Im Kollegenkreis wurde kürzlich die Frage diskutiert, ob Bestimmungen im BWG die Eintragung von Prokuristen bei Kreditgenossenschaften verbieten und derartige Anträge vom Firmenbuchgericht abzuweisen wären.
Bezug genommen wurde auf folgende Normen im BWG:
Unter „Begriffsbestimmungen“ definiert § 2 Z 1 BWG die Geschäftsleiter, wobei in lit b festgehalten wird, dass zur Vertretung der Kreditgenossenschaft – unbeschadet einer Prokura oder Handlungsvollmacht – ausschließlich die Geschäftsleiter befugt sind.
Mit der Zulässigkeit einer Prokuraerteilung bei Banken/Kreditinstituten befasst sich § 5 BWG. Demnach ist die Konzession u.a. zu erteilen, wenn das Kreditinstitut mindestens zwei Geschäftsleiter hat und in der Satzung die Einzelvertretungsmacht, eine Einzelprokura oder eine Einzelhandlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb ausgeschlossen und bei Kreditgenossenschaften die Führung der Geschäfte auf die Geschäftsleiter eingeschränkt ist (§ 5 Abs 1 Z 12 BWG).
Demnach ist die Erteilung von Gesamtprokura bei Kreditinstituten grundsätzlich zulässig; sondergesetzlich ausgeschlossen ist nur die Erteilung einer Einzelprokura.
Die Diskussion drehte sich um die Frage, ob aufgrund der Wortfolgen in § 2 Z 1 lit b und § 5 Abs 1 Z 12 bei Kreditgenossenschaften die Führung der Geschäfte „auf die Geschäftsleiter eingeschränkt“ sein muss und trotz der „unbeschadet-Bestimmung“ in § 2 Z 1 lit b keine (Gesamt)Prokura eingetragen werden darf.
In der Literatur hat Weigand in NZ 2003/23 zur firmenbuchrechtlichen Prüfungspflicht bei Anmeldungen von Bestellung und Abberufung von vertretungsberechtigten Personen in diesem Zusammenhang auf Folgendes hingewiesen:
"Im Übrigen wird durch diese Verkehrsschutzregelungen auch sonst die Wirksamkeit der Erteilung von selbständiger Art-, Einzelhandlungsvollmacht, Einzelprokura oder gar Generalvollmacht nicht berührt. Ist die Erteilung einer Einzelprokura sogar sondergesetzlich ausgeschlossen, wie zB durch § 5 Abs 1 Z 12 BWG und § 19 Abs 1 SpG, so ist darin lediglich eine Anforderung für eine gesetzeskonforme Satzungsgestaltung als Voraussetzung für die Konzessionserteilung zu sehen; die Wirksamkeit einer dennoch erteilten Einzelprokura bei einem Kreditinstitut oder bei einer Sparkasse wird dadurch nicht verhindert. Dafür fehlt es an einer ausdrücklichen Ausnahmebestimmung zum allgemeinen Verkehrsschutz des § 35 Abs 1 Z 5 GmbHG und § 74 Abs 2 AktG."
Zum Geltungsbereich des KWG ist eine Entscheidung des OLG Innsbruck im Jahr 1982 ergangen (5 R 396/81). Im seinerzeitigen § 4 Abs 3 KWG war geregelt, dass „zur Vertretung der Kreditgenossenschaft nur die Geschäftsleiter befugt“ sind (auch § 5 Abs 1 Z 4 KWG). Diese Regelung stimmt also mit § 2 Z 1 lit b und § 5 Abs 1 Z 12 BWG überein.
Dazu hält das OLG Innsbruck fest:
„Bei Kreditgenossenschaften ist auch seit dem Inkrafttreten des KWG weiterhin die Bestellung von Prokuristen möglich. Mit der gesetzlichen Regelung soll nämlich nur eine andere Vertretung auf der Ebene der Genossenschaftsorgane, aber keineswegs die vertragliche Bevollmächtigung, wozu auch die Prokura zählt, ausgeschlossen werden. Die Möglichkeit der Bestellung von Prokuristen wird im übrigen auch in § 5 KWG und in der Literatur vorausgesetzt (Eiselsberg, Kreditwesengesetz, Sparkassengesetz, Wertpapier-Emissionsgesetz 1979, 23; Kastner, Kreditwesengesetz und Gesellschaftsrecht, JBl 1980, 65 f).
Damit ist die Zulässigkeit der Gesamtprokura-Erteilung wohl unmissverständlich klargestellt, insbesondere macht damit auch die Wortfolge "unbeschadet einer Prokura oder Handlungsvollmacht“ Sinn. Die Möglichkeit der Erteilung von Vollmacht und damit auch von Prokura soll nämlich durch die genannten Gesetzesbestimmungen nicht eingeschränkt werden, also „unbeschadet“ bleiben.
Im Übrigen beschäftigte sich die genannte Entscheidung in erster Linie mit der Frage, wer Prokura bei Kreditgenossenschaften erteilen kann. Diesbezüglich wird ausgeführt, dass aufgrund des Grundsatzes der Unbeschränkbarkeit des gesetzlichen Umfangs der Prokura nur "Vollprokura“ erteilt werden könne, weshalb in den Satzungen von Kreditgenossenschaften die gemeinsame Bestellung des Prokuristen durch Vorstand und Geschäftsleiter vorgesehen werden müsse, da die Geschäftsleiter einer Kreditgenossenschaft nur in bankgeschäftlichen Angelegenheiten vertretungsberechtigt seien, daneben aber eine Vertretungsmacht für die Genossenschaft bestehe, die ausschließlich beim Vorstand verblieben sei und die also nur vom Vorstand dem Prokuristen übertragen werden könne.
Dies wird also nach wie vor bei entsprechenden Satzungsgestaltungen zu beachten sein.
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