16. September 2011

Inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft als Sacheinlage

Folgende Anfrage langte vor einigen Wochen bei mir ein:

Eine deutsche GmbH & Co KG hat eine inländische Zweigniederlassung in Österreich. Diese möchte nun die österreichische Zweigniederlassung in eine österreichische GmbH rückwirkend zum 1.1.2011 „umwandeln“, und zwar mit Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge.
Mein Gedanke war daher, zunächst eine österreichische GmbH zu gründen und die inländische Zweigniederlassung als Sacheinlage dort einzubringen; dann habe ich das Problem der Einzelrechtsnachfolge. Außerdem stellt sich die Frage, ob die inländische Zweigniederlassung überhaupt einbringungsfähiges Vermögen ist.
Wie könnte die Gesamtrechtsnachfolge erreicht werden?


Unstrittig ist, dass der Zweigniederlassung keine eigene Rechtsfähigkeit zukommt. Mit der Eintragung des ausländischen Rechtsträgers wird nämlich im Inland kein neuer inländischer Rechtsträger geschaffen. Vertragspartner und Prozessgegner ist daher niemals die Zweigniederlassung an sich, sondern stets der ausländische Rechtsträger.
Demnach vertreten die Zweigniederlassung auch die Organe der ausländischen Gesellschaft bzw. der ausländische Rechtsträger. Der ständige inländische Vertreter wird durch den ausländischen Rechtsträger bestellt, der die Vertretungsmacht auf den Bereich der Zweigniederlassung beschränken kann (Ratka/Schenk in Straube, UGB § 12 Rz 30 und 31; Ratka in Straube, GmbHG § 107 Rz 61).

Für die Frage, ob überhaupt eine Zweigniederlassung vorliegt, ist österreichisches Recht maßgeblich. Dafür muss ein gewisser Mindestbestand an Personal- und Sachmitteln ständig vorhanden sein („hinreichender Grad an Beständigkeit“). Indizien für den Bestand einer Zweigniederlassung sind etwa die selbstständige Leitung der Niederlassung mit entsprechender Vertretungsbefugnis des Leiters (relative Selbstständigkeit). Die Zweigniederlassung muss zudem eine Einrichtung von „ex-ante nicht ganz vorübergehender Dauer“ aufweisen. Umgekehrt ist ein eigenes Vermögen der Zweigniederlassung nicht erforderlich, außerdem ist eine aktuelle Tätigkeit zum Eintragungszeitpunkt ebenfalls nicht notwendig, es müssen allerdings Strukturen und Vorbereitungsmaßnahmen ersichtlich sein, die auf eine Folgetätigkeit schließen lassen (OGH 6 Ob 43/04y, 44/04w; Ratka in Straube, GmbHG § 107 Rz 56).

Für die Beantwortung der Frage bedeutet dies aus meiner Sicht:

Sollte eine entsprechende betriebliche Struktur vorhanden sein, kann kein Zweifel daran bestehen, dass einlagefähiges Vermögen gegeben ist. Ungeachtet der mangelnden Rechtsfähigkeit der Zweigniederlassung ist also dann einbringungsfähiges Vermögen vorhanden, wenn die Zweigniederlassung alle Kriterien eines Betriebes/Teilbetriebes erfüllt. In diesem Sinne wird in der Literatur ja auch vertreten, dass es dann zur Auflösung und Löschung einer Zweigniederlassung kommt, wenn diese als Sacheinlage zur Beteiligung an einer anderen Gesellschaft verwendet wird (Jabornegg/Geist in Jabornegg/Strasser, AktG § 254 Rz 24; Ratka aaO, Rz 142).

Bei Erfüllung dieser Rahmenbedingungen spricht aus meiner Sicht nichts gegen die Möglichkeit, eine selbständige inländische Zweigniederlassung als Sacheinlage in eine GmbH einzubringen.

Für Varianten einer Gesamtrechtsnachfolge sind bei der geschilderten Ausgangskonstellation folgende Überlegungen maßgebend:

Im inländischen Kontext wäre die Wirkung der Gesamtrechtsnachfolge – bei Beteiligung von Kapitalgesellschaften, wobei eine GmbH & Co KG nicht zum Kreis der spaltungsfähigen Gesellschaften zählt (Kalss, Verschmelzung/Spaltung/Umwandlung, § 1 SpaltG Rz 34) - in Form der Abspaltung des Betriebes bzw. Teilbetriebes zur Aufnahme oder Neugründung herbeizuführen.

Für eine grenzüberschreitende Spaltungsmaßnahme fehlt im Gegensatz zum EU-VerschG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage. Allerdings wird in der Literatur vertreten, dass daraus kein absolutes Verbot für eine grenzüberschreitende Spaltung abgeleitet werden kann (Frotz in Frotz/Kaufmann, EU-VerschG § 1 Rz 45).

Ebenso wie bei der Verschmelzung sei deren Zulässigkeit innerhalb der EU/des EWR insbesondere nach der Niederlassungsfreiheit und den richtlinienrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen. Die Niederlassungsfreiheit gebiete, die Hereinspaltung von übertragenden Rechtsträgern (Kapitalgesellschaften) zuzulassen, sofern diese ihren Sitz innerhalb der EU bzw. des EWR haben. Zwar bestünden keine Spezialvorschriften wie das EU-VerschG, eine derartige Gestaltung sei dennoch zulässig. Da das EU-VerschG nicht unmittelbar anzuwenden sei, sei für die Durchführung einer derartigen Spaltung zunächst jedenfalls auf die österreichische Gesellschaft österreichisches Spaltungsrecht anzuwenden. Hinzu treten in analoger Anwendung des EU-VerschG die entsprechenden Regelungen für die ausländische übertragende oder aufnehmende Gesellschaft.
Allerdings werde es angesichts der Unsicherheit der konkret anzuwendenden Regelungen in der Praxis vielfach sinnvoller sein, zunächst im innerstaatlichen Bereich die Spaltung vorzunehmen, ehe in einem zweiten Schritt der abgespaltene Teil über die Grenze verschmolzen wird (Kalss aaO, § 1 SpaltG Rz 36).

Ob diesen Überlegungen im konkreten Anlassfall näherzutreten ist, bezweifle ich. Die Vorbereitungshandlungen wären nämlich auf Ebene des deutschen Rechtsträgers zu setzen, die allfällige selbstständige österreichische Zweigniederlassung wäre also dort vorbereitend auszugliedern, was wohl wiederum zur Einzelrechtsnachfolge führt, zumal die GmbH & Co KG keine spaltungsfähige Kapitalgesellschaft ist.

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