2. Juli 2008

Grenzüberschreitende Verschmelzung einer österreichischen GmbH auf ihre deutsche Muttergesellschaft

Scheinbar hat die Praxis auf die grenzüberschreitende Verschmelzung schon sehnlich gewartet. Gestern landete nämlich schon wieder eine solche auf meinem Schreibtisch, und zwar diesmal als beabsichtigte Verschmelzung einer österreichischen GmbH auf deren deutschen Alleingesellschafterin (Holding-GmbH).
Die Anmeldung stammt von einem die deutsche Holding-GmbH vertretenden deutschen Notar. Vorgelegt wurde der gemeinsame Verschmelzungsplan, in dem die grenzüberschreitende Verschmelzung der ö GmbH up-stream auf die d Mutter-GmbH geregelt wird. Beigeschlossen war darüber hinaus nur noch der gemeinsame Verschmelzungsbericht der Geschäftsführer der beiden beteiligten Gesellschaften.

Ohne auf den konkreten Inhalt des Verschmelzungsplans einzugehen, möchte ich diesen konkreten Fall zum Anlass nehmen, auf die Anmeldungsverpflichtungen beim Firmenbuchgericht in solchen Konstellationen hinzuweisen.

Gemäß § 14 Abs 1 EU-VerschG hat die Geschäftsführung der übertragenden Gesellschaft eine beabsichtigte Verschmelzung auf eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat beim zuständigen Sitzgericht der übertragenden Gesellschaft in vertretungsbefugter Anzahl anzumelden.
Mit dieser Anmeldung sind – soweit im konkreten Fall relevant - folgende Unterlagen vorzulegen:

  • der Verschmelzungsplan (Z 1)
  • der Verschmelzungsbeschluss der übertragenden Gesellschaft (Z 2)
  • der Verschmelzungsbericht für die übertragende Gesellschaft (Z 4)
  • die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft (Z 6)
  • der Nachweis der Veröffentlichung des Verschmelzungsplans in den Bekanntmachungsblättern (Z 7).

Außerdem ist die Vorlage einer Erklärung der Geschäftsführung gemäß § 14 Abs 2 Z 1 erforderlich, dass eine Klage auf Anfechtung oder Feststellung der Nichtigkeit des Verschmelzungsbeschlusses innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung nicht erhoben oder zurückgezogen worden ist oder dass alle Gesellschafter durch notariell beurkundete Erklärung auf eine solche Klage verzichtet haben.

Erst nach Vorlage dieser Unterlagen kann das Firmenbuchgericht prüfen, ob die der Verschmelzung vorangehenden Rechtshandlungen und Formalitäten ordnungsgemäß erfolgt sind; sollte dies zutreffen ist sodann die beabsichtigte Verschmelzung im Firmenbuch einzutragen und darüber eine Bescheinigung auszustellen (§ 14 Abs 3).
Gegenstand dieser Eintragung ist gemäß § 14 Abs 4 der geplante Sitz der hervorgehenden (übernehmenden) Gesellschaft, deren Register und Registernummer sowie die Tatsache, dass eine Bescheinigung über die Ordnungsmäßigkeit ausgestellt wurde.


In einem nachfolgenden Schritt ist schließlich die Geschäftsführung der übertragenden Gesellschaft verpflichtet, nach Wirksamwerden der Verschmelzung der hervorgehenden Gesellschaft unter Anschluss der entsprechenden Registermitteilung des zuständigen dortigen Registergerichtes die Anmeldung der Löschung der übertragenden Gesellschaft beim Firmenbuchgericht vorzunehmen.

Gemäß § 16 FBG sind die in das Firmenbuch einzutragenden Tatsachen von den anmeldepflichtigen Personen bestimmt zur Eintragung anzumelden. Es ist also konkret zu beantragen, welche Änderungen das Firmenbuchgericht beim Rechtsträger eintragen soll. Dabei sind die gesetzlichen Eintragungstatbestände zu berücksichtigen. Die Regelung des § 16 FBG hat in erster Linie den reibungslosen organisatorischen Ablauf für die Gerichtskanzlei im Auge. Es ist den Bediensteten der Firmenbuchabteilungen nicht zumutbar, die erforderlichen Eintragungstatsachen aus dem Vorbringen im Antrag und allenfalls den beiliegenden Urkunden zusammenzutragen und den jeweiligen Inhalt zu erschließen.


Die Anmeldung im eingangs geschilderten Anlassfall lautet wie folgt:

"Ich überreiche: Verschmelzungsplan mit Anlagen und Verschmelzungsbericht vom ...
Ich beantrage gemäß den gesetzlichen Bestimmungen die Bekanntmachung und deren Mitteilung bzw. den Hinweis auf die Einreichung in den Bekanntmachungsblättern und die Veröffentlichung reiche ich nach.
Rechtsform, Firma und Sitz der an der grenzüberschreitenden Verschmelzung beteiligten Gesellschaften ergeben sich aus dem Verschmelzungsplan, wie auch das zuständige Register nebst Registernummer."


Dass eine derartige Anmeldung gegen das Bestimmtheitsgebot des § 16 FBG verstößt, versteht sich von selbst.
Nicht nur wegen der unvollständig vorgelegten Urkunden, sondern auch wegen dieses Verstoßes wurde ein entsprechender Verbesserungsauftrag gemäß § 17 FBG erteilt.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Der deutsche Notar hat sich vermutlich sklavisch an das dUmwG gehalten, das tatsächlich die Veröffentlichung des Hinweises auf die Einreichung des Verschmelzungsplanes durch das Gericht vorsieht (vgl § 122d UmwG). Bin schon gespannt, was Sie uns über die Angaben im Verschmelzungsbericht zu den gebundenen Rücklagen (vgl § 7 Abs 4 EU-VerschG) berichten werden. Dies ist deshalb besonders interessant, weil in dieser Konstellation (upstream-merger) weder ein Verschmelzungsprüfbericht (§ 220b) noch ein Aufsichtsratsbericht (§ 220c) erwartet werden kann, der dem Firmenbuchrichter zusätzliche Anhaltspunkte liefern könnte. Daher wird man sich als österreichischer Firmenbuchrichter vermutlich schwer tun, einen kapitalentsperrenden Effekt zu identifizieren. Im Zweifel daher § 17 FBG. Im gegenständlichen Fall wird das Problem allerdings nicht so groß sein, weil es für deutsche GmbH´s eine dem § 23 öGmbHG vergleichbare Bestimmung und damit grundsätzlich neben dem Stammkapital grundsätzlich kein gebundenes Kapital gibt. Nichtsdestotrotz kann man nicht ausschließen, dass die deutsche Holding das Resultat einer formwechselnden Umwandlung aus einer AG ist, die sehr wohl gebundene Rücklagen kennt und diese auch nach einer formwechselnden Umwandlung in der GmbH fortführen muss (klingt ein wenig weit hergeholt, kommt aber durchaus vor).
Beste Grüße

AK

Unknown hat gesagt…

Eine Durchsicht der Unterlagen im konkreten Fall lässt mich daran zweifeln, dass der Notar unter Bezug auf § 122d UmwG an die Hinweisveröffentlichung durch das Gericht gedacht hat.
In seiner Anmeldung schreibt er nämlich:
Ich beantrage gemäß den gesetzlichen Bestimmungen die Bekanntmachung und deren Mitteilung bzw. den Hinweis auf die Einreichung in den Bekanntmachungsblättern und die Veröffentlichung reiche ich nach.

Ich bin sehr dankbar für die Kommentierung, insbesondere für die Hinweise auf die Aspekte im Zusammenhang mit möglichen kapitalherabsetzenden Effekten und werde - wenn die Unterlagen vollständig vorliegen - darauf natürlich zurückkommen. Nach Erledigung des Verbesserungsauftrages wird wahrscheinlich auch die Motivationslage des anmeldenden Notars klarer zum Vorschein kommen, sodass ich möglicherweise auch darüber berichten kann.

Alexander Kaufmann hat gesagt…

Ihre Wahrnehmung ist völlig richtig. Die Nachfrage bei den Mandanten ist sehr groß. Derzeit sind mehr als 15 grenzüberschreitende Verschmelzungen in Österreich zumindest im Stadium der Bekanntmachung (Hinweis auf Einreichung). Davon entfallen ca. 90% auf Verschmelzungen nach Deutschland oder vice versa. Eine Importverschmelzung aus der Slowakei ist mir bekannt. Zwei grenzüberschreitende Verschmelzungen, darunter auch Ihre wurden bereits in das Firmenbuch eingetragen.

Bedauerlich ist dabei nur, dass noch nicht alle EU-Mitgliedsstaaten die Fusions-RL (2005/56) umgesetzt haben (zB Frankreich, Italien, Portugal, Belgien).Die EU-Kommission hat aus diesem Grund vor zwei Wochen blaue Briefe versandt.

Grenzüberschreitende Verschmelzungen mit Mitgliedstaaten, die noch nicht umgesetzt haben, sind nämlich selbst dann schwierig bis unmöglich, wenn der im Verzug befindliche Mitgliedsstaat aufgrund von SEVIC die grenzüberschreitende Verschmelzung zulassen würde. Wir haben dies erst unlängst mit einem Beneluxstaat erlebt. Dabei wurde die grenzüberschreitende Exportverschmelzung nach Österreich zwar akzeptiert, aber niemand wollte die Rechtmäßigkeitsbescheinigung ausstellen (Begründung: keine Rechtsgrundlage). Damit ist die Angelegenheit aus anwaltlicher Sicht leider tot.

Schade ist, dass die EU-Kommission die grenzüberschreitende Sitzverlegung (14. gesellschaftsrechtliche Richtlinie) ad acta gelegt hat. Es bleibt uns insoweit daher nur die SE als Vehikel für Sitzverlegungen oder, sofern sie tatsächlich umgesetzt wird, die Europäische Prtivatgesellschaft, deren VO-Entwurf die Sitzverlegung vorsieht.

Unknown hat gesagt…

Auf den in meinem Beitrag angesprochenen Verbesserungsauftrag hat der deutsche Notar nunmehr reagiert. Darin hält er fest, dass "die Eingabe im Hinblick auf die Unterrichtung gemäß § 8 EU-VerschG erfolgt" sei.
Diese Anmeldung ist demnach also als Einreichung des Verschmelzungsplans gemäß § 8 Abs 1 Z 2 EU-VerschG zu verstehen und wird von mir auch so zur Kenntnis genommen.
Ob die von der Gesellschaft vorzunehmende Veröffentlichung des Hinweises in den Bekanntmachungsblättern erfolgt ist oder sich die Vermutung von AK (Alexander Kaufmann) in seinem ersten Kommentar in Richtung § 122d deutsches UmwG bewahrheitet, ist mir mangels Anmeldung des Verschmelzungsvorgangs noch nicht bekannt. Ich werde aber nach der entsprechenden Anmeldung natürlich darauf zurückkommen.