16. Januar 2009

Ersatzfähigkeit einer aufgrund der Festsetzung einer Enteignungsentschädigung entstehenden Körperschaftsteuerbelastung

Mein Zuständigkeitsbereich umfasst auch die den Gerichten zugewiesenen Entscheidungen in Fragen der Enteignungsentschädigung. In diesem Rahmen war folgender Sachverhalt zu beurteilen:

Mit Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 2.11.2007 wurde auf Flächen der Z*** AG im Ausmaß von insgesamt 36.173 m² die Enteignung durch Einräumung des uneingeschränkten und ausschließlichen Dienstbarkeitsrechtes der Errichtung und des Betriebes eines Eisenbahntunnels samt Nebenanlagen zu Gunsten der B*** E*** GmbH vorgenommen.
Die Entschädigung für die Inanspruchnahme dieser Teilflächen zur Abgeltung der Erwerbsminderung inklusive Dienstbarkeitsentgelt für die Errichtung und den Betrieb des Bahntunnels, für die Beanspruchung von Teilen der Liegenschaft durch den Gefährdungs- und Tunneldienstbarkeitsbereich sowie für die damit verbundenen Einschränkungen in der Nutzung und Bebaubarkeit, für die Erschwernisse in der Verwaltung und für die zu erwartenden Nachteile wurde in diesem Bescheid mit € 2.840.000,-- festgesetzt.

Darüber hinaus wurde die B*** E*** GmbH verpflichtet, der Z*** AG „die mittels Körperschaftsteuerbescheid vorgeschriebene Körperschaftsteuer zu ersetzen“.

Über die Entschädigungssumme an sich bestand und besteht zwischen den Parteien Einvernehmen, die vom Sachverständigen im Verwaltungsverfahren ermittelte Summe wurde als zutreffend anerkannt und außer Streit gestellt.

Im gerichtlichen Verfahren war also nur mehr zu klären, ob der enteigneten Z*** AG auch eine allfällige Körperschaftssteuerbelastung auf Grund der auszubezahlenden Entschädigungssumme von der B*** E*** GmbH zu ersetzen ist. Die Z*** AG vertrat diesbezüglich den Standpunkt, dass sie für die Nettoentschädigungssumme Körperschaftsteuer zu tragen habe, womit die im Bescheid festgesetzte Nettoentschädigungssumme nicht in dieser Höhe zur Abgeltung der Wertminderung und der sonstigen Nachteile zur Verfügung stehe. Die B*** E*** GmbH sei aber verpflichtet, die Z*** AG für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gemäß § 365 ABGB schadlos zu halten. Dieser Regel können nur entsprochen werden, wenn zuzüglich zur Nettoentschädigungssumme auch die anfallende Körperschaftsteuer ersetzt werde.

Mit Teilzwischenbeschluss verpflichtete ich die B*** E*** GmbH dem Grunde nach, der Z*** AG die aufgrund der Zahlung der Entschädigungssumme allenfalls anfallende und nicht vermeidbare Körperschaftsteuerbelastung zu ersetzen. Diese Entscheidung bestätigte das OLG Innsbruck als Rekursgericht, der OGH hob beide Beschlüsse unter Hinweis auf eine Entscheidung des deutschen BGH vom 13.11.1975 (III ZR 162/72 = NJW 1976, 232) mit Beschluss vom 25.11.2008, 1 Ob 218/08b, ersatzlos mit folgender wesentlicher Begründung auf:

„Stille Reserven“ sind die Unterschiedsbeträge zwischen den Veräußerungserlösen und den Buchwerten der veräußerten Wirtschaftsgüter (§ 12 Abs 2 EStG). Werden solche stille Reserven bei der Veräußerung von Anlagevermögen aufgedeckt, werden sie im entsprechenden Wirtschaftsjahr bilanzwirksam und können damit zu einem „ungeplanten“ Bilanzgewinn führen, auf den die Z*** AG gerade im vorliegenden Fall verweist. Ihrer Auffassung, die mit einem solchen Bilanzgewinn verbundene zusätzliche Körperschaftsteuerbelastung sei ihr im Rahmen eines umfassenden Ersatzes im Entschädigungsverfahren auszugleichen, ist das Argument entgegenzuhalten, dass durch die Enteignung lediglich ein wirtschaftlich bereits vorhandener Gewinn aufgezeigt wird, der sich bisher bilanzmäßig - wegen der weit unter dem Verkehrswert liegenden Bewertung des entsprechenden Wirtschaftsguts in der Bilanz - noch nicht auf den Bilanzgewinn und damit auf die Körperschaftsteuerbelastung ausgewirkt hat. Es handelt sich um einen „echten gewerblichen Gewinn“, der zu gegebener Zeit ohnehin versteuert werden müsste (vgl. auch Brunner, Enteignung für Bundesstraßen 208). Ein zusätzlicher Ausgleich neben der Vergütung des Verkehrswerts der enteigneten Sache für das regelmäßig bloß zeitliche Vorziehen einer Steuerbelastung steht dem Enteigneten daher nicht zu. Die Enteignungsentschädigung ist also ohne Berücksichtigung einer allenfalls eintretenden Körperschaftsteuerbelastung festzusetzen.

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