellung und die Neubestellung eines Geschäftsführers nicht erwirken. Das Desinteresse des Alois V**, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln, sei durch das Versäumungsurteil klar belegt.

Er habe sich mit Frau L** W** über die Geschäftsführung der GmbH geeinigt, weshalb diese zur Notgeschäftsführerin bestellt werden möge.

Schon die Sachverhaltsschilderung zeigt die Abenteuerlichkeit des Ansinnens. Der Antrag war zurückzuweisen.

Der Antragsteller will offenkundig die Fassung eines Gesellschafterbeschlusses über die Abberufung seiner Person als Geschäftsführer und die Neubestellung eines/einer Dritten zum Geschäftsführer klagsweise durchsetzen und hat diesbezüglich schon ein Versäumungsurteil gegen den Alleingesellschafter erwirkt, der für ihn als Treuhänder agiert.

Ganz offensichtlich geht der Antragsteller davon aus, dass er nur auf diese Weise seiner Geschäftsführerfunktion entbunden werden kann. Er kann (vielleicht zu seiner Beruhigung) auf § 16a Abs 2 GmbHG verwiesen werden (auch wenn das für die Frage der Bestellung eines Notgeschäftsführers keine Relevanz hat).

Grundvoraussetzung für die Bestellung eines Notgeschäftsführers gem § 15a GmbHG ist das Vorliegen eines Vertretungsmangels; dieser liegt dann vor, wenn "die zur Vertretung der Gesellschaft erforderlichen Geschäftsführer fehlen". Im konkreten Fall ist der Antragsteller nach wie vor selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und als solcher auch im Firmenbuch eingetragen. Er wünscht zwar offenkundig seine Abberufung durch die Generalversammlung (bzw. durch Beschluss des Alleingesellschafters), welche allerdings noch nicht erfolgt ist.

Den "Vertretungsnotstand" meint er darin zu erkennen, dass er aufgrund seiner zunehmend umfangreichen unternehmerischen Tätigkeiten die ihn treffenden Pflichten nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könne.

Zwar reicht grundsätzlich auch das "faktische Fehlen" eines Geschäftsführers für einen Vertretungsmangel iSd § 15a GmbHG aus, was jedoch erfordern würde, dass der Geschäftsführer aus faktischen oder rechtlichen Gründen an der Vertretung der Gesellschaft gehindert ist oder aber die Amtstätigkeit verweigert (Koppensteiner/Rüffler GmbHG § 15a Rz 3; GesRZ 1985, 100).

Von einer Verhinderung aufgrund faktischer Umstände kann hier keine Rede sein, schon allein deshalb. weil der Geschäftsführer ohnehin faktisch tätig ist, was die Klagsführung und die konkrete Antragstellung belegen.

Rechtliche Gründe und daraus resultierende Handlungsverbote (zB aufgrund von Interessenkollisionen) für den Antragsteller werden nicht einmal behauptet.

Schließlich ist die GmbH auch nicht durch eine Amtsverweigerung des Geschäftsführers lahmgelegt, auch wenn der Antragsteller offensichtlich nicht mehr Geschäftsführer sein will. Eine solche Weigerung würde nach hA einen Vertretungsmangel nur dann verwirklichen, wenn sie sich auf die gesamte Vertretung der GmbH beziehen würde. Das ist hier nicht der Fall.

Selbst dann wäre aber für den Antragsteller nichts gewonnen, da ihm in jedem Fall die Antragslegitimation fehlen würde. Er kann sich nämlich nicht weigern, jegliche Vertretungstätigkeit für die GmbH auszuüben und gleichzeitig Anträge auf Beseitigung dieses von ihm selbst herbeigeführten Vertretungsnotstandes stellen. Sollte er seinen Rücktritt als Geschäftsführer erklären, könnte er das Erlöschen seiner Vertretungsbefugnis gem § 17 Abs 2 GmbHG selbst zur Eintragung in das Firmenbuch anmelden, an der Antragslegitimation für die Bestellung eines Notgeschäftsführers würde es ihm dann als ehemaligem Organmitglied ebenfalls mangeln.

Neben den fehlenden materiellen Voraussetzungen für die Notgeschäftsführerbestellung liegt also im Ergebnis auch kein Antrag eines legitimierten Beteiligten vor, weshalb dieser zurückzuweisen war.

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