14. September 2009

Die Parteistellung im Firmenbuchverfahren - ein Beispiel aus der Praxis

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist die K-B-GmbH eingetragen; deren Stammkapital von € 88.640,84 wird von drei Gesellschaftern gehalten, der Sch-Z-G-GmbH, Josef F* und Erwin P*.

Im Firmenbuch des Landesgerichtes Salzburg ist die G-K-B GmbH eingetragen; diese Gesellschaft hat ein Stammkapital von € 1.186.747,39. Die GmbH hat insgesamt 47 Gesellschafter, darunter mit einer Stammeinlage von je € 163.322,31 Friedrich K*, Susanne K* und Ingrid K*; die K-B-GmbH ist mit einer Stammeinlage von € 49.642,16 und deren Gesellschafterin Sch-Z-G-GmbH mit einer Stammeinlage von € 24.478,51 beteiligt.

§ 5 Abs 5 und § 6 des Gesellschaftsvertrages der G-K-B GmbH lauten wie folgt:

§ 5 Das Stammkapital

[...]
(5) Der Geschäftsanteil eines Gesellschafters kann nur mit vorheriger Zustimmung der Gesellschaft, welche diese Zustimmung mit einfacher Stimmenmehrheit zu beschließen hat, ganz oder teilweise an dritte Personen übertragen werden; ebenso bedarf die Beteiligung dritter Personen am Gesellschaftsanteil dieser Zustimmung. Diese Zustimmung bedarf zu ihrer Rechtswirksamkeit der schriftlichen Form. Ihr Fehlen macht die Verpflichtung des Gesellschafters unwirksam. Der Erbgang ist von dieser Bestimmung ausgenommen.

§ 6 Vorkaufs- und Übernahmsrecht

(1) Die Gesellschafter räumen sich gegenseitig das Vorkaufsrecht auf ihre Geschäftsanteile oder Teile davon dergestalt ein, dass der verkaufende Gesellschafter verpflichtet ist, nach Erhalt der Zustimmung der Gesellschaft denselben den übrigen Gesellschaftern zum letzten festgestellten Einheitswert nach dem Verhältnis ihrer Beteiligungen an der Gesellschaft anzubieten.
(2) Lehnen die übrigen Gesellschafter ab oder geben sie innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Erhalt des Angebotes keine Erklärung ab, so kann der Veräußernde über seinen Anteil frei verfügen. Greifen die Gesellschafter das Angebot auf, so sind die übrigen Gesellschafter berechtigt, im Ausmaß ihrer Beteiligung am Stammkapital verhältnismäßig in dieses Anbot einzutreten.
(3) Bei Ablehnung eines solchen Eintritts durch einen der Vorkaufsberechtigten wächst dessen Anteil den übrigen Gesellschaftern wiederum im Verhältnis ihrer Beteiligung am Stammkapital zu.

Mit Einbringungsvertrag vom 17.07.2009 bringen 23 Gesellschafter der G-K-B GmbH jeweils ihren gesamten Geschäftsanteil an dieser Gesellschaft in die K-B-GmbH gegen Gewährung von Anteilen ein. Im Einbringungsvertrag halten diese Gesellschafter fest, dass sie in Kenntnis davon sind, dass diese Einbringung unter Hinweis auf § 6 des Gesellschaftsvertrages (richtig wohl: § 5 Abs 5) der mehrheitlichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Diese mehrheitliche Zustimmung zu den Einbringungen wurde in der Generalversammlung der G-K-B GmbH am 23.04.2009 erteilt.

Als Gegenleistung für diese Einbringungen erhalten die Gesellschafter neue Anteile an der übernehmenden K-B-GmbH; zu diesem Zweck wurde in der Generalversammlung dieser Gesellschaft am 17.07.2009 eine Kapitalerhöhung um € 485.741,92 beschlossen und die 23 Gesellschafter gegen Einbringung ihres jeweiligen Gesellschaftsanteiles als Sacheinlage mit den entsprechenden Teilbeträgen zur Übernahme dieser Kapitalerhöhung unter Ausschluss der Altgesellschafter zugelassen.

Eine Prüfung dieser Sacheinlagen durch einen gerichtlich bestellten Sacheinlagenprüfer ist erfolgt (§ 52 Abs 6 iVm § 6a Abs 4 GmbHG).

Unter Vorlage des Prüfberichts, des Einbringungsvertrages, des General-versammlungsprotokolles und der aktuellen Fassung des (entsprechend) geänderten Gesellschaftsvertrages beantragt die Geschäftsführung der K-B-GmbH nunmehr die Eintragung dieser Kapitalerhöhung in das Firmenbuch.

Bereits einige Monate vor Einlangen dieser Firmenbuchanmeldung beantragten die drei eingangs genannten Gesellschafter der G-K-B GmbH Friedrich, Susanne und Ingrid K*, eine allfällige zur Eintragung angemeldete Kapitalerhöhung bei der K-B-GmbH nicht einzutragen, in eventu, ein allfälliges Eintragungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über allenfalls im Zusammenhang mit den geplanten Einbringungen anhängende Rechtsstreitigkeiten gemäß § 19 FBG zu unterbrechen.

Sie stützten ihren Antrag im Wesentlichen auf die Behauptung, dass das gesellschaftsvertragliche Vorkaufs- und Übernahmsrechts des § 6 absolute Wirkung entfalte und auch Übertragungen im Wege der Sacheinlagen umfasse. Die einbringenden Gesellschafter hätten also durch die Einbringung dieses absolut wirkende Aufgriffsrecht der Gesellschafter der G-K-B GmbH verletzt. Sollte allerdings die Kapitalerhöhung bei der K-B-GmbH eingetragen werden, würde dies zur Vernichtung dieses Aufgriffsrechtes führen, da gegenüber der K-B-GmbH eine Anfechtung der Übernahmserklärungen, die die Gesellschafter in Durchführung der Kapitalerhöhung abgegeben haben, nicht mehr möglich sei und ihr gegenüber die Mängel des Einbringungsvertrages mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Firmenbuch heilen würden. Damit wäre ihr gesellschaftsvertragliches Aufgriffsrecht endgültig vernichtet.

Ihre Argumentation zur Reichweite des Vorkaufsrechtes unterstützen sie durch Vorlage eines Gutachtens eines Universitätsprofessors; die Geschäftsführung der K-B-GmbH reagierte daraufhin ebenfalls mit der Vorlage von Gutachten zweier Universitätsprofessoren und einer renommierten Anwaltskanzlei. Letztere kommen in ihren Gutachten zum Schluss, dass das gesellschaftsvertragliche Vorkaufsrecht keinesfalls auf die hier in Rede stehenden Sacheinlagen Anwendung finde, da das Vorkaufsrecht nicht auf diese Vorgänge erweitert werden könne und auch keine Umgehung vorliege (§ 1078 ABGB).

Auf diese gegenläufigen Argumentationen gehe ich an dieser Stelle noch nicht ein, da zunächst die Frage der Antragslegitimation der drei Gesellschafter K* im Eintragungsverfahren bei der K-B-GmbH, also bezüglich eines Rechtsträgers, an dem diese gar nicht beteiligt sind, zu klären ist.

Statutarische Übertragungsbeschränkungen bewirken ihrem gesellschafts-vertraglichen Zweck nach ein Abtretungsverbot, das grundsätzlich erst durch den Verzicht oder die Nichtausübung des Übernahmsrechts durch die berechtigten Gesellschafter erlischt, bis dahin jedoch absolute Wirkung entfaltet (OGH 8 Ob 631/90 = SZ 65/60; OGH 1 Ob 8/00h = SZ 73/33; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 76 Rz 9 mwN). Wenn aber das von den Antragstellern behauptete Vorkaufsrecht tatsächlich besteht, wäre es als absolutes Verfügungsverbot zu qualifizieren, das erst durch Verzicht oder Nichtausübung erlischt, sodass nach Auslösung des Vorkaufsfalls niemand rechtswirksam jene Geschäftsanteile erwerben könnte, auf den sich der Vorkaufsfall und daraus entstandene, noch nicht erloschene Vorkaufsrechte von Gesellschaftern beziehen.

Unter Berücksichtigung dieser absoluten Wirkung ist damit weiters die Frage zu klären, ob die Eintragung der beantragten Kapitalerhöhung bei der K-B-GmbH in das Firmenbuch zur Folge hätte, dass die Antragsteller ihr (Vorkaufs)Aufgriffsrecht - sollte es tatsächlich bestehen - nicht mehr geltend machen könnten.
Mit der Einbringung und der damit zusammenhängenden Kapitalerhöhung treten die bisherigen Gesellschafter der G-K-B GmbH der K-B-GmbH bei, im Gegenzug erhält Letztere die zuvor von diesen Gesellschaftern gehaltenen Beteiligungen an der G-K-B GmbH. Mit der Wirksamkeit dieser Kapitalerhöhung - die mit der Eintragung in das Firmenbuch eintritt (§ 52 Abs 1, § 49 Abs 2 GmbHG) - ist die damit verbundene Anteilserhöhung der K-B-GmbH bei der G-K-B GmbH einzutragen.

Die Anfechtbarkeit einer Übernahmserklärung ist gegenüber der Gesellschaft ausgeschlossen, sobald die Kapitalerhöhung im Firmenbuch eingetragen ist (OGH 1 Ob 135/06v, ecolex 2007, 262; SZ 69/94; SZ 57/174; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 52 Rz 34; Reich-Rohrwig, GmbH 497). Die Eintragung der Kapitalerhöhung bei der K-B-GmbH hätte damit zur Folge, dass die Antragsteller ihr (allenfalls bestehendes) Aufgriffsrecht trotz der geschilderten absoluten Wirkung aufgrund der Eintragung der Kapitalerhöhung nicht mehr ausüben könnten.

Die Antragsteller wären auf Schadenersatzansprüche gegenüber den das statutarische Aufgriffsrecht verletzenden Gesellschaftern verwiesen.

Gemäß § 15 Abs 1 FBG sind die allgemeinen Bestimmungen des AußStrG anzuwenden. Demnach ist im Sinne des materiellen Parteibegriffs des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG Partei jede Person, deren rechtlich geschützte Stellung durch eine begehrte Entscheidung unmittelbar beeinflusst würde. Parteistellung kommt also all jenen Personen zu, die ein rechtliches Interesse haben, das auf einem eingetragenen Recht beruht oder das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann. Gegen Eintragungsbeschlüsse des Firmenbuchgerichtes steht demnach ein Rekursrecht nur bei Verletzung subjektiver Rechte zu, so dass einem Gesellschafter einer GmbH Rechtsmittelbefugnis nur dann zukommt, wenn die Entscheidung nach dem konkreten Verfahrensstand seine firmenbuchrechtliche Rechtssphäre berührt, etwa weil es um seine Eintragung oder Nichteintragung (somit um seine eigene Gesellschafterstellung) geht (SZ 59/172; 6 Ob 2340/96b; 6 Ob 2358/96z; 6 Ob 19/97f; 6 Ob 168/98v; 6 Ob 274/00p; Kodek in Kodek/Nowtony/Umfahrer, FBG § 15 Rz 75).

Eine Beeinträchtigung bloß wirtschaftlicher Interessen begründet hingegen kein rechtliches Interesse an der Vornahme oder Beseitigung einer Eintragung (6 Ob 19/95; 6 Ob 2/95; 6 Ob 2358/96z; 6 Ob 168/98v). Damit genießt unbestrittenermaßen derjenige materielle Parteistellung, in dessen in das Firmenbuch eingetragene Recht durch eine vorgesehene Verfügung eingegriffen werden soll. Die materielle Parteistellung kann sich auch daraus ergeben, dass die Entscheidung im Firmenbuchverfahren ein rechtliches Interesse des Betroffenen beeinträchtigt, das in einem anderen Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden kann (Kodek aaO, § 15 Rz 80, 84).

Die zuvor dargestellten Konsequenzen führen in der Sphäre der Antragsteller zu einer bloß wirtschaftlichen Interessenbeeinträchtigung. Ihr im Firmenbuch eingetragenes Recht als Gesellschafter der G-K-B GmbH wird nämlich trotz der (möglichen) Verletzung des Aufgriffsrechts nicht verletzt, da sich ihre Beteiligung an dieser Gesellschaft durch die Erhöhung der Beteiligung der K-B-GmbH nicht verändert.
Eine damit verbundene Machtverschiebung in der G-K-B GmbH hat in ihrem Ergebnis ebenfalls nur Auswirkungen in wirtschaftlicher Hinsicht, da die Stimmen der drei Antragsteller trotz dieser Verschiebung in der Summe gleich gewichtig bleiben. Dass keine rechtlichen Interessen berührt werden, zeigt sich auch darin, dass die einbringenden Gesellschafter bereits bisher im Rahmen einer Syndikatsvereinbarung mit einer Stimme auftreten konnten / hätten auftreten können, sodass die Einbringung letztlich nur die gesellschaftsvertragliche Sichtbarmachung allfälliger Syndikatsabsprachen darstellt. Solche Syndikatsabreden sind zweifellos zulässig, wobei auf die jüngste gesetzgeberische Wertung im GesAusG zu verweisen ist, wo eine Anteilsvereinigung zur Erreichung der 90%-Schwelle zum Ausschluss eines Minderheitsgesellschafters ausdrücklich für zulässig angesehen wurde und nicht verpönt ist.

Mangels Parteistellung der drei Antragsteller ist damit der Unterbrechungsantrag zurückzuweisen, ohne dass geprüft werden müsste, ob überhaupt die Voraussetzungen des § 19 Abs 1 FBG vorliegen.

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