12. April 2012

Zum positiven Verkehrswert bei einer errichtenden Umwandlung auf eine GmbH & Co KG (OLG Innsbruck 3 R 34/12t, 3 R 35/12i)


In meinem Beitrag vom 7.2.2012 habe ich eine errichtende Umwandlung auf eine GmbH & Co KG geschildert und begründet, warum die Eintragung dieser neuen KG einen positiven Verkehrswert der umzuwandelnden Kapitalgesellschaft zur Voraussetzung haben muss. Dies ergebe sich konsequenterweise aus der Entscheidung 2 Ob 225/07p, in der der OGH die analoge Anwendung der §§ 82 f GmbHG auf eine KG, bei der kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, bejaht habe. Danach seien die Kapitalerhaltungsnormen auf die GmbH & Co KG anzuwenden, was wohl auch für die Kapitalaufbringungsregeln gelten müsse.

Daran ändere auch die Entscheidung 6 Ob 235/07p, 6 Ob 236/07k nichts, in der das Höchstgericht festgehalten habe, dass ein Umgründungsvorgang nicht zwingend zur Verbesserung der Situation der Gläubiger führen müsse, weil es keinen allgemeinen Grundsatz im handelsrechtlichen Umgründungsrecht gebe, dass überschuldete Gesellschaften nicht übertragen oder eingebracht werden könnten.

Ich kam zum Schluss, dass die Ausführungen in 6 Ob 235/07p bezüglich eines nicht notwendigerweise vorliegenden positiven Verkehrswertes der übertragenden Gesellschaft vor dem Hintergrund von 2 Ob 225/07p insoweit zu relativieren seien, als dies nur dann gelte, wenn die errichtete Personengesellschaft keine GmbH & Co KG im engeren Sinne sei.

Meine abweisende Entscheidung auf Eintragung dieser Umwandlung wurde (erfreulicherweise) bekämpft, nunmehr liegt der Beschluss des OLG Innsbruck vor, der – zu meinem Bedauern – nicht konkret auf meine Argumentation eingeht, dem Rekurs aber Folge gab (OLG Innsbruck 20.03.2012, 3 R 34/12t, 3 R 35/12i).

Hier die wesentlichen Aussagen dieser Rekursentscheidung:

Das Erstgericht ging in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon aus, dass ein Umgründungsvorgang nicht zwingend zur Verbesserung der Situation der Gläubiger führen muss. Wie der firmenbuchrechtliche Senat des OGH in den auch vom Erstgericht zitierten

Entscheidungen 6 Ob 236/07k, 6 Ob 235/07p ausführlich dargelegt hat, ergibt sich dies schon aus dem auch im Umwandlungsrecht anwendbaren § 5 Abs 4 iVm § 2 Abs 3 UmwG (§ 226 AktG): Diese Bestimmung räumt nach einer (zulässigerweise) durchgeführten Umwandlung den Gläubigern im Fall einer Verschlechterung ihrer Position durch die Umwandlung Sicherstellungsansprüche ein. Ginge der Gesetzgeber von vornherein davon aus, dass die Umwandlung stets zu einer Verbesserung der Situation der Gläubiger führen müsste, wäre dieser Verweis des § 5 Abs 5 UmwG auf § 226 AktG überflüssig (M. Fellner, Vermögensbindung bei der Verschmelzung, NZ 2000, 225 [229]; G. Nowotny, Umgründungsrecht wohin? oder Der Hilferuf eines Firmenbuchrichters, ecolex 2000, 116 [117 ab FN 10]; OLG Wien 28 R 111/04f, 112/04b, ecolex 2005, 772; 28 R 409/03b, GesRZ 2004, 78; Reich-Rohrwig Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG [2004] 315; Saurer Anmerkung zu OGH 11.11.1999, 6 Ob 4/99b – Down-stream-merger, AnwBl 2001, 78 nach FN 9; Schörghofer Umwandlung einer Kapitalgesellschaft unter gleichzeitiger Errichtung einer KG, GesRZ 2009, 177 [EBespr 6 Ob 267/08w, GesRZ 2009, 176]: etwas unklar aber tendenziell ebenso 179 Pkt 2.2. letzter Absatz; Umlauft GesRZ 2008, 104 [EBespr 6 Ob 235/07p, 6 Ob 236/07k, GesRZ 2008, 100]). Aus der Umwandlung darf nur kein insolvenzreifes Gebilde hervorgehen (G. Nowotny ecolex 2000, 118 FN 20; Umlauft aaO; OLG Wien 28 R 111/04f). Dies ist hier aber keineswegs zu befürchten.

Völlig richtig ist auch der Standpunkt des Erstgerichts, wonach der firmenbuchrechtliche Senat des OGH in den beiden bereits zitierten Entscheidungen konkret offen ließ, ob ein negatives Eigenkapital der - wie hier - errichtenden Umwandlung einer GmbH (die aufgelöst und gelöscht werden sollte) in eine KG (6 Ob 236/07k) oder einer GmbH (die aufgelöst und gelöscht werden sollte) in eine GmbH & Co KG (6 Ob 235/07p) entgegenstand, weil sich bereits aus anderen Gründen eindeutig die Unzulässigkeit der Umwandlung ergab und daher die unterinstanzlichen Entscheidungen daher bereits aus anderen Gründen zu bestätigen waren. Nichts anderes ergibt sich aus der authentischen Auslegung dieser beiden firmenbuchrechtlichen Entscheidungen durch eine weitere auch bereits vom Erstgericht zitierte E des firmenbuchrechtlichen Senats in 6 Ob 267/08w (ua GesRZ 2009, 176 [Schörghofer]).

Allerdings ist den beiden bereits zitierten Entscheidungen des firmenbuchrechtlichen Senats des OGH 6 Ob 236/07k und 6 Ob 235/07p durchaus eine erkennbare Tendenz zu entnehmen: Der firmenbuchrechtliche Senat des OGH hat dort ausgesprochen, dass im unternehmensrechtlichen Umgründungsrecht kein allgemeiner Grundsatz besteht, wonach überschuldete Gesellschaften nicht übertragen oder eingebracht werden könnten. Der firmenbuchrechtliche Senat folgte insoweit im Ergebnis den bereits zitierten firmenbuchrechtlichen Entscheidungen des OLG Wien 28 R 111/04f, 112/04b und 28 R 409/03b. Sowohl das unternehmensrechtliche Verschmelzungsrecht (§§ 219 ff AktG) als auch das hier anwendbare unternehmensrechtliche Umwandlungsrecht (UmwG) enthalten zahlreiche und sehr detaillierte Regelungen formeller und materieller Natur, wie und unter welchen besonderen Voraussetzungen die betreffende Umgründung durchgeführt werden kann. Weder für die Verschmelzung noch für die hier interessierende Umwandlung statuiert der Gesetzgeber, dass die übertragende Gesellschaft einen positiven Wert haben müsste. Dies ist lediglich im Spaltungsrecht in § 3 Abs 4 SpaltG für die Spaltung zur Neugründung explizit vorgesehen. Wenn der Gesetzgeber, der das gesamte handelsrechtliche Umgründungsrecht mit dem EUGesRÄG 1996, BGBl 1996/304, umfassend neu geregelt hat, bei Verschmelzung und Umwandlung keine Pflicht statuiert hat, dass die übertragende Gesellschaft einen positiven Wert haben müsse, im Spaltungsrecht jedoch schon, spricht dies eher für einen Umkehrschluss, dass im Verschmelzungs- und Umwandlungsrecht ein derartiges Erfordernis eben nicht besteht (im Ergebnis ebenso: Ch. Nowotny Die GmbH & Co KG auf dem Weg zur Kapitalgesellschaft, RdW 2009/284, 326 [331R]).

Mit dem vom Erstgericht thematisierten Problem, dass eine negative Schlussbilanz mit dem analog anwendbaren Kapitalaufbringungsgebot des Kapitalgesellschaftsrechts konfligiere, hat sich - soweit für den Rekurssenat überblickbar - vor allem G. Nowotny in seiner bereits zitierten Abhandlung „Umgründungsrecht wohin? oder Der Hilferuf eines Firmenbuchrichters, ecolex 2000, 116“ auseinandergesetzt: Er zeigt dort am Beispiel einer Verschmelzung auf, dass Auswirkungen auf den Bonitätsgrad und damit die Gläubigerstellung der beiden verschmolzenen Gesellschaften rein rechnerisch immer gegeben sind, weil eine der beiden Gesellschaften rechnerisch schlechter bilanziert und daher eine schlechtere Bonität aufweist als die andere. Auch wenn konkret keine beteiligte Gesellschaft überschuldet ist, sind die Gläubiger der besser bewerteten Gesellschaft durch die Verschmelzung negativ betroffen. Dennoch steht das Verschmelzen zweier unterschiedlich gut bewerteter Gesellschaften mit unterschiedlichem Bonitätsgrad der Verschmelzung keinesfalls entgegen (G. Nowotny bei FN 18). Umgekehrt kann die Verschmelzung selbst mit einer insolventen Gesellschaft für die Gläubiger der anderen dann ohne Auswirkungen bleiben, wenn ihre Aktiva die Passiva der anderen betragsmäßig bei weitem aufzehren (G. Nowotny bei FN 19). Durch die hier intendierte errichtende Umwandlung der r**2 GmbH in die r** GmbH & Co KG wird aber - wie im Rekurs zutreffend aufgezeigt wird - nur die Rechtspersönlichkeit der r**2 GmbH geändert, während ihre wirtschaftliche Bonität vollkommen gleich bleibt. Inwieweit daher die vorliegende errichtende Umwandlung am negativen Buchwert der r**2 GmbH die Gläubiger der r**2 GmbH schädigen könnte, ist somit nicht einzusehen. Zu einer Verbesserung der Bonität kann die errichtende Umwandlung zwar - zB infolge Synergieeffekten - durchaus führen (Umlauft GesRZ 2008, 104 Pkt 2.1.; OLG Wien 28 R 409/03b), dies ist aber wie von G. Nowotny anhand der Verschmelzung aufgezeigt wird nicht zwingend. Die Forderung des Erstgerichts würde im vorliegenden Fall darauf hinauslaufen, dass durch die errichtende Umwandlung die Bonität der r** GmbH & Co KG besser sein müsste, als die Bonität der r**2 GmbH. Eine Modifikation der Ansicht von G. Nowotny ergibt sich auch nicht aus seiner jüngeren Veröffentlichung „Gründungsprüfung bei Umwandlung einer GmbH in eine AG - Replik zu Foglar-Deinhardstein GES 2011/1, 10“ in GES 2011/8, 386: Denn dort wird nur für den Rechtsformwechsel von der GmbH zur AG wegen der gemäß § 247 AktG erforderlichen Gründungsprüfung die Werthaltigkeitsprüfung des Vermögens der umzuwandelnden GmbH im Zeitpunkt der Anmeldung der Umwandlung zur Eintragung in das Firmenbuch als Zulässigkeitsvoraussetzung der Eintragung verlangt, nicht aber für die Umwandlung einer AG in eine GmbH (GES 2011, 389 Pkt 2. nach FN 22 und Pkt 3. FN 23).

Meine Anmerkungen dazu:

Eine Klärung der sich aus 2 Ob 225/07p für eine errichtende Umwandlung auf eine kapitalistische Personengesellschaft ergebenden Fragen ist mit dieser Rekursentscheidung nicht erfolgt. Natürlich sind die Ausführungen des Rekursgerichtes völlig richtig, dass Ergebnis der Umwandlung nur eine Änderung der Rechtspersönlichkeit der umgewandelten GmbH unter Beibehaltung der bisherigen wirtschaftlichen Bonität ist, woraus sich auch keine Schädigung der Gläubiger der umgewandelten GmbH ergeben kann. Die Gläubiger stehen nach der Eintragung der Umwandlung natürlich gleich da wie vorher. Es verlangt auch niemand, dass eine Umwandlung eine Besserstellung dieser Gläubiger herbeiführen muss.

Richtig ist, dass eine Konsequenz meiner Argumentation darauf hinausläuft, dass im konkreten Fall durch die errichtende Umwandlung die Bonität der r** GmbH & Co KG besser sein müsste als die Bonität der r**2 GmbH. Entgegen der mir in der Rekursentscheidung offenkundig unterstellten Ansicht habe ich diese Bonitätsverbesserung aber nicht mit dem Schutz der Gläubiger der umgewandelten Kapitalgesellschaft begründet, sondern mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung bei der neu errichteten GmbH & Co KG. Diese wäre nämlich – sollten die Kapitalaufbringungsregeln des Kapitalgesellschaftsrechts Gültigkeit haben (so 2 Ob 225/07p) – jedenfalls mit einem positiven Kapital auszustatten, und zwar unabhängig davon, ob dadurch die Gläubiger der bisherigen Kapitalgesellschaft besser gestellt werden oder nicht.

Relevanz erlangt diese Überlegung zudem deshalb, als bei der neu errichteten GmbH & Co KG eine bislang völlig unbeteiligte neue Komplementär-GmbH hinzutritt, die mit ihrem Vermögen für sämtliche Verbindlichkeiten der KG unbeschränkt haftet. Nachdem der Alleingesellschafter dieser neu hinzutretenden Komplementär-GmbH ident ist mit dem Gesellschafter der umgewandelten GmbH und dem Kommanditisten der errichteten GmbH & Co KG ergeben sich insoweit aus der Sicht der Komplementär-GmbH auch Indizien für einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, worauf ich in der bekämpften Entscheidung ebenfalls aufmerksam machte.

Diese Punkte harren daher nach wie vor einer ober- bzw höchstgerichtlichen Klärung.

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