27. Mai 2009

Sacheinlagenprüfung in den Fällen des § 223 Abs 2 AktG bei freiwilliger Prüfung des Jahresabschlusses einer nicht prüfungspflichtigen GmbH

Im Vorfeld zweier bevorstehender GmbH-Verschmelzungen wurde folgender Sachverhalt mit anschließender Frage an mich herangetragen:

Im Zuge der beiden Verschmelzungen soll das Stammkapital der jeweils übernehmenden Gesellschaft um ca EUR .... Mio erhöht werden. Bei den jeweils übertragenden Gesellschaften handelt es sich um kleine, nicht prüfungspflichtige GmbHs. Die Jahresabschlüsse der jeweils übertragenden Gesellschaften, deren Bilanzen ident mit der Schlussbilanz sind, sollen freiwillig gemäß den §§ 268 ff UGB geprüft werden.
Im Zuge der Kapitalerhöhungen werden die Buchwerte laut Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaften bei der übernehmenden Gesellschaft jeweils fortgeführt. Die fortgeführten Buchwerte sind jeweils höher als der Ausgabebetrag der neu ausgegebenen Stammeinlagen.

Kann bei diesen Verschmelzungen im Hinblick auf die freiwillige Prüfung der Jahresabschlüsse der nicht prüfungspflichtigen übertragenden GmbHs eine Sacheinlagenprüfung nach § 223 Abs 2 AktG unterbleiben?

Erhöht die übernehmende Gesellschaft zur Durchführung der Verschmelzung das Stammkapital, entfällt gemäß § 101 GmbHG die Übernahmserklärung; § 52 Abs 2 - 5 und § 53 Abs 2 Z 1 GmbHG sind nicht anwendbar. Eine Kapitalerhöhung im Zuge der Durchführung einer Verschmelzung wird durch Übertragung des gesamten Vermögens der übertragenden Gesellschaft aufgebracht. Sie wird durchgeführt, um den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft neue Geschäftsanteile der übernehmenden Gesellschaft zu gewähren. Die zur Durchführung der Verschmelzung erforderliche Kapitalerhöhung ist Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verschmelzungsvertrag und dort konkret vorzusehen. Die Einzelheiten für die Gewährung von Geschäftsanteilen der übernehmenden Gesellschaft sind nämlich gemäß § 220 Abs 2 Z 3 AktG im Verschmelzungsvertrag anzugeben (Schindler/Brix in Straube, Wiener Kommentar, § 101 Rz 2).
Da § 52 Abs 6 GmbHG anwendbar bleibt, kommen die diesbezüglichen Vorschriften des GmbHG über die Erhöhung des Stammkapitals durch Sacheinlagen sinngemäß zur Anwendung (§§ 6, 6a und 10 GmbHG). Das Firmenbuchgericht hat zu prüfen, ob das übergehende Vermögen ausreichend werthaltig ist und die Summe der Nennbeträge der im Zuge der Kapitalerhöhung neu geschaffenen Geschäftsanteile gedeckt wird.
Grundsätzlich ist damit für die Kapitalerhöhung auch ein Sacheinlagenprüfer zu bestellen, es sei denn, die Voraussetzungen nach § 223 Abs 2 AktG (§ 96 Abs 2 GmbHG) liegen vor. Das bedeutet, dass bei Fortführung der Buchwerte eine Gründungsprüfung durchgeführt werden muss, wenn die in der Schlussbilanz angegebenen Buchwerte des Vermögens der übertragenden Gesellschaft den Nennbetrag der Geschäftsanteile nicht erreichen. Sind die fortgeführten Buchwerte zumindest gleich hoch wie der Nennbetrag, ist keine Prüfung erforderlich.
(Schindler/Brix, aaO Rz 4, schreiben in diesem Zusammenhang, dass dann, wenn die fortgeführten Buchwerte niedriger als der Ausgabebetrag der Geschäftsanteile sind, keine Prüfung erforderlich sei. Demgegenüber hält Szep in Jabornegg/Strasser, AktG4, § 223 Rz 9 wohl richtig fest, dass es darauf ankomme, dass die Buchwerte den geringsten Ausgabebetrag erreichen oder übersteigen).

Völlig unstrittig ist jedoch, dass § 223 Abs 2 AktG nur zur Anwendung kommt, wenn eine geprüfte Schlussbilanz vorliegt, weil nur dann gewährleistet ist, dass die übernehmende Gesellschaft kein ungeprüftes Vermögen übernimmt (Kalss, Verschmelzung-Spaltung-Umwandlung § 223 Rz 13; Szep aaO, § 223 Rz 10; Schindler/Brix aaO, § 101 Rz 4).

Daraus folgt, dass § 223 Abs 2 AktG bei kleinen GmbHs nicht zur Anwendung kommt, da bei diesen der Jahresabschluss nicht geprüft werden muss (Schindler/Brix, aaO, § 101 Rz 5; Grünwald in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch Umgründungen Art I Rz 276; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 101 Rz 4). Offen bleibt demnach, ob die gemäß § 6a Abs 4 (§ 52 Abs 6) GmbHG gesetzlich vorgeschriebene Sacheinlagenprüfung (der Übergang des Vermögens der übertragenden Gesellschaft ist ohne Rücksicht auf seine Zusammensetzung generell als Sacheinlage aufzufassen; Koppensteiner/Rüffler, aaO § 101 Rz 4) auch dann entfallen kann, wenn sich die kleine GmbH einer freiwilligen Abschlussprüfung der gemäß § 220 Abs 3 AktG zugrunde gelegten Schlussbilanz unterzieht.

Umfahrer weist richtig darauf hin, dass dies eine in der Praxis vermutlich interessante Frage ist, da häufig Buchwertfortführung und Wertdeckung der gewährten Anteile vorliegen werden. Unter Heranziehung des Motivs des Gesetzgebers, wonach die vorgeschriebene Abschlussprüfung einen möglichst objektiv richtigen Ansatz der fortzuführenden Buchwerte in der Bilanz der übertragenden Gesellschaft gewährleisten soll, kommt Umfahrer in der konsequenten Weiterführung seines Gedankens zum Ergebnis, dass bei nicht bestehender Abschlussprüfungspflicht aufgrund einer freiwillig vorgenommenen Abschlussprüfung der Schlussbilanz gemeinsam mit dem Vorliegen der weiteren Erfordernisse des § 223 Abs 2 AktG der Entfall einer Sacheinlagenprüfungspflicht zu bejahen sei (Umfahrer, GmbH6 Rz 852).
Auch Koppensteiner/Rüffler (aaO, Rz 4) führen aus, dass die gesetzgeberische Wertung des § 223 Abs 2 AktG in der Anerkennung der Werthaltigkeit des zu übernehmenden Vermögens bei Vorliegen einer geprüften Schlussbilanz liegt.

Eine ausdrückliche Befassung mit der Frage der Konsequenzen einer freiwilligen Abschlussprüfung findet sich bei anderen Autoren (soweit ich das überblickt habe) nicht; dort wird lediglich festgehalten, dass § 223 Abs 2 AktG bei kleinen GmbHs nicht zur Anwendung komme.

Der Ansicht von Umfahrer ist mE entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber durch den Nichtverweis auf § 52 Abs 6 iVm § 6a Abs 4 GmbHG in § 101 GmbHG bei nicht prüfungspflichtigen GmbHs zwingend die gerichtliche Bestellung eines Gründungs(Sacheinlagen)prüfers normieren wollte, zumal es auch in den Fällen einer nicht verschmelzungsbedingten Kapitalerhöhung nicht im Belieben der Gesellschaft steht, sich selbst den sachverständigen Prüfer zu bestellen. Würde man nämlich die Zulässigkeit der freiwilligen Abschlussprüfung bejahen, wäre dieser gemäß § 270 Abs 1 UGB von den Gesellschaftern zu wählen, währenddem der Sacheinlagenprüfer gemäß § 52 Abs 6 iVm § 6a Abs 4 gerichtlich zu bestellen ist. Hätte der Gesetzgeber diese Variante außerhalb einer gerichtlichen Bestellung gewollt, hätte er dies wohl in der allgemeinen Verweisungsbestimmung des § 96 Abs 2 bzw. in § 101 GmbHG entsprechend geregelt.

Meine Antwort auf die eingangs geschilderte Frage lautet daher:

Bei Durchführung einer Verschmelzung zweier GmbHs ersetzt die freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses der übertragenden (nicht prüfungspflichtigen) GmbH in den Fällen des § 223 Abs 2 AktG nicht die Sacheinlagenprüfung gemäß § 52 Abs 6 iVm § 6a Abs 4 GmbHG.

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