Kaufmann stellt nunmehr in einem Beitrag in ÖstZ 2009/419, 202 mit demselben Titel die Zulässigkeit des Vorgangs schon dem Grunde nach in Frage; seine bedenkenswerten Argumente möchte ich heute kurz darstellen.
Kaufmann knüpft an (i) die Notwendigkeit der zwingenden Anteilsauskehr (§ 17 Z 5 SpaltG iVm § 224 Abs 3 AktG) und (ii) die Begleitmaßnahmen zur Vermeidung eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr an.
Bereits die in der Lehre vertretene These der zwingenden Anteilsauskehr sei zu hinterfragen. § 224 Abs 3 AktG normiere die Anteilsauskehr, „so weit dies erforderlich ist“. Die in § 224 Abs 3 festgelegte Abfindung werde als Entgelt für die Übertragung von Vermögen an die Tochtergesellschaft betrachtet. Weil dies so sei, seien die Anteile auch nur im Ausmaß der relativen Unternehmenswerte an die Gesellschafter der Muttergesellschaft auszukehren (arg. „soweit erforderlich“).
Dies bedeute:
Die Anteile an der Tochtergesellschaft hätten bzw. könnten für die Tochtergesellschaft keinen Vermögenswert haben; deshalb sei ein Entgelt für den Erhalt von Vermögenswerten in Form der Anteilsauskehr an die Gesellschafter der Muttergesellschaft unzulässig. Selbst wenn man der Idee der Vermögenslosigkeit solcher Anteile nicht folge, könne nicht ohne weiteres ausgekehrt werden, weil ja die Frage zu beantworten sei, für welche Leistung die Gesellschafter der Muttergesellschaft eigentlich eine Gegenleistung von der Tochtergesellschaft in der Form von Anteilen an dieser erhalten. Daher sei § 224 Abs 3 in diesen Konstellationen wohl nur dann anwendbar, wenn die Tochtergesellschaft neben den Anteilen auch noch weiteres davon verschiedenes Vermögen im Zuge des Spaltungsvorgangs erhalte.
Aber auch § 15 SpaltG spreche gegen eine undifferenzierte Anteilsauskehr, weil diese Haftungsbestimmung ihre Grundlage darin finde, dass alle beteiligten Gesellschaften spaltungsbedingt Vermögen erhalten. Wenn nun eine nach § 15 SpaltG haftende Gesellschaft das gesamte die Haftung begründende spaltungsbedingt übertragene Vermögen an einen nicht nach § 15 SpaltG haftenden Gesellschafterkreis (nämlich den Gesellschaftern der Muttergesellschaft) ausschütten müsse, trete ein Wertungswiderspruch auf, der gegen die Zulässigkeit des Vorgangs an sich spreche.
Nun könnte man gegen letzteres Argument einwenden, dass ja exakt wegen dieses Effektes eine entsprechende Haftungsprämie finanziert werden müsse, die diese Folgen bei der Tochtergesellschaft neutralisiere.
Dem begegnet Kaufmann im zweiten Teil seines Beitrags:
Unstrittig sei, dass dieser Vorgang grundsätzlich gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoße, weil die Tochtergesellschaft eine Haftung nach § 15 SpaltG – beschränkt auf die Höhe des übertragenen Nettoaktivvermögens – treffe, ohne dafür eine Leistung zu erhalten.
Zu den in Lehre und Judikatur diskutierten und vertretenen Vermeidungsstrategien führt Kaufmann aus:
- Der Nachweis der Tilgung aller Verbindlichkeiten der Muttergesellschaft zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Spaltung (nämlich Eintragung in das Firmenbuch) sei praktisch nicht zu erbringen, weil davon auch noch ein Zeitraum nach Anmeldung der Spaltung betroffen sei. Kaufmann weist richtig darauf hin, dass nicht einmal der Zeitpunkt der tatsächlichen Eintragung der Spaltung durch den Firmenbuchrichter dafür ausreiche, weil die Spaltung erst an dem der Bewilligung folgenden Tag im Firmenbuch aufscheine, sodass der Nachweis bis zum Ablauf dieses Eintragungstages zu erbringen wäre, was praktisch auf unüberwindbare Hindernisse treffe.
- Verzichtserklärungen der Gläubiger der Muttergesellschaft seien zwar bei einem überschaubaren Gläubigerkreis denkbar, allerdings treten auch hier die oben dargestellten Problemfelder auf, wonach ein Gläubigerkreis ins Spiel komme, der zum relevanten Zeitpunkt noch gar nicht bekannt sei/sein könne, zumal deren Forderungen erst im „kritischen“ Zeitraum entstehen würden.
- Eine Schad- und Klagloshaltungserklärung sei schon deshalb unzureichend, weil der spaltungsbedingte Schuldbeitritt durch die Tochtergesellschaft genau so zu prüfen sei wie die Zulässigkeit der Sicherheitenbestellung zugunsten eines Gesellschafters; die zweifellos geldwerte Sicherheitenbestellung werde der Tochtergesellschaft aber überhaupt nicht abgegolten.
- Die Bezahlung einer fremdüblichen Haftungs- oder Avalprovision durch die Mutter-/Großmuttergesellschaft sei dann unzulässig, wenn die Tochtergesellschaft ein existenzbedrohendes Haftungsrisiko übernehme. Eine diesbezügliche Risikobeurteilung habe sich am Prüfungsmaßstab von Kreditinstituten zu orientieren.
Abschließend weist Kaufmann noch darauf hin, dass ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr auch dann vorliege, wenn die Tochtergesellschaft irgendwelche Kosten im Zuge des Spaltungsvorgangs zu tragen oder Verbindlichkeiten zu übernehmen hätte.
In meiner Praxis hatte ich eine solche Down-stream-Abspaltung – jedenfalls so weit ich das aus der Erinnerung überblicke – noch nicht zu bearbeiten. Sollte dies jedoch der Fall sein, werden sich die Antragsteller aber mit den von Kaufmann ins Treffen geführten Argumenten auseinander zu setzen haben.
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