13. April 2012

Anmeldeverpflichtung einer inländischen Zweigniederlassung einer deutschen GmbH (§§ 24 FBG, 107 GmbHG, 12 UGB, 3 – 5 FBG)

In einem an das Firmenbuchgericht adressierten Schreiben teilte das Finanzamt Innsbruck (unter Hinweis auf § 13 FBG) mit, dass die F** GmbH mit Sitz in München in Innsbruck eine Betriebsstätte unterhalte und überprüft werden möge, ob es sich dabei um eine eintragungspflichtige Zweigniederlassung im Sinne des § 3 Abs 1 Z 6 FBG handle. Dem Schreiben beigeschlossen waren diverse Unterlagen, ua eine Ausfertigung des aktuellen Gesellschaftsvertrags der F** GmbH und ein Unterschriftsprobenblatt der beiden Geschäftsführer.

Die F** GmbH ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit deutschem Personalstatut und im Handelsregister des Amtsgerichtes München zu HRB ** eingetragen.
Gemeinsam vertretungsberechtigte Geschäftsführer dieser GmbH sind Dr. G** S** und M** T**.

Anhand dieser Eingabe kann sehr schön gezeigt werden, welches verfahrensrechtliche Handwerkszeug das FBG dem Firmenbuchrichter zur Verfügung stellt, um die aufgeworfenen Fragestellungen einer Klärung zuzuführen. Auf diese Mitteilung des Finanzamtes ist nämlich mit folgender Androhung gegenüber den beiden Geschäftsführern zu reagieren:

Dr. G** S** und M** T** werden als Geschäftsführer der F** GmbH mit dem Sitz in München, F**straße **, D-8** München (Amtsgericht München HRB **) aufgefordert, binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gemäß § 107 GmbHG die Eintragung der am Standort 6020 Innsbruck, H**straße ** (allenfalls) errichteten inländischen Zweigniederlassung der F** GmbH mittels gerichtlich oder notariell beglaubigter Eingabe zum Firmenbuch anzumelden oder aber darzutun, dass diese Verpflichtung nicht besteht, widrigenfalls eine Zwangsstrafe von je € 400,-- verhängt werden müsste.

Diese Strafandrohung ist wie folgt zu begründen:

Vorauszuschicken ist, dass gemäß § 13 Abs 1 FBG die Verwaltungsbehörden die zu ihrer Kenntnis gelangenden Fälle einer unrichtigen, unvollständigen oder unterlassenen Anmeldung oder Eintragung dem Firmenbuchgericht unverzüglich mitzuteilen haben. Im konkreten Fall ist dem Finanzamt Innsbruck (offenkundig) aufgrund einer Eingabe der F** GmbH zur Kenntnis gelangt, dass diese GmbH mit dem Sitz in Deutschland am Standort in Innsbruck eine (steuerliche) Betriebsstätte errichtet hat, was zweifellos ein Indiz dafür ist, dass eine inländische Zweigniederlassung vorliegt.

Wenn ein Rechtsträger mit dem Sitz im Ausland in Österreich eine Zweigniederlassung hat, ist dieser Rechtsträger gemäß § 12 Abs 1 UGB samt der Zweigniederlassung in das Firmenbuch einzutragen. Die Anmeldung der Eintragung einer Zweigniederlassung eines ausländischen Rechtsträgers ins Firmenbuch richtet sich nach § 12 Abs 2 - 4 UGB, § 3 FBG iVm den auf die betroffene Gesellschaftsform anzuwendenden gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten. Bei einer GmbH ist § 107 GmbHG zu beachten. Voraussetzung der Eintragung ist immer die Errichtung der Zweigniederlassung im Inland. Ob eine inländische Zweigniederlassung vorliegt, richtet sich nach österreichischem Recht.

Der Begriff der Zweigniederlassung ist gesetzlich nicht näher definiert. Als Zweigniederlassung wird ein vom Sitz räumlich getrennter, organisatorisch weitgehend verselbständigter Teil des Unternehmens verstanden, der unter einer eigenen Leitung tätig wird und auf mehr als nur vorübergehende Dauer hin angelegt ist. Erforderlich sind daher auch entsprechende Einrichtungen in kommerzieller Hinsicht, die es ermöglichen, den vorgesehenen Geschäftsbetrieb fortlaufend (nicht nur vorübergehend) und (mit Ausnahme von Weisungen der Unternehmensführung) relativ selbständig zu führen. Bloße Vermittlungsstellen ohne eigene Abschlussbefugnis erfüllen diese Voraussetzungen ebenso wenig wie Schauräume, Werkstätten oder Auslieferungslager, in denen nur faktische Dienste geleistet werden.

Die Anmeldung eines ausländischen Rechtsträgers nach § 12 UGB erfordert den Nachweis der tatsächlichen Errichtung der Zweigniederlassung im Inland. Darunter ist nicht zu verstehen, dass die für den tatsächlichen Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung erforderlichen Einrichtungen zur Gänze bereits vorhanden sein müssen. Wohl aber müssen räumliche und organisatorische Vorkehrungen getroffen sein, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass tatsächlich eine Betriebsstätte geschaffen wird, die einen fortlaufenden (nicht nur gelegentlichen) und weitgehend verselbständigten Geschäftsbetrieb im Sinn des Unternehmenszwecks ermöglicht. In diesem Sinn kann etwa eine allenfalls vorhandene Ausstattung mit abgesondertem Vermögen und mit eigener Buchführung ebenso wie das Vorhandensein der für den Betrieb der Zweigniederlassung angesichts ihres Geschäftszwecks erforderlichen Räumlichkeiten und deren beabsichtigte Ausstattung in Verbindung mit dem vorgesehenen selbständigen Vertretungsrecht der zur Vertretung berufenen Geschäftsführer auf eine derartige verselbständigte Organisation hinweisen. Auch geplante Maßnahmen sind in die Überprüfung einzubeziehen, sofern mit ihrer Realisierung mit hoher Wahrscheinlichkeit gerechnet werden kann. Es müssen zwar nicht alle für den Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung erforderlichen Einrichtungen schon im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft tatsächlich vorhanden sein, aber doch ausreichende Anhaltspunkte für eine entsprechende unternehmerische Struktur vorliegen (OGH 6 Ob 43/04y, 44/04w; Ratka/Schenk in Straube UGB I § 12 Rz 24).

Sollte also unter Heranziehung dieser Kriterien die offensichtlich eröffnete Betriebsstätte in der Gesamtschau den Charakter einer Zweigniederlassung aufweisen, wäre diese vom ausländischen Rechtsträger durch seine vertretungsbefugten Organe mit den sich aus § 107 GmbHG (samt Verweisungsnormen) ergebenden Tatsachen und Unterlagen zur Eintragung anzumelden.

Der Verstoß gegen eine Anmeldeverpflichtung ist ebenso wie bei inländischen Rechtsträgern mit Zwangsstrafen zu sanktionieren. Adressaten der Strafdrohung können nur natürliche Personen sein. Bei Kapitalgesellschaften hat sich daher die Strafdrohung gegen die organschaftlichen Vertreter zu richten. Sind mehrere handlungspflichtige Personen vorhanden, ist die Zwangsstrafe allen Säumigen anzudrohen bzw in weiterer Folge gegen jeden einzelnen Säumigen zu verhängen (Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 12 Rz 29; Zib in Zib/Dellinger, UGB § 24 FBG Rz 16 u 17; Ratka/Schenk in Straube UGB I § 12 Rz 50).

Gemäß § 24 Abs 1 FBG ist derjenige, der verpflichtet ist, eine Anmeldung zum Firmenbuch vorzunehmen, vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu € 3.600,-- anzuhalten, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Diese Bestimmung bezweckt die Durchsetzung der gesetzlich geregelten Anmeldungspflichten. Vor Verhängung der Zwangsstrafe sind aber zunächst die (allenfalls) zur Anmeldung Verpflichteten gemäß § 24 Abs 3 FBG aufzufordern, die Verpflichtung zu erfüllen oder aber darzutun, dass diese Verpflichtung nicht besteht, was im konkreten Fall etwa durch den Nachweis bzw die Bescheinigung der mangelnden organisatorischen Selbst- bzw Eigenständigkeit dieser Betriebsstätte erfolgen könnte.

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