21. Mai 2010

Mangelnde Geschäftsfähigkeit einer GmbH-Geschäftsführerin und Wahrnehmung dieses Mangels in einem anhängigen Rechtsstreit

In einem zivilrechtlichen Rechtsstreit macht der Kläger eine Forderung gegenüber einer GmbH geltend. Die GmbH wird durch eine selbstständig vertretungsbefugte Alleingeschäftsführerin vertreten.
Im Laufe des Verfahrens ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass diese Geschäftsführerin aufgrund einer psychischen Erkrankung geschäftsunfähig ist.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus:

Gemäß § 15 Abs 1 GmbHG können zu Geschäftsführern nur physische, handlungsfähige Personen bestellt werden.

Handlungsfähigkeit bedeutet Eigenberechtigung. Eine nicht eigenberechtigte (geschäftsunfähige) Person kann daher nicht wirksam zum Geschäftsführer bestellt werden. Das ergibt sich daraus, dass eine Person, die für sich selbst keine Willenserklärungen abgeben kann, dies auch nicht für einen Prinzipal (die Gesellschaft) können soll. Mit dem Verlust der Eigenberechtigung geht daher auch automatisch die Beendigung der Geschäftsführerstellung einher (Koppensteiner/Rüffler GmbHG § 15 Rz 15; Reich-Rohrwig Rz 2/31 FN 20 mwN; Straube/Ratka/Völkl in Straube, GmbHG § 15 Rz 11).

So ist es auch anerkannt, dass der dauerhafte Verlust der Geschäftsfähigkeit eines Geschäftsführers das „formelle Fehlen“ des Organs iSd § 15a GmbHG zur Folge hat, insoweit also die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notgeschäftsführers vorliegen können (Ratka in Straube, GmbHG § 15a Rz 13 mwN).

Auch § 15 UGB schützt das Vertrauen auf die Handlungsfähigkeit des Eingetragenen nicht; allerdings kommt unter den Voraussetzungen des § 15 Abs 3 UGB eine Rechtsscheinhaftung der Gesellschaft in Betracht, wofür allerdings folgende Umstände vorliegen müssen:
Die mangelnde Eigenberechtigung muss zur Annahme einer Rechtsscheinhaftung von der Gesellschaft erkannt worden oder als unrichtig erkennbar gewesen und die Eintragung des Geschäftsführers aus Verschulden nicht gelöscht worden sein, es sei denn, der Gesellschaft gelingt der Beweis, dass der Dritte nicht im Vertrauen auf die Eintragung gehandelt hat oder deren Unrichtigkeit kannte oder grob fahrlässig nicht kannte (Straube/Ratka/Völkl aaO mwN).

Wenn demnach im Laufe eines Rechtsstreits Hinweise auf eine mangelnde Geschäftsfähigkeit einer Alleingeschäftsführerin auftreten, ergibt sich zwingend, dass mit § 15 Abs 3 UGB eine aufrechte Handlungsfähigkeit der beklagten GmbH nicht mehr begründet werden kann.

Gemäß § 6 ZPO ist der Mangel der Prozessfähigkeit und der gesetzlichen Vertretung in jeder Lage des Rechtsstreites von Amts wegen zu berücksichtigen. Kann dieser Mangel beseitigt werden, hat das Gericht die hierzu erforderlichen Aufträge zu erteilen und zu ihrer Erfüllung von Amts wegen eine angemessene Frist zu bestimmen, bis zu deren fruchtlosem Ablaufe der Ausspruch über die Rechtsfolgen des Mangels aufgeschoben bleibt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass für den Fall der anwaltlichen Vertretung einer Partei die Prozessfähigkeit nur im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung vorgelegen sein muss und ihr späterer Wegfall nicht schadet (OGH 8 Ob 169/01p). Bei Zweifeln an der Prozessfähigkeit eines einzigen Geschäftsführers (Liquidators) einer GmbH ist vom Prozessgericht die Frage der gesetzlichen Vertretung selbst von Amts wegen zu prüfen, weil ein Fall des § 6a ZPO nicht vorliegt (SZ 69/205).

Das hat zur Konsequenz, dass sich Fragen der mangelnden Prozessfähigkeit bei einer anwaltlich vertretenen beklagten GmbH nur dann stellen, wenn sich Hinweise dafür ergeben, dass die mangelnde Handlungsfähigkeit der Geschäftsführerin bereits zum Zeitpunkt der Vollmachtserteilung an den Rechtsanwalt gegeben war.
Diesen Hinweisen hat das Prozessgericht nachzugehen. Diesem Verfahren zur Prüfung der Prozessfähigkeit ist zur Wahrung ihrer Parteirechte auch die Gegenpartei beizuziehen, es handelt sich dabei um einen selbstständigen Zwischenstreit mit Kostenfolgen (LGZ Wien 36 R 61/02s).

Ein späterer Wegfall würde nicht schaden, da dieser an der Prozessfähigkeit der GmbH im konkreten Verfahren nichts ändern würde und die Parteifähigkeit der GmbH unabhängig vom allfälligen Vertretungsmangel aufgrund des möglicherweise mittlerweile erfolgten Wegfalls der Geschäftsführerin unberührt bleibt.

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