15. Juni 2010

Eintragung der inländischen Zweigniederlassung einer US-amerikanischen Incorporation mit dem Sitz in Delaware

Zur Eintragung in das Firmenbuch wird die inländische Zweigniederlassung einer US-amerikanischen Incorporation, nämlich der E** R** E** Investment Inc. mit dem Sitz in Wilmington, Delaware, angemeldet.

Der anmeldende Alleinvorstand legt dazu die Gründungsurkunde der Incorporation, das Protokoll einer Vorstandssitzung der Incorporation, seine Musterzeichnung und eine Bestätigung einer US-amerikanischen Anwaltskanzlei, jeweils samt öffentlich beglaubigter Übersetzung, vor.

Laut diesen Unterlagen wurde die E** R** E** Investment Inc. mit Gesellschaftsvertrag vom 17.03.2010 in der Rechtsform einer "Incorporation" nach dem Recht des US-Bundesstaates Delaware gegründet.

Anhand dieser Anmeldung möchte ich im Folgenden aufzeigen, welche Aspekte bei der Anmeldung einer inländischen Zweigniederlassung durch eine Gesellschaft, die ihren Sitz nicht im Gemeinschaftsraum hat, zu beachten sind.

Gemäß § 254 AktG hat eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Ausland eine Zweigniederlassung im Inland durch ihren Vorstand zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Ob die ausländische Gesellschaft unter den Begriff Aktiengesellschaft fällt, bestimmt sich nach der rechtlichen Struktur der Gesellschaft. Ist die ausländische Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft, muss ihre Zuordnung geklärt werden, weil einander die Eintragungsmöglichkeiten nach § 254 AktG und nach den §§ 107, 112–114 GmbHG ausschließen. Einer inländischen AG wesensverwandt sind u.a. die Stock Corporations der US-amerikanischen Gliedstaaten (Jabornegg/Geist in Jabornegg/Strasser, AktG II § 254 Rz 16, 17).
Im vorliegenden Fall ist demnach gemäß § 254 AktG vorzugehen.

Gesellschaften, deren Sitz außerhalb des EWR liegt, haben gemäß § 254 Abs 2 AktG zwingend einen ständigen Vertreter mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland zu bestellen.
Dieser sowie die Vorstandsmitglieder haben bei Gericht eine Namensunterschrift zu hinterlegen. Dem Antrag sind die öffentlich beglaubigte Abschrift der Satzung der Gesellschaft sowie eine beglaubigte deutsche Übersetzung dieser Dokumente beizulegen. Da bei der Anmeldung das Bestehen des Rechtsträgers gemäß § 12 Abs 2 UGB nachzuweisen ist, sind die hierfür geeigneten Dokumente – zB Auszüge aus einem dem Firmenbuch vergleichbaren Register – beizulegen.

Bei Gesellschaften aus dem Nicht-EWR-Raum ist zudem die Unbedenklichkeitsbescheinigung gemäß § 160 Abs 2 BAO erforderlich.

Nach § 254 Abs 4 AktG sind in die Anmeldung auch die in § 10 Abs 3 (allfällige satzungsmäßige Festsetzung von Umwandlungsrechten für Namens- auf Inhaberaktien oder umgekehrt), § 17 (notwendiger Satzungsinhalt) und § 18 S 2 AktG (zusätzliche Bekanntmachungsblätter oder elektronische Medien) vorgesehenen Festsetzungen aufzunehmen.
Weitere Eintragungsgegenstände sind gemäß § 254 Abs 5 AktG neben den Angaben gemäß § 12 Abs 3 UGB auch jene nach §§ 32 AktG sowie §§ 3 und 5 FBG. Nach § 12 Abs 3 UGB müssen die Tätigkeit der Zweigniederlassung, das Personalstatut des Rechtsträgers, das Register, bei dem der Rechtsträger geführt wird, die Nummer der Eintragung und jene Personen, die für die inländische Zweigniederlassung vertretungsbefugt sind, eingetragen werden.

Im konkreten Fall legte der Antragsteller zwar eine öffentlich beglaubigte Übersetzung der Gründungsurkunde vor, die Gründungsurkunde im Original wurde aber lediglich als Fax-Ausdruck mit der Bestätigung eines notary public mit dem Sitz in Delaware vorgelegt. Abgesehen davon, dass ein bloßes Telefax keineswegs den Formerfordernissen entspricht, reicht auch eine bloße Bestätigung eines US notary public nicht aus.

Bei einer von einem notary public ausgestellten Bestätigung über die rechtliche Existenz einer Gesellschaft handelt es sich nämlich um eine Bestätigung, wie sie von jedermann abgegeben werden kann. Von einer notariellen Urkunde im österreichischen Sinn kann nicht einmal im Ansatz die Rede sein. Eine Bestätigung über die rechtliche Existenz der Incorporation ist aber unabdingbar.
In den USA werden die Gesellschaftsregister nicht von den Gerichten, sondern vom jeweiligen secretary of state des Bundesstaates, in dem sich der Sitz der Corporation befindet, geführt. Diese Behörden stellen auf Antrag ein „Certificate of good Standing and Legal Existence“ aus, mit dem die ordnungsgemäße Gründung der Gesellschaft nachgewiesen wird und aus der sich jene rechtlich relevanten Umstände ergeben, die für die Eintragung der angemeldeten Tatsachen erforderlich sind. Damit dieses Certificate den Beweiswert einer öffentlichen Urkunde aufweist, muss es von der zuständigen US-Behörde beglaubigt ausgestellt und mit einer Apostille versehen sein. Diese Urkunde bedarf dann darüber hinaus wiederum der beglaubigten Übersetzung ins Deutsche (Czernich in GesRZ 2002, 19 f).

Diesem Erfordernis müssen also sowohl der vorzulegende Gesellschaftsvertrag im Original als auch die erforderliche Bescheinigung über die rechtliche Existenz der Auslandsgesellschaft entsprechen.

Dazu kommt im vorliegenden Fall noch folgender Aspekt:
Aus dem vorliegenden „Telefaxvertrag" ergibt sich folgender Unternehmensgegenstand der Corporation:
„The purpose of the corporation is to engage in any lawful act or activity for which corporations may be organized under the general Corporation law of Delaware”

In dieser weitgehenden Fassung des Gegenstands sind demnach auch Bank- und Versicherungsgeschäfte intendiert, so dass entweder der Unternehmensgegenstand enger gefasst werden muss oder die entsprechenden behördlichen Genehmigungen der Bank-, Wertpapier- und Versicherungsaufsichtsbehörden vorgelegt werden müssen.

Bei der Eintragung einer inländischen Zweigniederlassung eines ausländischen Rechtsträgers hat die anmeldende Gesellschaft zudem nachzuweisen, dass die konkrete Zweigniederlassung im Inland tatsächlich bereits errichtet ist. Darunter ist nicht zu verstehen, dass die für den tatsächlichen Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung erforderlichen Einrichtungen zur Gänze bereits vorhanden sein müssen. Wohl aber müssen räumliche und organisatorische Vorkehrungen getroffen sein, die Rückschlüsse darauf zulassen, dass tatsächlich eine Betriebsstätte geschaffen wird, die einen fortlaufenden (nicht nur gelegentlichen) und weitgehend verselbständigten Geschäftsbetrieb im Sinn des Unternehmenszwecks ermöglicht (OGH 6 Ob 43/04y, 44/04w).

Im konkreten Fall wird der Antragsteller daher noch folgende Nachweise vorzulegen haben:
  • ‘Certificate of good Standing and Legal Existence’ des secretary of state des US-Bundesstaats Delaware samt Apostille, aus der die Existenz der Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis der einzelnen Organe hervorgehen muss mit beglaubigter Übersetzung in die deutsche Sprache
  • Original-Gründungsurkunde oder beglaubigte Abschrift, wobei Letztere ebenfalls den soeben genannten Formkriterien entsprechen muss
  • Unbedenklichkeitsbescheinigung des inländischen Finanzamtes hinsichtlich der Zweigniederlassung
  • Nachweis über die tatsächlichen Errichtung der inländischen Zweigniederlassung (beispielsweise durch Mietvertrag, behördliche Bestätigungen)
  • Anpassung des Unternehmensgegenstandes oder Genehmigungsbescheid der Finanzmarktaufsicht

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