3. Februar 2012

Abspaltung zur Aufnahme gegen Anteilsgewährung an die abspaltende Gesellschaft (§ 1 Abs 2 Z 2 SpaltG)

Die G** Ph** GmbH beabsichtigt, ihren Betrieb unter Zurückbehaltung von Liegenschaften, Beteiligungen und Immaterialgüterrechten im Wege einer Abspaltung zur Aufnahme an eine neu zu errichtende Tochtergesellschaft zu übertragen.
Die Tochtergesellschaft wird im Vorfeld der Spaltung unter der Firma B** Ph** GmbH gegründet. Alleingesellschafter ist die (abspaltende) G** Ph** GmbH. Das Stammkapital beträgt € 35.000,--.
Die Spaltung soll gegen Gewährung von neuen Anteilen an die spaltende Gesellschaft erfolgen.

Trotz § 1 Abs 2 Z 2 SpaltG (Anteile der neuen oder übernehmenden Kapitalgesellschaft dürfen nur an die Anteilsinhaber der übertragenden Gesellschaft gewährt werden) sei es laut Kalss überlegenswert, auch eine Spaltung mit Anteilsgewährung (gemeint offensichtlich: an die abspaltende Gesellschaft) anzuerkennen, und zwar auch dann, wenn die übertragende Gesellschaft über keinen Anteil an sich selbst verfügt.

Mit dieser Sachverhaltsschilderung werde ich um Auskunft ersucht, ob ich diese „zutreffende und systemkonforme Rechtsauffassung“ teile. Hier folgt das Ergebnis meiner Überlegungen:

Eine Spaltung zur Aufnahme von der Mutter- auf die Tochtergesellschaft und von der Tochter- auf die Muttergesellschaft ist grundsätzlich zulässig (Kalss, Verschmelzung/Spaltung/Umwandlung² § 17 SpaltG Rz 11).

Bei der Spaltung zur Aufnahme gelten die Verschmelzungsregeln: Die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft sind mit Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft zu entgelten, eine andere Art der Entgeltleistung ist zulässig. Die Anteilsgewährung muss grundsätzlich gemäß § 17 unterbleiben, wenn die Voraussetzungen von § 224 Abs 1 AktG vorliegen.
Bei der Abspaltung können auch für eigene Anteile der übertragenden Gesellschaft Anteile gewährt werden, sofern die eigenen Anteile bei der übertragenden Gesellschaft bleiben. Die Anteilsinhaber können gemäß § 224 Abs 2 AktG auf Anteile der übernehmenden Gesellschaft verzichten (Kalss aaO, § 1 SpaltG Rz 10).

Bei der Gewährung von Anteilen müssen diese an die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft gewährt werden. Eine Anteilsgewährung an die übertragende Gesellschaft (Ausgliederung) ist nach dem SpaltG ebenso nicht vorgesehen wie die Anteilsgewährung an dritte Personen.
Die Gewährung von Anteilen an die übertragende Gesellschaft ist zulässig, wenn diese eigene Anteile besitzt. Mit einer nicht verhältniswahrenden Spaltung können diesfalls auch ausschließlich Anteile an die übertragende Gesellschaft gewährt werden. Soll die übertragende Gesellschaft die als Gegenleistung für das übertragene Vermögen gewährten Anteile erhalten, kann dies außerhalb des SpaltG durch eine Sachgründung erreicht werden, indem die übertragende Gesellschaft eine Tochtergesellschaft gründet und das zu übertragende Vermögen im Weg der Einzelrechtsnachfolge einbringt. Möglich ist aber auch die Bargründung einer Tochter mit nachfolgender Spaltung zur Aufnahme des zu übertragenden Vermögens auf die Tochter ohne Anteilsgewährung. Gemäß § 224 Abs 2 Z 1 AktG kann nämlich die Anteilsgewährung unterbleiben, wenn die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar im gleichen Verhältnis beteiligt sind. Die Bestimmung ist auch bei der Spaltung anzuwenden. Sie schafft nur ein Wahlrecht, dh die Anteilsgewährung kann nach Maßgabe der Regelung im Spaltungs- und Übernahmevertrag unterbleiben. Der Anwendungsbereich der Bestimmung ist bei der Spaltung weiter als bei der Verschmelzung, da bei der Abspaltung die übertragende Gesellschaft bestehen bleibt und daher auch bei der Down-Stream-Abspaltung von Vermögen zur Aufnahme auf die 100%-Tochter dieses Wahlrecht genutzt werden kann. Da die übertragende Gesellschaft bei dieser Gestaltung bereits an der übernehmenden beteiligt ist und sich an der Beteiligung infolge des Unterbleibens der Anteilsgewährung nichts ändert, wird damit wirtschaftlich dasselbe Ergebnis erzielt wie mit der Ausgliederung (Kalss aaO § 1 SpaltG Rz 11; § 17 SpaltG Rz 69).

Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass die ins Auge gefasste Maßnahme jedenfalls dann zulässig wäre, wenn die Abspaltung zur Aufnahme ohne die Gewährung von Anteilen und somit ohne Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft erfolgen würde. Dies ist aber offensichtlich nicht gewünscht.

Die spaltungsrechtliche Konzeption geht nach dem Gesetzeswortlaut und auch laut der eben geschilderten Lehrmeinung von Kalss davon aus, dass als Entgelt für die Übertragung des Vermögens der übertragenden Gesellschaft deren Gesellschafter gemäß § 1 Abs 2 SpaltG Anteile an der übernehmenden Gesellschaft erhalten (so ausdrücklich auch nochmals Kalss aaO § 17 SpaltG Rz 60 und Rz 62). Im Regelfall stellt die übernehmende Gesellschaft diese Anteile durch eine Kapitalerhöhung zur Verfügung. Zulässig ist auch die Abfindung mit Anteilen der übertragenden Gesellschaft an der übernehmenden Gesellschaft (Durchschleusung). Wird eine Kapitalerhöhung vorgenommen, gelten die Modifikationen gemäß § 223 Abs 1 AktG (Kalss aaO § 17 SpaltG Rz 61).

Allerdings kommt anders als bei der Verschmelzung und bei der Aufspaltung bei der Abspaltung grundsätzlich auch die übertragende Gesellschaft als Empfängerin der von der übernehmenden Gesellschaft ausgegebenen Anteile in Betracht. Nach dem Wortlaut von § 1 Abs 2 SpaltG ist dies dann möglich, wenn die übertragende Gesellschaft eigene Anteile besitzt; in diesem Fall erhielte sie die von der übernehmenden Gesellschaft gewährten Anteile in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der eigenen Gesellschaft (Kalss aaO § 17 SpaltG Rz 64).

Diese Variante kommt im Anlassfall aber nicht in Betracht, weil die G** Ph** GmbH keine eigenen Anteile hält.

Nach dem Gesetzeswortlaut steht also die soeben beschriebene Gestaltungsmöglichkeit der Gewährung von Anteilen an die übertragende Gesellschaft nur zur Verfügung, wenn die übertragende Gesellschaft mindestens einen eigenen Anteil besitzt. In Anbetracht der – vom Gesetzgeber eindeutig eingeräumten – Möglichkeit, durch eine down-stream-Abspaltung auf die 100%-Tochter ohne Anteilsgewährung im Ergebnis eine Ausgliederung zu erreichen, meint aber nun Kalss, dass es überlegenswert sei, auch eine Spaltung mit Anteilsgewährung anzuerkennen, und zwar auch dann, wenn die übertragende Gesellschaft über keinen Anteil an sich selbst verfügt (Kalss aaO § 17 SpaltG Rz 65).

Dieses „Überlegenswerte“ wird also damit begründet, dass der Gesetzgeber grundsätzlich eine Ausgliederung zulasse. Eine weitere Auseinandersetzung mit dem entgegenstehenden ausdrücklichen Gesetzeswortlaut erfolgt allerdings nicht. Außerdem hält - dem widersprechend - Kalss aaO zu § 1 SpaltG Rz 11 noch fest, dass eine Anteilsgewährung an die übertragende Gesellschaft (Ausgliederung) nach dem SpaltG nicht vorgesehen sei.

Ich würde demnach die Zulässigkeit der beabsichtigten Maßnahme verneinen und einen entsprechenden Eintragungsantrag abweisen, insbesondere auch aufgrund der Überlegung, diese Frage im Rechtsmittelweg durch übergeordnete Instanzen klären zu lassen, zumal – soweit mir ersichtlich – dazu keine Judikatur vorliegt.

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