Folgende Änderung des Gesellschaftsvertrages einer GmbH wird von der Generalversammlung einstimmig beschlossen und zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet:
„Manfred F**, Ursula F**, Lorenz F** und Florian S** werden in der Folge als berechtigte Gesellschafter bezeichnet.
Jene Gesellschaften, auf die Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft, in welcher Form auch immer, übertragen werden, werden in der Folge als Beteiligungsgesellschaften bezeichnet.
Die Gesellschafter sind berechtigt, ihre Geschäftsanteile an dieser Gesellschaft ganz oder teilweise auf Beteiligungsgesellschaften, in welcher Form auch immer, zu übertragen oder in Beteiligungsgesellschaften einzubringen, an denen nur berechtigte Gesellschafter beteiligt sind, und zwar unabhängig vom Ausmaß ihrer Beteiligung und unabhängig von ihrer Zusammensetzung. Die berechtigten Gesellschafter müssen ihre Beteiligung an diesen Beteiligungsgesellschaften unmittelbar halten ...
Die Abtretung von Geschäftsanteilen an Beteiligungsgesellschaften, an denen nur berechtigte Gesellschafter .... beteiligt sind, bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Genehmigung durch Gesellschafterbeschluss. Dies gilt analog für die Abtretung von Geschäftsanteilen an dieser Gesellschaft. Sofern an dieser Gesellschaft bzw. an einer dieser Beteiligungsgesellschaften andere Personen als berechtigte Gesellschafter .... beteiligt sind, sind die übrigen Gesellschafter berechtigt, den Geschäftsanteil dieser Beteiligungsgesellschaft bzw. des nicht berechtigten Gesellschafters zu übernehmen. Die Beteiligungsgesellschaft bzw. der nicht berechtigte Gesellschafter ist im Falle der Ausübung dieses Übernahmsrechtes verpflichtet, den gesamten Geschäftsanteil an dieser Gesellschaft an die übrigen Gesellschafter nach den näheren Bestimmungen dieses Vertrages abzutreten.“
Dass Vinkulierungsbestimmungen grundsätzlich zulässig sind, bedarf keiner näheren Erörterung. Thematisieren möchte ich mit diesem Beispiel den Umstand, dass dieses oben geschilderte Aufgriffsrecht auch dann entsteht, wenn es bloß zu einer mittelbaren Anteilsverschiebung kommt: Die Änderung der Gesellschafterstruktur in der Beteiligungsgesellschaft – nämlich durch Hinzutreten eines oder mehrerer nicht berechtigter Gesellschafter iSd Definition des Gesellschaftsvertrages - begründet ein Aufgriffsrecht der übrigen berechtigten Gesellschafter am Anteil dieser Beteiligungsgesellschaft samt der entsprechenden Abtretungsverpflichtung auf Seiten der Beteiligungsgesellschaft.
Karollus/Artmann haben sich in GesRZ 2001, 64 ff, Zur Auslegung einer Vinkulierungsklausel - individuelles Zustimmungsrecht, Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht und mittelbare Anteilsverschiebung, u.a. mit dieser Frage ausführlich auseinandergesetzt.
Sie kommen zum Schluss, dass eine Anteilsübertragung in einer Gesellschaft (Obergesellschaft), die ihrerseits Anteile an der Gesellschaft hält, in deren Gesellschaftsvertrag die Vinkulierung vorgesehen ist (Untergesellschaft), von der Vinkulierungsklausel in der Untergesellschaft erfasst werden kann. Dies sei auch bei Fehlen einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Festlegung („Konzernklausel“) jedenfalls dann anzunehmen, wenn es sich bei der Obergesellschaft um eine reine Holdinggesellschaft handelt, deren Zweck sich letztlich im Halten gerade dieser Beteiligung oder allenfalls noch weiterer vergleichbarer Beteiligungen erschöpft, und daher davon auszugehen sei, dass aus Sicht der Untergesellschaft sowie der übrigen Gesellschafter der Untergesellschaft nicht die Holdinggesellschaft als solche, sondern die dahinter stehenden Personen von ausschlaggebender Bedeutung sind. Aus der Vinkulierungsbestimmung im Gesellschaftsvertrag der Untergesellschaft sei für einen derartigen Fall abzuleiten, dass die anderen Gesellschafter dieser Gesellschaft von der Obergesellschaft verlangen können, ihre Anteile abzutreten und damit aus der Untergesellschaft auszuscheiden (Karollus/Artmann aaO, 68).
Wenn also selbst eine allgemeine Vinkulierungsklausel in der Untergesellschaft Auswirkungen auf die Holdinggesellschaft bezüglich der Abtretung von Geschäftsanteilen bzw. des Entstehens von Aufgriffsrechten zugunsten der Mitgesellschafter der Untergesellschaft haben kann, besteht naturgemäß kein Zweifel daran, dass eine ausdrückliche gesellschaftsvertragliche Regelung dieser Fälle – so wie im geschilderten Anlassfall (Konzernklausel) - jedenfalls zulässig ist.
1 Kommentar:
Stimme voll mit dem Ergebnis von Klaus Jennewein überein. Aufgriffsrechte können grundsätzlich an verschiedenste Fälle geknüpft werden (problematisch sind jedoch Anknüpfungen an den Insolvenzfall --> soweit mir dies jetzt erinnerlich ist --> laut OLG Wien und Linz sind solche Anknüpfungen unwirksam und laut OLG Innsbruck wirksam).
Die hier erwähnte Konzernklausel ist bei mehreren Gesellschafterstämmen ein essentieller Punkt, der unbedingt in den Gesellschaftsvertrag oder in gesonderte Optionsverträge aufgenommen werden sollte.
A. Kaufmann
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