26. Januar 2009

Beschränkungen des Abberufungsrechts von Vorstandsmitgliedern einer Privatstiftung

Der Stifter einer im Firmenbuch eingetragenen Privatstiftung hat in Wahrnehmung seines Änderungsvorbehalts mit „Notariatsakt über die Änderung der Stiftungsurkunde“ den Punkt 9.5. der Stiftungsurkunde wie folgt neu gefasst:

"Der Stiftungsvorstand ist berechtigt, Mitglieder des Stiftungsvorstandes durch Beschluss mit einfacher Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen abzuberufen."

Gegen die Eintragung dieser Neufassung wurden dem Stiftungsvorstand, der diese Änderung zur Eintragung in das Firmenbuch anmeldete, folgende Bedenken mitgeteilt:

Gemäß § 9 Abs 2 Z 1 PSG kann die Zuständigkeit zur Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes einem Stiftungsorgan übertragen werden (GesRZ 1997, 150), wobei eine solche Ermächtigung bei sonstiger Unwirksamkeit in die Stiftungsurkunde aufzunehmen ist (§ 10 Abs 2 erster Satz PSG). Zu § 15 Abs 2 PSG wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass die jederzeitige Abberufung des Stiftungsvorstandes nur aus wichtigen Gründen zulässig ist (zB 6 Ob 60/01v, RdW 2001/502, 406; Hochedlinger in RdW 2004/46, 67, 70 f). Andernfalls könnte ein erheblicher Einfluss auf die dem Vorstand obliegende Stiftungsverwaltung genommen werden. Insbesondere könnte bei Vorliegen der Möglichkeit einer jederzeitigen Abberufung der Mitglieder des Stiftungsvorstandes die Erfüllung des Stiftungszwecks nicht mehr gewährleistet werden (vgl. Arnold, PSG, § 15 Rn 120).
Daraus folgt, dass die in Punkt 9.5. vorgesehene Abberufung einzelner Vorstandsmitglieder durch den übrigen Stiftungsvorstand grundsätzlich möglich ist (vgl. etwa Arnold, PSG, § 15 Rn 118; Keller, Die Möglichkeit der Einflussnahme des Stifters im Privatstiftungsrecht, 110). Eine entsprechende Änderung der Bestimmung muss allerdings den Zusatz enthalten, dass eine Abberufung durch den Stiftungsvorstand mit einfacher Mehrheit nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässig ist.


In ihrer Stellungnahme zu diesen Bedenken argumentierten die Antragsteller damit, dass diese Grundsätze dann nicht zum Tragen kämen, wenn der Stiftungsvorstand selbst abberufungsberechtigte Stelle sei. So gehe es in den vom Firmenbuchgericht zitierten Belegstellen immer um ein den Stiftern eingeräumtes Abberufungsrecht, womit klar gestellt sei, dass nur eine jederzeitige Abberufung von Vorstandsmitgliedern durch dritte Personen unter der Voraussetzung des Vorliegens sachlicher Abberufungsgründe möglich sei. Im konkreten Fall werde aber dem Stiftungsvorstand als Organ das Recht eingeräumt, seine eigene Zusammensetzung zu bestimmen und zu beeinflussen. Das PSG gehe von einer Selbstkontrolle des Stiftungsvorstandes aus, weshalb der Stiftungsvorstand nicht nur Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan, sondern auch ein sich selbst überwachendes Kontrollorgan sei. Seine Möglichkeit, Vorstandsmitglieder mit Mehrheitsbeschluss abzuberufen, stärke somit seine Stellung als sich selbst überwachendes Kontrollorgan zusätzlich.

Dieser Argumentation ist entgegen zu halten:

Schmidt in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts, führt zur Abberufungskompetenz aus, dass sich diese der Stifter selbst vorbehalten oder einem Organ oder einer bestimmten Person übertragen könne. Wenn der Stifter keine Regelung über die Abberufung von Vorstandsmitgliedern treffe, greife die gerichtliche Abberufungskompetenz. Voraussetzung (zu ergänzen wohl: in allen Fällen) dafür sei das Vorliegen eines wichtigen Grundes.

Fischer, Die Organisationsstruktur der Privatstiftung, 28, hält fest, dass sich der Stifter selbst oder anderen Organen bzw. Personen in der Stiftungserklärung die Kompetenz zur Abberufung des Vorstands übertragen könne. Lege er in diesem Zusammenhang auch die Bestellungsdauer fest, so sei zu beachten, dass der Vorstand vor Ablauf dieser Frist nur wegen des Vorliegens eines zumindest sachlichen Grundes abberufen werden könne (so auch Torggler, Zur Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstandes einer Privatstiftung, GesRZ 1997, 150).

Torggler vertritt weiter, dass eine willkürliche Abberufung vom Gesetzgeber verpönt sei und dies umso mehr auch dann zu gelten habe, wenn die Abberufungskompetenz nicht einer unabhängigen Instanz, wie dem Gericht, zukomme, sondern durch Personen oder Institutionen wahrgenommen werde, deren Interessen potentiell in einen Gegensatz zum Stiftungszweck geraten könnten (Torggler aaO, 150; Fischer aaO, 29).

Arnold schreibt, infolge Eigentümer- und Gesellschafterlosigkeit der Privatstiftung bestehe bei ihr ein Kontrolldefizit. Deshalb sei gesetzlich die Kontrolle über die privatrechtliche Organisation der Privatstiftung abgesichert. Einziges Kontrollorgan der Privatstiftung wäre bei Fehlen eines Aufsichtsrats nur der Stiftungsprüfer. Hauptzielsetzung der Mindestmitgliederzahl des Vorstandes sei daher die interne wechselseitige Kontrolle der Mitglieder des Stiftungsvorstandes. Insoweit sei der Stiftungsvorstand nicht nur Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan, sondern auch ein sich selbst überwachendes Kontrollorgan („Sechs-Augen-Prinzip“; Arnold, PSG, § 15 Rz 9).

Das Problem der Mindestbestelldauer sei untrennbar mit dem einer Abberufung des Stiftungsvorstandes ohne Vorliegen wichtiger Gründe verknüpft. Die Einräumung eines Abberufungsrechts ohne Beschränkung auf wichtige Gründe sei stets - unabhängig davon, wem ein solches eingeräumt wird – unzulässig (Arnold aaO, Rz 107, 120 f).

So könne die Abberufungskompetenz einem oder mehreren Stiftern übertragen werden; daneben würden auch hier der Stiftungsorgane, wie insbesondere Aufsichtsrat oder Beirat, ebenso aber stiftungsexterne Personen oder sonstige Rechtsträger in Betracht kommen. Soweit eine Kooptierung bzw. Selbstergänzung des Stiftungsvorstandes vorgesehen sei, könne eine Amtsniederlegung durch das jeweilige Mitglied oder - je nach Regelung in der Stiftungsurkunde - auch die Abberufung durch die übrigen Vorstandsmitglieder vorgesehen werden (Arnold aaO, Rz 118).

Es müsse jedenfalls verhindert werden, dass bei jeder einzelnen Entscheidung, die der zur Abberufung befugten Stelle nicht genehm ist, die Vorstandsmitglieder mit der unmittelbaren Konsequenz einer Abberufung rechnen müssten. Diese Bedenken gelten aber nicht nur bei einer Abberufung durch Begünstigte oder einem mit Begünstigten besetzten Beirat, sondern generell. Auch die den Mitgliedern des Stiftungsvorstandes obliegende wechselseitige Kontrolle und Überwachung zwecks Erfüllung des Stiftungszwecks könnte bei Vorliegen der Möglichkeit einer jederzeitigen Abberufung der Mitglieder nicht mehr gewährleistet werden (Arnold aaO, Rz 120).

Damit kann kein Zweifel bestehen, dass auch eine Abberufungskompetenz des Stiftungsvorstandes selbst an das Vorliegen wichtiger Gründe gebunden sein muss. Wenn sich ein Vorstandsmitglied in Wahrnehmung der wechselseitigen Kontroll- und Überwachungsaufgabe gegen die Ansicht der Mehrheit der Vorstandsmitglieder stellt, würde nämlich exakt der von Arnold aufgezeigte Aspekt verwirklicht, dass dieses „nicht genehme Vorstandsmitglied“ mit der unmittelbaren Konsequenz der Abberufung rechnen muss. In Wahrheit wird damit die Stellung des Stiftungsvorstandes als sich selbst überwachendes Kontrollorgan nicht zusätzlich gestärkt; eine solche Regelung lässt vielmehr befürchten, dass nur mehr solche Entscheidungen zustande kommen, die die Zustimmung aller Vorstandsmitglieder finden. Wirksame Kontrollsysteme zeichnen sich aber gerade dadurch aus, dass das Aufzeigen von kritischen oder gegenteiligen Positionen nicht dazu führt, dass der Kontrollierende mit der Möglichkeit seines begründungslosen Entfernens aus seiner Funktion rechnen muss.

Die Eintragung dieser Änderung der Stiftungsurkunde war daher abzuweisen.

22. Januar 2009

Nichtigkeit einer Ausschlussklausel im GmbH-Vertrag

Folgende gesellschaftsvertragliche Regelung bei einer zur Eintragung angemeldeten GmbH ist mir heute untergekommen:

Der Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist jederzeit zulässig und erfolgt durch Beschluss der Gesellschafter.
Ein derartiger Beschluss bedarf einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Der Beschluss wird mit dessen Zugang an den auszuschließenden Gesellschafter wirksam.

Auch außerhalb des GesAusG ist anerkannt, dass im Gesellschaftsvertrag dafür vorgesorgt werden kann, dass ein Gesellschafter ausscheidet (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG, Anh § 71 Rz 11 mwN). In diesem Rahmen kann auch die Regelung getroffen werden, einen Gesellschafter auszuschließen, wobei sich diese Bestimmung aber immer im Rahmen des zwingenden Rechts bewegen muss. Damit kann der Gesellschaftsvertrag die Voraussetzungen des Ausschlusses konkretisieren, wobei aber nur die Intensivierung oder die Abschwächung sonst maßgeblicher Erfordernisse eines wichtigen Grundes in Frage kommen. Es ist hM, dass eine Ausschlussmöglichkeit ohne Grund nicht vereinbart werden kann, weil solche Klauseln sittenwidrig sind. Zu Recht wird nämlich darauf hingewiesen, dass zwingende Rechte des Gesellschafters, wie etwa Stimm-, Anfechtungs- und Informationsrechte faktisch entwertet würden, wenn der Gesellschafter permanent unter dem Damoklesschwert der Hinauskündigung bzw. des Ausschlusses agieren müsste.

Seit Inkrafttreten des GesAusG werden diese Grundsätze dahingehend einzuschränken sein, dass eine Satzungsklausel, die den Ausschluss einer bis zu 10%-igen Minderheit ermöglicht, nicht sittenwidrig sein kann, weil mit dem GesAusG gerade eine solche Möglichkeit eines voraussetzungslosen Ausschlusses geschaffen worden ist.

Die eingangs geschilderte Klausel ist aber, da sie an keinerlei Voraussetzungen anknüpft, sittenwidrig und damit nichtig.

21. Januar 2009

Konzessionspflichtige Tätigkeiten im Gesellschaftsvertrag einer englischen Limited - Eintragungshindernis für deren inländische Zweigniederlassung

Mit einem am 3.12.2008 eingelangten Antrag begehrt Bettina M*** als Geschäftsführerin (director) der NEW-L*** E*** LIMITED mit Sitz in GB-F*** die Eintragung der in K*** errichteten österreichischen Zweigniederlassung.
Als Geschäftszweig der Limited und der inländischen Zweigniederlassung wurde "Handel mit Waren aller Art“ zur Eintragung angemeldet.

Vorgelegt wurde u.a. eine eidesstattliche Erklärung der Geschäftsführerin (directors) mit folgendem Inhalt:

„... erkläre an Eides statt, dass im Rahmen der NEW-L*** E*** LIMITED keine Bank- und Finanzdienstleistungen im Sinne des BWG erbracht werden.
Weiters erkläre ich, dass sich der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft nicht über die im Firmenbuchantrag genannten Bereiche (richtig wohl zu ergänzen: hinaus) erstreckt und die Niederlassung tatsächlich errichtet ist.“


Laut (dem beglaubigt übersetzten) Gesellschaftsvertrag verfolgt die Limited u.a. folgende Ziele bzw. Unternehmensgegenstände:

(E) Das Zeichnen oder anderweitige Erwerben sowie das Besitzen, Verkaufen, Handeln oder Veräußern in Verbindung mit Anteilen, Aktien, Schuldverschreibungen, Obligationen oder anderen Wertpapieren jeglicher Art ....
(F) Das Entleihen von Geldern oder Entgegennehmen von Geldern als Kaution entweder ohne Sicherheit oder abgesichert durch Schuldverschreibungen, Obligationen, Hypotheken oder Sicherheiten, mit denen das Unternehmen bzw. alle oder bestimmte Vermögenswerte der Gesellschaft belastet werden, unter Einschluss von nicht eingefordertem Kapital, und generell das Betätigen als Bankier.
(G) Das Garantieren, Unterstützen und/oder Sichern .... in Verbindung mit dem Bezahlen von Schuldverschreibungen, Obligationen, Anleihen, Hypotheken, ...., Wertpapieren, Geldern oder Aktien ....
(H) Das Verleihen von Geldern mit oder ohne Sicherheit und das Anlegen von Geldern der Gesellschaft gemäß solchen Bedingungen, die durch die Gesellschaft gebilligt werden können, ....


Mit Zwischenerledigung vom 17.12.2008 wurde die Antragstellerin u.a. auf folgende Eintragungshindernisse aufmerksam gemacht:

Die Punkte (E), (F), (G) und (H) des Gesellschaftsvertrages regeln Unternehmensgegenstände, die nach BWG (möglicherweise auch VAG) konzessionspflichtig zu sein scheinen.
Die bloße Erklärung der Geschäftsführerin (director), dass die inländische ZWeigniederlassung keine einschlägigen Aktivitäten entfalten wird, kann die Bedenken bzw. das Eintragungshindernis einer nicht vorgelegten Konzession nicht beseitigen; vielmehr wäre eine entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlich.Es sind daher entweder die entsprechenden Bewilligungen/Konzessionen oder eine Bestätigung der FMA vorzulegen, dass die konkrete Zweigniederlassung keine derartige Bewilligungen benötigt.

Am 15.01.2009 langte ein Schreiben der Geschäftsführerin beim Gericht ein, in dem ausgeführt wird, dass auf die Eintragung in das Firmenbuch mit dem bereits eingereichten Gesellschaftsvertrag „bestanden“ werde. Das österreichische Firmenbuchgericht könne eine englische Limited nicht zwingen, die Gesellschaftsstatuten in England zu ändern, wenn diese dort anerkannt seien. Es handle sich um Statuten für allgemein arbeitende Gesellschaften, welche 99% aller Neugründungen von Gesellschaften als ihre Statuten annehmen. Man könne der englischen Limited nicht verbieten, sich in Österreich niederzulassen. Unter Bezugnahme auf die in den Maastrichter Verträgen festgelegte absolute Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit werde davon ausgegangen, dass die Gesellschaft eingetragen werden könne und müsse.

Im Hinblick auf diese Äußerung ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft das in der Zwischenerledigung aufgezeigte Eintragungshindernis nicht zu beseitigen gedenkt, weshalb der Antrag auf Eintragung der Zweigniederlassung mit folgender Begründung abgewiesen wurde:

Die oben dargestellten Unternehmensgegenstände darf die Limited im Rahmen ihrer Zweigniederlassung in Österreich nur dann ausüben, wenn sie über die entsprechenden Bescheide nach dem BWG verfügt, sofern nicht der Betrieb von Bankgeschäften nach § 9, § 11, § 13 oder § 103 Z 5 BWG zulässig ist (§ 5 Abs 2 BWG). Ein Ausnahmetatbestand gemäß § 5 Abs 2 zweiter Satz BWG, wonach die Vorlage der Bescheide entfällt, liegt nicht vor, weil die Antragstellerin nicht einmal behauptet hat, ein in einem Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) zugelassenes Kreditinstitut gemäß § 9 Abs 1 BWG, ein in einem Mitgliedstaat des EWR zugelassenes Finanzinstitut gemäß § 11 Abs 1 BWG oder ein Tochterunternehmen eines im EWR zugelassenen Finanzinstitutes gemäß § 13 Abs 1 BWG zu sein (Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Strobl, BWG², § 9 Rz 2, § 11 Rz 1, § 13 Rz 1).
Eine Erklärung der Geschäftsführung, keine derartigen Geschäfte durchführen zu wollen, genügt für die Beseitigung dieses Eintragungshindernisses nicht. Vielmehr ist eine Satzungsänderung erforderlich (OLG Wien 28 R 338/03m = GeS 2004, 308 mit Anmerkung von Ratka; OLG Wien 28 R 233/06z).

Ein Eingriff in die in der Stellungnahme angesprochene gemeinschaftsrechtliche Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit erfolgt durch diese Abweisung naturgemäß nicht, weil der Gesellschaft ja nicht die Registrierung an sich verwehrt wird, sondern im Hinblick auf den von ihr gewählten Unternehmensgegenstand lediglich die Vorlage einschlägiger behördlicher Genehmigungen aufgetragen wird. Dazu ist jeder Mitgliedstaat befugt, zumal gerade im Rahmen von Bank-und Versicherungsgeschäften ein Aufsichts- und Regulierungsbedürfnis der Mitgliedstaaten anerkannt ist. Hätte die Antragstellerin diese Genehmigungen beigebracht, stünde einer Eintragung nichts im Wege.

Nachträgliche Einräumung von Sonderrechten im GmbH-Vertrag

Bei einer bestehenden GmbH soll nachträglich ein Sonderrecht auf Geschäftsführung eingeräumt werden – genügt hier ein Mehrheitsbeschluss oder bedarf es der Einstimmigkeit?

Diese heute an mich herangetragene Frage beantworte ich wie folgt:

Zum Personengesellschaftsrecht wird die aus § 879 ABGB entwickelte Kernbereichslehre vertreten. Demnach können Mehrheitsbeschlüsse nur insoweit vorgesehen werden, als dadurch nicht eine sittenwidrige Abhängigkeit eines Gesellschafters von der Willkür der Mitgesellschafter entsteht. Deshalb besteht ein so genannter Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte, in die grundsätzlich nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters eingegriffen werden kann. Die Frage, welche Rechte dem Kernbereich angehören, ist umstritten, es sei auf die Struktur der jeweiligen Gesellschaft und die Stellung des einzelnen Gesellschafters darin Bedacht zu nehmen, wobei bei der typischen personalistischen Gesellschaft jedenfalls Eingriffe in das Stimmrecht, über den Gewinnverteilungsschlüssel, die Höhe der Liquidationsquote ebenso in den Kernbereich fallen wie Änderungen der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes sowie die Schaffung oder Beseitigung von Sonderrechten (U.Torggler/H.Torggler in Straube, HGB online § 119 HGB Rz 23a).

Die Regelung der besonderen Zustimmungserfordernisse in § 99 GmbHG bietet ebenfalls Anknüpfungspunkte zur Fragestellung. Danach ist klar, dass neben den dort ausdrücklich genannten Rechten auch die Beeinträchtigung von anderen Rechten, wie Veto-, Zustimmungs-, Dirimierungs- und Mehrstimmrechte, das Zustimmungsrecht des betroffenen Gesellschafters auslösen (Kalss, Verschmelzung-Spaltung-Umwandlung § 99 GmbHG Rz 4). Demnach kann das Recht der Beschlussfassung über die Bestellung eines Geschäftsführers hier auch darunter fallen.
Gemäß § 50 Abs 4 GmbHG kann eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Vertrag obliegenden Leistungen oder eine Verkürzung der einzelnen Gesellschaftern durch den Vertrag eingeräumten Rechte nur unter Zustimmung sämtlicher von der Vermehrung oder Verkürzung betroffenen Gesellschafter beschlossen werden. Dieser Begriff der Leistungsvermehrung ist weit zu fassen, weshalb die Einführung oder Erweiterung aller gesellschaftsvertraglich überhaupt regelbaren Pflichten erfasst ist. Tatbestandsmäßig ist danach auch die Neueinführung von Sonderrechten zu Gunsten anderer Gesellschafter (Koppensteiner/Rüffler, § 50 GmbHG Rz 11).

Zweifellos ist das einem Gesellschafter eingeräumte Recht auf die Geschäftsführung ein derartiges Sonderrecht, das in die Entscheidungskompetenz der Mitgesellschafter (§ 15 Abs 1 GmbHG) eingreift, womit meiner Meinung nach bei nachträglicher Einführung eines solchen Sonderrechts durch ändernden Satzungsbeschluss für diesen gemäß § 50 Abs 4 GmbHG Einstimmigkeit zu verlangen ist.

19. Januar 2009

Kapitalherabsetzender Effekt einer Verschmelzung; zu setzende Begleitmaßnahmen

Bei einer zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldeten Verschmelzung side-stream ist das Stammkapital der übertragenden Gesellschaft höher (ATS 2,000.000) als das der übernehmenden Gesellschaft (ATS 770.000). Ohne flankierende Begleitmaßnahmen ist die Eintragung einer solchen Verschmelzung unzulässig, weil sie im Ergebnis zu einem kapitalherabsetzenden Effekt führt (6 Ob 4/99b und die Folgejudikatur und -literatur).

Auf den entsprechenden Vorhalt reagierten die Geschäftsführer der beiden Gesellschaften durch Vorlage eines Nachtrags zum Verschmelzungsvertrag, der um folgenden Absatz ergänzt wurde:

Die übernehmende Gesellschaft verpflichtet sich, den Gläubigern der übertragenden Gesellschaft, deren Forderungen begründet worden sind, bevor die Eintragung der Verschmelzung bekannt gemacht worden ist, wenn sie sich binnen 6 Monaten nach der Bekanntmachung zu diesem Zweck melden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können.
...
Die übernehmende Gesellschaft verpflichtet sich zu Gunsten der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft weiters, in dem Ausmaß, als das Stammkapital der übertragenden Gesellschaft höher als das der übernehmenden Gesellschaft ist, Zahlungen an die Gesellschafter frühestens 6 Monate nach der Bekanntmachung der Eintragung und nachdem den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Befriedigung oder Sicherstellung gewährt worden ist, zu leisten.
Die übernehmende Gesellschaft verpflichtet sich weiters, zu Gunsten der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft gebundene Rücklagen in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft mindestens in der Höhe der gebundenen Rücklagen der übertragenden Gesellschaft einzustellen.


Die übertragende Gesellschaft schließt sich den vorstehenden Erklärungen vollinhaltlich an.

Diese Ergänzung wurde zudem vom vertretungsbefugten Organ der Alleingesellschafterin der beiden am Verschmelzungsvorgang beteiligten Gesellschaften mit dem Erklären mitunterfertigt, "dieselben Verpflichtungen rechtswirksam und zur ungeteilten Hand mit der übernehmenden Gesellschaft zur Erfüllung zu übernehmen“.

Der OGH hat in 6 Ob 4/99b mehrere Möglichkeiten zur Vermeidung dieses kapitalherabsetzenden Effekts angesprochen, u.a. eine Bilanzierung der übernommenen Aktiva als gebundene Rücklagen zur Gläubigerbefriedigung samt entsprechendem Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht, etwa durch Vorlage einer Eröffnungsbilanz.

Reich-Rohrwig hält dazu fest, dass dem kapitalherabsetzenden oder Rücklagen auflösenden Effekt einer Verschmelzung durch Einstellung der bisher gebundenen, durch die Verschmelzung freiwerdenden Eigenkapitalbeträge in eine Kapitalrücklage analog § 229 Abs 2 Z 4 UGB zu begegnen sei. Diese so zu bildende Kapitalrücklage sei nicht nur bei Aktiengesellschaften, sondern auch bei allen GmbHs - auch bei kleinen und mittelgroßen - kraft Analogie gesetzlich gebunden, und zwar in jenem Umfang, als bisher bei der übertragenden Kapitalgesellschaft gebundene Rücklagen und Nennkapital freigesetzt werden.

Reich-Rohrwig meint weiter, dass die analoge Anwendung dieser Vorschriften über die Bildung einer gebundenen Kapitalrücklage von selbst die Rechtsfolge der Pflicht zur Bindung der gebundenen Rücklage herbeiführt, sodass die Vorlage einer Eröffnungsbilanz oder eines sonstigen Nachweises an das Firmenbuchgericht nicht erforderlich sei. Die Rechtsfolge der Bildung einer gebundenen Rückfrage bei Bilanzierung der Verschmelzung sei wie alle anderen Bilanzierungsvorschriften von den Organen und auch von den Aktionären/Gesellschaftern selbständig zu beachten (Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung, 261 f).

Geht man von diesem Ansatz aus, würde sich die entsprechende Bildung einer Kapitalrücklage ohnehin bereits aus den Rechnungslegungsvorschriften ergeben, sodass eine Benennung dieser Verpflichtung im Verschmelzungsvertrag nicht erforderlich wäre, womit - zu Ende gedacht - auch kein diesbezüglicher Nachweis gegenüber dem Firmenbuchgericht im Zuge der Eintragung der Verschmelzung zu erbringen wäre.

Ich verlange bei derartigen Konstellationen jedoch die Aufnahme der entsprechenden Verpflichtung im Verschmelzungsvertrag und die Zustimmung der Generalversammlung der übernehmenden Gesellschaft zu diesem Verschmelzungsvertrag. In Verbindung mit der sich aus den Bilanzierungsvorschriften ergebenden Verpflichtung halte ich nämlich dann den vom OGH intendierten Gläubigerschutz bei derartigen Fällen als ausreichend gewährleistet.

Für den konkreten Fall bedeutet dies:

Die hier vorgenommene Ergänzung des Verschmelzungsvertrages ist unvollständig, weil sich darin die Verpflichtung der übernehmenden Gesellschaft zur Bildung von gebundenen Rücklagen auf die Höhe der gebundenen Rücklagen der übertragenden Gesellschaft beschränkt. Erforderlich ist aber auch, dass hinsichtlich des freiwerdenden Stammkapitals der übertragenden Gesellschaft eine entsprechende Rücklagenbildung vorgenommen wird.

Zudem werden die Generalversammlungen der beiden beteiligten Gesellschaften diesen Nachtrag zum Verschmelzungsvertrag zu genehmigen haben, zumal sie bislang nur über die erste Fassung des Verschmelzungsvertrages Beschluss gefasst haben.

Kein Verbesserungsverfahren bei einem inhaltsleeren Rechtsmittel

In der schon mehrfach referierten Causa der grenzüberschreitenden Exportverschmelzung nach den Bestimmungen des EU-VerschG ist innerhalb der Rechtsmittelfrist ein Rekurs der Antragstellerin eingelangt, der allerdings zurückzuweisen war. Da die Begründung dafür Allgemeingültigkeit für das österreichische Zivilverfahrensrecht hat, möchte ich diese kurz erläutern:

Das Rechtsmittel der anwaltlich/notariell vertretenen Antragstellerin beschränkte sich auf folgende Ausführungen:

"Hiermit lege ich gegen Ihren Beschluss vom 21.12.2008 das Rechtsmittel des Rekurses ein. Die Begründung wird nachgereicht".

Bei anwaltlich vertretenen Parteien wird die Erhebung eines "leeren Rechtsmittels" stets als missbräuchliche Rechtsausübung angesehen und ist regelmäßig kein Verbesserungsauftrag zu erteilen (Kodek in Fasching/Konecny § 85 ZPO Rz 171 mwN). Ein inhaltsleeres Rechtsmittel eines Rechtsanwalts ist daher keinem Verbesserungsverfahren zu unterziehen (LGZ Wien EFSlg 90.883; RZ 1995/80; SZ 58/17 = AnwBl 1985, 547 = JBl 1985, 684; Kodek aaO ).

Ein solches inhaltsleeres Rechtmittel liegt hier vor, zumal nur "Rekurs gegen den Beschluss vom 21.12.2008 eingelegt" und auf eine nachzureichende Begründung verwiesen wird. Damit wird eine dem österreichischen Zivilverfahrensrecht grundsätzlich fremde Teilung von Anmeldung und Ausführung des Rechtsmittels (§ 461 Abs 2 ZPO ist hier nicht relevant) vorgenommen, weshalb eine Verbesserung nicht verfügt werden darf (Kodek aaO, Rz 170 mwN).

16. Januar 2009

Ersatzfähigkeit einer aufgrund der Festsetzung einer Enteignungsentschädigung entstehenden Körperschaftsteuerbelastung

Mein Zuständigkeitsbereich umfasst auch die den Gerichten zugewiesenen Entscheidungen in Fragen der Enteignungsentschädigung. In diesem Rahmen war folgender Sachverhalt zu beurteilen:

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 2.11.2007 wurde auf Flächen der Z*** AG im Ausmaß von insgesamt 36.173 m² die Enteignung durch Einräumung des uneingeschränkten und ausschließlichen Dienstbarkeitsrechtes der Errichtung und des Betriebes eines Eisenbahntunnels samt Nebenanlagen zu Gunsten der B*** E*** GmbH vorgenommen.
Die Entschädigung für die Inanspruchnahme dieser Teilflächen zur Abgeltung der Erwerbsminderung inklusive Dienstbarkeitsentgelt für die Errichtung und den Betrieb des Bahntunnels, für die Beanspruchung von Teilen der Liegenschaft durch den Gefährdungs- und Tunneldienstbarkeitsbereich sowie für die damit verbundenen Einschränkungen in der Nutzung und Bebaubarkeit, für die Erschwernisse in der Verwaltung und für die zu erwartenden Nachteile wurde in diesem Bescheid mit € 2.840.000,-- festgesetzt.

Darüber hinaus wurde die B*** E*** GmbH verpflichtet, der Z*** AG „die mittels Körperschaftsteuerbescheid vorgeschriebene Körperschaftsteuer zu ersetzen“.

Über die Entschädigungssumme an sich bestand und besteht zwischen den Parteien Einvernehmen, die vom Sachverständigen im Verwaltungsverfahren ermittelte Summe wurde als zutreffend anerkannt und außer Streit gestellt.

Im gerichtlichen Verfahren war also nur mehr zu klären, ob der enteigneten Z*** AG auch eine allfällige Körperschaftssteuerbelastung auf Grund der auszubezahlenden Entschädigungssumme von der B*** E*** GmbH zu ersetzen ist. Die Z*** AG vertrat diesbezüglich den Standpunkt, dass sie für die Nettoentschädigungssumme Körperschaftsteuer zu tragen habe, womit die im Bescheid festgesetzte Nettoentschädigungssumme nicht in dieser Höhe zur Abgeltung der Wertminderung und der sonstigen Nachteile zur Verfügung stehe. Die B*** E*** GmbH sei aber verpflichtet, die Z*** AG für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gemäß § 365 ABGB schadlos zu halten. Dieser Regel können nur entsprochen werden, wenn zuzüglich zur Nettoentschädigungssumme auch die anfallende Körperschaftsteuer ersetzt werde.

Mit Teilzwischenbeschluss verpflichtete ich die B*** E*** GmbH dem Grunde nach, der Z*** AG die aufgrund der Zahlung der Entschädigungssumme allenfalls anfallende und nicht vermeidbare Körperschaftsteuerbelastung zu ersetzen. Diese Entscheidung bestätigte das OLG Innsbruck als Rekursgericht, der OGH hob beide Beschlüsse unter Hinweis auf eine Entscheidung des deutschen BGH vom 13.11.1975 (III ZR 162/72 = NJW 1976, 232) mit Beschluss vom 25.11.2008, 1 Ob 218/08b, ersatzlos mit folgender wesentlicher Begründung auf:

„Stille Reserven“ sind die Unterschiedsbeträge zwischen den Veräußerungserlösen und den Buchwerten der veräußerten Wirtschaftsgüter (§ 12 Abs 2 EStG). Werden solche stille Reserven bei der Veräußerung von Anlagevermögen aufgedeckt, werden sie im entsprechenden Wirtschaftsjahr bilanzwirksam und können damit zu einem „ungeplanten“ Bilanzgewinn führen, auf den die Z*** AG gerade im vorliegenden Fall verweist. Ihrer Auffassung, die mit einem solchen Bilanzgewinn verbundene zusätzliche Körperschaftsteuerbelastung sei ihr im Rahmen eines umfassenden Ersatzes im Entschädigungsverfahren auszugleichen, ist das Argument entgegenzuhalten, dass durch die Enteignung lediglich ein wirtschaftlich bereits vorhandener Gewinn aufgezeigt wird, der sich bisher bilanzmäßig - wegen der weit unter dem Verkehrswert liegenden Bewertung des entsprechenden Wirtschaftsguts in der Bilanz - noch nicht auf den Bilanzgewinn und damit auf die Körperschaftsteuerbelastung ausgewirkt hat. Es handelt sich um einen „echten gewerblichen Gewinn“, der zu gegebener Zeit ohnehin versteuert werden müsste (vgl. auch Brunner, Enteignung für Bundesstraßen 208). Ein zusätzlicher Ausgleich neben der Vergütung des Verkehrswerts der enteigneten Sache für das regelmäßig bloß zeitliche Vorziehen einer Steuerbelastung steht dem Enteigneten daher nicht zu. Die Enteignungsentschädigung ist also ohne Berücksichtigung einer allenfalls eintretenden Körperschaftsteuerbelastung festzusetzen.

15. Januar 2009

Eintragung der bedingten Kapitalerhöhung gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG im Firmenbuch

Im Firmenbuch ist die B** AG eingetragen.

Mit Hauptversammlungsbeschluss vom 22.01.2008 wurde der Vorstand der AG gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG ermächtigt, das Grundkapital bedingt für die Einräumung von Aktienoptionen gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG bis zum 22.01.2013 im Ausmaß von € 106.256 mit Zustimmung des Aufsichtsrats zu erhöhen.

Dieser satzungsändernde Beschluss wurde im Firmenbuch eingetragen.

Der Vorstand will nunmehr von dieser Ermächtigung Gebrauch machen. Zu klären ist, welche firmenbuchrechtlichen Vorgaben diesbezüglich einzuhalten sind.

Das Instrument des genehmigten bedingten Kapitals wurde mit dem AOG eingeführt. Mit diesem genehmigten bedingten Kapital sollen die jeweiligen Flexibilitäten von genehmigtem und bedingtem Kapital vereinigt werden. Dahinter steht das Grundprinzip, dass der Vorstand von der bei bedingten Kapital bestehenden Ausführungspflicht entbunden wird und es seinem pflichtgemäßen Ermessen obliegt, ob und in welchem Ausmaß im Bedarfsfall das bedingte Kapital geschaffen wird.
In der Literatur besteht Unsicherheit hinsichtlich der Einordnung der Konstruktion. Festgehalten wird, dass § 159 Abs 3 AktG – mit Ausnahme der Befassung des Aufsichtsrates und der Modifizierung der Berichtspflicht - keine eigenen Regelungen über die formelle Durchführung sowie über den Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses enthält. Richtig wird sein, dass der Ermächtigungsbeschluss als Satzungsänderung nach den allgemeinen Regeln zu beschließen ist und dieser nur gefasst werden kann, wenn die beabsichtigte Ermächtigung nach ihrem wesentlichen Inhalt ausdrücklich und fristgemäß angekündigt worden ist (Nagele in Jabornegg-Strasser, AktG § 159 Rz 22).
Dies ist im konkreten Fall geschehen, der entsprechende Ermächtigungsbeschluss ist im Firmenbuch demnach auch eingetragen. Dabei wurde seinerzeit auch seitens des Firmenbuchgerichtes verlangt, dass der Hauptversammlung der Bericht des Aufsichtsrates vorliegt, weil dieser zur wirksamen Kontrolle des Vorstandshandelns bereits bei Beschlussfassung über die Delegation (an den Vorstand) unverzichtbar ist (Nagele aaO, Rz 24).

Aufgrund der erfolgten Eintragung des Ermächtigungsbeschlusses ist der Vorstand in der Lage, die bedingte Kapitalerhöhung vorzunehmen und zum Firmenbuch anzumelden. Diese Anmeldeverpflichtung ergibt sich aus § 162 Abs 1 AktG, wobei der dort genannte „Beschluss über die bedingte Kapitalerhöhung“ diese Entscheidung des Vorstands über die Ausübung der Ermächtigung ist. Mit diesem Vorstandsbeschluss wird das bedingte Kapital geschaffen, im Zuge der Eintragung dieses Ausübungsbeschlusses hat die gerichtliche Kontrolle zu erfolgen (Nagele aaO, Rz 26).

Nagele meint, dass die Vorlage eines schriftlichen Beschlusses des Vorstandes oder der Niederschrift des Aufsichtsrates beim Firmenbuchgericht nicht erforderlich sein wird. Demnach müsste der Antrag (lediglich) den Inhalt des Vorstandsbeschlusses wiedergeben und insbesondere den Zweck der bedingten Kapitalerhöhung, den Kreis der Bezugsberechtigten, für den das bedingte Kapital in Anspruch genommen wird, und den Ausgabebetrag oder die Grundlagen, wonach dieser Betrag errechnet wird, enthalten. Dieser Ansicht ist insoweit zu folgen, als mit diesen Angaben das Firmenbuchgericht prüfen kann, ob die bedingte Kapitalerhöhung durch den Ermächtigungsbeschluss gedeckt ist.
Aus § 159 Abs 3 AktG ergibt sich aber, dass für diesen Vorstandsbeschluss die Zustimmung des Aufsichtsrates notwendig ist und im Vorfeld der Vorstand einen Bericht gemäß § 159 Abs 2 Z 3 AktG spätestens zwei Wochen vor Zustandekommen des Aufsichtsratsbeschlusses zu veröffentlichen hat. Nun ist es zwar zutreffend, dass eine gesetzliche Anordnung zur Vorlage dieser Unterlagen nicht besteht (aus § 162 AktG ergibt sich eine derartige Vorlagepflicht auch sinngemäß nicht), allerdings ist darauf zu verweisen, dass wesentliches Kontrollinstrument bei Schaffung dieses bedingten Kapitals die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrates aufgrund eines vor dieser Aufsichtsratsbeschlussfassung zu veröffentlichenden Berichts des Vorstands ist. Da zudem der Rechtsschutz der Aktionäre nicht ausreichend gelöst zu sein scheint (vgl. Nagele aaO, Rz 36 mwN), werden diese Unterlagen m.E. bei Anmeldung des Vorstandsbeschlusses jedenfalls auch vorzulegen sein.

§ 159 Abs 3 AktG verlangt die Veröffentlichung des Berichts des Vorstandes spätestens zwei Wochen vor Zustandekommen des Aufsichtsratsbeschlusses. Bestimmt das Gesetz oder die Satzung, dass eine Veröffentlichung der Gesellschaft zu erfolgen hat, ist sie gemäß § 18 AktG in der Wiener Zeitung einzurücken. Daneben kann die Satzung auch andere Blätter oder elektronische Informationsmedien als Bekanntmachungsblätter bezeichnen. Alle der Gesellschaft gesetzlich obliegenden Veröffentlichungen müssen demnach im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und gleichzeitig in allen in der Satzung bestimmten Bekanntmachungsblättern erscheinen. Es steht für mich außer Frage, dass auch die Veröffentlichung im Sinn des § 159 Abs. 3 AktG eine “Veröffentlichung der Gesellschaft“ iSd § 18 AktG ist, somit auch dieser Nachweis der erfolgten Veröffentlichung bei der Anmeldung des Ausübungsbeschlusses gegenüber dem Firmenbuchgericht zu erbringen ist.

Dass schließlich der Vorstandsbeschluss über die Ausübung der Ermächtigung nach § 163 AktG bekannt zu machen ist, versteht sich von selbst (so auch Nagele aaO, § 163 Rz 1).

14. Januar 2009

Die Errichtung einer "GmbH & atypisch stillen Gesellschaft"

Im Firmenbuch ist die F** Business Consulting GmbH eingetragen, deren einzige Gesellschafterin mit einer zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von € 35.000 Elisabeth F** ist.

Im Firmenbuch ist weiters die F** & Partner Business Consulting OG eingetragen, deren unbeschränkt haftende Gesellschafter Elisabeth F** und Karin R** sind. Die beiden persönlich haftenden Gesellschafterinnen sind an dieser OG mit jeweils 50% am Vermögen und Ergebnis beteiligt.

Die F** Business Consulting GmbH sowie Elisabeth F** und Karin R** haben mit Zusammenschlussvertrag (gleichzeitig Vertrag über die die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft) die „F** Business Consulting GmbH und atypisch stille Gesellschaft“ errichtet.

Mit diesem Vertrag haben

  • Elisabeth F** ihre Beteiligung an der F** & Partner Business Consulting OG einschließlich ihres variablen Kapitalkontos als Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf die F** Business Consulting GmbH und atypisch stille Gesellschaft übertragen, wofür ihr auf dem Kapitalkonto der atypisch stillen Gesellschaft ein Betrag von € 68.000 gutgeschrieben wurde;
  • Karin R** ihre Beteiligung an der F** & Partner Business Consulting OG einschließlich ihres variablen Kapitalkontos als Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschafterrechten auf die F** Business Consulting GmbH und atypisch stille Gesellschaft übertragen, wofür ihr auf dem Kapitalkonto der atypisch stillen Gesellschaft ein Betrag von € 12.000 gutgeschrieben wurde.

Die zugrunde liegende Zusammenschlussbilanz ist aus der Schlussbilanz der F** & Partner Business Consulting OG abgeleitet; daraus ergibt sich, dass das auf die übernehmende F** Consulting GmbH übertragene Vermögen einen Wert von zumindest € 80.000 aufweist.

Die Übertragungserklärung der beiden Gesellschafter lautet also auf die „F** Business Consulting GmbH und atypisch stille Gesellschaft“. Gleichzeitig wird im Vertrag allerdings festgehalten, dass die Firma des Geschäftsinhabers auf F** Business Consulting GmbH laute und weiter, „dass aufgrund der übertragenen Gesellschaftsanteile an der F** & Partner Business Consulting OG als Folge des Ausscheidens aller Gesellschafter aus dieser F** & Partner Business Consulting OG die F** Business Consulting GmbH das gesamte Vermögen dieser Gesellschaft ohne Liquidation gemäß § 142 UGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernehme“.
In einem weiteren Abschnitt des Vertrages wird ausgeführt, dass „in zivilrechtlicher Hinsicht das übertragene Vermögen und somit auch der übertragene Betrieb durch diesen Zusammenschluss in das Eigentum der F** Business Consulting GmbH übergehe“.

Die Vermögensbeteiligung an der atypisch stillen Gesellschaft wurde im Verhältnis 85% (Elisabeth F**) : 15% (Karin R**) vereinbart, die dadurch erfolgte Verschiebung von stillen Reserven und Steuerbelastungen wurde durch vertragliche Vorsorgemaßnahmen ausgeglichen.
Die Geschäftsinhaberin F** Business Consulting GmbH ist weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt.

Zur Eintragung angemeldet wurden folgende Tatsachen:

  • bei der F** Business Consulting GmbH:

    Zusammenschlussvertrag vom 11.11.2008
    Übernahme des Vermögens der
    F** & Partner Business Consulting OG
    gemäß § 142 UGB


  • bei der F** & Partner Business Consulting OG:

    # Löschung der Firma
    Zusammenschlussvertrag vom 11. 11. 2008
    Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB
    durch F** Business Consulting GmbH
    Die Gesellschaft ist aufgelöst und gelöscht.

Der Bewilligung dieser beantragten Eintragung liegen folgende Überlegungen zugrunde:

Die stille Gesellschaft ist eine bloße Innengesellschaft und besitzt kein Vermögen, keine Rechtsfähigkeit (keine Rechtspersönlichkeit) und hat als solche keine eigenen Rechte und Pflichten, insbesondere kann die stille Gesellschaft nicht Eigentum erwerben. Sie ist weder partei- noch prozessfähig, weder insolvenz- noch zivilrechtlich deliktsfähig (Hochedlinger-Fuchs, Stille Gesellschaft, Rz 1/22 f).

Vertragspartnerin des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung der stillen Gesellschaft ist die Alleingesellschafterin der GmbH (Geschäftsinhaberin), sodass sich allfällige Fragen hinsichtlich der Notwendigkeit einer Zustimmung aller Gesellschafter der GmbH zum Abschluss eines solchen Gesellschaftsvertrages nicht stellen (vgl. dazu Hochedlinger, aaO, Rz 1/72).

Hinsichtlich der Ausgestaltung dieser atypisch stillen Gesellschaft ist festzuhalten, dass die GmbH als Geschäftsinhaberin weder am Vermögen noch am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt ist. Diesbezüglich ist als zulässig anerkannt, dass im Innenverhältnis sowohl ein Verlustausschluss des Geschäftsinhabers möglich ist als auch die Gewinnbeteiligung des Geschäftsinhabers ausgeschlossen werden kann, wobei nach außen hin die Haftung des Unternehmers natürlich bestehen bleibt. Bei diesen Konstruktionen ist lediglich fraglich, ob nicht in Wahrheit keine stille Gesellschaft, sondern eine Treuhandschaft am Unternehmen bzw. eine „stille Gesellschaft mit Treuhandcharakter“ vorliegt (Hochedlinger, aaO, Rz 1/169).

Bei derartigen atypischen Konstruktionen ist aber zu beachten, dass die für die Kapitalgesellschaften anwendbaren Gläubigerschutzvorschriften über die Kapitalaufbringung und -erhaltung grundsätzlich anwendbar sind (Hochedlinger, aaO, Rz 1/199; Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung, 404 f, 419 f). Da im konkreten Fall positives Vermögen im Wert von zumindest € 80.000 auf die GmbH übertragen wird, bereiten diese Vorschriften bei der Eintragung der angemeldeten Tatsachen keine Probleme.

Auch wenn im Zusammenschlussvertrag die Übertragungs- und Übernahmeklausel nicht den zivilrechtlichen Erfordernissen gemäß ausgestaltet ist, ergibt sich nach Berücksichtigung des gesamten Vertragsinhaltes unzweifelhaft, dass mit diesem Vertrag die Mitunternehmeranteile auf die GmbH übertragen werden, sodass insgesamt den beantragten Eintragungen kein Hindernis entgegensteht.

Kapitalherabsetzender Effekt bei Einbringung des Unternehmens einer KG in die Komplementär-GmbH

Im Firmenbuch ist die W**-Idee GmbH mit Sitz in K** eingetragen. Deren Gesellschafter sind mit einer jeweils zur Hälfte einbezahlten Stammeinlage von ATS 250.000 Fritz H*** und Friedrich H***.

Diese Gesellschaft ist gleichzeitig alleinige Komplementärin der W**-Idee GmbH & Co KG, deren Kommanditisten mit einer im Firmenbuch eingetragenen Haftsumme von je € 36.337,-- Fritz H*** und Friedrich H*** sind. Am Vermögen dieser Kommanditgesellschaft ist die Komplementärin nicht beteiligt, sie ist bloße Arbeitsgesellschafterin.

Mit Einbringungsvertrag vom 12.11.2008 hat die W**-Idee GmbH & Co KG ihren gesamten Betrieb auf Grundlage der Einbringungsbilanz zum 29.02.2008 ausschließlich gegen Gewährung von Gesellschafterrechten als Sacheinlage in die W**-Idee GmbH eingebracht. Zur Durchführung dieser Einbringung hat die W**-Idee GmbH - nach vorheriger Euro-Umstellung - ihr Stammkapital von € 36.336,42 um € 163,58 auf € 36.500,-- erhöht und zur Übernahme der gesamten Kapitalerhöhung die W**-Idee GmbH & Co KG zugelassen. Diese hat den gesamten Erhöhungsbetrag durch Einbringung des Betriebes als Sacheinlage und gegen Einzahlung eines Barbetrages von € 81,79 übernommen.

Diese Kapitalerhöhung samt der Betriebseinbringung wird zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet und demnach die Eintragung der Gesellschafterin W**-Idee GmbH & Co KG mit einer voll geleisteten Stammeinlage von € 163,58 begehrt.

In einem gleichzeitig eingebrachten weiteren Antrag wurde die Löschung der neuen Gesellschafterin W**-Idee GmbH & Co KG zur Eintragung angemeldet, und zwar mit dem Vorbringen, dass durch die Einbringung des Betriebes der W**-Idee GmbH & Co KG das Unternehmen der KG von der W**-Idee GmbH fortgeführt werde, womit die einbringende Mitunternehmerschaft untergehe und der im Eigentum der Mitunternehmerschaft infolge der Einbringung entstandene Geschäftsanteil im zur Gänze geleisteten Nominalwert von € 163,58 an die Kommanditisten der KG jeweils mit einem Teilbetrag von € 81,79 übertragen werde (Anteilsdurchschleusung bzw. Anteilsauskehrung).
Auf eine förmliche Beendigung der KG sei von den Vertragsparteien ausdrücklich verzichtet worden, weshalb die KG als Gesellschafterin zu löschen und die entsprechende Erhöhung der Stammeinlagen der beiden Gesellschafter – als Ergebnis der Anteilsauskehrung - einzutragen sei.

Korrespondierend dazu wurde die Löschung der W**-Idee GmbH & Co KG angemeldet und auch dort vorgebracht, dass auf eine förmliche Beendigung der KG von den Gesellschaftern ausdrücklich verzichtet wurde.

Nach einer entsprechenden Anfrage im Rahmen einer Vorerledigung teilten die Antragsteller ergänzend mit, dass aufgrund der Einbringung des gesamten Betriebes der KG die Mitunternehmer die Auflösung der Kommanditgesellschaft beschlossen hätten und in diesem Zuge der von der Mitunternehmerschaft im Wege der Einbringung erworbene neue Geschäftsanteil an der übernehmenden W**-Idee GmbH an die Mitunternehmer Fritz H*** und Friedrich H*** übertragen worden sei. Deshalb sei in einem ersten Schritt die Eintragung der einbringenden Kommanditgesellschaft als Gesellschafterin der W**-Idee GmbH beantragt worden und gehe dieser Geschäftsanteil im nächsten Schritt im Zuge der angeführten Anteilsauskehrung und der Löschung der KG auf die Mitunternehmer über.

Die Eintragung dieser Vorgänge in das Firmenbuch ist aus folgenden Gründen unzulässig:

1) Kapitalherabsetzender Effekt:

Der Vorgang, mit dem Kommanditisten ihre Kommanditanteile in die Komplementär-GmbH - mit oder ohne Kapitalerhöhung - einbringen und die Komplementär-GmbH gemäß § 142 UGB das Unternehmen der KG fortführt, kann gegenüber den Gläubigern der GmbH & Co KG zu einem kapitalherabsetzenden Effekt führen. Wenn nämlich die Kapitalerhöhung anlässlich der Vermögensübernahme gemäß § 142 UGB bei der aufnehmenden GmbH geringer ausfällt als der Betrag der Hafteinlagen der Kommanditisten, sinkt durch diesen Vorgang das im Interesse des Gläubigerschutzes gebundene Vermögen, was dann unzulässig ist, wenn die GmbH & Co KG ieS einer Kapitalgesellschaft gleichzuhalten ist, auf die GmbH & Co KG daher die Kapitalaufbringungs-, Kapitalerhaltungs- und Gläubigerschutzbestimmungen des Kapitalgesellschaftsrechtes analog anzuwenden sind. In einem solchen Fall dürfte eine derartige Einbringung auch zu keinem kapitalherabsetzenden Effekt führen bzw. müsste dieser zumindest durch geeignete Maßnahmen neutralisiert werden (Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung, 418).
Der OGH hat erst unlängst die angesprochene Anwendung dieser Grundsätze des Kapitalgesellschaftsrechtes auf die GmbH & Co KG neuerlich betont und in der E vom 29.05.2008, 2 Ob 225/07p, den kapitalgesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz und damit das Verbot der Einlagenrückgewähr auf die GmbH & Co KG für anwendbar erklärt (dazu Grossmayer in ecolex 2008/343).

Im konkreten Fall bringen die Kommanditisten zwar nicht ihre Kommanditanteile in die Komplementär-GmbH ein, sondern die Kommanditgesellschaft ihr gesamtes Unternehmen. Dies ist zunächst auch unbedenklich, weil als Gegenleistung dafür die übernehmende Körperschaft Anteile gewährt und somit bei der W**-Idee GmbH & Co KG anstelle des Betriebsvermögens der Beteiligungsansatz an der das Unternehmen fortführenden Kapitalgesellschaft tritt („Aktiva-Tausch“).

Vor dem zuvor geschilderten Hintergrund des kapitalherabsetzenden Effektes ist aber die gleichzeitig geführte Anteilsdurchschleusung ohne Begleitmaßnahmen nicht nur bedenklich, sondern unzulässig. Im Ergebnis steht nämlich den Gläubigern der GmbH & Co KG nur mehr die übernehmende GmbH mit einem Stammkapital von € 36.500 zur Verfügung, nachdem zuvor - neben der unbeschränkt haftenden Komplementärin - als Haftungsfonds die Vermögenseinlagen (Haftsummen) der beiden Kommanditisten in Höhe von jeweils € 36.337 vorhanden waren, die jetzt in der GmbH nicht mehr gebunden sind.

2) Zwingende Liquidation der Kommanditgesellschaft:

Dazu kommt, dass die Löschung der KG zwingend die Durchführung der Liquidation mit vorrangiger Befriedigung oder Sicherstellung ihrer Gläubiger voraussetzen würde, bevor Vermögen an die Gesellschafter verteilt werden darf. Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, dass die Kommanditgesellschaft vermögenslos ist und deshalb eine förmliche Abwicklung unterbleiben könnte, weil sie ja Eigentümerin des Gesellschaftsanteils an der übernehmenden W**-Idee GmbH ist. Die Auskehrung dieses Gesellschaftsanteils an ihre Gesellschafter stellt nichts anderes als die Verteilung des Vermögens der KG an ihre Gesellschafter dar, war aber erst nach Durchführung des Liquidationsverfahrens möglich wäre. Bei der Liquidation der GmbH & Co KG hat die Judikatur bereits ausgesprochen, dass diese Maßnahmen mit entsprechendem Gläubigeraufruf zu erfolgen haben (OGH 2 Ob 594/95 = SZ 68/244; OGH 2 Ob 184/97s = SZ 70/196; Reich-Rohrwig, aaO, 404 f).

13. Januar 2009

Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln; Verwendung von gebundenen Rücklagen (§ 2 Abs 3 KapBG)

Der Jahresabschluss zum 31.03.2008 einer großen GmbH (§ 221 Abs 3 UGB) weist folgendes Eigenkapital aus:

Stammkapital € 872.100,--
Kapitalrücklagen:
nicht gebundene € 2,318.116,88
Gewinnrücklagen:
gesetzliche Rücklage € 87.210,--
andere Rücklagen (freie Rücklagen) € 15,922.136,92
Bilanzgewinn € 34,176.020,52
(davon Gewinnvortrag € 30,541.313,56)

In der Generalversammlung vom 16.12.2008 wurde das Stammkapital dieser GmbH um € 1,127.900,-- auf € 2,000.000,-- aus Gesellschaftsmitteln erhöht und dafür u.a. die im Jahresabschluss zum 31.03.2008 ausgewiesene gesetzliche Rücklage in Höhe von € 87.210,-- herangezogen.

Der die Kapitalerhöhung zur Eintragung in das Firmenbuch anmeldende Vertreter der GmbH wurde auf folgende Umstände aufmerksam gemacht:

Gemäß § 2 Abs 3 KapBG können nur im Jahresabschluss ausgewiesene offene Rücklagen einschließlich eines Gewinnvortrags umgewandelt werden, soweit ihnen nicht ein Verlust einschließlich eines Verlustvortrags gegenüber steht. Für bestimmte Zwecke gebildete Rücklagen können nur umgewandelt werden, soweit dies mit ihrer Zweckbestimmung vereinbar ist. Die gebundenen Rücklagen können nur umgewandelt werden, soweit sie den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Nennkapitals nach der Umwandlung übersteigen.
Maßgeblich ist die Relation von gebundenen Rücklagen und Stammkapital nach der Kapitalerhöhung (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³, Anh § 53 Rn 7).

Bei der genannten gesetzlichen Rücklage handelt es sich um eine gebundene Rücklage, die die Gesellschaft gemäß § 130 Abs 3 AktG iVm § 23 GmbHG zu bilden hat (sie beläuft sich demnach auch auf den zehnten Teil des Stammkapitals der Gesellschaft).
Diese gesetzliche Rücklage in Höhe von € 87.210,-- ist – ungeachtet der ohnehin bei weitem ausreichenden sonstigen Rücklagen der Gesellschaft - als gebundene Rücklage im Zuge einer Kapitalerhöhung nach den Bestimmungen des KapBG nicht umwandlungsfähig, weil sie den zehnten Teil des Stammkapitals nach der Umwandlung nicht mehr übersteigt, im konkreten Fall nach der Umwandlung also überhaupt nicht mehr vorhanden ist. Wegen des gläubigerschützenden Charakters des § 2 Abs 3 KapBG ist demnach der entsprechende Kapitalerhöhungsbeschluss nichtig (Koppensteiner/Rüffler, aaO).

7. Januar 2009

Eintragung einer Betriebseinbringung in das Firmenbuch - § 3 Z 15 FBG

Die in manchen Aussagen recht interessante Entscheidung des OGH vom 1.10.2008, 6 Ob 132/08t, möchte ich heute vorstellen.

Es geht um folgenden Sachverhalt:

Mit Einbringungsvertrag vom 28.09.2006 brachte die Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der „B***** *****“ GmbH ihr nicht protokolliertes Einzelunternehmen Ester B***** zur Gänze auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum 31.12.2005 und unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art III UmgrStG in die GmbH ein; als Einbringungsstichtag wurde ebenfalls der 31.12.2005 festgelegt. Eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft unterblieb gemäß Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG unter Hinweis darauf, dass die Eigentums- bzw Beteiligungsverhältnisse am eingebrachten Betrieb dem der aufnehmenden Gesellschaft entsprechen.
Diese Einbringung wurde zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet und unter Anführung des Einbringungsvertrags vom 20.10.2006 im Firmenbuch eingetragen.
Am 26.06.2007 verfassten die Geschäftsführerin und die (richtig wohl:) Gesellschafterin einen Nachtrag zum Einbringungsvertrag vom 28.09.2006, mit dem sie unter Aufrechterhaltung der sonstigen Bestimmungen des Einbringungsvertrags vereinbarten, dass die Einbringung auf Grundlage der Einbringungsbilanz zum 28.09.2006 und zu diesem Einbringungsstichtag erfolgen solle. Die Geschäftsführerin beantragte die Eintragung des "Nachtrags zum Einbringungsvertrag vom 26.06.2007" in das Firmenbuch.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung zurück, dass dieser Nachtrag einen neuerlichen Titel zur Eigentumsübertragung darstelle, die Geschäftsführerin jedoch nicht mehr über ihr Einzelunternehmen verfügen könne.

Das Rekursgericht bestätigte im Ergebnis diese Entscheidung, allerdings mit der Begründung, dass der Nachtrag vom 26.06.2007 nicht als nochmalige Übertragung des Betriebs der Geschäftsführerin zu verstehen sei, sondern als Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung; da allerdings der Einbringungsstichtag lediglich steuerrechtliche Konsequenzen habe, handle es sich nicht um eine eintragungsfähige Rechtstatsache im Sinne des § 3 Z 15 FBG.

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft hatte Erfolg; im Folgenden die wesentlichen Argumente des OGH:

Die vorliegende Einbringung ist als Einbringung ohne Gegenleistung nach § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG keine Sacheinlage. Da die Zuwendung unentgeltlich erfolge, ist die Einbringung schon deshalb unproblematisch, weil die übertragende Gesellschaft aufgrund ihrer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft keine Vermögenseinbußen erleidet. Eine derartige Einbringung von Vermögen auf der Grundlage eines Einbringungsvertrags (Art III § 12 Abs 1 UmgrStG) ohne Gegenleistung (Art III § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG) ist wirtschaftlich nichts anderes als eine unentgeltliche Zuwendung.

Eine solche ausgliedernde Einbringung eines Unternehmens ohne Entgelt ist kein gesellschaftsrechtlich normierter Umgründungstyp, Umgründungen nach Art III UmgrStG erfolgen vielmehr im Wege der Einzelrechtsnachfolge aufgrund des Einbringungsvertrags, und zwar nicht zum vereinbarten Einbringungsstichtag (der lediglich ertragssteuerlich den Zeitpunkt des Übergangs der Einkunftsquelle markiere), sondern vielmehr zum Zeitpunkt der Firmenbucheintragung des Einbringungsvertrags (Umfahrer, Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung6 [2008] Rz 124).

Im Weiteren betont der OGH neuerlich, dass vom Firmenbuchgericht nicht zu prüfen ist, ob dies steuerrechtlich zulässig ist bzw steuerrechtliche Auswirkungen hat. Die Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes haben nämlich grundsätzlich nur für das Steuerrecht, nicht aber für die Beurteilung des Vorgangs nach dem für das Firmenbuchgericht maßgeblichen Unternehmensrecht Bedeutung. Eine Prüfpflicht des Firmenbuchgerichts in steuerrechtlicher Hinsicht besteht hingegen nicht (RIS-Justiz RS0115147; G. Kodek in Kodek/Nowontny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 26 mwN).

Zivil- bzw unternehmensrechtlich ist eine allfällige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen hintanzuhalten; es ist daher zu prüfen, ob der Gesellschaft durch die Verlegung des Einbringungsstichtags und die Bezugnahme auf eine geänderte Einbringungsbilanz nachträglich Vermögenswerte entzogen werden könnten, die zunächst als eingebracht galten, nunmehr aber in der geänderten Bilanz nicht mehr enthalten sind. Da für die Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung (20.10.2006) maßgeblich ist, beide Einbringungsstichtage gemäß Art III § 13 UmgrStG jedoch davor liegen, hat der Nachtrag vom 26.06.2007 lediglich (allenfalls) steuerrechtliche Auswirkungen, womit die angesprochene Gläubigergefährdung nicht eintreten könne. Dazu kommt, dass diese unentgeltliche Zuwendung als laufendes Geschäft lediglich in den Handelsbilanzen der beiden beteiligten Gesellschaften dokumentiert werden, wobei diese Bilanzen bei der Anmeldung des Einbringungsvorgangs noch nicht vorliegen müssen; anderes würde nur für den Fall einer Sachgründung gelten (RIS-Justiz RS0115149; ebenso G. Nowotny in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG [2005] § 3 Rz 42).

Damit ist der Nachtrag vom 26.06.2007 unternehmensrechtlich unbedenklich.

Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen ist die Änderung des Einbringungsvertrages eintragungsfähig, weil der Sinn der Eintragungsvorschrift des § 3 Z 15 FBG gerade darin bestehe, der Öffentlichkeit über die Vermögensverhältnisse des Rechtsträgers vollständig und richtig Auskunft zu geben (6 Ob 123/06s); durch die Unterlassung der Eintragung des Nachtrags wäre dies jedoch nicht gewährleistet.

Zwei Anmerkungen meinerseits dazu:

1.
Dass der OGH dezidiert festhält, dass für die Einzelrechtsnachfolge der Zeitpunkt der Firmenbucheintragung maßgeblich ist, überrascht mich in dieser Absolutheit. Die Eintragung der Tatsache der Betriebseinbringung gemäß § 3 Z 15 FBG wirkt grundsätzlich deklarativ. Eine solche Betriebseinbringung auf Grundlage eines Einbringungsvertrages entfaltet daher zivilrechtlich auch dann Rechtswirkungen, wenn die beteiligten Parteien – in Verletzung ihrer grundsätzlichen Anmeldeverpflichtung – diese Firmenbucheintragung nicht veranlassen. In einem solchen Fall wird man dann ja wohl nicht davon ausgehen können, dass es zu überhaupt keiner Rechtsnachfolge kommt, weil es keinen Zeitpunkt der Firmenbucheintragung gibt bzw. die Einzelrechtsnachfolge zeitlich so weit nach hinten verschoben wird, bis die Parteien ihrer Anmeldeverpflichtung nachkommen. Ich gehe daher eigentlich nach wie vor davon aus, dass für den Zeitpunkt der Einzelrechtsnachfolge die konkret gesetzten sachenrechtlichen Verfügungsakte (Modus) entscheidend sind, die die Parteien gemäß den Regelungen des Einbringungsvertrages (Titel) setzen.
2.
Überraschend ist zudem, dass der OGH im konkreten Zusammenhang von der Verpflichtung „beider beteiligter Gesellschaften“ spricht, diesen Vorgang als laufendes Geschäft in ihren Handelsbilanzen zu dokumentieren. Da die geschäftsführende Alleingesellschafterin ihr nicht protokolliertes Einzelunternehmen in die GmbH einbringt, muss wohl davon ausgegangen werden, dass es sich dabei nicht um eine rechnungslegungspflichtige Kapitalgesellschaft handelt.

6. Januar 2009

Offenlegungsbestimmungen für Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften (§ 280a UGB)

In der Praxis besteht teilweise Unsicherheit, in welcher Form inländische Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften ihre Jahresabschlüsse offen zu legen haben.
Die Entscheidung des OGH v 13.09.2007, 6 Ob 182/07v (6 Ob 183/07s), beschäftigt sich mit dieser Fragestellung und allfälligen verfassungsrechtlichen Bedenken (ecolex 2008,148):

Demnach besteht gemäß § 280 a UGB für die Vertreter der Zweigniederlassung der ausländischen Kapitalgesellschaft (lediglich) die Verpflichtung, die Unterlagen der Rechnungslegung, die nach dem für die Hauptniederlassung der Gesellschaft maßgeblichen Recht erstellt, geprüft und offen gelegt worden sind, gemäß den §§ 277, 281 und 282 UGB in deutscher Sprache offen zu legen. Für Zweigniederlassungen sind also keine eigenen Rechnungslegungsunterlagen zu erstellen und offen zu legen.

Diese Bestimmung wurde mit dem EU-GesRÄG 1996 in Umsetzung der Zweigniederlassungsrichtlinie eingefügt und soll die Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch Gesellschaften iSd Art 48 EGV erleichtern. Damit sind diese Offenlegungsbestimmungen für ausländische Gesellschaften durch Vorrang vor nationalem Recht genießende gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen gedeckt, weshalb auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 280 a UGB bestehen.

Daraus folgt aber auch, dass es Aufgabe des Firmenbuchgerichtes ist, die eingereichten Unterlagen auf die Entsprechung mit den jeweiligen Rechnungslegungsbestimmungen des Hauptniederlassungsstaates zu prüfen, um beurteilen zu können, ob mit der konkreten Offenlegung der Verpflichtung des § 280a UGB entsprochen ist.

OGH zur Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft der Firma (§ 18 UGB)

Eine der ersten Entscheidungen des OGH nach Neufassung des § 18 UGB ist jene vom 13.9.2007, 6 Ob 188/07a, in der er die Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft des Firmenwortlauts „ManagementKompetenz GmbH" zu beurteilen hatte (ua veröffentlicht in ecolex 2008,146).

Dieser Firmenwortlaut ist laut Höchstgericht (in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen) unzulässig; hier die wesentlichen Argumente:

  1. Die Firma muss gemäß § 18 UGB zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Sie darf gleichzeitig keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Die Firma muss daher — unabhängig von der Rechtsform — nur noch Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft besitzen, darf aber nicht irreführend sein.
  2. Mit Kennzeichnungseignung ist die Eignung zur namentlichen Kennzeichnung eines Unternehmers (Namensfunktion) gemeint. Eine Sachfirma kann den Gegenstand des Unternehmens enthalten; reine Gattungsbezeichnungen oder Branchenangaben sind allerdings mangels Individualisierungswirkung unzulässig. Dies auch deshalb, weil damit das Freihaltebedürfnis des Rechtsverkehrs verletzt wird und darin eine unzulässige „Selbstberühmung" – nämlich der alleinige oder wichtigste Unternehmer einer bestimmten Gattung zu sein – liegt. Demnach ist es zumindest erforderlich, solchen Gattungsbezeichnungen individualisierende Zusätze hinzuzufügen, um das jeweilige Unternehmen hinreichend zu kennzeichnen.
  3. Im Kriterium der Unterscheidungskraft liegt eine weitere wesentliche Funktion der Firma im Geschäftsverkehr. Unterscheidungskraft bedeutet, dass die Firma geeignet ist, bei Lesern und Hörern die Assoziation mit einem ganz bestimmten Unternehmen unter vielen anderen zu wecken.
  4. Eine Gattungsbezeichnung wird erst dann schutzfähig und als Firma verwendbar, wenn sie Verkehrsgeltung erlangt hat. An die Verkehrsgeltung sind bei einem entsprechenden Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit hohe Anforderungen zu stellen. Gattungsbezeichnungen ohne Unterscheidungskraft können aber durch individualisierende Zusätze die erforderliche Unterscheidungskraft erhalten.
  5. Kein Anspruch besteht auf eine bestimmte Schreibweise im Firmenbuch, etwa auf bestimmte Schriftzüge. Der Umstand, dass das Wort „Managementkompetenz" zwar zusammengeschrieben werden soll, wobei das „K" in „Kompetenz" ein Großbuchstabe sein soll, reicht daher zur erforderlichen Kennzeichnung nicht aus.
  6. Beim Begriff „Management" handelt es sich um eine Gattungsbezeichnung ohne Kennzeichnungs- und Unterscheidungskraft. Gleiches gilt für den Begriff „Kompetenz", der für sich allein mangels Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft ebenso wenig wie das Wort „Management" als Firma zulässig ist. Das Wort „Managementkompetenz" ist also eine rein beschreibende Angabe (Management), ergänzt um eine Qualitätsbehauptung (Kompetenz), und damit als Firmenwortlaut unzulässig. Allfällige individualisierende Zusätze fehlen hier.
  7. Insgesamt spricht somit sowohl die mangelnde Individualisierungswirkung als auch das Freihaltebedürfnis des Rechtsverkehrs an den verwendeten Begriffen und die im Firmenwortlaut liegende unzulässige Selbstberühmung gegen die Zulässigkeit dieses Firmenwortlauts. Zudem weist nichts darauf hin, dass dieser Begriff Verkehrsgeltung erlangt hätte.

5. Januar 2009

E-Mail-Sendeprotokoll erbringt keinen Anscheinsbeweis des Zugangs einer E-Mail

In der E v 29.11.2007, 2 Ob 108/07g, vertritt der OGH unter Berufung auf die hA die Auffassung, dass mittels eines E-Mail-Sendeprotokolls der Anscheinsbeweis des Zugangs einer E-Mail nicht erbracht werden kann.

In der in ecolex 2008,227 und Zak 2008,83 veröffentlichten Entscheidung finden sich folgende Leitsätze:

1. Eine E-Mail ist in jenem Zeitpunkt dem Empfänger zugegangen, in dem sie für den Empfänger durch Eingang in seiner Mailbox einlangt und gespeichert ist und am Bildschirm angezeigt oder ausgedruckt werden kann, dh sobald ein Abruf durch den Empfänger möglich ist.

2. Ein Beweisnotstand besteht beim Versenden einer E-Mail genauso wenig wie beim Versenden eines nicht eingeschriebenen Briefs, was ebenfalls noch nicht den Anschein des Zugangs beim Empfänger bewirkt. Dem Absender einer E-Mail ist es möglich, sich den Empfang desselben auf einem sicheren Kommunikationsweg bestätigen zu lassen, etwa durch ein den Empfang der E-Mail bestätigendes Antwortmail des Empfängers, durch telefonische Rückfrage und anderes mehr.

3. Mittels E-Mail-Sendeprotokolls kann der Anscheinsbeweis des Zugangs der E-Mail nicht erbracht werden.

Der OGH referiert ausführlich die Ansichten der österreichischen und deutschen Lehre zu dieser Frage und nimmt auch Bezug auf die Aussagen des OLG Köln in seiner E v 5.12.2006, 3 U 167/05 (E-Mail gilt als zugegangen, wenn sie in die Mailbox des Empfängers gelange; ein Beweis des ersten Anscheins für den Eingang in der Mailbox des Empfängers ergebe sich aber nicht bereits dann, wenn der Absender die Absendung der E-Mail beweisen könne, weil die Absendung allein keinerlei Gewähr dafür biete, dass die Nachricht den Erklärungsempfänger bzw dessen Mailbox tatsächlich erreiche).