Die darin angesprochenen Facetten sind von allgemeinem Interesse, weshalb ich sie auch in einem eigenen Beitrag beantworten möchte:
- Zur Frage, warum bei der Exportverschmelzung nach Deutschland die Hinweise gemäß § 8 Abs 2 Z 3 EU-VerschG Ausführungen zu Gläubigerrechten nach § 226 AktG enthalten sollen:
In die Veröffentlichung des Hinweises auf die Einreichung des Verschmelzungsplans bei Gericht ist u.a. für jede der sich verschmelzenden Gesellschaften ein Hinweis auf die Modalitäten für die Ausübung der Rechte der Gläubiger (§ 13) und der Minderheitsgesellschafter der sich verschmelzenden Gesellschaften aufzunehmen (§ 8 Abs 2 Z 3).
In der Literatur wird dazu vertreten, dass einerseits der vorgelagerte Gläubigerschutz nach § 13 bei der Exportverschmelzung und andererseits der nachgelagerte Gläubigerschutz des § 226 AktG zu beschreiben ist (Wenger in Frotz/Kaufmann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, § 8 EU-VerschG, Rz 7a).
Kaufmann verweist ebenfalls auf das Schrifttum und die Materialien und referiert, dass zusätzlich zum vorgelagerten Gläubigerschutz die Gläubigerschutzbestimmung des § 226 AktG anzuwenden sei. Es erscheine aber zweifelhaft, ob § 226 AktG tatsächlich zur Anwendung gelange, weil dieser nämlich an die Rechtswirksamkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung anschließe. Diese führe jedoch zu einem Gesellschaftsstatutwechsel, als dessen Folge § 226 AktG nicht mehr anzuwenden wäre (Kaufmann in Frotz/Kaufmann, Grenzüberschreitende Verschmelzungen, § 13 EU-VerschG, Rz 7 mwN).
Auch Kalss weist auf den Statutenwechsel hin und hält fest, dass aus Sicht der übernehmenden Gesellschaft die Verschmelzung die Übernahme des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft bedeute und dieser Vorgang dem Personalstatut der übernehmenden Gesellschaft unterliege. Die aus der Verschmelzung hervorgehende Gesellschaft unterliege gesellschaftsrechtlich ihrem Recht, was für Gesellschafter und Gläubiger jeder übertragenden Gesellschaft einen Wechsel des anwendbaren Rechts bedeute. Das Personalstatut der übertragenden Gesellschaft könne deren Gesellschaftern und Gläubigern zwar noch Ansprüche „mitgeben“, welche sich jedoch mit dem Gesellschaftsrecht der übernehmenden Gesellschaft vertragen müssten (Kalss, Gläubigerschutz bei Verschmelzungen von Kapitalgesellschaften, ZGR 2009, 118f).
Daraus folgt:
Ausführungen zum Gläubigerschutz nach § 226 AktG in der Veröffentlichung nach § 8 Abs 2 Z 3 sind bei der Exportverschmelzung tatsächlich entbehrlich, mein Tipp für die Praxis ist aber trotzdem, diese aus Vorsichtsgründen aufzunehmen, um die Frage nicht in einem allfälligen Rechtsmittelverfahren endgültig klären zu müssen. Ich persönlich würde allerdings eine Abweisung eines Eintragungsantrages darauf nicht (mehr) stützen.
- Zur Frage der Konsequenzen bei einem kapitalentsperrenden Effekt:
Dazu verweise ich zunächst neuerlich auf Kaufmann: Dem kapitalentsperrenden Effekt bei der Exportverschmelzung trage das EU-VerschG zunächst dadurch Rechnung, dass dieser im Verschmelzungsbericht und Prüfungsbericht aufzuzeigen sei. Bekannte Gläubiger seien unmittelbar über die in § 8 Abs 2 vorgesehenen Hinweise zu informieren, wenn die grenzüberschreitende Verschmelzung einen kapitalentsperrenden Effekt nach sich ziehe. Den Gläubigern werde in § 13 ein Recht auf Sicherheitsleistung der Ansprüche eingeräumt, die bis zum Ablauf der Meldefrist entstehen, jedoch noch nicht befriedigt werden müssen. Es sei daher davon auszugehen, dass die vorgelagerten Gläubigerschutzbestimmungen des EU-VerschG, insbesondere der vorgelagerte Sicherstellungsanspruch, als hinreichende Ausgleichsmaßnahme im Sinne der einschlägigen Judikatur des OGH anzusehen sind (Kaufmann aaO, § 13 EU-VerschG, Rz 15 mwN).
Auch Kalss (aaO, 120) weist darauf hin, dass das österreichische Recht für diesen Fall den ex-ante-Gläubigerschutz vorsehe und sogar etwas weiter ausbaue (keine Bescheinigung der Gefährdung der Befriedigungsaussichten, wenn kapitalherabsetzender Effekt eintritt; zudem individuelle Verständigung der bekannten Gläubiger).
Ich sehe daher in § 13 Abs 1 EU-VerschG eine abschließende und ausreichende Gläubigerschutzbestimmung und würde keine weiteren Abhilfe- oder Ausgleichsmaßnahmen fordern.
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