27. November 2012

Übersendungsverpflichtung von deutschen Registerakten gem § 122k Abs 4 dUmwG

Am 11.10.2012 wurde im Firmenbuch des Landesgerichts Innsbruck auf Grundlage eines Verschmelzungsplans vom 29.8.2012 und eines Generalversammlungsbeschlusses vom selben Tag die grenzüberschreitende Verschmelzung der A** S** GmbH mit dem Sitz in Braunschweig (Deutschland), HRB *** Amtsgericht Braunschweig, als übertragende Gesellschaft mit der T** GmbH mit dem Sitz in Innsbruck als übernehmende Gesellschaft eingetragen.

Noch am selben Tag wurde dem Amtsgericht Braunschweig die Mitteilung gem § 15 Abs 4 EU-VerschG übersandt, wonach die entsprechende Eintragung im Firmenbuch erfolgt und damit die Verschmelzung der beiden Gesellschaften wirksam geworden ist.

Nunmehr langte folgende Anfrage des deutschen Registergerichtes beim Firmenbuchgericht ein:

Gemäß Ihrer Mitteilung nach § 15 Abs 4 EU-VerschG ist die Verschmelzung der A** S** GmbH als übertragendem Rechtsträger mit der T** GmbH als übernehmendem Rechtsträger wirksam geworden.

Das Registerblatt der A** S** GmbH wurde daraufhin geschlossen, die hier elektronisch eingegangenen Dokumente können jedoch weiterhin von Dritten beauskunftet werden. Gemäß § 122 k Abs 4 des deutschen Umwandlungsgesetzes hat das Gericht des Sitzes der übertragenden Gesellschaft die bei ihm aufbewahrten elektronischen Dokumente dem Register der übernehmenden Gesellschaft zu übermitteln.

Ich bitte um Mitteilung, ob eine Übermittlung sämtlicher hier vorhandenen Dokumente aus dortiger Sicht tatsächlich gewünscht ist. Falls ja bitte ich weiter um Mitteilung, ob die Übermittlung auch in Papierform durch Übersendung entsprechender Ausdrucke erfolgen kann.

Mit diesem Aspekt bin ich das erste Mal konfrontiert, bislang wurden mir bei Importverschmelzungen mit deutscher Beteiligung Registerdokumente weder in elektronischer noch in Papierform übermittelt. Nun sieht § 122k Abs 4 dUmwG tatsächlich vor, dass das deutsche Registergericht nach Eingang der Wirksamkeitsmitteilung die bei ihm aufbewahrten elektronischen Unterlagen dem ausländischen Register zu übermitteln hat. Eine solche Übersendung wird von der Richtlinie nicht gefordert und wurde offenbar nur vom deutschen Gesetzgeber in dieser Form vorgesehen. Das österreichische EU-VerschG kennt eine derartige Verpflichtung für seine Exportverschmelzungsfälle jedenfalls nicht.

Für die innerösterreichische Verschmelzung normiert § 120 Abs 7 JN die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes, in dessen Sprengel die übernehmende Gesellschaft ihren Sitz hat. In diesen Fällen übermittelt also das Gericht der übertragenden Gesellschaft den gesamten Firmenbuchakt zuständigkeitshalber an das Gericht der übernehmenden Gesellschaft. Auf grenzüberschreitende Verschmelzungen findet diese Zuständigkeitsregelung naturgemäß keine Anwendung.

Im Gesetzwerdungsprozess in Deutschland stand diese Übersendungsverpflichtung in Diskussion. So wurde darauf aufmerksam gemacht, dass eine solche Übersendung an ausländische Stellen noch ohne Vorbild sei und dass sie von der Richtlinie auch nicht gefordert werde. Es sei daher denkbar, dass im Mitgliedstaat des Sitzes der übernehmenden Gesellschaft eine solche Aktenübersendung nicht vorgesehen sei und dementsprechend die hiesige Gerichtsakte dort nicht als solche in Empfang genommen werde. Es sei darüber hinaus nicht sichergestellt, dass in dem anderen Mitgliedstaat überhaupt eine Annahmestelle für elektronische Dokumente existiere. Deshalb sei im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, wie sichergestellt werden könne, dass das Registergericht seiner Verpflichtung zur Übersendung der bei ihm aufbewahrten elektronischen Dokumente nachkommen könne.

Nach Vossius in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht § 122k UmwG, Rz 68, geht die Pflicht zur Übermittlung vorhandener elektronischer Dokumente weit über die derzeitigen technischen Möglichkeiten hinaus. Bis zur Schaffung der entsprechenden technischen Voraussetzungen sei die Übersendung einer beglaubigten Abschrift des Sonderbandes der Registerakten in Papierform ausreichend (Götze/Arnold in Frotz/Kaufmann, Deutschland, FN 162 zu Rz 63).

Es handelt sich daher insgesamt nicht so sehr um ein rechtliches Problem, sondern um eine Frage der technischen Umsetzung.

Meine Antwort an das anfragende deutsche Registergericht kann nur dahin lauten, dass es nicht in meiner Dispositionsbefugnis steht, ob ich die Übermittlung vorhandener Dokumente tatsächlich wünsche. Mir steht es weder zu noch kommt es mir in den Sinn, einem deutschen Entscheidungsorgan mitzuteilen, dass ich eine gesetzliche Regelung des deutschen Rechtes für unnötig halte und auf deren Anwendung verzichte.

Will das deutsche Registergericht allerdings dieser Verpflichtung nachkommen, wäre von Seiten des österreichischen Firmenbuchgerichtes wohl die Mitteilung erforderlich, wie dieser elektronische Dokumentenaustausch ablaufen kann.

Bekanntermaßen hat Österreich kein Problem, eine Annahmestelle für elektronische Dokumente anzubieten, werden doch seit Jahren sowohl Hauptbuch als auch Urkundensammlung nur mehr elektronisch geführt. Auch der Datenverkehr zwischen Gerichten und Antragsteller hat – mit wenigen Ausnahmen – auf Grundlage der ERV 2006 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs zu erfolgen.

Dieser elektronischer Rechtsverkehr setzt allerdings voraus, dass sich der Einbringer einer Übermittlungsstelle iSd § 3 ERV bedient. Einem deutschen Registergericht steht dieser Weg nicht offen bzw wird man ihm diesen Weg nicht vorschreiben können. Meines Wissens gibt es auch auf zwischenstaatlicher Ebene keine entsprechenden Stellen und Einrichtungen, die eine Übermittlung samt nachfolgender Weiterleitung an das zuständige Firmenbuchgericht ermöglichen.

Nachdem es offenkundig keine Richtlinienvorgabe gibt, wird auch keine innerstaatliche Verpflichtung bestehen, dafür Vorsorge zu treffen. Insoweit bleibt es daher ein Problem für das deutsche Registergericht, seine innerstaatliche Norm umzusetzen.

Aus meiner Sicht wäre es absurd, dies im Wege der Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Registerakten in Papierform vorzunehmen. Ich würde kein Problem darin sehen, dem deutschen Registergericht die Möglichkeit der Übermittlung der elektronischen Dokumente per e-Mail durch Bekanntgabe der entsprechenden Adresse des zuständigen österreichischen Firmenbuchgerichtes anzubieten. § 5 ERV sieht unter bestimmten Voraussetzungen die Übermittlung von Eingaben und Erledigungen als PDF-Anhang vor, woran sich zeigt, dass ein derartiges Format nicht per se verpönt ist. Nach österreichischen Recht besteht keine Verpflichtung, dass dem Firmenbuchgericht die Registerakten des ausländischen (untergegangenen) Rechtsträgers zu übersenden sind, sodass eine allfällige Übermittlung durch das ausländische Registergericht bloß ein Mehr an Information und Publizität für den österreichischen Rechtsanwender mit sich bringt. Dagegen ist nichts einzuwenden, sodass ich bei mir einlangende Urkunden im Firmenbuchakt der übernehmenden Gesellschaft erfassen und in die dortige Urkundensammlung aufnehmen würde.

Ich wäre sehr interessiert daran, ob es diesbezüglich bereits Praxiserfahrungen gibt. Kommentierungen sind daher äußerst willkommen.

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