26. Mai 2011

Die Frist des § 220 Abs 3 AktG (§§ 5, 2 Abs 3 UmwG)

Im Firmenbuch ist die TZS GmbH mit dem Sitz in Innsbruck eingetragen; deren Alleingesellschafterin ist mit einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von € 36.500 die S** J.S. M* GmbH.

Mit dem am 23.3.2011 abgeschlossenen Umwandlungsvertrag wird die TZS GmbH auf die durch den Umwandlungsvorgang entstehende T** L** GmbH & Co. KG zum Stichtag 30.6.2010 gemäß § 5 UmwG umgewandelt. An der neu entstehenden Kommanditgesellschaft ist die T** L** GmbH als reine Arbeitsgesellschafterin als Komplementärin und die Alleingesellschafterin der umgewandelten Gesellschaft als allein vermögensbeteiligte Kommanditistin mit einer Kommanditeinlage in Höhe der seinerzeitigen Stammeinlage beteiligt.

Der Umwandlung wurde die Schlussbilanz der TZS GmbH zum 30.6.2010 zugrundegelegt.

In der Generalversammlung der TZS GmbH vom 23.3.2011 wurde der Umwandlungsvertrag genehmigt sowie auf die Erstattung eines Umwandlungsberichtes der Geschäftsführung und die Einreichung, Veröffentlichung und Auflegung der Urkunden des §§ 221a Abs 1 – 3 AktG, insbesondere auch auf die Errichtung einer Zwischenbilanz verzichtet.

Mit der am 31.3.2011 beim Firmenbuchgericht eingelangten Anmeldung meldeten die Geschäftsführung der TZS GmbH und die Gesellschafter der neu errichteten Kommanditgesellschaft diesen Umwandlungsvorgang zur Eintragung in das Firmenbuch an.

Den Antragstellern wurde daraufhin vom Firmenbuchgericht mitgeteilt, dass der Eintragung dieser Umwandlung folgendes Hindernis entgegen steht :

Gemäß §§ 5 Abs 5, 2 Abs 3 UmwG, 220 Abs 3 AktG muss die umzuwandelnde Kapitalgesellschaft auf den Umwandlungsstichtag eine Schlussbilanz aufstellen, und zwar auf einen höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Umwandlung liegenden Stichtag. Im vorliegenden Fall datiere diese Schlussbilanz vom 30.6.2010, die Anmeldung der Umwandlung erfolgte aber erst am 31.3.2011, sodass die 9-Monats-Frist abgelaufen ist.

In einer ausführlichen Stellungnahme der Antragsteller führten diese kurz zusammengefasst aus, dass der Vorhalt des Firmenbuchgerichtes zu Unrecht erfolgt sei; bei der Frist des §§ 220 Abs 3 AktG handle es sich um eine Rückrechnungsfrist, diese sei noch nicht abgelaufen, da ein dem 31. März entsprechender Tag im Juni fehle, weshalb auf den letzten Tag des Monats Juni abzustellen sei, womit ein genau 9 Monate vor der Anmeldung liegender Schlussbilanzstichtag zulässig und die Firmenbuchanmeldung vom 31.3.2011 am letzten Tag der in § 220 AktG normierten Frist bei Gericht eingegangen sei. Die Antragsteller stützten ihre Argumentation dabei auf zwei Entscheidungen des OGH, und zwar zu 6 Ob 124/97x sowie 5 Ob 137/01k.

Die zur Eintragung angemeldete Umwandlung samt korrespondierender Löschung der umgewandelten Gesellschaft ist abzuweisen.

Vorauszuschicken ist, dass die §§ 5, 2 Abs 3 UmwG auf die sinngemäße Anwendung des § 220 Abs 3 AktG verweisen. Demnach hat die übertragende Gesellschaft auf den Umwandlungsstichtag eine Schlussbilanz aufzustellen, für die die Vorschriften des UGB über den Jahresabschluss und dessen Prüfung sinngemäß gelten; sie braucht nicht veröffentlicht zu werden. Die Schlussbilanz muss auf einen höchstens neun Monate vor der Anmeldung der Umwandlung liegenden Stichtag aufgestellt werden.

Bezüglich des Stichtags dieser Bilanz hatte der OGH in seiner Entscheidung zu 6 Ob 124/97x klargestellt, dass dieser höchstens 9 Monate vor der Anmeldung liegen darf. Die Prüfung der Zulässigkeit und ordnungsgemäßen Durchführung einer Umwandlung falle in die ausschließliche Prüfungskompetenz des Firmenbuchgerichtes. Dieses habe alle gesetzlichen Voraussetzungen für die konstitutiv wirkende Eintragung der Umwandlung zu kontrollieren und die Eintragung bei Fehlen einer (handels-)gesetzlichen Voraussetzung abzulehnen. Die gesetzliche Vorschrift, der Stichtag der der Umwandlung zugrundeliegenden Bilanz dürfe höchstens 9 Monate vor der Anmeldung zum Firmenbuch liegen, sei Tatbestandsvoraussetzung für die Eintragung einer zulässigen Umwandlung. Es stehe im Belieben der Gesellschaft, jeden für die steuerrechtliche Rückwirkungsfiktion maßgeblichen Stichtag zu wählen, sofern nur der Zeitraum von 9 Monaten zwischen Schlussbilanzstichtag und Anmeldung zum Firmenbuch nicht überschritten werde. Diese gesetzliche Zeitbestimmung habe mit einer verfahrensrechtlichen Frist nichts zu tun. Knüpfe das Gesetz an eine Firmenbuchanmeldung materiellrechtliche Wirkungen, könne nur das Einlangen der Anmeldung beim Firmenbuchgericht ausschlaggebend sein. Fristen des materiellen Rechtes seien Zeiträume, in (oder von) denen eine bestimmte Handlung gesetzt oder ein bestimmtes Ereignis eingetreten sein müsse, woran das Gesetz bestimmte materiell-rechtliche Rechtsfolgen knüpft. Diene eine schriftliche Verfahrenshandlung der Wahrung einer materiell-rechtlichen Frist, dann müsse sie noch am letzten Tag bei Gericht eingelangt sein, rechtzeitige Postaufgabe allein genüge nicht.
Werde diese Zeitbestimmung nicht eingehalten, lange also ein Eintragungsgesuch mehr als 9 Monate nach dem Stichtag der Schlussbilanz beim Firmenbuchgericht ein, dürfe die Umwandlung nicht in das Firmenbuch eingetragen werden und werde daher nicht wirksam.

Im soeben geschilderten Fall war die vorgelegte Schlussbilanz zum 29.2.1996 erstellt worden, das Firmenbuchgesuch langte erst am 2.12.1996 beim Firmenbuchgericht ein, die materiell-rechtliche Frist war daher jedenfalls bereits verstrichen. Genauere Ausführungen zur Fristenberechnung selbst finden sich in dieser Entscheidung also nicht.

In der Entscheidung 5 Ob 137/01k befasste sich das Höchstgericht mit der Frist des § 221a Abs 2 Z 3 AktG. Diese Frist beurteilte der OGH aufgrund des Wortlauts dieser Bestimmung als Rückberechnungsfrist. Daraus ergab sich die Folgerung, dass ausgehend vom Zeitpunkt und Gesichtspunkt des Abschlusses des Umwandlungsvertrages ein Jahresabschluss vorliegen müsse, der sich auf ein Geschäftsjahr beziehe, das nicht mehr als sechs Monate abgelaufen ist (ansonsten eine Zwischenbilanz zu erstellen wäre). Anders als in § 202 Abs 2 Z 1 HGB (UGB) sei in der Bestimmung des § 221a Abs 2 Z 3 AktG nicht der Bilanzstichtag maßgeblich, sondern dass sich die Bilanz auf den letzten Jahresabschluss eines Geschäftsjahrs beziehe, das nicht mehr als sechs Monate vor dem Abschluss des Umwandlungsvertrags abgelaufen ist. Aus der Sicht des Abschlusses des Umwandlungsvertrages komme es darauf an, dass zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als sechs Monate seit dem Ablauf des zuletzt bilanzierten Geschäftsjahrs liegen.
Im dortigen Anlassfall bedeutete dies, dass ausgehend vom Gesichtspunkt des 31.8.1998 (Abschluss des Vertrags) die Bilanz zum Stichtag 28. 2. 1998 (über das mit Ablauf des 28. 2. 1998 endende Geschäftsjahr) nicht älter als sechs Monate war, weil ein dem 31. (8.) entsprechender Tag im Februar fehlt, und deshalb auf den letzten Tag des Monats Februar abzustellen ist.

Der OGH ließ zwar auch in dieser Entscheidung ausdrücklich offen, wie die Frist des § 202 Abs 2 Z 1 HGB (UGB) zu berechnen ist. Es kann aber kein Zweifel bestehen, welche Auswirkungen der anzuwendende § 902 Abs 2 ABGB auf meinen hier zu beurteilenden Fall hat.

Gemäß § 902 Abs 2 ABGB fällt das Ende einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist auf denjenigen Tag der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl dem Tag des Ereignisses entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.
Damit ist entscheidend, auf welches „Ereignis“ im Fall des § 220 Abs 3 AktG (der im hier interessierenden Umfang mit § 202 Abs 2 Z 1 UGB ident ist) abzustellen ist, das den Beginn des Fristenlaufs auslöst. Exakt darin liegt der entscheidende Unterschied zu der in 5 Ob 137/01k behandelten Frist des § 221a Abs 2 Z 3 AktG, worauf in der genannten Entscheidung im Übrigen auch ausdrücklich abgestellt wird („Anders als in § 202 Abs 2 Z 1 HGB (UGB) sei in …§ 221a Abs 2 Z 3 AktG nicht der Bilanzstichtag maßgeblich, sondern dass sich die Bilanz … eines Geschäftsjahrs beziehe, das nicht mehr als sechs Monate … vor dem Abschluss des Umwandlungsvertrags abgelaufen ist“).

Maßgeblich im Sinne des § 902 Abs 2 ABGB ist somit der Bilanzstichtag „30.6.2010“, weshalb das Ende dieser nach Monaten bestimmten Frist des § 220 Abs 3 AktG auf denjenigen Tag des letzten Monats fällt, welcher nach seiner Benennung oder Zahl dem Tag des Bilanzstichtages entspricht. Dies ist der 30.3.2011, weshalb die am 31.3.2011 beim Firmenbuchgericht eingelangte Anmeldung der Umwandlung verspätet ist. Da die Einhaltung der 9-Monatsfrist Tatbestandsvoraussetzung für die Zulässigkeit einer errichtenden Umwandlung gemäß § 5 UmwG ist, führt diese Verspätung zur Abweisung der beantragten Firmenbucheintragungen (so auch Szep in Jabornegg/Strasser, AktG 5. Auflage, § 220 Rz 23).

4 Kommentare:

R. Pfister hat gesagt…

Aus der zitierten Entscheidung OGH 5 Ob 137/01k ist abzuleiten, dass die 9-Monatsfrist nach § 902 ABGB zu berechnen ist.

Die Rückberechnungsfrist des § 902 ABGB führt in diesem Zusammenhang dazu, dass etwa bei einer Schlussbilanz zum 31.12. die Anmeldung der Umwandlung zum 30.09. zu erfolgen hat (da es einen 31.09. nicht gibt) und deshalb die Anmeldung am 01.10. verspätet wäre.

Daraus kann jedoch auch mE nicht (e contrario) abgeleitet werden, dass bei einer Schlussbilanz zum 30.06. die Frist zur Anmeldung am 31.03. endet, da es ja einen 30.03. gibt und daher die 9-Monatsfrist am 30.03. endet.
Beginnt grundsätzlich eine 9-Monatsfrist iSd § 902 Abs 2 ABGB etwa am 15.06, endet sie am 15.03 und nicht etwa am 31.03, da ja nicht generell auf den letzten Tag des Monats abzustellen ist.

Unknown hat gesagt…

Ich hätte vielleicht noch klarer darstellen sollen, dass die Antragsteller dahingehend argumentieren, dass der "dies a quo" nicht der Bilanzstichtag sei, sondern der Tag der Anmeldung zum Firmenbuch.
Insoweit läuft dann die Argumentation der Antragsteller darauf hinaus, dass man vom 31.3.2011 ausgehen müsse (und eben nicht vom 30.6.2010), sodass auch gemäß § 902 Abs 2 ABGB der letzte Tag der Frist der 30.6.2010 wäre, da es ja keinen 31.6.2010 gibt.

Ich stelle in meiner Argumentation aber eben als Tag, auf den das Ereignis fällt, auf den Bilanzstichtag ab

R. Pfister hat gesagt…

Die Berücksichtigung der „sinngemäßen, spiegelbildlichen Anwendung“ bei der Rückrechnung wie sie Reischauer in Rummel 3 § 902 Rz 8 beschreibt, kam in meinem ersten Kommentar bewusst, aber wohl zu Missverständnissen führend, zu kurz... Ich bin nämlich vom Ansatz ausgegangen, dass die Frist des sinngemäß anzuwendenden § 220 Abs 3 AktG keine rückzurechnende Anmeldefrist festlegt, sondern den frühesten Stichtag der Schlussbilanz (also auch vom Bilanzstichtag als fristauslösenden Tag). Daraus habe ich abgeleitet, dass die Anmeldung iSd § 902 Abs 2 ABGB spätestens an jenem Tag des 9. Monats nach dem Stichtag der Schlussbilanz zu erfolgen hat, der zahlenmäßig diesem Bilanzstichtag entspricht. Ist Bilanzstichtag der 30.06., kann die Anmeldung bis zum 30.03. (und nicht bis zum 31.03.) erfolgen. Bei einer Anmeldung am 31.03. wäre der frühest mögliche Stichtag daher erst im Juli des Vorjahres (so zum entsprechenden § 17 Abs 2 dUmwG die bisherige dt Rspr OLG Köln 22.06.1998, 2 Wx 34/98 GmbHR 1998, 1085 und etwa Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 5, § 17 Rz 43).

Unter Heranziehung anderer Lehrmeinungen in Deutschland könnte man aber auch zum widersprechenden Ergebnis gelangen. So schreibt etwa Schwanna in Semler/Stengel, UmwG 2, § 17 Rz 17:
„Das fristauslösende Ereignis ist die Anmeldung der Verschmelzung. [...] Das Ende der Frist fällt auf den Beginn des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, auf den das fristauslösende Ereignis fällt. [...] Die rückwärtige Berechnung der Frist führt dazu, dass es nicht auf den letzten Tag eines künftigen Monats, sondern auf den letzten Tag eines in der Vergangenheit liegenden Monats ankommt. Wird die Schlussbilanz am 28.2. aufgestellt, ist die Anmeldung bis zum Ablauf des 31.10. fristwahrend.“

Unknown hat gesagt…

Es wird in der Frage leider keine Klärung durch Rechtsmittelgerichte geben, die abweisenden Entscheidungen wurden nicht bekämpft, meine Beschlüsse sind daher rechtskräftig geworden.