Folgende Frage wurde heute an mich mit der Bitte um Mitteilung meiner Rechtsansicht herangetragen:
Bei der J** R** GmbH ist eine grundlegende Änderung des Gesellschaftsvertrages geplant. Dabei soll unter anderem hinsichtlich der Stimmrechte geregelt werden, dass grundsätzlich je € 10,-- an übernommener Stammeinlage eine Stimme gewährt wird, ein bestimmter Gesellschafter jedoch für die Dauer seiner Gesellschafterstellung eine im Gesellschaftsvertrag konkret genannte Anzahl an Stimmen erhält, die deutlich höher ist als sich aus der von ihm übernommenen Stammeinlage ergeben würde.
Gemäß § 39 Abs 2 GmbHG gewähren je € 10 einer übernommenen Stammeinlage eine Stimme, wobei Bruchteile unter € 10 nicht gezählt werden. Im Gesellschaftsvertrag können jedoch andere Bestimmungen getroffen werden, jedem Gesellschafter muss aber mindestens eine Stimme zustehen. Der Gesellschaftsvertrag kann somit Stimmgewichte anders verteilen, wobei es dafür inhaltlich kaum Grenzen gibt. Koppensteiner/Rüffler halten fest, dass demnach sowohl Abstimmung nach Köpfen als auch Reduzierung und/oder Erhöhung des auf die einzelnen Geschäftsanteile entfallenden Stimmgewichts für alle oder auch nur einzelne Beschlussgegenstände möglich sind, und zwar auch in Gestalt der Vereinbarung eines Vetorechts. Auch das Votum eines bestimmten Gesellschafters kann als ausschlaggebend erklärt werden, selbst die Verwendung eines variablen Maßstabs soll möglich sein. Sicherzustellen sei nur, dass jedem Gesellschafter mindestens eine Stimme zusteht (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, § 39 Rn 13).
Sie verweisen aber darauf, dass bei nachträglichen Eingriffen in den Kernbereich der Mitgliedschaft, also des Status quo der Verteilung von Stimm- und Gewinnbeteiligungsrechten, grundsätzlich die Zustimmung der Betroffenen erforderlich ist, insbesondere also auch bei einer nachträglichen gesellschaftsvertraglichen Änderung des Stimmgewichts (Koppensteiner/Rüffler, aaO, § 49 Rn 12).
Umfahrer führt aus, dass im Gesellschaftsvertrag ein anderes Stimmenverhältnis bestimmt werden kann, jedoch immer nur auf der Basis der Stammeinlagen und immer nur so, dass jedem Gesellschafter mindestens eine Stimme zukommen muss (Umfahrer, Handbuch GmbH, Rn 464). Dem widersprechen Koppensteiner/Rüffler insoweit, als weder Wortlaut noch Sinn des Gesetzes dazu zwingen würden, gesellschaftsvertragliche Regelungen des Stimmgewichts mit den Stammeinlagen zu verknüpfen (Koppensteiner/Rüffler, aaO, § 39 Rn 13).
Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die herrschende Ansicht die ins Auge gefasste satzungsmäßige Regelung des Stimmrechts für zulässig erachtet. Bei der Beschlussfassung über die Abänderung des Gesellschaftsvertrages wird aber Einstimmigkeit erforderlich sein, weil notwendigerweise bei der Zuerkennung eines solchen Stimmgewichts für einen Gesellschafter in die bisherigen gesellschaftsvertraglichen Stimmrechte der Mitgesellschafter zu deren Nachteil eingegriffen wird. Eine Verknüpfung der Stimmgewichtsregelung mit den Stammeinlagen halte ich aufgrund der oben angeführten Argumente nicht für erforderlich.
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