9. Februar 2012

Zur Zulässigkeit einer Firma „iDEAL Logistik Austria GmbH“


Folgendes Ersuchen um Prüfung der Zulässigkeit eines Firmenwortlauts liegt vor:

iDEAL Logistik Austria GmbH

Die Gesellschaft soll ein Stammkapital von weniger als € 70.000 haben, Unternehmensgegenstand wird „Speditionstätigkeit“ sein.

Im Zentrum der Firmenliberalisierung des HaRÄG 2005 stand die Neufassung des § 18 UGB. Die Firma muss zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Gleichzeitig darf die Firma nach § 18 Abs 2 UGB keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Die Firma muss also - unabhängig von der Rechtsform - nur noch Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft besitzen, darf aber nicht irreführend sein.

Unter Kennzeichnungseignung versteht man die abstrakte Eignung zur namentlichen Kennzeichnung irgendeines Unternehmens (Namensfunktion). Die Sachfirma kann den Gegenstand des Unternehmens enthalten; reine Gattungsbezeichnungen oder Branchenangaben sind aber mangels Individualisierungswirkung unzulässig. Die Unzulässigkeit derartiger Angaben als alleiniger Firmenbestandteil wird dabei auch mit der Verletzung des Freihaltebedürfnisses des Rechtsverkehrs sowie der darin liegenden unzulässigen "Selbstberühmung", der alleinige oder wichtigste Unternehmer einer bestimmten Gattung zu sein, begründet. Bilden nämlich den Gegenstand des Unternehmens Geschäfte, die von mehreren gleichartigen Unternehmen ausgeübt werden oder ausgeübt werden können, so ist es erforderlich, dass das Unternehmen eine individuelle Bezeichnung führt, die sich von der Gattungsbezeichnung des Gewerbezweiges unterscheidet. Andernfalls bestünde die Gefahr einer Sperrwirkung und Monopolisierung hinsichtlich der Gattungsbezeichnung. Demnach ist es zumindest erforderlich, Gattungsbezeichnungen individualisierende Zusätze beizufügen, um das jeweilige Unternehmen hinreichend zu kennzeichnen (OGH 6 Ob 133/09s – karriere.at GmbH; 6 Ob 242/08v – Sun Services GmbH; 6 Ob 188/07a – ManagementKompetenz GmbH; OLG Innsbruck 3 R 112/10k).

Die Kennzeichnungseignung überschneidet sich in weiten Teilen mit dem Kriterium der Unterscheidungskraft. Die Firma muss geeignet sein, bei Lesern und Hörern die Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen anderen zu wecken, ohne dass die konkrete Identität eines Unternehmensträgers aus der Firma abgeleitet sein muss; die Individualisierungseignung muss nur generell und abstrakt gegeben sein.

Auch dazu wird vertreten, dass es reinen Sach- und Gattungsbezeichnungen sowie bloß geschäftlichen Bezeichnungen an Unterscheidungskraft fehlt, solange sie nicht Verkehrsgeltung erlangt haben. An die Verkehrsgeltung sind wiederum auch hier bei einem entsprechenden Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit hohe Anforderungen zu stellen.

Gattungsbezeichnungen ohne Unterscheidungskraft können durch individualisierende Zusätze die erforderliche Unterscheidungskraft erhalten. Der gleiche Maßstab ist grundsätzlich auch an eine Kombination derartig allgemein gehaltener Elemente anzulegen. Bei zusammengesetzten Firmenwortlauten entscheidet der Gesamteindruck, nicht eine zergliedernde Betrachtung (auch dazu OGH 6 Ob 133/09s, 6 Ob 242/08v, 6 Ob 188/07a; OLG Innsbruck 3 R 112/10k).

Als erstes Zwischenergebnis lässt sich daher festhalten:

Beim Begriff „Logistik" handelt es sich zweifellos um eine Gattungsbezeichnung ohne Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft. Der OGH hat etwa in 6 Ob 188/07a zum Begriff „Management“ darauf verwiesen, dass allein im Firmenbuch des Landesgerichtes Klagenfurt 191 GmbHs existieren, deren Firmenwortlaut den Begriff „Management" enthält. Beim Begriff „Logistik“ dürfte es sich, ohne dass große Recherchen angestellt werden müssten, ähnlich verhalten.

Beim Zusatz „ideal“ verhält es sich ähnlich wie beim Begriff „Kompetenz“ in der referierten OGH-Entscheidung. Auch „ideal“ mangelt es an jeglicher Kennzeichnungs- und Unterscheidungseignung, „ideal“ ist ebenso wie „kompetent“ eine bloße Qualitätsbehauptung, sodass dieser zusammengesetzte Firmenwortlaut an sich unzulässig ist.

Gattungsbezeichnungen ohne Unterscheidungskraft können jedoch durch individualisierende Zusätze die erforderliche Unterscheidungskraft erhalten. Als Zusätze kommen u.a. geografische Bezeichnungen in Betracht. Für alle geografischen Zusätze gilt, dass sie jedenfalls nur dann in die Firma aufgenommen werden dürfen, wenn zu dem geografischen Begriff überhaupt ein im weitesten Sinne des Wortes realer Bezug gegeben ist (OLG Innsbruck 3 R 112/10k mwN).

Für deren Zulässigkeit (auch bei Bundesländerzusätzen) wird anknüpfend an das Irreführungsverbot des § 18 Abs 2 UGB überwiegend vertreten, dass der Rechtsträger nicht nur im betreffenden Gebiet tätig sein müsse, sondern auch für das geografische Gebiet eine besondere Größe oder Wichtigkeit haben müsse (OGH 6 Ob 98/99a; 6 Ob 67/01y; 6 Ob 188/07a; 6 Ob 242/08v; OLG Wien 28 R 173/09f). Für einen Firmenzusatz „Österreich“ würde das dann bedeuten, dass das Unternehmen überdurchschnittliche österreichweite Bedeutung haben müsste bzw Produkte oder Dienstleistungen typisch österreichischen Gepräges oder mit wesentlich höherer Qualität herstellen, vertreiben oder anbieten müsste.

Das OLG Innsbruck fährt nun bezüglich der Zulässigkeit solcher geografischer Zusätze eine gegenüber der überwiegenden Meinung deutlich abweichende Rechtsprechungslinie, die wie folgt begründet wird:

Nach dem zum 1. 1. 1995 erfolgten Beitritt zur Europäischen Union, nach den Österreich betreffenden beiden Ost- und Südosterweiterungsrunden, nach der ab Ende 2002 ergangenen Rechtsprechung des EuGH in Handelsregister- und Firmenbuchsachen und nach der jüngsten Firmenliberalisierung durch die Neufassung des § 18 UGB kann dieser Grundsatz mit Wirksamkeit vom 1. 1. 2007 nicht mehr aufrecht erhalten werden. Das Verlangen nach einer besonderen Bedeutung für den jeweiligen Wirtschaftszweig innerhalb des angeführten Raumes würde nämlich eine Inländerdiskriminierung gegenüber EU-ausländischen Gesellschaften darstellen, da das Firmenstatut, also die Frage, wie eine Firma zu bilden ist, sich nach dem Gesellschaftsstatut richtet, das sich wiederum nach dem Recht am Gründungsort der Gesellschaft zu orientieren hat. Im Rahmen der Niederlassungsfreiheit muss daher das österreichische Firmenrecht eventuelle günstigere Firmenbuchregelungen im Gründungsausland akzeptieren. Stellt sich daher das österreichische Firmenrecht nicht so liberal wie das Firmenrecht in zumindest anderen bedeutenden europäischen Mitgliedstaaten dar, ergibt sich daraus eine auch nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH 4 Ob 224/06b; 4 Ob 31/05w; 4 Ob 364/97a) zu vermeidende Schlechterstellung österreichischer Staatsangehöriger. Ermöglicht sohin die Rechtslage in anderen bedeutenden europäischen Mitgliedsstaaten, wie etwa Deutschland, eine Firmenbildung, ohne eine besondere Bedeutung des Unternehmens für die Zulässigkeit eines geografischen Zusatzes zur Firmenbezeichnung zu fordern, kann diesem Erfordernis auch innerösterreichisch keine besondere Bedeutung beigemessen werden (OLG Innsbruck 3 R 69/09k = ÖRPfl 2009, 26; OLG Innsbruck 3 R 8/10s = ecolex 2010/212 = NZ 2010, F 17 mit ausführlicher Ableitung des europarechtlichen Gedankens; OLG Innsbruck 3 R 112/10k = GES 2010, 222; ebenso Thöni, Unterscheidungskraft und Freihaltebedürfnis im Firmenrecht, ÖBl 2011/67).

Bei zusammengesetzten Firmenwortlauten ist – wie bereits ausgeführt - nicht eine zergliedernde Betrachtung anzustellen, sondern der Gesamteindruck entscheidend.

Vor diesem Hintergrund wäre also nach der Judikatur des OLG Innsbruck zu prüfen, ob die Verbindung der Qualitätsbehauptung „ideal“ mit der Gattungsbezeichnung "Logistik" und dem geografischen Begriff "Austria" hinreichend geeignet ist, bei Lesern und Hörern die Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen anderen zu wecken, ob also die Kombination dieser drei Worte die vom Gesetz geforderte Unterscheidungskraft ebenso nach sich zieht wie eine Kennzeichnungseignung.

Dies ist im konkreten Fall deshalb zu verneinen, weil „Austria“ nicht so sehr als geografische Bezeichnung zu sehen ist. Der durchschnittliche Verbraucher assoziiert damit in erster Linie Qualitäts- und Größenmerkmale („Made in Austria“). Da demnach der geografische Kontext weit in den Hintergrund tritt, ist auch mit der Argumentation des OLG Innsbruck für den Antragsteller nichts gewonnen, vielmehr kommt zur mangelnden Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft auch noch ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot hinzu, weil die Verkehrskreise mit „Austria“ regelmäßig eine Unternehmensgröße und –bedeutung verknüpfen, die im Anlassfall zweifellos nicht der Realität entspricht.

Diese Einschätzung manifestiert sich im Übrigen in der folgenden in der Anfrage gebrauchten Begründung für den ins Auge gefassten Firmenwortlaut:

„Wir verweisen auf unsere Tätigkeit in Österreich und wir werden verantwortungsvoll mit der Namensgebung umgehen, damit wir langfristig von dem positiven Image Österreichs in unserer Branche profitieren können“.

Treffender könnte man die sich daraus ergebende Unzulässigkeit gar nicht begründen, zeigt sich doch, dass ein noch gar nicht existentes Profil und Image mit dem „Austria“-Zusatz geschaffen werden soll. Gerade solchen Avancen steht das Irreführungsverbot des § 18 Abs 2 UGB entgegen.

Abschließend ist noch auf ein mögliches Argument im Zusammenhang mit der Schreibweise der Firma einzugehen:

Auch wenn ich vertrete, dass bei der Eintragung der Firma in das Firmenbuch auf die in der Anmeldung gewählte Schreibweise Bedacht zu nehmen ist (gegenteilig OGH 6 Ob 188/07a; 6 Ob 218/07p; Schuhmacher/Fuchs in Straube § 18 Rz 11 u 12), würde auch die Schreibweise des Zusatzes „iDEAL“ nichts an der mangelnden Kennzeichnungseignung ändern, weil zum Einen bloß unterschiedliche Groß- und Kleinschreibungen keine ausreichende Unterscheidungskraft bewirken (OLG Wien 28 R 250/09d = GesRZ 2011, 129) und zum Anderen bei der Beurteilung auch der auditive Eindruck entscheidend ist, und der lautet immer „ideal“, egal wie das Wort geschrieben wird.

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