7. Dezember 2009

Unvereinbarkeit gemäß § 15 Abs 2 PSG - Kompetenzen des "begünstigten Stifters"

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist zu FN** die H** Privatstiftung eingetragen. Der Erststifter H* G* hat sich das Recht zur Änderung der Stiftungserklärung in der Stiftungsurkunde vorbehalten.

Mit Notariatsakt vom 26.08.2009 änderte der Erststifter u.a. mehrere Bestimmungen der Stiftungsurkunde wie folgt ab:

  • Der Stiftungszweck besteht in der Leistung einer vollständigen und umfassenden Versorgung des Erststifters sowie in der Leistung von Zuwendungen an sonstige Begünstigte
  • Begünstigte der Stiftung sind der Erststifter und die von ihm oder von anderen Begünstigten im Sinn der in der Stiftungszusatzurkunde festgelegten Bestimmungen bestimmten Personen
  • Die Bestellung als auch die Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes erfolgt zu Lebzeiten des Erststifters ausschließlich durch diesen, nach seinem Ableben oder dem Verlust der Geschäftsfähigkeit obliegt die Bestellung dem Stiftungsbeirat
  • Die Funktionsperiode aller Stiftungsvorstände beträgt drei Jahre und verlängert sich automatisch um jeweils weitere drei Jahre, sofern die jeweils Bestellungsberechtigten nicht vor Ablauf der jeweiligen Funktionsperiode einen gegenteiligen Beschluss fassen
  • Die Mitglieder des Stiftungsvorstandes können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vom Erststifter abberufen werden
  • Der Stiftungsvorstand bedarf zu bestimmten Rechtshandlungen im Innenverhältnis der vorherigen Zustimmung des Erststifters, nach dessen Ableben oder dem Verlust der Geschäftsfähigkeit der vorherigen Zustimmung des Stiftungsbeirates. Von diesem Katalog umfasst sind u.a.
    o außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes der Stiftung liegende Rechtsgeschäfte
    o der Erwerb und die Veräußerung von Unternehmen, die Belastung von Liegenschaften und von Beteiligen, soweit der Geschäftswert im Einzelfall ATS 1 Mio übersteigt
    o die Gewährung von Darlehen oder Krediten
    o die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung von wesentlichen Vermögenswerten der Stiftung, sofern der Wert des hievon betroffenen Teils ATS 1 Mio übersteigt
    o Rechtsgeschäfte mit Mitgliedern des Stiftungsvorstandes und deren nahen Angehörigen
    o Rechtsgeschäfte mit Begünstigten und deren nahen Angehörigen, ausgenommen die Gewährung von Zuwendungen nach Maßgabe der Stiftungszusatzurkunde
    o Investitionen, soweit das Einzelprojekt oder die Einzelvergabe den Betrag von ATS 1 Mio übersteigt
    o der Abschluss von Rechtsgeschäften, welche die Stiftung länger als 12 Monate binden, sofern die hieraus entstehenden Verpflichtungen für die Stiftung einen Betrag von ATS 1 Mio übersteigen
    o die Ausübung des Stimmrechts in Generalversammlung von Gesellschaften, an denen die Stiftung eine unmittelbare Beteiligung iSd § 228 UGB hält und
    o jede Änderung der Stiftungserklärung, soweit dies in den Zuständigkeitsbereich des Vorstandes fällt.

Der Erststifter ist also derzeit (alleiniger) Begünstigter, allein zuständig für die Erteilung der Zustimmung zu den zuvor geschilderten Rechtshandlungen und alleiniger Bestellungs- und Abberufungsberechtigter des Stiftungsvorstandes, wenn auch die Abberufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes beschränkt ist.

Der OGH hat in einer - zuletzt viel diskutierten - Entscheidung (6 Ob 42/09 h) zur Besetzung eines Beirates mit Begünstigten folgende Grundsätze formuliert:

  • Die Frage, ob ein Beirat als weiteres Organ im Sinne des § 14 Abs 2 PSG ein dem Aufsichtsrat vergleichbares Organ ist, bestimmt sich vorrangig nach dem in § 25 Abs 1 PSG dem Aufsichtsrat zugewiesenen Aufgabenkreis.
  • Nach § 23 Abs 2 Satz 2 PSG dürfen Begünstigte oder deren Angehörige nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder stellen. Diese Unvereinbarkeitsbestimmung ist auch auf einen aufsichtsratsähnlichen Beirat anzuwenden.
  • Will der Stifter den Begünstigten eine besondere Funktion in der Stiftung einräumen, kann er einen Beirat mit kontrollierender oder sogar bis zu einem gewissen Grad auch weisungsgebender Funktion einrichten; von einem solchen weiteren Organ wären Begünstigte nicht ausgeschlossen.
  • Wenn der Beirat nicht auf Kontrolle und bis zu einem gewissen Grad auf Weisung beschränkt ist, gilt das zuvor Gesagte allerdings nicht.

Im konkreten Fall ist zwar nicht die Frage zu beurteilen, inwieweit ein zulässiger Beirat eingerichtet wird oder nicht, sehr wohl aber die Frage, ob mit der Kompetenzzuweisung an den Erststifter die Unvereinbarkeitsbestimmung des § 15 Abs 2 PSG unterlaufen wird. Dies ist auch tatsächlich der Fall:

Der Erststifter bestellt die Mitglieder des Vorstands und kann sie bei Vorliegen wichtiger Gründe abberufen. Bei diesen "wichtigen Gründen" handelt es sich nicht um jene des § 75 Abs 4 AktG, sondern um viel weiter gefasste, nämlich um gänzlich unbestimmte Abberufungsgründe, die dem Erststifter einen weiten Spielraum einräumen. Dazu kommt, dass der Katalog der zustimmungspflichtigen Rechtshandlungen nicht aus reinen Kontrolltätigkeiten, sondern - im Ergebnis - aus konkreten Weisungsrechten gegenüber dem Stiftungsvorstand besteht, etwa bei der Gewährung von Darlehen oder Krediten ohne betragsmäßige Beschränkung, der Vornahme von Investitionen und dem Eingehen bestimmter Dauerschuldverhältnisse und insbesondere auch beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Begünstigten und deren nahen Angehörigen, was nichts anderes bedeutet, als dass im Ergebnis der Erststifter über ein Rechtsgeschäft mit ihm selbst entscheidet.

Gemäß § 15 Abs 2 PSG können Begünstigte und deren nahe Verwandte nicht Mitglieder des Stiftungsvorstandes sein. Durch die in der geänderten Stiftungserklärung eingeräumten weitreichenden Einflussmöglichkeiten des begünstigten Erststifters wird diese Unvereinbarkeitsbestimmung unterlaufen, der innere Kontrollmechanismus, der die staatliche Aufsicht ersetzen soll, würde versagen (6 Ob 42/09h mwN). Die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde wird daher abzulehnen sein.

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