1) Formen der Teilnahme (§ 102)
Die Hauptversammlung muss an einem Ort im Inland stattfinden, den die Satzung bestimmt; wenn nichts anderes bestimmt wird, hat sie am Sitz der Gesellschaft oder am Sitz einer inländischen Börse, an der die Aktien der Gesellschaft notiert sind, stattzufinden (§ 102 Abs 2).
Neu ist, dass satzungsmäßig vorgesehen werden bzw. der Vorstand ermächtigt werden kann, dass Aktionäre an der Hauptversammlung im Wege elektronischer Kommunikation teilnehmen und auf diese Weise einzelne oder alle Rechte ausüben können (§ 102 Abs 3).
Dafür stehen mehrere Varianten zur Verfügung:
- Satellitenversammlung, das ist eine zeitgleich mit der Hauptversammlung an einem anderen Ort im Inland oder Ausland stattfindende Versammlung, die wie die Hauptversammlung einberufen und durchgeführt wird und wo für die gesamte Dauer eine Teilnahme durch optische und akustische Zweiweg-Verbindung in Echtzeit sichergestellt ist;
- Fernteilnahme, das ist die Teilnahme an der Hauptversammlung während der gesamten Dauer von jedem Ort aus mittels einer akustischen und allenfalls auch optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit, die derart ausgestaltet ist, dass die Aktionäre dem Verlauf der Verhandlungen folgen und sich für den Fall der Worterteilung selbst an die Hauptversammlung wenden können;
- Fernabstimmung, das ist die Abgabe der Stimme auf elektronischem Weg von jedem Ort aus.
Dabei übermitteln die Aktionäre ihre Stimmen von jedem beliebigen Ort aus auf elektronischem Weg an die Gesellschaft. Verfahrensmäßig kann dabei vorgesehen werden, dass diese Stimmen vor der Hauptversammlung bis seinem festgesetzten Zeitpunkt, vor und während der Hauptversammlung oder auch nur während der Hauptversammlung bis zu jenem Zeitpunkt abgegeben werden können, an dem die persönlich anwesenden Teilnehmer abstimmen. Es muss sichergestellt werden, dass vor der Abstimmung in der Hauptversammlung das Stimmverhalten bei der Fernabstimmung dem Vorstand und dem Aufsichtsrat sowie den übrigen Aktionären nicht bekannt wird.
Sollte der Aktionär nach dem Verfahren zur Stimmabgabe ein Formular oder eine Eingabemaske zu verwenden haben, muss vorgesorgt sein, dass die Aktionäre zu jedem Beschlussvorschlag abstimmen können. Abgegebene Stimmen sind nichtig, wenn der Beschluss in der Hauptversammlung mit einem anderen Inhalt gefasst wird als im Formular oder in der Eingabemaske vorgesehen (§ 126).
Möglich ist auch eine Übertragung der Hauptversammlung, was bedeutet, dass die Hauptversammlung für die nicht anwesenden Aktionäre akustisch und allenfalls auch optisch in Echtzeit übertragen wird; bei einer börsenotierten Gesellschaft kann auch die öffentliche Übertragung vorgesehen werden (§ 102 Abs 4).
Schließlich kann die Satzung vorsehen, dass die Aktionäre durch Abstimmung per Brief gemäß § 127 an der Hauptversammlung teilnehmen können (§ 102 Abs 6).
Dabei können die Aktionäre ihre Stimmen schriftlich (§ 886 ABGB) an die Gesellschaft übermitteln, wobei sie sich dafür eines von der Gesellschaft zur Verfügung zu stellenden Formulars (Stimmzettel) zu bedienen haben. Die näheren Einzelheiten eines solchen Verfahrens muss die Satzung regeln; insbesondere muss die Satzung eine Bestimmung darüber treffen, bis zu welchem Zeitpunkt vor der Hauptversammlung die Stimmen bei der Gesellschaft einlangen müssen, ob eine bereits abgegebene Stimme bis zu einem angegebenen Zeitpunkt widerrufen oder geändert werden kann und auf welche Weise Aktionäre Widerspruch erheben können.
Für das Verzeichnis der anwesenden Teilnehmer müssen die erforderlichen Angaben zusammen mit dem Stimmzettel der Gesellschaft übersandt werden (§ 117).
Es muss sichergestellt sein, dass vor der Abstimmung in der Hauptversammlung das Stimmverhalten bei der Abstimmung per Brief dem Vorstand und dem Aufsichtsrat sowie den übrigen Aktionären nicht bekannt wird. Zudem muss das Formular so gestaltet sein, dass die Aktionäre zu jedem Beschlussvorschlag abstimmen können, wobei abgegebene Stimmen nichtig sind, wenn der Beschluss in der Hauptversammlung mit einem anderen Inhalt gefasst wird als im Formular vorgesehen.
2) Ordentliche Hauptversammlung (§ 104)
Die ordentliche Hauptversammlung hat gemäß § 104 Abs 1 in den ersten acht Monaten des Geschäftsjahres stattzufinden und ist vom Vorstand einzuberufen. Der Vorstand hat der Hauptversammlung den Jahresabschluss samt Lagebericht und allfälligen Corporate Governance-Bericht, (Konzernabschluss samt Konzernlagebericht), den Vorschlag für die Gewinnverwendung und den vom Aufsichtsrat gemäß § 96 erstatteten Bericht vorzulegen.
Zwingender Inhalt der Tagesordnung muss sein:
- die Vorlage dieser soeben genannten Unterlagen und allenfalls die Feststellung des Jahresabschlusses
- die Beschlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns (Gewinnverwendung)
- die Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und der Mitglieder des Aufsichtsrats.
Mit einfacher Stimmenmehrheit muss die Verhandlung über diese Gegenstände vertagt werden, darüber hinaus auch dann, wenn dies eine Minderheit, deren Anteile zusammen 10 % des Grundkapitals erreichen, verlangt. Ein solches Verlangen ist aber nur beachtlich, wenn die Minderheit bestimmte Posten des Jahresabschlusses bemängelt.
3) Vorbereitung der Hauptversammlung (§§ 105 – 110)
Gemäß § 105 Abs 1 wird die Hauptversammlung durch den Vorstand einberufen, anderweitige gesetzliche oder satzungsmäßige Rechte zur Einberufung bleiben unberührt.
Die Hauptversammlung ist auch dann einzuberufen, wenn Aktionäre, deren Anteile 5% des Grundkapitals erreichen, die Einberufung schriftlich unter Vorlage der Tagesordnung und eines Beschlussvorschlags für jeden Tagesordnungspunkt begründet verlangen. Dieses Recht kann satzungsmäßig hinsichtlich der Formstrenge gemindert oder auch für einen geringeren Kapitalanteil vorgesehen werden. Falls dem Verlangen nicht entsprochen wird, können sich die Antragsteller an das Gericht wenden, dass sie zu ermächtigen hat, die Hauptversammlung unter gleichzeitiger Bestimmung des Vorsitzenden der Versammlung einzuberufen (§ 105 Abs 4).
§ 106 regelt den Inhalt der Einberufung zur Hauptversammlung, gemäß § 107 Abs 1 ist die Einberufung spätestens am 28. Tag vor einer ordentlichen Hauptversammlung, ansonsten spätestens am 21. Tag vor der Hauptversammlung bekanntzumachen, sofern die Satzung keine längeren Fristen vorsieht. Diese Bekanntmachung hat durch Veröffentlichung gemäß § 18 AktG zu erfolgen.
Sind die Aktionäre der Gesellschaft namentlich bekannt, kann die Hauptversammlung stattdessen mit eingeschriebenem Brief an die der Gesellschaft bekannt gegebene Adresse jedes Aktionärs einberufen werden, wenn dies in der Satzung nicht ausgeschlossen ist. Stattdessen kann ein Aktionär der Gesellschaft eine elektronische Postadresse (e-mail) bekannt geben und in die Mitteilung der Einberufung auf diesem Weg einwilligen (§ 107 Abs 2).
Börsenotierte Gesellschaften müssen die Einberufung auch in einer Form bekannt machen, die in nicht diskriminierender Weise einen schnellen Zugang zu ihr gewährleistet. Dabei muss sie sich eines Mediums bedienen, bei dem davon auszugehen ist, dass es die Informationen in der gesamten EU öffentlich verbreitet (§ 107 Abs 3).
Die bedeutet wohl (arg. in nicht diskriminierender Weise), dass die entsprechende Internetseite der Gesellschaft jene Barrierefreiheit aufweisen muss, die nach dem Stand der derzeitigen Technik Usern mit Seh- und Hörbeeinträchtigungen und sonstigen Einschränkungen in der Wahrnehmung trotzdem den Zugang ermöglichen.
Bereitstellung von Informationen (§ 108)
Der Vorstand und Aufsichtsrat haben zu jedem Punkt der Tagesordnung Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen.
Ab dem 21. Tag vor der Hauptversammlung sind am Sitz der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre aufzulegen:
- der Beschlussvorschläge samt allfälliger Erläuterungen oder Begründungen
- Jahresabschluss mit Lagebericht und gegebenenfalls Corporate Governance-Bericht, Konzernabschluss mit Konzernlagebericht, Vorschlag für die Gewinnverwendung sowie Bericht des Aufsichtsrats
- für den Fall der Abstimmung über einen Vertrag den Vertragsentwurf oder dessen wesentlichen Inhalt
- alle sonstigen Berichte und Unterlagen, die vorzulegen sind.
Eine börsennotierte Gesellschaft hat ab dem 21. Tag vor der Hauptversammlung die Einberufung zur Hauptversammlung, die soeben genannten Unterlagen und die Formulare für die Erteilung und den Widerruf einer Vollmacht, gegebenenfalls für die Fernabstimmung und die Abstimmung per Brief bis zum Ablauf eines Monats nach der Hauptversammlung durchgehend auf ihrer Internetseite zugänglich zu machen.
Eine nicht börsennotierte Gesellschaft hat jedem Aktionär auf Verlangen unverzüglich und kostenlos eine Abschrift der zuvor genannten Unterlagen zu erteilen, es sei denn, die Gesellschaft betreibt eine Internetseite, auf der sie diese Unterlagen zugänglich macht.
Beantragung von Tagesordnungspunkten (§ 109)
Gemäß § 109 Abs 1 können Aktionäre, deren Anteile 5 % des Grundkapitals erreichen, die Aufnahme von Punkten auf die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung schriftlich verlangen; zu jedem Tagesordnungspunkt muss ein Beschlussvorschlag samt Begründung beigefügt werden. § 109 Abs 2 regelt den näheren Voraussetzungen, wann ein derartiges Verlangen der Minderheitsaktionäre beachtlich ist.
Beschlussvorschläge von Aktionären (§ 110)
In einer börsenotierten Gesellschaft können Aktionäre, deren Anteile zusammen 1% des Grundkapitals erreichen, der Gesellschaft zu jedem Punkt der Tagesordnung in Textform Vorschläge zur Beschlussfassung übermitteln und verlangen, dass diese Vorschläge zusammen mit ihrem Namen, der anzuschließenden Begründung und einer allfälligen Stellungnahme des Vorstands oder des Aufsichtsrats auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden.
Die Gesellschaft muss für die Übermittlung von Beschlussvorschlägen von Aktionären zumindest einen elektronischen Kommunikationsweg zur Verfügung stellen.
Eine Zugänglichmachung auf der Internetseite ist dann nicht erforderlich, wenn der Beschlussvorschlag keine Begründung enthält, dieser zu einem gesetz- oder satzungswidrigen Beschluss der Hauptversammlung führen würde, ein auf demselben Sachverhalt gestützter gleichsinniger Vorschlag bereits zugänglich gemacht wurde, der objektive Tatbestand der üblen Nachrede oder der Beleidigung erfüllt oder sich der Vorstand durch das Zugänglichmachen strafbar machen würde oder die Aktionäre zu erkennen geben, dass sie an der Hauptversammlung nicht teilnehmen und sich nicht vertreten lassen werden.
Eine wesentliche Erleichterung sieht § 105 Abs 5 vor; demnach können ohne Einhaltung der soeben dargestellten Bestimmungen über die Vorbereitung der Hauptversammlung Beschlüsse gefasst werden, wenn alle Aktionäre selbst oder durch Vertreter an der Hauptversammlung teilnehmen und kein Aktionär der Beschlussfassung widerspricht.
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