19. November 2012

Kann dieser Ausschlussgrund iSd § 25 Abs 5 AktG übersehen werden?


Im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck ist zu FN ** die K** N** N** GmbH mit einem zur Gänze einbezahlten Stammkapital von € 35.000 eingetragen.

Im Firmenbuch des Landesgerichtes ** ist zu FN ** die K** N** N** GmbH & Co KG eingetragen; deren Komplementärin ist die K** N** N** GmbH, an dieser Kommanditgesellschaft sind 32 Kommanditisten beteiligt.

Mit der am *** eingelangten Firmenbuchanmeldung begehrte der Geschäftsführer der K** N** N** GmbH die Bestellung eines Sacheinlagenprüfers gem §§ 52 Abs 6, 6a Abs 4 GmbHG und brachte dafür die X** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH in Vorschlag. Er führte aus, dass die K** N** N** GmbH beabsichtige, das Stammkapital zu erhöhen, wobei der Erhöhungsbetrag zur Gänze mit Sacheinlagen geleistet werden solle. Der geschäftsführende Hauptgesellschafter der vorgeschlagenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verfüge über die erforderliche Qualifikation iSd § 25 Abs 4 AktG und habe sich bereit erklärt, die Sacheinlagenprüfung durchzuführen. Gegen die vorgeschlagene Gesellschaft und deren geschäftsführenden Hauptgesellschafter liege kein Ausschließungsgrund gem § 25 Abs 5 AktG vor.

Mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom *** wurde die vorgeschlagene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Sacheinlagenprüferin bestellt. Dieser Beschluss ist seit *** rechtskräftig.

Am *** wurde beim Firmenbuchgericht durch den Geschäftsführer der K** N** N** GmbH die Anmeldung zur Eintragung der Kapitalerhöhung um € *** aufgrund des Generalversammlungsbeschlusses vom *** samt Änderung des Gesellschaftsvertrages in verschiedenen Punkten überreicht.

In der genannten Generalversammlung sei die angemeldete Kapitalerhöhung samt gleichzeitiger Änderung des Gesellschaftsvertrages in den genannten Punkten beschlossen worden, wobei die Aufbringung des gesamten Kapitalerhöhungsbetrages durch Einbringung von Kommanditgesellschaftsanteilen an der K** N** N** GmbH & Co KG durch insgesamt 29 Gesellschafter dieser Kommanditgesellschaft auf Grundlage eines Einbringungsvertrages vom *** erfolgt sei. Die 29 Gesellschafter der K** N** N** GmbH & Co KG seien zur Kapitalerhöhung in der K** N** N** GmbH zugelassen worden und hätten die ihnen zukommenden Geschäftsanteile übernommen.

Vorgelegt wurden das Generalversammlungsprotokoll, die Prüfberichte der beitretenden Gesellschafter zum Hergang der Kapitalerhöhung, der Prüfbericht des Geschäftsführers der K** N** N** GmbH, der Einbringungsvertrag, die Übernahms- und Beitrittserklärungen, die aktuelle Fassung des Gesellschaftsvertrages und der Prüfbericht der gerichtlich bestellten Sacheinlagenprüferin.

Geschäftsführender Hauptgesellschafter der bestellten Sacheinlagenprüferin ist Dr. N** N**.

Dr. N** N** ist gleichzeitig Gesellschafter der K** N** N** GmbH & Co KG und hat im Zuge der beschlossenen Kapitalerhöhung seinen Kommanditgesellschaftsanteil in die K** N** N** GmbH gegen Gewährung einer Stammeinlage von € *** eingebracht (!!).

Der vorgelegte Prüfbericht der bestellten Sacheinlagenprüferin wurde von Dr. N** N** als Geschäftsführer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellt und unterfertigt. Im Bestätigungsvermerk wird ausgeführt, dass die gemäß Sacheinlagevertrag in die K** N** N** GmbH einzubringenden Mitunternehmeranteile sowie Gesellschaftsanteile sowohl zum Einbringungsstichtag wie zum Abschluss des Einbringungsvertrages einen positiven Verkehrswert aufweisen und der Wert der eingebrachten Sacheinlagen (Gesellschaftsanteile) den Wert der Kapitalerhöhung von € *** erreicht.

In einer Zwischenerledigung vom *** wurde der Antragstellerin – neben anderen, für diese Entscheidung nicht relevanten Punkten – Folgendes mitgeteilt:

Mit dem am 20.8.2012 eingereichten Antrag wurde um Bestellung der X** Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH ersucht. Im Antrag wurde ausgeführt, dass gegen die vorgeschlagene Gesellschaft und deren geschäftsführenden Hauptgesellschafter Dr. N** N** kein Ausschließungsgrund gem § 25 Abs 5 AktG vorliege.

Die vorgeschlagene Gesellschaft wurde daraufhin mit Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom *** zur Sacheinlagenprüferin gem § 52 Abs 6 GmbHG bestellt.

Geschäftsführender Hauptgesellschafter dieser GmbH ist Dr. N** N**; dieser hat auch den vorgelegten Prüfbericht erstellt.

Im Zuge der Prüfung der beantragten Eintragungstatsachen zeigt sich nun, dass Dr. N** N** einbringender Gesellschafter der K** N** N** GmbH & Co KG ist und somit zur Übernahme der Kapitalerhöhung bei der K** N** N** GmbH zugelassen ist.

Wie es vor diesem Hintergrund einerseits zur eingangs geschilderten Erklärung im Antrag auf Bestellung eines Sacheinlagenprüfers und andererseits zur Durchführung der Sacheinlagenprüfung durch die genannte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in persona des genannten Geschäftsführers kommen konnte, ist dem Firmenbuchgericht nicht nachvollziehbar. Es sei auf § 25 Abs 5 AktG und auf § 271 Abs 4 iVm Abs 2 Z 1 UGB hingewiesen.

Dazu nahm die Gesellschaft wie folgt Stellung:

Anlässlich der Verfassung und Absendung des Antrags auf Bestellung eines Sacheinlagenprüfers sei noch nicht festgestanden, welche Gesellschafter der Kommanditgesellschaft ihre Gesellschaftsanteile in die GmbH einbringen. Die entsprechende Erklärung sei den Gesellschaftern freigestellt worden, weshalb noch kein Ausschlussproblem für den Gründungsprüfer bestanden habe. Die vorgeschlagene Prüfungsgesellschaft hätte für mehrere Gesellschaften bisher Jahresabschlussprüfungen, aber auch Gründungsprüfungen durchgeführt, sodass es naheliegend gewesen sei, diese wieder zu bestellen. Anlässlich der nachfolgenden Mitteilung des Dr. N** N**, dass auch er seinen Anteil in die GmbH einbringe, sei übersehen worden, das Thema des Ausschlusses nach § 25 Abs 5 AktG anzusprechen und abzuklären. Für dieses Versehen werde um Entschuldigung gebeten.

Vorgelegt wurde darüber hinaus eine Stellungnahme des Dr. N** N**, die wie folgt lautet:

Im Beschluss des Firmenbuchgerichtes vom *** wird gegen die bestellte Sacheinlagenprüferin der Ausschlussgrund des § 25 Abs 5 AktG geltend gemacht, da es sich beim Geschäftsführer der angeführten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft um einen „Gründer“ handeln soll, der von der Sacheinlageprüfung in diesem Fall ausgeschlossen sein soll.

Dazu ist anzumerken, dass sich die Bestellung als Sacheinlageprüferin ausschließlich auf die K** N** N** GmbH bezieht, an der Dr. N** N** nicht beteiligt war (!!!). Als „Gründer“ werden im oben angeführten Beschluss die Gesellschafter zum Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses bezeichnet.

Diese Auslegung ist anders als bei der AG, wo zwischen „Gründern“ und „Zeichnern“ (neu hinzutretende Gesellschafter) unterschieden wird.

Da ja die Bestimmungen des AktG gemäß § 6a GmbHG sinngemäß anzuwenden sind, müsste wohl auch hier die analoge Auslegung zum AktG greifen.

Jedenfalls war der Geschäftsführer der Sacheinlageprüferin im Zeitpunkt der Bestellung kein Gründer im Sinne des § 25 Abs 5 AktG, wodurch sich auch kein Ausschließungsgrund ergibt. Es ist daher auch kein Ausschließungsgrund gemäß § 271 Abs 4 iVm Abs 2 Z 1 UGB gegeben, da Dr. N** N** jedenfalls in diesem Zeitpunkt keine Anteile an der K** N** N** GmbH besessen hat.

Ob dieser Argumentation steht mir der Mund immer noch offen. Ich bleibe sachlich und habe folgende rechtliche Konsequenzen gezogen:

Gem § 52 Abs 6 GmbHG sind die §§ 6, 6a, 10 und 10a auf die Erhöhung des Stammkapitals sinngemäß anzuwenden. Gem § 6a Abs 4 GmbHG muss bei reinen Sacheinlagen – es sei denn, es liegen die Voraussetzungen gem § 6a Abs 2 und 3 vor - den aktienrechtlichen Vorschriften über die Gründung mit Sacheinlagen entsprochen werden; in diesem Fall sind die §§ 20, 24 bis 27, 29 Abs 2 und 4, §§ 39 bis 44 sowie § 25 Abs 4 AktG unter Bedachtnahme auf § 271 Abs 2 - 4 UGB sinngemäß anzuwenden.

Die sinngemäße Anwendung kann nur bedeuten, dass die Gesellschafter, die zur Kapitalerhöhung zugelassen werden, „Gründer“ iSd § 24 Abs 1 AktG sind. Demgemäß haben die neu beitretenden Gesellschafter ja auch Prüfberichte über den Hergang der Kapitalerhöhung durchgeführt und diese mit der Anmeldung vorgelegt. Einen solchen „Gründungsbericht“ hat im übrigen auch der Gesellschafter Dr. N** N** erstellt. Es ist daher nicht nachvollziehbar, was er als Geschäftsführer der Sacheinlagenprüferin mit seiner Argumentation der Unterscheidung zwischen „Gründern“ und „Zeichnern“ meint und ausdrücken will.

Gem § 25 Abs 5 AktG dürfen Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie Angestellte der Gesellschaft nicht als Gründungsprüfer bestellt werden; gleiches gilt für Personen und Prüfungsgesellschaften, auf deren Geschäftsführung die Gründer oder Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, oder die Gesellschaft maßgebenden Einfluss haben. Im übrigen gelten die §§ 271 und 271a UGB sinngemäß.

Gem § 271 Abs 2 Z 1 UGB ist ein Wirtschaftsprüfer als Abschlussprüfer ausgeschlossen, wenn er Anteile an der zu prüfenden Gesellschaft besitzt. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist gemäß § 271 Abs 4 UGB von der Abschlussprüfung ausgeschlossen, wenn sie selbst, einer ihrer gesetzlichen Vertreter, ein Gesellschafter, ein mit ihr verbundenes Unternehmen oder eine von ihr bei der Prüfung beschäftigte Person nach Abs 2 Z 1 ausgeschlossen ist.

Wiederum kann die sinngemäße Anwendung in diesem Kontext nur bedeuten, dass ein Gesellschafter, der zur Kapitalerhöhung in der die Kapitalerhöhung durchführenden GmbH zugelassen ist, sowohl „Gründer“ iSd § 25 Abs 5 AktG als auch „Anteilsinhaber“ iSd § 271 Abs 2 Z 1 UGB ist.

Die in § 25 Abs 5 AktG festgelegten Bestellungsverbote gelten absolut, aber nicht abschließend. Das Firmenbuchgericht hätte auch anderen Befangenheitsgründen Beachtung zu schenken. Außerdem müssen abgesehen von der Bestimmung des § 25 Abs 5 Wirtschaftsprüfer schon aufgrund ihrer Standesregeln Prüfungsaufträge bei Gefahr der Befangenheit ablehnen (Heidinger/Schneider in Jabornegg/Strasser, AktG § 25 Rz 17 und 18).

Zwar ist die Bestellung einer Person zum Gründungsprüfer, die nicht den Erfordernissen des § 25 Abs 5 entspricht, grundsätzlich rechtswirksam, das Firmenbuchgericht ist allerdings befugt, die Entscheidung auf Antrag bzw von Amts wegen abzuändern. Dies ist selbst im Fall des Vorliegens von nova reperta möglich, also wenn der Grund für die Abberufung auf Tatsachen beruht, die schon im Zeitpunkt der Bestellung des Gründungsprüfers bestanden haben. Auch die materielle Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses steht dem nicht entgegen (Heidinger/Schneider aaO, Rz 19).

Es ist daher evident und zwingend, den erst im Zuge der Anmeldung zur Eintragung der Kapitalerhöhung sichtbar gewordenen Ausschlussgrund in der Person des geschäftsführenden Hauptgesellschafters der bestellten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufzugreifen, diese als Prüferin zu entheben und einen neuen Sacheinlagenprüfer zu bestellen.

Diesen Fall nehme ich zum Anlass, in meinem Zuständigkeitsbereich ab sofort bei der gerichtlichen Bestellung von Prüfern aller Art keine Vorschläge von Antragstellern mehr zu akzeptieren. Einschlägige Erfahrungen habe ich bereits im Beitrag vom 11. April 2012 geschildert. Die offensichtliche Unfähigkeit, Tragweite und Relevanz gesetzlich geregelter Ausschluss- und Befangenheitsgründe zu erkennen, wird in der oben geschilderten Stellungnahme mehr als deutlich. Verdachtsmomente, dass das diesbezügliche Bewusstsein auch in anderen Konstellationen nicht besonders ausgeprägt ist, sind mir schon mehrfach begegnet. Zu verhindern wird das nur dadurch sein, dass das bestellende Gericht die Auswahl ohne Berücksichtigung von Vorschlägen der involvierten Beteiligten trifft.
(Das gilt natürlich nicht für Fälle, in denen – wie regelmäßig in Stiftungsurkunden von Privatstiftungen - aufgrund der Organisationsverfassung ein Vorschlagsrecht verankert ist).

Abgesehen davon wird in concreto der Enthebungsbeschluss an die Kammer für Wirtschaftstreuhänder zur standesrechtlichen Beurteilung des Vorgehens des geschäftsführenden Hauptgesellschafters der abberufenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft übermittelt.

Keine Kommentare: