26. September 2008

Ein Einbringungsvertrag ohne Einbringung ?

Eine schöne Anekdote im Zusammenhang mit einem eigentlich sehr alltäglichen Vorgang in der firmenbuchgerichtlichen Praxis ist mir heute untergekommen.
Der geschäftsführende Alleingesellschafter einer GmbH meldet die Einbringung seines nicht protokollierten Einzelunternehmens unter Vorlage des Einbringungsvertrages samt der Einbringungsbilanz zur Eintragung in das Firmenbuch an (§ 3 Z 15 FBG).

Der gesamte Einbringungsvertrag besteht aus fünf Punkten mit folgendem Inhalt:

I. Präambel

M** A** betreibt ein nicht protokolliertes Einzelunternehmen in E***. Dieses soll rückwirkend per 1.1.2008 ... in die A*** GmbH eingebracht werden.

II. Einbringungsstichtag

Einbringungsstichtag ist der 1.1.2008, Tagesbeginn.

III. Einzubringendes Vermögen

Das einzubringende Vermögen, welches ... einen positiven Verkehrswert ausweist, ist in der beiliegenden Einbringungsbilanz ausgewiesen. Angeführte Bankkonten gehen auf die A*** GmbH über.

IV. Gegenleistung

Eine Gegenleistung unterbleibt, weil die unmittelbaren und mittelbaren Eigentumsverhältnisse am eingebrachten Vermögen mit den Beteiligungsverhältnissen an der A*** GmbH übereinstimmen.

V. Verrechnungsverbindlichkeit

In der Einbringungsbilanz ist eine Verrechnungsverbindlichkeit gemäß § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG gegenüber M** A** in Höhe von € 0,00 ausgewiesen.

S***, am 3.9.2008

Unterschriften

Ich teilte dem Antragsteller dazu Folgendes mit:
Aus dem vorgelegten Einbringungsvertrag ist keine Vereinbarung ersichtlich, aus der sich ergäbe, dass der Betreiber des nicht protokollierten Unternehmens sein Unternehmen an die GmbH überträgt. Damit fehlt es an einer Rechtsgrundlage für die angemeldete Einbringung.

Ich bin neugierig, ob nur ich im oben wiedergegebenen Vertragsinhalt keine Willenserklärung finden kann, aus der sich ableiten lässt, dass damit ein gesamtes Unternehmen in die GmbH eingebracht werden soll ...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin da anderer Auffassung.

Aus dem Vertrag geht das durchaus deutlich hervor ("M** A** betreibt ein nicht protokolliertes Einzelunternehmen in E***. Dieses soll rückwirkend per 1.1.2008 ... in die A*** GmbH eingebracht werden.")

Der Vertragswille zur Übertragung des Unternehmens kommt klar zum Ausdruck.

Unknown hat gesagt…

Genau um dieses "soll eingebracht werden" geht es mir ja!
Ich lese dies als reine Absichtserklärung, also in die Zukunft gerichtet. Das ergibt sich meines Erachtens schon aus dem Umstand, dass diese Erklärung in der Präambel zu finden ist. Üblicherweise wird dort die Ausgangssituation festgehalten, um dann die konkreten vertraglichen Vereinbarungen zu treffen.
Umgekehrt ist mir klar, dass mit Mitteln der Vertragsauslegung und daran angeknüpfter Argumentation auch für diesen Anlassfall eine Lösung gefunden werden kann.
Nichtsdestotrotz sollte exakteres Arbeiten für derartige Umgründungsvorgänge vorausgesetzt werden können ...

Anonym hat gesagt…

Ich schließe mich den Ausführungen von Dr. Jennewein vollinhaltlich an. Es ist nicht Aufgabe des Firmenbuchrichters, den Vertrag interpretieren zu müssen, um dessen Inhalt festzustellen.
Einbringungsgegenstand und Einbringungsvorgang (Titel und jeweiliger Modus (hier asset deal) müssen eindeutig hervorgehen.

A. Kaufmann