26. Februar 2013

„Nur weil Gutachten draufsteht, …“

Im Firmenbuch ist die T** G** und HandelsgmbH mit einem Stammkapital von € 35.000 eingetragen; deren Alleingesellschafter mit einer zur Hälfte geleisteten Stammeinlage ist A* T*.

Der Alleingesellschafter fasste in der Generalversammlung vom 5.2.2013 den Beschluss, das Stammkapital um € 1.000 auf € 36.000 zu erhöhen, wobei zur Übernahme der Kapitalerhöhung der Alleingesellschafter zugelassen wurde.

Die Kapitalerhöhung wird durch Leistung einer Sacheinlage aufgebracht, und zwar durch Einbringung des seit 1991 bestehenden nicht protokollierten Einzelunternehmens des Alleingesellschafters A* T* gemäß Einbringungsvertrag vom 5.2.2013.

Die Einbringung des Einzelunternehmens als Sacheinlage erfolgt auf Grundlage der Einbringungsbilanz zum 30.6.2012. Das dort ausgewiesene Einbringungskapital von € 29.125,75 lässt sich nur durch Ansetzung eines Umgründungsmehrwerts von € 129.435,07 darstellen.

In der Einbringungsbilanz wird der Umgründungsmehrwert näher erläutert und ausgeführt, dass „die Gerüstteile mit einem steuerrechtlichen Buchwert von € 132.574,21 entsprechend des Gutachtens des gerichtlich beeideten Sachverständigen Ing. H* K* vom 20.1.2013 mit dem beizulegenden Wert von € 262.009,28 bewertet“ werden.

Das entsprechende Gutachten liegt der zur Eintragung der Kapitalerhöhung beim Firmenbuchgericht überreichten Anmeldung bei.

Das Gutachten kommt zusammengefasst zu einem Verkehrswert der Gerüstmaterialien von € 262.009,28 und führt aus:

1. Auftraggeber

Fa. A* T* (der Alleingesellschafter der GmbH)

2. Bestellung zum Sachverständigen, Auftrag

Ermittlung des Verkehrswertes von diversen Gerüstmaterialien laut übergebener Zusammenstellung

3. Sachverhalt

Der Auftraggeber A* T* übergibt dem Sachverständigen eine Materialaufstellung mit dem Ersuchen der Ermittlung des Verkehrswertes. Fotos von den gegenständlichen Gerüstteilen sind keine vorhanden. Das durchschnittliche Alter der Gerüstteile wird von Herrn A* T* mit ca. 5 Jahren angegeben. Der Zustand der Gerüstteile soll laut Herrn A* T* den Anforderungen an Gerüstmaterialien laut Ö-NORM B 4007 entsprechen.


Der Befund besteht aus der ausgedruckten Materialliste (die er vom Auftraggeber überreicht erhalten hat…).

Unter Punkt „6. Gutachten“ führt der Sachverständige aus, dass der Listenpreis der bekannt gegebenen Gerüstmaterialien laut einer Preisliste eines Herstellers € 919.330,80 betrage, dieser Hersteller beim Neukauf von Gerüstmaterialien in der Regel einen Nachlass von ca. 40% gewähre und der markt- und branchenübliche Kaufpreis von 5 Jahre alten Gerüstmaterialien im oben angeführten Zustand ca. 50% des Einkaufspreises betrage. Es werde ein Sicherheitsabschlag von 5% der Berechnung hinzugefügt, da der Preis von gebrauchtem Gerüstmaterial saison- und konjunkturabhängig sei und geringen Schwankungen unterliege.

Das Ergebnis sind die angeführten € 262.009,28.

Das ist wieder einmal fast nicht zu glauben.

Der Sachverständige legt ausdrücklich offen, dass er sein Gutachten lediglich auf Grundlage einer Materialaufstellung, die ihm der Auftraggeber überreicht hat, erstellt hat, ohne dass er die zu begutachtenden Fahrnisse selbst je zu Gesicht bekommen hat. Er hat sich nicht einmal durch Vorlage von Fotos über den Zustand vergewissert und sich auch bezüglich des Alters und des Zustandes der Gerüstteile auf bloße Angaben des Auftraggebers verlassen.

Ich hätte ja nichts dagegen einzuwenden, wenn er diese Angaben in ein allgemeines Informationsschreiben über Markt- und Branchenpreise von Gerüstmaterialien verpackt. Ein solches Schreiben hätte ich zur Kenntnis genommen, es wäre aber zweifellos nicht geeignet gewesen, den Nachweis über die Werthaltigkeit des in der Einbringungsbilanz angesetzten Umgründungsmehrwerts zu erbringen.

Ich habe gelernt:

„Nur weil Gutachten draufsteht, muss noch lange kein Gutachten drinnen sein.“

Dass diese Vorgangsweise jedenfalls nicht den Anforderungen entspricht, denen ein allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger zu genügen hat, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung.
Im konkreten Fall werden die Antragsteller ein nachvollziehbares Gutachten über den Wert der im Vermögen des Einzelunternehmens aktuell vorhandenen Gerüstmaterialien beizubringen haben, wobei ich in der entsprechenden Zwischenerledigung festgehalten habe, dass der bisher beigezogene Sachverständige für eine solche Gutachtenserstattung nicht (mehr) in Frage kommt.

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