26. Juli 2011

Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 3 BAO in den Fällen der Löschung von Kapitalgesellschaften bei Gesamtrechtsnachfolge

Im Kollegenkreis wurde jüngst die Frage diskutiert, inwieweit bei der Eintragung von Verschmelzungen die Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 3 BAO für die Löschung der (untergehenden) übertragenden Kapitalgesellschaft erforderlich ist. Der Großteil der österreichischen Firmenbuchgerichte verlangt eine solche Bescheinigung nicht.

Diese Praxis scheint dem klaren Gesetzeswortlaut zu widersprechen, lässt sich aber wohl wie folgt begründen:

Gemäß § 160 Abs 3 BAO dürfen Löschungen von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Privatstiftungen im Firmenbuch erst vorgenommen werden, wenn eine Bescheinigung des für die Erhebung der Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamtes vorliegt, dass der Löschung steuerliche Bedenken nicht entgegenstehen.

Allen österreichischen Firmenbuchgerichten wurde am 9.10.2009 folgende Information (FB-Info Nr. 160) übermittelt:

Die Applikation Firmenbuch, Abteilung V/4 des Bundesministeriums für Finanzen teilt nach Abstimmung mit der Sektion IV des Bundesministeriums für Finanzen mit, dass die Übermittlung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung an das Firmenbuchgericht aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen bei Löschung einer Kapitalgesellschaft, für die eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt, entfallen kann.

Die Unbedenklichkeitsbescheinigung (UBB) ist kein Bescheid; als Bescheinigung spricht sie nicht über das Bestehen einer Steuerpflicht endgültig ab und beendet auch kein Verfahren (stRspr des VwGH, u.a. VwSlg 4567 F/1973; VwSlg 5984 F/1985; VwGH 87/16/0048; VwGH 89/16/0211 in RZ 1991/5, S 128; AnwBl 1991/8, S 573; VwGH 90/16/0011; VwGH 93/16/0031).
Sie kann als bloße Mitteilung oder Beurkundung wegen Unrichtigkeit widerrufen oder geändert werden (VwGH 23. 10. 1961, 977/58, ÖStZB 1962, 31 = Slg 2517/F; 15. 11. 1990, 89/16/0211, ÖStZB 1992, 276).

Eine Prüfpflicht (laut Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 26, nicht einmal eine Prüfungsbefugnis) des Firmenbuchgerichts in steuerrechtlicher Hinsicht besteht nicht (6 Ob 5/01f; 6 Ob 4/01h; 6 Ob 167/01d; 6 Ob 81/02h; 6 Ob 70/03t; 6 Ob 271/03a; RIS-Justiz RS0115147; OLG Wien 28 R 316/05d = GeS 2006, 222; vgl Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG, § 3 Rz 40).

Zweck des § 160 Abs 3 BAO ist, die Firmenbuchgerichte von der Prüfung steuerrechtlicher Voraussetzungen zu entlasten.

Ungeachtet der Zuständigkeitsregelungen gemäß AVOG, wonach für die Ausstellung der UBB in den einschlägigen Fällen das für die Erhebung der KöSt (sachlich) am Sitz des Unternehmens (örtlich) zuständige Finanzamt berufen ist, erübrigt sich die Einholung einer solchen UBB in jedem Einzelfall wohl dann, wenn das weisungsbefugte BMF für klar bezeichnete Konstellationen (nämlich Fälle der Gesamtrechtsnachfolge) den Firmenbuchgerichten mitteilt, dass der Löschung von Kapitalgesellschaften in solchen Fällen keine steuerliche Bedenken entgegenstehen. Da die UBB des § 160 Abs 3 BAO auch nichts anderes als eine Mitteilung (Bescheinigung) ist, die nicht rechtskraftfähig ist und der kein Bescheidcharakter zukommt, kann die allgemeine Mitteilung in der FB-Info Nr. 160 wohl als „General-UBB gemäß § 160 BAO“ für alle Fälle der Löschung von Kapitalgesellschaften in Folge einer Gesamtrechtsnachfolge gewertet werden.

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