2. Februar 2012

Firmenbuchrechtliche Eintragungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Genussrechten gemäß § 174 Abs 3 AktG

In der Hauptversammlung vom 18.1.2012 fassten die Aktionäre der P** S** Invest AG folgende Beschlüsse:
1)
Die von Vorstand und Aufsichtsrat beantragte Ausgabe von sozietären Genussrechten im Sinne von § 174 Abs 3 AktG im Umfang von insgesamt € 5,000.000 zwecks Stärkung der Eigenkapitalstruktur der P** S** Invest AG für zukünftige Edelmetall- und Immobilieninvestments wird genehmigt.
2)
Der Vorstand wird ermächtigt, die Bedingungen für die Gewährung der Genussrechte in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat nach Maßgabe des jeweiligen Geschäftsmodells und der sich laufend veränderten Wirtschaftslage festzulegen, anzupassen und abzuändern.

Der Alleinvorstand meldete unter Vorlage des Protokolls der Hauptversammlung folgende Tatsachen zur Eintragung in das Firmenbuch an:

Hauptversammlungsbeschluss vom 18.1.2012
Gewährung von sozietären Genussrechten gemäß § 174 Abs 3 AktG im Umfang von € 5,000,000


Hauptversammlungsbeschluss vom 18.1.2012
Ermächtigung des Vorstandes, die Bedingungen für die Gewährung der Genussrechte in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat festzulegen, anzupassen und abzuändern


Eine Eintragung der angemeldeten Tatsachen in das Firmenbuch scheitert aus folgenden Gründen:

Gemäß § 174 Abs 1 iVm 174 Abs 3 AktG ist die Gewährung von Genussrechten nur aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung zulässig, wobei der Beschluss einer Mehrheit bedarf, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfasst. Die Satzung kann diese Mehrheit durch eine andere Kapitalmehrheit ersetzen und noch andere Erfordernisse aufstellen.
Gemäß § 174 Abs 2 iVm 174 Abs 3 AktG kann eine Ermächtigung des Vorstandes zur Gewährung von Genussrechten höchstens für fünf Jahre erteilt werden. Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrates oder dessen Stellvertreter haben den Beschluss über die Gewährung von Genussrechten, der Vorstand überdies spätestens innerhalb eines Monats nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Erklärung darüber bei dem zuständigen Gericht zu hinterlegen, in welchem Umfang im abgelaufenen Geschäftsjahr Genussrechte gewährt worden sind. Ein Hinweis auf den Beschluss und die Erklärung sind zu veröffentlichen.

Damit ist zunächst einmal klargestellt, dass der vorliegende Hauptversammlungsbeschluss ein Beschluss iSd § 174 Abs 1 AktG ist, zumal er die Gewährung von Genussrechten genehmigt und nicht bloß eine befristete Ermächtigung des Vorstandes zur Gewährung von Genussrechten einräumt. Die diesbezügliche Ermächtigung erstreckt sich lediglich auf die nähere Ausgestaltung der Bedingungen der Genussrechtsgewährung und hat somit nichts mit einer Ermächtigungserteilung gemäß § 174 Abs 2 AktG zu tun.

Der Beschluss nach § 174 Abs 1 AktG stellt keine Satzungsänderung dar und ist daher weder in das Firmenbuch einzutragen noch in sonstiger Weise nach aktienrechtlichen Regelungen publik zu machen. Für Ermächtigungsbeschlüsse nach § 174 Abs 2 AktG sind umfangreiche Hinterlegungs- und Veröffentlichungspflichten explizit vorgesehen, für Ausgabebeschlüsse nach Abs 1 fehlen jedoch vergleichbare ausdrückliche Regelungen. Europarechtlich zwingend vorgeschrieben ist allerdings die Offenlegung von Beschlüssen zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen sowie von Beschlüssen, die den Vorstand zur Ausgabe dieser Wertpapiere ermächtigen; denn die Offenlegungspflichten iSd Art 3 der Publizitäts-RL gelten gemäß Art 25 der Kapital-RL sowohl für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen als auch für die Ermächtigung des Vorstands zu deren Ausgabe. Eine richtlinienkonforme Interpretation ergibt daher, dass die Publizitätserfordernisse sowohl für einen Beschluss zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen als auch zur Ermächtigung zur Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente gelten. Auf die Ausgabe bzw Ermächtigung zur Ausgabe von Genussrechten sind nach hM die Publizitätspflichten des § 174 Abs 2 AktG sinngemäß anzuwenden (Zollner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 174 Rz 29).

Nach § 174 Abs 2 2. Satz iVm § 174 Abs 3 AktG ist der Beschluss über die Gewährung von Genussrechten vom Vorstand und vom Aufsichtsratsvorsitzenden oder dessen Stellvertreter beim zuständigen Gericht zu hinterlegen. Hinterlegungspflichtig ist nicht erst der Beschluss des Vorstands, mit welchem die Ermächtigung in Anspruch genommen wird, sondern bereits der Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung. Erfasst werden von der Offenlegungspflicht demnach entsprechend der europarechtlich gebotenen Interpretation auch Zustimmungsbeschlüsse iSd § 174 Abs 1 AktG.
In der Wiener Zeitung sowie in den sonstigen Bekanntmachungsblättern der Gesellschaft ist gemäß § 174 Abs 2 letzter Satz iVm § 18 AktG ein Hinweis auf den Beschluss zu veröffentlichen.
Die Hinterlegung müssen Vorstand und Vorsitzender des Aufsichtsrats (oder dessen Stellvertreter) gemeinsam sogleich nach der Beschlussfassung vornehmen.
In das Firmenbuch ist der Beschluss über die Gewährung von Genussrechten nicht einzutragen (Zollner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 174 Rz 38).

Demnach ist also lediglich das Hauptversammlungsprotokoll beim Firmenbuchgericht einzureichen und dieses in die Urkundensammlung (§ 12 FBG) aufzunehmen, wobei die vorliegende Anmeldung insoweit zu verbessern ist, als daran auch der Vorsitzende (bzw. VS-Stellvertreter) des Aufsichtsrates mitzuwirken hat. Die beantragte Eintragung der Beschlüsse der Hauptversammlung ist aber nicht möglich.

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